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Siebzehn Jahre sind vergangen, seit Roddy Mackenzie, Leader der Band Amran, mit seinem Flugzeug verunglückte und verschollen blieb. Ein halbes Leben später ist Fin Macleod, früher Roadie der Band, zurück auf der Hebrideninsel Lewis. Im Auftrag eines Gutsbesitzers bekämpft er Wilderer. Doch der Erste, den Fin zur Strecke bringen soll, ist ausgerechnet sein alter Freund Whistler. Die beiden werden Zeugen eines Moorbruchs, der das Wrack von Roddys Flugzeug zu Tage befördert. Fin erkennt an Whistlers Reaktion sofort, dass etwas nicht stimmt. Dabei ahnt er noch nicht, dass es gar nicht Roddys…mehr

Produktbeschreibung
Siebzehn Jahre sind vergangen, seit Roddy Mackenzie, Leader der Band Amran, mit seinem Flugzeug verunglückte und verschollen blieb. Ein halbes Leben später ist Fin Macleod, früher Roadie der Band, zurück auf der Hebrideninsel Lewis. Im Auftrag eines Gutsbesitzers bekämpft er Wilderer. Doch der Erste, den Fin zur Strecke bringen soll, ist ausgerechnet sein alter Freund Whistler. Die beiden werden Zeugen eines Moorbruchs, der das Wrack von Roddys Flugzeug zu Tage befördert. Fin erkennt an Whistlers Reaktion sofort, dass etwas nicht stimmt. Dabei ahnt er noch nicht, dass es gar nicht Roddys Leiche ist, die sie gefunden haben ... Ein packender literarischer Krimi aus Schottland.
Autorenporträt
Peter May, geboren 1951 in Glasgow, ist einer der erfolgreichsten Fernsehdrehbuchautoren Schottlands und mit seinen Krimis regelmäßig auf den internationalen Bestsellerlisten vertreten. Die Serie um Fin Macleod wurde vielfach ausgezeichnet. Peter May lebt in Frankreich und Schottland.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.02.2017

Nichts ist zäher als Zwietracht

Die Erben der vergessenen Generation: Peter May und Mark Douglas-Home bereichern die Landkarte der schottischen Kriminalliteratur mit Romanen von der Westküste - inklusive Weltkriegshelden, indischen Sexsklavinnen und Klimawandel.

Dass in Schottland der Sommer auf einen Tag fallen kann, ist ein gängiger Witz, den man immer dann zu hören bekommt, wenn sich die Sonne einmal länger als zwei Stunden zeigt. Es ist eben ein Land, das wettermäßig als Erstes abkommt, was der Atlantik von Westen alles herbeischafft, aber das hält seine Bewohner nicht davon ab, ihm mit inniger Zuneigung anzuhängen. Die Schotten sind Patrioten. Ihre ungewöhnlich gut entwickelte Kriminalliteratur, die es zum eigenen Genre-Begriff "Scottish noir" gebracht hat, lange bevor "noir" zum Allerweltsaufkleber wurde, belegt, dass das dünnbesiedelte Land jede Menge Verbrechenspotential nicht nur in den Großstädten, sondern auch in den Highlands und auf den Inseln bereithält.

Eingeführt als Marke ist der Schriftsteller Peter May, 1951 in Glasgow geboren, in seiner Heimat schon lange. Seine "Lewis Trilogy" verkaufte dort mehr als eine Million Exemplare; der Zsolnay Verlag bringt dieser Tage den dritten und letzten Band "The Chessmen" unter dem gut gewählten deutschen Titel "Moorbruch" heraus. Gemeint ist damit ein seltenes Naturphänomen, eine Art Dammbruch, bei dem ein in Schottland "Loch" genannter Süßwassersee seinen aus Torf bestehenden Seeboden, der auf Gneis ruht, einbüßt: Der Unterbau gerät ins Rutschen, rauscht wie eine Moräne ins Tal, das Seebett bleibt trocken zurück - und gibt im vorliegenden Roman ein Flugzeugwrack frei, in dem der seit siebzehn Jahren vermisste Bandleader Roddy sitzt. Beziehungsweise das, was von ihm übrig blieb. Der Zustand des Skeletts legt nahe, dass Roddy mit äußerster Brutalität zu Tode gekommen sein muss.

