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Das Leben ist wie Lotto, man verliert fast immer ... Till Reiners ist einer, der so ist wie alle und bislang hat er das für etwas Positives gehalten. Da wo Till ist, ist es nicht trendy. Schon sein Name ist nicht hip, und dann wohnt er auch noch am Rande des Ruhrgebiets und trägt einen Seitenscheitel. Er hat eine Frau und ein Kind und ein Leben wie eine Tatort-Folge: ziemlich deutsch, mäßig spannend, mit wenig Sex, und man ahnt nach der Hälfte, wie es ausgehen wird. Bis Nappo auftaucht, ein Kerl mit einer Tätowierung, einer Sporttasche und einer echten Waffe. Plötzlich ist alles anders: Ein…mehr

Produktbeschreibung
Das Leben ist wie Lotto, man verliert fast immer ...
Till Reiners ist einer, der so ist wie alle und bislang hat er das für etwas Positives gehalten. Da wo Till ist, ist es nicht trendy. Schon sein Name ist nicht hip, und dann wohnt er auch noch am Rande des Ruhrgebiets und trägt einen Seitenscheitel. Er hat eine Frau und ein Kind und ein Leben wie eine Tatort-Folge: ziemlich deutsch, mäßig spannend, mit wenig Sex, und man ahnt nach der Hälfte, wie es ausgehen wird. Bis Nappo auftaucht, ein Kerl mit einer Tätowierung, einer Sporttasche und einer echten Waffe. Plötzlich ist alles anders: Ein Kaninchen stirbt, ein Mann wird zusammengeschlagen, ein unflotter Dreier findet statt und Bruce Springsteen spielt dazu. Außerdem fehlen der Dresdner Bank 30 000 Euro. Und Till Reiners ist auch nicht mehr, was er mal war ...
Autorenporträt
Ralf Husmann ist Autor von "Stromberg", "Dr. Psycho" und "Der kleine Mann" sowie Kolumnist für "KulturSPIEGEL" und "Playboy". Er wurde mehrfach mit dem Deutschen Comedy-Preis, dem Deutschen Fernsehpreis sowie dem Grimme-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Etwas verwundert fragt sich Rezensent David Denk, ob all die Käufer dieses Bestsellers das Buch auch gelesen haben. So recht begreift er dessen Erfolg nicht. Kein Witz, kein Tempo. Langweiliges Thema. Ein Held, der seine Leser mit Sexismus, Selbstmitleid und blöden Sprüchen nervt. Auch die Banane auf dem Cover weiß unser Rezensent nicht so recht in den thematischen Zusammenhang des Buchs einzuordnen (das Verhältnis der Geschlechter zueinander) und zeigt sich auch über manch verquirlten Satz des Buches verstört. "Zuschüttung mit philosophisch verbrämtem Gedankenmüll, nein Danke!" ruft der Rezensent schließlich mit Empörung aus und wünscht sich demnächst Besseres auf der Spiegel-Bestsellerliste.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2008

Mein Leben mit Rolf Zuckowski

Seitengescheitelt und entscheidungsschwach: Der Drehbuchautor Ralf Husmann hat den Entwicklungsroman eines Vorzeigespießers aus dem Ruhrpott geschrieben.

Die Menschen machen Pläne, damit Gott was zu lachen hat." Und weil Gott ein alter Zyniker ist und Till Reiners sein kleines privates Hobby, löst Till, seitengescheitelt, entscheidungsschwach und ohne jede Spur von Lässigkeit, noch durch die zaghafteste seiner Handlungen eine veritable Katastrophe aus. Herr Murphy, nach dem die Dinge einem Naturgesetz folgend stets so schief gehen wie nur irgend möglich, wäre von Ralf Husmanns Erstlingsroman "Nicht mein Tag" hellauf begeistert.

