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1865, der Amerikanische Bürgerkrieg liegt in den letzten Zügen. Nach dem Sieg über Alabama marschiert General William T. Sherman mit einer Armee von sechzigtausend Mann durch Georgia, South und North Carolina. Plündernd, Brände legend, vergewaltigend. Stolz und letzter Widerstand der Südstaaten gehen in der Barbarei der hochgerüsteten Union zugrunde. Mit ungeheurer Suggestionskraft entwirft E.L. Doctorow ein Panorama des Krieges in Einzelschicksalen und zeigt mit welcher Wucht jeder Krieg eine zivilisierte Welt ins Chaos stürzen kann.

Produktbeschreibung
1865, der Amerikanische Bürgerkrieg liegt in den letzten Zügen. Nach dem Sieg über Alabama marschiert General William T. Sherman mit einer Armee von sechzigtausend Mann durch Georgia, South und North Carolina. Plündernd, Brände legend, vergewaltigend. Stolz und letzter Widerstand der Südstaaten gehen in der Barbarei der hochgerüsteten Union zugrunde. Mit ungeheurer Suggestionskraft entwirft E.L. Doctorow ein Panorama des Krieges in Einzelschicksalen und zeigt mit welcher Wucht jeder Krieg eine zivilisierte Welt ins Chaos stürzen kann.
Autorenporträt
E.L. Doctorow, geboren 1931 in New York City. Er erhielt für sein Werk zahlreiche Auszeichnungen.Für ¿Der Marsch¿ (FTV / Bd. 18200), seinen Roman über den amerikanischen Bürgerkrieg, wurde er mit dem Pen/Faulkner Award ausgezeichnet. E.L. Doctorow starb am 21. Juli 2015 in New York.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Vom Krieg der Neuen Welt erzähle mir, Muse!
Es war eine Heimsuchung, keine Armee: E.L. Doctorow entfaltet mit seinem Roman „Der Marsch” ein gewaltiges Historienpanorama, das die Geschichte des amerikanischen Bürgerkriegs erzählt und den Krieg als Vater aller Dinge erfasst Von Jens-Christian Rabe
Der historische Roman ist ein tückisches Genre. Widmet er sich dem richtigen, also mindestens epochalen Stoff, hat er eine Menge Aufmerksamkeit sicher. Genauso schnell aber nagt der Zweifel an der Darstellung, denn die muss sich naturgemäß immer wieder weit jenseits des Belegbaren bewegen. Es wird tief eingetaucht ein in die Psychologie der Protagonisten, die oft auch noch frei erfunden sind – und die Ereignisse werden von Dialogen vorangetrieben, von denen niemand weiß, ob sie je so geführt worden sind. Historische Romane sind Tänze um das goldenen Kalb der Wissensgesellschaft: die Fakten. Und wozu? Natürlich um der Wahrheit hinter dem Wahren willen. Was erzählen schon glanzvolle Chroniken von der tristen Hast der großen Politik, was blanke Daten, Zahlen von den Schrecken der großen Kriege?
Ganz in diesem Sinne war sich die angelsächsische Kritik im Fall des neuen Romans „Der Marsch” des seit Jahrzehnten zur ersten Reihe der amerikanischen Gegenwartsautoren zählenden E.L. Doctorow völlig einig, als 2005 die Originalausgabe des Buches erschien. Die New York Times griff zum denkbar monströsesten Lob und verglich den „Marsch” mit der „Ilias”. Wie Homer sei es Doctorow gelungen, den Krieg als urmenschliches Übel zu entlarven. Sogar der bekennend Doctorow-skeptische Großautor John Updike ließ sich im New Yorker zu einem „splendid” hinreißen – großartig! Und auch in Deutschland gab es überhaupt nichts auszusetzen an dem Buch. Im Gegenteil. Davon, dass der preisgekrönte Autor von gefeierten Romanen wie „Ragtime” (1975), „Billy Bathgate” (1989) oder „City of God” (2000) nun sein „Meisterwerk” (FAS) vorgelegt hätte, war die Rede. Tolstois „Krieg und Frieden” wurde mehr als einmal bemüht, um „tiefe Zufriedenheit” (taz) mit einem „süffigen Epos” (FR) zu begründen, dass man „lange nicht vergisst” (FAZ).
