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Benutzername: 
Lene
Wohnort: 
Chemnitz

Bewertungen

Insgesamt 74 Bewertungen
Bewertung vom 06.03.2022
Kurt
Kuttner, Sarah

Kurt


sehr gut

Ein kleines rotes Büchlein mit einem guten Titel, aber scheußlichem Titelbild. Ich begreife Verlage und ihre abgehobenen Designer, aber keinen Autor, der mit dem Verhunzen der deutschen Sprache einverstanden ist.
Eine Familie muss den Unfalltod eines kleinen Jungen verkraften, was derart einfühlsam und herausragend gut erzählt ist, dass ich mit den Personen mitfühlte, mir ihren Alltag in Brandenburg vorstellen konnte. Leider war der Schluss für mich nicht nur unpassend, sondern völlig verwirrend, weshalb ich (neben dem Titelbild) einen Punkt abziehe.
Doch von der Autorin werde ich mir noch heute einen weiteren Alltagsroman bestellen.

Bewertung vom 17.02.2022
Die letzte Reise meiner Mutter
Ragde, Anne B.

Die letzte Reise meiner Mutter


schlecht

Mir gefallen Titel und Titelbild gut, auch das Thema, über das Sterben der eigenen Mutter zu schreiben. Leider ist dies nicht wie angekündigt ein Roman, sondern eine überaus langweilige Biografie, die nur aus immer den gleichen „Gesprächen“ besteht. Auf Seite 90 gab ich es auf, darauf zu warten, dass die Geschichte endlich beginnt. Hin und wieder blitzt eine Erinnerung auf, die gleich darauf im Nichts verschwindet, zudem auch noch zeitlich völlig unsortiert. Das Buch wird entsorgt.

Bewertung vom 29.12.2020
Opernroman
Morsbach, Petra

Opernroman


gut

Angekündigt waren Geschichten über das Theaterleben hinter den Kulissen. Ich stellte mir hochinteressante Beschreibungen ungewöhnlicher und etwas abgehobener Künstler vor. Im Grunde bietet dieser Roman genau das. Doch mich schockierten die unglaublichen Intrigen, Gemeinheiten und die Untreue der Sänger, Musiker, Techniker und Regisseure, die mit einer gewissen Häme erzählt wurden. Allerdings kurz wie in einem Polizeibericht: Aussehen, Charakter und Verfehlungen. Man sollte auf jeden Fall etwas von der Oper verstehen, nicht nur die Inhalte und Texte der bekanntesten Stücke, sondern auch die Besonderheiten der Arien bei Gesang und Instrumenten, sonst fehlt dem Leser ein Großteil Zugang zum beschriebenen Geschehen.

Bewertung vom 03.11.2020
Nebelkinder
Gregg, Stefanie

Nebelkinder


sehr gut

Die Geschichte verlief nicht so romantisch, wie man es vom Titelbild erwartet. Doch das wusste ich bereits von den vielen Werbungen für diesen Roman. Hier wird eine sehr bewegende Geschichte über drei Generationen Frauen erzählt, die bildhaft beschrieben sind. Deshalb kann der Leser alle drei (Oma, Tochter, Enkelin) direkt vor sich sehen, glaubt sie zu kennen und zu verstehen. Ana mochte ich besonders gern. Ihre Geschichte – vor allem die Flucht im Zug aus Breslau - ging mir sehr nahe und wird mir sicher fest im Gedächtnis haften bleiben.
Irritierend fand ich das Durcheinander der Zeiten, weil es das aktuelle Geschehen unterbrach und ich mich einige Jahre zurück oder vor denken musste. Eine fortlaufende Erzählung von Anfang bis Ende wäre mir angenehmer gewesen.

Ich habe bereits mehrere Romane dieser Autorin gelesen, weshalb ich bereits vorab wusste, dass auch diese Geschichte gut erzählt ist. Sie geht um sehr persönliche Erlebnisse einer Familie während des Krieges und in den Zeiten danach. Ich bin der Meinung, dass jeder, der ein Nebelkind ist – also den Krieg kaum vom Erzählen her kennt – dieses Buch lesen sollte.

