Der Autor ist in seiner 21. Auflage zu der Erkenntnis gekommen, dass es den Rechtsgrundsatz „Wohlwollen“ überhaupt nicht gebe. Er bezieht sich dabei u.a. auf ein richtungweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs von 1963, woraus sich nicht ableiten ließe, dass ein Zeugnisaussteller nicht auch
Schwächen und Minderleistung ins Zeugnis aufnehmen dürfe. Diese neue Erkenntnis steht im Widerspruch zur…mehrDer Autor ist in seiner 21. Auflage zu der Erkenntnis gekommen, dass es den Rechtsgrundsatz „Wohlwollen“ überhaupt nicht gebe. Er bezieht sich dabei u.a. auf ein richtungweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs von 1963, woraus sich nicht ableiten ließe, dass ein Zeugnisaussteller nicht auch Schwächen und Minderleistung ins Zeugnis aufnehmen dürfe. Diese neue Erkenntnis steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein Arbeitszeugnis wohlwollend zu formulieren ist, damit das berufliche Fortkommen des Zeugnisempfängers nicht unnötig erschwert wird. Was Schleßmann jetzt vorschlägt würde dazu führen, der Willkür der Zeugnisaussteller Tür und Tor zu öffnen. Schlecht beurteilte Arbeitnehmer hätten hätten dann große Schwierigkeiten, wieder eine qualifizierte Tätigkeit zu finden.
Im 1. Teil des Buches beschäftigt sich der Autor akribisch mit dem Zeugnisrecht. Er benennt immer die Quellen: Die Urteile der Arbeitsgerichte, Verweise auf die Literatur und Bundestags-Drucksachen. Er beschäftigt sich u.a. mit Beurteilungsfehlern, die Durchsetzung des Zeugnisanspruchs auf dem Klageweg sowie der Haftung des Zeugnisausstellers. Diese umfangreiche Darstellung (191 Seiten) hat den Charakter eines Nachschlagewerks.
Der 2. Teil des Buches befasst sich mit der Zeugnissprache. Schleßmann will die häufig verwendeten Formulierungen des Zeugniscodes (Zufriedenheitsskala) generell in Noten umwandeln, einheitlich und verbindlich, Schulnoten eben. (Übrigens: Das Bundesarbeitsgericht hat den Zeugnisausstellern bei der Beurteilung der Leistung und des Arbeitsverhaltens Formulierungsfreiheit eingeräumt. Das bedeutet: Man muss die Formulierungen des Zeugniscodes nicht unbedingt benutzen.)
Abschließend noch ein paar Bewerkungen zum Spachstil in seinen Textbausteinen und Musterzeugnissen. Beispiele:
Aus einem Praktikantenzeugnis:
„Im Rahmen unserer Betriebsgemeinschaft war er ein angenehmer und beliebter Mitarbeiter“.
Der Ausdruck „Betriebsgemeinschaft“ kommt in mehreren Musterzeugnissen vor. Er meint die Belegschaft, die Betriebsangehörigen, die Mitarbeiter eben. „Betriebsgemeinschaft“ ist deshalb unglücklich, weil er in Nazi-Deutschland gang und gäbe war und auch eine andere Bedeutung hatte. Andere Formulierungen wirken altbacken oder bürokratisch.
Fazit
Der erste, sehr ausführliche Teil des Buches „Zeugnisrecht“ ist den Zeugnisausstellern und Zeugnisberatern als Nachschlagewerk sehr zu empfehlen. Die Sprache in den Musterzeugnissen und Textbausteinen dagegen weniger.