Es kommt vor, dass wirklich niemand etwas auszusetzen hat – aber wirklich häufig ist es nicht. Warum trifft es gerade auch in Deutschland ein Buch, das auf über 400 Seiten mit dem amerikanischen Bürgerkrieg ein Thema behandelt, das doch eher weit entfernt ist von allem, was die meisten deutschen Leser wirklich bewegen dürfte? Antworten dafür gibt es nicht wenige. Und sie liegen allesamt, soweit ist der Jubel mehr als verständlich, im Buch selbst.
Schon der Ausschnitt ist – natürlich – klug gewählt. Erzählt wird allein das letzte Jahr des Kampfes der Nord- gegen die Südstaaten, genauer die Ereignisse um den berühmten Feldzugs des Nordstaaten-Generals William T. Sherman 1864/65 durch die letzten drei abtrünnigen Südstaaten Georgia, South Carolina und North Carolina. In die amerikanische Mythologie eingegangen als „Marsch zum Meer”, gilt der Feldzug als erster taktischer Vernichtungskrieg der Weltgeschichte. Shermans 60 000 Mann starke Armee hinterließ auf ihrem Weg nichts als „verbrannte Erde”. Um jede Hilfe der Bevölkerung für die gegnerischen Truppen unmöglich zu machen, durften die Soldaten plündern, was sie tragen konnten – der Rest musste niedergebrannt werden. Das literarisch, vielmehr noch: das zivilisationsgeschichtlich hochspannende Dilemma liegt somit sofort offen da, denn Sherman kämpfte vertrackterweise mit den bösen Mitteln für die gute Sache. Der Krieg hatte sich schließlich wesentlich an der Frage der Sklaverei entzündet, von der die Südstaaten nicht lassen wollten.
Beeindruckend wuchtig liest sich die Situation bei Doctorow – und läuft doch nie willkürlich schlachtenselig aus dem Ruder. Ein großer, sich seinen narrativen Mitteln traumwandlerisch sicherer – und von Angela Praesent mit präziser Eleganz ins Deutsche übertragener – Geschichtenerzähler ist am Werk: „Und dann waren es so viele, dass sie auf den Straßen keinen Platz mehr fanden und sich über die Vorgärten ausbreiteten wie ein über die Ufer tretender Fluss. Weiße Planwagen, von Maultieren gezogen, kamen in Sicht, die Maultiertreiber mit aufgerollten Ärmeln, und hinter ihnen Munitionswagen und an den Kanonenrohren zerbrach das Licht der Spätnachmittagssonne in plötzlich aufblitzende Scherben, die an die mörderische Stoßkraft der Geschütze gemahnten. Sie zog die Vorhänge dicht zu, kehrte sich vom Fenster ab und schloss die Augen. Sie hörte Rinder muhen, Männer brüllen, Peitschen knallen. Eine Heimsuchung war das, keine Armee.” – „This was not an army, it was an infestation.” Und als eben dies: als Heimsuchung inszeniert Doctorow das Grauen, von dem er erzählt. In seinem „Marsch” suchen nicht die Menschen den Krieg, der Krieg, und sei er noch so gerecht, findet die Menschen, überall. Das Leben ist bei diesem Autor ohne den gewaltsamen Tod nicht zu haben. Schon gar nicht das gute.