Bewertung vom 26.09.2020
Heimat ist ein Sehnsuchtsort / Heimat-Saga Bd.1
Münzer, Hanni

Heimat ist ein Sehnsuchtsort / Heimat-Saga Bd.1


sehr gut

Vor mir lag wieder ein dicker Wälzer von fast 600 Seiten, doch die Karte von Schlesien (1914) auf der Innenseite begeisterte mich sofort. Weniger die unendlich lange Namensliste, die es zum Glück nicht gebraucht hätte, weil die Personen wunderbar ins Geschehen eingefügt werden. Der Anfang liest sich etwas zäh, doch als die kleine lebhafte Kathi (Hauptperson) ins Geschehen eingreift, wird es sofort interessant und spannend, zumal das Mädchen und ihre Familie hervorragend beschrieben sind. Vor Beginn des 2. Weltkrieges driftet die Geschichte von der Familie weg zu allgemein politischem Geplänkel, was mich gestört hat. Insgesamt gesehen ist der Roman wunderbar erzählt, hochspannend, mitreißend, aber auch furchtbar traurig. Die Fortsetzung werde ich noch heute bestellen.

Nicht so gut fand ich das Vorwort und völlig überflüssig die vielen Anhänge: Danksagung (ganz schlimm), Feldpostbriefe, Quellennachweise, Anhang, Gedicht, Glossar und dann noch eine Zeittafel. Sicher ist all das wichtig für ein Sachbuch, doch nicht für einen Roman.

Bewertung vom 17.05.2020
Frühstück mit der Drohne
Saif, Atef Abu

Frühstück mit der Drohne


sehr gut

Mir sind Drohnen unheimlich, obwohl ich nur die harmlose Variante kenne: fliegende Kameras.

Der palästinensische Autor beschreibt in seinem Tagebuch die 51 Kriegstage ab dem 7. Juli 2014 im Gazastreifen, in einem Flüchtlingslager mit über 100.000 Menschen.

„Zwei Drohnen machen noch keinen Krieg. In den Nachrichten nennt man das zunehmende Spannungen.“
„Das Surren der Drohne isst mit uns. Der Pilot sitzt irgendwo in Israel, drückt eine Taste und entscheidet über Leben und Tod eines Passanten, ganzer Straßenzüge.“
„In den Fenstern der Klassenzimmer hängt Kleidung. Dieser Anblick erinnert mich an ein berühmtes israelisches Gefängnis, in dem Tausende Palästinenser jahrelang gefangen gehalten wurden, einige über drei Jahrzehnte lang. Ich weiß es, denn ich war einer von ihnen. Jetzt passiert es wieder, nur dass dieses Mal eine ganze Nation eingesperrt ist.“
„Obwohl Gaza eine Küstenstadt ist, wird ihr (von den Israelis) seit 50 Jahren verwehrt, diese Gegebenheit zu genießen.“
„Das Geräusch der Explosionen, das Sirren der Drohnen, das Zischeln der Schiffsgranaten, das Jaulen der Rettungswagen, die Schreie der Menschen unten auf der Straße, die Besorgnis in den Augen meiner Frau und meiner Kinder ...“
„Manchmal denke ich, dass wir alle so von der Zerstörung abgehärtet sind, dass ein weiterer Krieg keinen Unterschied macht. Wir sind daran gewöhnt, alles zu verlieren.“

Diese Zitate sagen mehr als es meine eigenen Worte ausdrücken könnten. Ich bin zutiefst entsetzt, was Menschen anderen Menschen antun.

Bewertung vom 01.05.2020
Über alle Grenzen
Lind, Hera

Über alle Grenzen


weniger gut

Ich mag wahre Geschichten und ich hörte, dass Hera Lind eine gute Autorin sei und bereits viele Titel über einen Verlag veröffentlichte. In diesem Buch geht es um eine bayerische Familie, die aus beruflichen Gründen nach Erfurt zieht. Kurz darauf entsteht die Mauer und sie können nicht mehr zurück in ihre Heimat, die Eltern nicht sehen usw. Der Sohn der Familie ist ein berühmter Geiger, wird aber nach Jahrzehnten der Trennung von einer seiner Schwestern (Erzählerin) völlig verwahrlost und krank gefunden.

Wie es dazu kam, hätte ich gern gewusst, doch die Geschichte ist für meinen Geschmack ungeschickt wie eine schlichte Frauenschmonzette erzählt. Sätze wie „… schlüpfte in frisch gewaschene Kleidung, die nach Weichspüler duftete“, oder „Ich sank auf unseren Küchenkocker und schlürfte das heiße Gebräu“, ließen mich das Buch auf Seite 57 zuklappen. Nun liegt es im Müll.

0 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 30.04.2020
In der Fremde sprechen die Bäume arabisch
Al Shahmani, Usama

In der Fremde sprechen die Bäume arabisch


sehr gut

Ich bin froh, dieses Buch entdeckt zu haben, denn ich lese am liebsten Romane aus dem Orient, von denen es leider nur sehr wenige gibt. Der Titel und das Bild irritierten mich allerdings, weil weder Bäume noch die Fremde zu sehen sind, dafür das Arabische.