Eigentlich ein Fall für die Polizei und dann doch auch für Fin Macleod, den ehemaligen Polizisten aus Glasgow, der nach langer Abwesenheit und dem Ausscheiden aus dem Polizeidienst - sein Sohn wurde bei einem Unfall mit Fahrerflucht getötet, darüber zerbrach seine Ehe - zurück auf der heimatlichen Hebriden-Insel ist. Er soll dem örtlichen Großgrundbesitzer helfen, sich Wilderer vom Leib zu halten. Aber dazu kommt es gar nicht, denn zügig schickt May seinen Helden in den tiefen Brunnen der Vergangenheit. Und der reicht mindestens bis zum Ersten Weltkrieg zurück, schon damals waren Familien verfeindet, die es noch heute sind. Man kennt und kontrolliert sich eben, wer damit nicht klarkommt, der muss das Eiland verlassen, mit allen Konsequenzen.

Whistler, einst Fins bester Freund, ist geblieben, obwohl er von allen Mitgliedern der ehemaligen Clique rund um die Band die größte Portion Hirnschmalz abbekommen hat. Ein verwilderter, in geschlossenen Räumen kaum zu haltender Berserker, der keinen Weg findet, seiner seelisch zerrütteten Punk-Tochter zu sagen, dass er sie liebe. An diesem und vielen anderen Fällen führt der Autor durch die Vorgeschichte der Flugzeugleiche, und wie in einem Brennglas bündeln sich alle Strahlen in der enigmatisch-kalten Mairead, einst Geliebte von Roddy, angebetet von der gesamten männlichen Inseljugend.

Das geht so hin. Seinen Ruf, ein literarisch besonders ambitionierter Krimiautor zu sein, kann May mit diesem Roman nicht durchgehend einlösen - die Poesie ist dann doch oft reichlich gängige Ware ("Ein Moment verging, indem sein Lächeln verschwand wie die Strahlen der Sonne, vor die sich eine Wolke schiebt"). Eher schon zeigt er, dass er ein sehr ins Erzähltüfteln verliebter Autor ist. Übertrüge man den Roman auf ein Organigramm der handelnden Insulaner, sähe es aus wie ein Schnittmusterbogen - jeder mit jedem, und dabei möglichst viel verdrängen und vertuschen. Zum Krimi werden diese Coming-of-Age-Memoiren erst auf den letzten achtzig Seiten, als Fin ein Licht aufgeht: Der Tote im Flugzeugwrack ist gar nicht Roddy.

Neu auf dem deutschen Markt ist fünf Jahre nach seinem Debüt ein anderer Schotte, Mark Douglas-Home, ebenfalls Jahrgang 1951. In Südafrika verwies man ihn des Landes, weil dem Apartheid-Regime seine Studentenzeitung nicht passte. Er kommt aus einem guten Stall - ein britischer Premierminister steht im Stammbaum - und war nach einer Reporterkarriere bis 2006 Herausgeber der schottischen Tageszeitung "The Herald".

Auch er erzählt eine Geschichte von falschen Helden und von Störenfrieden, auch er siedelt diese an der Westküste an, auf der Isle of Mull, der Halbinsel Ardnamurchan, in Argyll und rund um die Hafenstadt Oban. Obendrein erfindet er das aufgegebene Inselchen Eilean Iasgaich, auf dem im Zweiten Weltkrieg Fischer lebten, die als Kriegshelden mit einem umgebauten Trawler gegen die deutsche U-Boot-Flotte kämpften. Die Zwietracht, die sie damals schon spaltete, hat sich auf ihre Nachfahren vererbt, die nun in Sichtweite der Insel am Festland siedeln.