Gegen sein Leben hat sich Till eigentlich längst geschlagen gegeben. Der Traum von einer Zukunft als Rockstar verpuffte mit dem Zerfall der Schulband, was Tills beruflichen Weg in eine Vorort-Filiale der Dresdner Bank in Osthofen frei machte. Die schwülen Phantasien von Liebesabenteuern am Meeresstrand wurden durch die Ehe mit Miriam ins weite Universum der verpassten Möglichkeiten verdrängt. Während Till also von Rock-'n'-Roll-untermalten Parisausflügen mit seiner so blutjungen wie brotdummen Kollegin Jessica im Cabriolet halluziniert, liefern Rolf Zuckowski und seine Freunde aus dem Kinderzimmer seines Sohnes Nico den zweifellos stimmigeren Soundtrack für sein Leben. Nichts davon war geplant, aber irgendwie hat es sich alles so ergeben.

Als Till dann doch für ein spätes Abenteuer aufbricht, tut er dies konsequenterweise auf die passivste aller möglichen Arten, nämlich als Geisel des unfassbar dilettantischen Bankräubers Nappo. In der sich anschließenden Verbrecherjagd mit dem willenlosen Till, dem cholerischen Nappo und einer mageren Ausbeute von achtundzwanzigtausend Euro auf der einen und einer stümperhaften Kleinstadt-Wache auf der anderen Seite zeigt sich Husmanns Provenienz als Drehbuch- und Gagschreiber für das deutsche Comedy-Fernsehen: Die filmisch erzählten Action-Szenen, die Jäger und Gejagte gleichermaßen verpatzen, sind eine humoristische Glanzleistung.

Zwischen Geisel und Dieb entwickelt sich derweil ein Verhältnis, dass sich als umgekehrtes Stockholm-Syndrom mit mehrfachem Rollenwechsel beschreiben lässt. Sobald Nappo Zweifel kommen, dass sich "die ganze Scheiße hier chefmäßig" und "entspanntomat" zu einem guten Ende bringen ließe, "hockt sich Till vor seinen Entführer und redet auf Nappo ein, wie ein Trainer auf seinen Boxer, der in der letzten Runde unerwartet einen Treffer kassiert hat". Schließlich sitzen sie beide im selben Boot, oder im selben türkisfarbenen Mustang Fastback mit weißen Kunstledersitzen - Nappo mit ungezügelter Ehrfurcht vor der Frucht seines Banküberfalls ("Porno, Alter, die Karre ist voll porno!"), Till mit der ihm eigenen Coolness eines Brustbeutels - auf der Suche nach einem Glück, das irgendwie mit Strand, Sonne und einer Frau zu tun hat.

Dass Till Reiner sich neben Nappo und dessen in der Duisburger Peripherie aufgelesener "Puppe" Nadine fühlt wie "der Warnhinweis auf Zigaretten, dass Marlboro neben Freiheit und Abenteuer auch Krebs verursacht", ist so lange nebensächlich, wie der göttliche Radio-DJ "Here I go again" von Whitesnake und Tom Pettys "Into the great wide open" spielt.

Trotz der Freude am Missgeschick und obwohl Husmanns Figuren dem Leben genau dort entnommen sind, wo die Klischees am klischeehaftesten, die Kleinbürger am kleinbürgerlichsten und das Ruhrgebiet ganz bei sich selbst ist, sind weder Häme noch Klamauk im Spiel. Für die Drehbücher von "Dr. Psycho" und "Stromberg" wurde Husmann mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Mit "Nicht mein Tag" legt er jetzt eine sehr solide Sommerkomödie vor, in der verwegene Ganovenromantik und die ewig gleiche Banalität des Ehelebens nur zwei Erscheinungsweisen desselben göttlichen Willens sind. Die ganze Sache rollt, Konzession an die eher harmlose deutsche Komödientradition, entspanntomat in einem herzzerreißend rührenden Schluss aus.

ARIANE BREYER

Ralf Husmann: "Nicht mein Tag". Scherz Verlag, Frankfurt am Main 2008. 333 S., geb., 13,90 [Euro].

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