Mich begeisterte die Leseprobe sofort, in dem der Erzähler kein arabisches Wort für Wandern und das Gehen überhaupt seltsam findet. „Es war für mich unbegreiflich zu hören, dass die Leute in der Schweiz einfach so zu Fuß gehen… Ich dachte, sie erzähle uns einen Witz.“ oder: „Mein einziges Paar Schuhe waren sogenannte Freizeitschuhe. Ich wusste zu jenem Zeitpunkt nicht, dass in der Schweiz jedes Paar Schuhe einer Kategorie angehört.“

Die Sehnsucht des Autors nach seiner Heimat, der dort zurückgebliebenen Familie und dem verschwundenen Bruder kann ich gut verstehen. Sie spürt man in jedem Satz. Was ich nicht spürte, war das Entsetzen über die grauenhaften Vorgänge im Land, die Folterungen und Erschießungen. Dies wird alles wie nebenher kurz erwähnt, während ein Baum (es sprechen nicht die Bäume, sondern der Erzähler zu den Bäumen arabisch) oder ein Spaziergang durch den Wald mehrere Seiten füllt. Ich weiß, dass man das wahre Entsetzen und tatsächlich gefühlte eigene Angst nicht in Worte fassen kann – doch für den Leser wären genau diese Worte wichtig (oder man nennt es Biografie, wo kühle Berichte angebracht sind).

Der Autor ist klug und vorsichtig, denn er kennt die Mächte, die seine Landsleute in die Flucht treiben oder sogar foltern und töten. Doch er hält sich zurück, vermutlich deshalb, weil er immer wieder in seine Heimat reisen möchte.
Für mich gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen Flüchtlingen und Vertriebenen, denn ein Flüchtling geht freiwillig und wählt sein Asyl weitgehend selbst. Er hängt normalerweise nicht derart dramatisch an dem, was er verlassen hat wie jemand, den man gegen seinen Willen vertrieb.

Leider waren acht Seiten des Buches stark verknickt, was das Lesen ein wenig erschwerte, doch nichts vom Inhalt wegnahm. Ich freue mich, diesen interessanten Roman in mein Bücherregal einfügen zu dürfen.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 21.04.2020
Überall bist du
Stoltenberg, Gerhild

Überall bist du


sehr gut

Das Titelbild sagt gar nichts aus und der Titel klingt nach Frauenschmonzette. Doch ich missachtete die Werbung für diesen Roman nicht, sondern klickte die Leseprobe an und die hat mich sofort begeistert.

Eine junge Frau trauert ihrem Freund nach, der sie ohne Erklärung verlassen hatte. Sie sehnt sich nach ihm, wobei ihre Erinnerungen den Leser irritieren, denn der (zumindest ich) kann nicht verstehen, wie man solch einen Menschen vermissen kann.
Am besten gefielen mir die ganz wunderbar beschriebenen Begebenheiten mit drei kleinen Jungs, die die Hauptperson als Kindermädchen betreut. Mich brachten diese Geschichten sehr oft zum Lachen.
Ihre unüberlegte Zugfahrt nach Belgrad ist ebenfalls lesenswert, doch ab ihrer Ankunft in dieser Stadt flachte die Geschichte ab.

Trotzdem halte ich diesen Roman für lesenswert und empfehle ihn gern.

Bewertung vom 10.04.2020
Sieben Jahre
Stamm, Peter

Sieben Jahre


sehr gut

Schon auf der ersten Seite fiel mir unangenehm auf, dass es im Text keine direkte Rede gibt, denn es fehlten die Anführungsstriche. Das machte das Lesen schwierig und störte mich anfangs erheblich.

Die Geschichte selbst ist sehr ungewöhnlich und spannend. Ein Architekt erzählt, dass er als Student eine teilnahmslos wirkende reizlose Polin verführte. Dafür schämt er sich, weil er sie benutzt, obwohl er sie hässlich und abstoßend findet. Trotzdem besucht er sie immer wieder – auch dann, als er sich mit der schönen Sonja verlobt.
Dieser Mann war mir nicht unsympathisch und auf jeden Fall angenehmer als alle anderen Personen in diesem Roman. Sich selbst beschuldigt er als Schwein, doch das ist er keineswegs, denn er hat Andere weit weniger benutzt als sie ihn.

Das etwas düstere Titelbild passt zur Geschichte, die leider für mich etwas unbefriedigend und trotzdem ausgesprochen logisch endete.
Für die o.g. Grammatikfehler gibt es einen Punktabzug, doch insgesamt eine klare Leseempfehlung.