Der Ermittler, der "Sea Detective" wider Willen, ist der Meeresbiologe Cal McGill, den ein dunkles - gab es je ein helles? - Geheimnis an die Insel bindet. Er ist Experte für Meeresströmungen und Umweltaktivist, der Silberwurz-Sträucher in die Gärten von Politikern pflanzt, um auf den Klimawandel hinzuweisen. Dergestalt polizeibekannt, tut sich der ermittelnde Beamte Ryan schwer, auf die Expertise McGills zurückzugreifen, die er eigentlich dringend brauchte: Die Zahl der abgetrennten Füße in Turnschuhen, die an der Westküste angeschwemmt werden, nimmt signifikant zu.

Was das mit dem Schicksal des indischen Mädchens Basanti zu tun hat, das als Sexsklavin von ihrer Mutter verkauft wurde, um die Schulden des verstorbenen Ehemanns zu begleichen, entschlüsselt Douglas-Home klug dosiert. Basanti entkommt ihren Peinigern und flüchtet sich zu Cal, den die Medien als tapferen Einzelkämpfer vermarkten. So verbinden sich die Erzählstränge zu einem Fall, der kein gutes Licht auf die einander bekämpfenden Sektionen des Polizeiapparats wirft und zu dessen Lösung dann ausgerechnet die von dem ehrgeizigen Macho Ryan wegen ihrer Pummeligkeit verachtete Helen Jamieson beiträgt, indem sie heimlich Cals Unterstützung organisiert.

Auch Douglas-Home ist magisch angezogen von der Ära der Großeltern, verortet den Plot letztlich jedoch in der Gegenwart des globalisierten Sklavenhandels. Kein Pageturner, und Schwärzeres hat Schottland auch schon hervorgebracht, aber weniger in Nostalgie verliebt als Peter May. Man merkt, hier will einer mehr als nur unterhalten.

HANNES HINTERMEIER

Mark Douglas-Home:

"Sea Detective".

Ein Grab in den Wellen.

Kriminalroman.

Aus dem Englischen von Stefan Lux. Rowohlt Verlag, Reinbek 2017. 400 S., br., 9,99 [Euro].

Peter May: "Moorbruch". Roman.

Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Zsolnay Verlag, Wien 2017. 336 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2017