Es ist das breite Bild, das hier aufgerissen wird, das ganz große Schlacht-Panorama. Aber von unten, höchstens einmal von der Seite. Die Draufsichten sind immer perspektivisch gebrochen. Die Frau, die eben vor den Horden die Vorhänge zuzieht im Haus des Südstaaten-Richters Horace Thompson, diese Frau ist seine Tochter. An anderen Stellen werden Dienstmägde, Soldaten, Korrespondenten, Generäle, Ärzte, Farmer oder Deserteure fokussiert. Rein dramaturgisch ist „Der Marsch” ein Puzzle, ein Episodenfilm. Von der ersten Szene an.
Grob aufgeteilt ist er in drei etwa gleich große Abschnitte, die jeweils die Namen der drei Staaten tragen, die den Schauplatz des Werks bilden. Eine darüber hinaus gehende Binnenordnung der vielen, schlicht lateinisch nummerierten Unterkapitel gibt es nicht. Handlungsstränge und Schicksale werden sorgfältig eingeführt, entwickelt und fallengelassen, nur um bei Gelegenheit wieder aufgenommen zu werden – oder eben doch nicht. Die literarische Geste dabei ist jedoch zu jedem Zeitpunkt klassisch, auf eine sehr unprätentiöse Art zeitlos altmodisch. Doctorow vertraut vollkommen auf die Kraft seines makellosen Arrangements des Stoffs.
Und wo ist das Problem? Es gibt keins – bis vielleicht auf dieses ganz kleine, äußerliche Detail: dass einen trotz aller Brillanz des Romans der seltsame Verdacht nie loslässt, dass das, was einem so mitverkauft wird an scheinbar höherer Wahrheit, genau besehen irgendwie auch etwas läppisch ist. Es reicht doch ein nicht allzu wacher Blick ins Geschichtsbuch, um die traurige Ahnung zu bekommen, dass der Krieg viel mehr noch als die Hölle, die er natürlich immer ist, auch im Guten ein Motor der Geschichte sein kann, der Vater aller Dinge. Andererseits: So virtuos erzählt wie in „Der Marsch” bekommt man diesen Allgemeinplatz selten.
E.L. Doctorow
Der Marsch
Roman. Aus dem Amerikanischen von Angela Praesent. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007. 411 S., 22,90 Euro.
Das Leben ist ohne den gewaltsamen Tod nicht zu haben. Schon gar nicht das gute
Die Schlacht von Gettysburg 1863 hielt Sebastian Mayer als große Panoramaschau in Öl fest (David Gallery, Philadelphia). Foto: Bridgemanart.com
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Der Roman "Der Marsch" über den amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 bis 1865 von E.L. Doctorow hat Thomas Leuchtenmüller ausnehmend gut gefallen. Sehr gekonnt verbindet der amerikanische Autor in diesem Buch nicht zum ersten Mal historische Fakten mit Fiktion und erzählt in unterschiedlichen Stimmen von den Auswirkungen des Krieges, lobt der Rezensent. Das in der Literatur schon häufig aufgegriffene Thema präsentiere sich bei Doctorow in durchaus originellen Bildern und ihm sei hier eine Ausgewogenheit zwischen reflektierenden und handlungsbetonten Passagen gelungen, die seine früheren Bücher mitunter vermissen ließen, so Leuchtenmüller anerkennend. Mit zum Teil beeindruckend plastischen Figurenzeichnungen und ohne jede Schwülstigkeit vermag der Autor die Verheerungen des Krieges eindrücklich vor Augen zu führen, schwärmt der Rezensent weiter, der auch die Übersetzung in ihrer Mischung aus Präzision, Phantasie und Beherztheit als sehr gelungen würdigt. Es gibt pointiertere Bücher über den amerikanischen Bürgerkrieg und auch in diesem Werk tauchen Figuren auf, denen man etwas mehr Kontur gewünscht hätte, räumt Leuchtenmüller ein. Dennoch ist der "Marsch" ein "Werk, das Bestand" haben wird, so der Rezensent überzeugt.

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»Dieser Leseherbst hat kein verheißungsvolleres Abenteuer zu bieten als Der Marsch.« Welt am Sonntag