Es ist ein Fluch, wird manch erfolgreicher Autor denken, wenn er einen Charakter geschaffen hat, dem die Welt zu Füßen liegt. Natürlich will jeder wissen, wie es weitergeht. Die Vermarktungszahlen gieren nach mehr. Zumal wenn der Film den Hype weiter anheizt. Bevor Harris seinen Fehlschuss Hannibal
Rising losließ, der über Hannibal Lecters Jugend, seine Beweggründe berichtete, schuf er im dritten…mehrEs ist ein Fluch, wird manch erfolgreicher Autor denken, wenn er einen Charakter geschaffen hat, dem die Welt zu Füßen liegt. Natürlich will jeder wissen, wie es weitergeht. Die Vermarktungszahlen gieren nach mehr. Zumal wenn der Film den Hype weiter anheizt. Bevor Harris seinen Fehlschuss Hannibal Rising losließ, der über Hannibal Lecters Jugend, seine Beweggründe berichtete, schuf er im dritten Band, der sich um seinen kultivierten Psychopathen drehte, eine Art Abschluss, deren Ende bewußt so offen bleibt, das immer noch ein vierter Teil droht. In ihm wächst Hannibal in Italien zu einer solchen Größe an, dass niemand ihm noch etwas anhaben kann. Er ist klüger, er ist schneller, er wird wieder davon kommen. Bei einem Autor wie Harris, der sich auf das Genre wunderbar versteht, enttäuschend. Er fühlt sich berufen, den Schrecken weiter zu steigern, die Schweine loszulassen, aus dem Hirn zu speisen, sich mit seiner hartnäckigsten Verfolgerin Clarice Starling zu belasten, seinen Leser vorzuführen, dass er angesichts der verkommenen Welt ein Recht besitzt, sich jede Freiheit zu nehmen. Das alles hätte genügt, aber Harris mußte Mason Verger lostreten, jenen rachelüsternen Milliardär, der ein Kopfgeld aussetzt. Dass ist reichlich stark Tobak, in Richtung Film gedacht. Da waren Harris vorherige Monster, die in Lecters Umgebung auftauchen, weitaus subtiler. Trotzdem gibt es in dem Roman anspruchsvolle Passagen, Spannungsbögen, die in anderen nachgeahmten Romanen fehlen. Etwas mehr Selbstbeschränkung, weniger Seitenblicke auf die perversen Erwartungen des Markts wäre mehr gewesen.