Gäbe es in der Literatur das Genre Therapeutenroman wäre Philip Roth einer der führenden Vertreter darin. Zwar nicht als Ratgeber oder Heilsbringer, vielmehr als Architekt von Innenansichten, hemmungslosen Selbstäußerungen, Zerfleischung und Suche. Alexander Portney berichtet, und es ist weniger der
Analytiker Spielvogel, der ihm zuhört, als der Leser, der fasziniert die Lebensbeichte eines…mehrGäbe es in der Literatur das Genre Therapeutenroman wäre Philip Roth einer der führenden Vertreter darin. Zwar nicht als Ratgeber oder Heilsbringer, vielmehr als Architekt von Innenansichten, hemmungslosen Selbstäußerungen, Zerfleischung und Suche. Alexander Portney berichtet, und es ist weniger der Analytiker Spielvogel, der ihm zuhört, als der Leser, der fasziniert die Lebensbeichte eines Zerrissenen, sich nirgendwo zugehörig Fühlenden folgt. Dass dieser Roman, der 1974 erschien damals weitaus skandalöser aufgenommen wurde als heute, wo die Sprache angesichts der Wandlung unseres Umgangs mit dem Sex nicht mehr so spektakulär aufgenommen wird, nimmt dem Roman nichts an der Wucht, mit der Roth uns das zu vermitteln sucht, was ihm am Herzen liegt. Portney kann einem Leid tun, ihm ist nicht zu helfen. Weil er sich nicht helfen lassen will. Ohne sein wortreiches Rasen ist der Mann nicht vorstellbar. Er würde sich ohne sicher nur noch mehr hassen. Also schreit er sich lieber in die Welt hinaus und bringt sich in Situationen, deren Scheitern vorhersehbar sind, um dort die Bestätigung zu finden, die er als gegeben ansieht. In späteren Romanen wird Roth seine Helden erzählerisch mehr einbinden, ihnen ein alltäglicheres Umfeld geben. In Portneys Beschwerden liegt eher ein Rohentwurf vor. „Noch ein Witz?“, wird Portney an einer Stelle gefragt und er antwortet: "Und noch einer. Und noch einer. Wozu mein Leben verleugnen?" Genau darum geht es bei Roth: Warum soll man soll man sein Leben verleugnen? Tauchen wir es doch lieber in Worte.