Motten
um Mairead
Peter Mays Hebriden-Krimi
„Moorbruch“
Hat es im schottischen Hochmoor einmal längere Zeit nicht geregnet, kann es passieren, dass die obersten Torfschichten austrocknen und reißen. Wenn es dann zu starken Regenfällen kommt, läuft das Wasser durch die Risse, spült den Schlamm darunter aus und bringt den Torf zum Rutschen. Ist das Gewicht der Wassermassen zu groß, durchbrechen sie den Grund. Stehende Gewässer wie die schottischen Lochs können dabei vom Erdboden verschluckt werden. Das geologische Ereignis heißt Moorbruch, so wie der letzte Teil von Peter Mays Trilogie um die Hebriden-Insel Lewis.
Der Held Fin Macleod kehrt darin auf seine Heimatinsel zurück, eigentlich um Dinge hinter sich zu lassen: Den Polizeidienst in Edinburgh hat er quittiert, nachdem sein Sohn bei einem Autounfall getötet wurde, seine Ehe zerbrach darüber. Eine viel ältere Vergangenheit holt ihn ein, als der Moorbruch ein Flugzeugwrack freilegt, das mit seinem leblosen Passagier 17 Jahre lang auf dem Grund eines Gewässers geruht hat. Fin erkennt die Maschine sofort wieder: Sie gehörte seinem Jugendfreund Roddy Mackenzie, der damit vor Ewigkeiten spurlos verschwand. Dem Toten im Cockpit haben Zeit, Wasser und Bakterien das Fleisch von den Knochen genagt, eine Schädelfraktur zeugt aber immer noch von einem brutalem Gewaltverbrechen.
Roddy war Sänger der Folk-Rock-Band Amran, die es zu beachtlichem Ruhm brachte. Die Mitglieder stammen alle aus dem kleinen schottischen Dorf, wo auch Fin aufwuchs, er selbst begleitete die Band jahrelang als Roadie. Seine ausschweifenden Erinnerungen an die wilde Zeit hat Peter May wie einen Coming-of-Age-Roman angelegt, der nicht ohne Sex, Drugs and Rock’n’Roll auskommt und den Krimi nebensächlich werden lässt. Eine wichtige Rolle spielt die berechnende Schönheit Mairead, die einzige Frau bei Amran. Um sie schwirrten alle Jungs wie Motten ums Licht, wer dabei verbrannte, kümmerte sie wenig. Alle liebten Mairead: Roddy, Finn und sein ehemals bester Freund Whistler, den May besonders stark ins Relief setzt: Whistler spielte die keltische Flöte bei Amran. Seine massive Erscheinung widersprach eigentlich der zarten Gestalt des Instrument. Ein Berserker ist Whistler geblieben, eine Naturgewalt mit wettergegerbtem Gesicht, die man nicht in geschlossene Räume sperren sollte. Die Lebensgeschichten von Whistler und Fin sind über Generationen miteinander verwoben, ihre Großväter kannten sich, der eine hat dem anderen einst das Leben gerettet. Whistler fühlt sich deshalb immer noch für Fin verantwortlich.
Einen eigenartigen Fatalismus legt der Autor hier hinein, der viele Facetten vorhersehbar macht. Die Dramaturgie droht dabei gegen Ende verloren zu gehen, weil sich das Zusammenspiel der vielen ausufernden Handlungsstränge als schwierig gestaltet. Der Abschiedsbrief eines Selbstmörders etwa, den May als Prolog voran stellt, bleibt bis zum Schluss ein unverständliches Rätsel. Aber meisterhaft nutzt May die Form des Lokalkrimis, um einen Mikrokosmos zu schaffen, in dem Mensch und Umwelt eigenwilligen Gesetzen gehorchen müssen. Die meist wehrlosen Figuren versuchen, diesen mit allen Mitteln zu trotzen, während sie in der trostlos-düsteren Atmosphäre zu ertrinken drohen.
BENEDIKT MAHLER
Peter May: Moorbruch. Aus dem Englischen von Silvia Morawetz. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017. 336 Seiten, 20 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Ausgerechnet der massive
Whistler spielt die zarte
keltische Flöte in der Band
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hannes Hintermeier stellt zwei schottische Krimiautoren vor, die den Tartan Noir über Glasgow und Edinburgh hinaus an die Westküste tragen. Tolle Gegend diese Highlands, findet Hintermeier, und die Leute sind dort von wirklich ausgesuchter Feindseligkeit. Peter May schickt in seinem "Moorbruch" einen Ex-Polizisten zurück auf seine heimatliche Hebriden-Insel, wo er sich mit einem aus dem Moor aufgetauchten Flugzeugswrack und den darin gefunden Leichen beschäftigen muss. Und weil die Familien hier seit Jahrhunderten zerstritten sind, trägt wirklich niemand zur Aufklärung des Falls bei. Literarisch findet Hintermeier den Autor nicht sonderlich ambitioniert, auch wenn ihm ein anderer Ruf vorausgehe, eher erkennt der Rezensent in ihm einen Bastler und Tüftler, dessen kompliziert gewundene Plots ihn an Schnittvorlagen erinnern.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Absolut souverän verknüpft May die verschiedenen Fäden und Ebenen dieses vielschichtigen Romans. (...) Das Finale ist großartig. Toll geschrieben. Kriminalliteratur vom Feinsten." Martina Bittermann, Radio Bremen, 02.02.17

"Meisterhaft nutzt nutzt May die Form des Lokalkrimis, um einen Mikrokosmos zu schaffen, in dem Mensch und Umwelt eigenwiligen Gesetzen gehorchen müssen. " Benedikt Mahler, Süddeutsche Zeitung, 04.04.17