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"Es war nicht meine Stimme, die des Nachts vor Schrecken vor unbekannten Dingen schrie, die ich wahrlich weder kannte noch kennen konnte. Und ebenso war es mit meinem kindlichen Zorn, meiner Liebe, meinen Freuden. Es waren andere Stimmen, die schrien, wenn ich schrie - Stimmen, die Männern und Frauen früherer Zeiten, dem ganzen Schattenheer meiner Vorfahren, angehörten. Und in meinem Wutgeheul tönte das wilde Tier, das älter ist als die Welt, die wir kennen - und wenn ich in der blinden, hysterischen Sinnlosigkeit meines Kinderzorns Blut sah, war meine Stimme abgestimmt auf das seelenlose,…mehr

Produktbeschreibung
"Es war nicht meine Stimme, die des Nachts vor Schrecken vor unbekannten Dingen schrie, die ich wahrlich weder kannte noch kennen konnte. Und ebenso war es mit meinem kindlichen Zorn, meiner Liebe, meinen Freuden. Es waren andere Stimmen, die schrien, wenn ich schrie - Stimmen, die Männern und Frauen früherer Zeiten, dem ganzen Schattenheer meiner Vorfahren, angehörten. Und in meinem Wutgeheul tönte das wilde Tier, das älter ist als die Welt, die wir kennen - und wenn ich in der blinden, hysterischen Sinnlosigkeit meines Kinderzorns Blut sah, war meine Stimme abgestimmt auf das seelenlose, stupide Tiergebrüll vor Beginn der Zeiten." Jack London. Die Zwangsjacke. Übersetzt von Erwin Magnus. Durchgesehener Neusatz, Textgrundlage ist der Erstdruck dieser Übersetzung: Universitas - Deutsche Verlags-Aktiengesellschaft, Berlin 1930. Amerikanischer Originaltitel: The Star Rover, Macmillan Inc., New York, 1915. Englischer Titel: The Jacket, Mills and Boon, London 1915.Vollständige Neuausgabe, LIWI Verlag, Göttingen 2020.LIWI Literatur- und Wissenschaftsverlag
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.02.2017

Röchelorgien in San Quentin
Jack Londons Gefängnisroman „Die Zwangsjacke“ offenbart als Hörspiel die Schwächen des Plots
Amerikanische Gefängnisse sind nicht eben für ihre Menschenfreundlichkeit bekannt. Vor einhundert Jahren mag es sogar noch übler ausgesehen haben, darauf deutet zumindest Jack Londons „Die Zwangsjacke“ hin. Der Roman stützt sich zu Teilen auf Berichte eines einstigen Insassen von San Quentin in Kalifornien namens Ed Morell, der 1890 an einem legendären Eisenbahnraub beteiligt war.
Schläge, jahrelange Einzelhaft und eben die titelgebende Zwangsjacke scheinen gängige Mittel im Strafvollzug gewesen zu sein. Für Darrell Standing, Hauptfigur in Londons Roman, wird die Zwangsjacke paradoxerweise zu einer Art Freiheitsjacke. Von einem Mitinsassen fälschlicherweise beschuldigt, heimlich ins Gefängnis geschmuggeltes Dynamit versteckt zu haben, wird Darrell Standing auf Anweisung des Gefängnisdirektors in eine Zwangsjacke geschnürt, so fest, dass die Rippen krachen. Eine Tortur, welche die meisten nur für Stunden ertragen. Standing aber gelingt es, seinen Körper Stück für Stück „sterben“ zu lassen und seinem Geist dadurch eine Freiheit zu verschaffen, die es ihm ermöglicht, durch Länder und Zeiten zu reisen, zu all jenen Menschen nämlich, die er selbst einst gewesen war. Ein Reinkarnationstrip also.
Schade nur, dass diese im Roman ausführlich geschilderten Geistesreisen in der Hörspielversion von Kai Grehn kaum in Szene gesetzt sind. Stattdessen konzentriert sich der Regisseur auf die Qualen der Zwangsjacke. Sebastian Blomberg, dem Darsteller von Darrell Standing, werden wahre Röchel-Orgien abverlangt. Blomberg gelingt es dabei, die Beklemmung auf den Hörer zu übertragen. Man selbst fühlt die eigene Lunge zuweilen wie in einen Schraubstock gezwungen.
Das ständige Ein- und Ausschnüren aber wirkt als Handlungsmoment auf die Dauer recht dürftig, wie überhaupt die Konstruktion der Geschichte einigermaßen hanebüchen ist. Wo, bitte, soll der Insasse eines Gefängnisses 35 Pfund Dynamit verstecken? Und warum würde er nach Monaten und Jahren der Folter nicht gestehen, zumal dann, wenn er rein gar nichts zu verlieren hat?
Ein wenig Abwechslung und Ablenkung vom diesem schwachen Plot, ein paar längere Reisen wie die ins Jerusalem um Christi Geburt oder gar in die Prähistorie („Ich war Ushu, der Bogenschütze, und Igar war meine Gefährtin“) hätten dem immerhin 80 Minuten langen Hörspiel gutgetan. Und von den durchaus gelungenen Spiel-Szenen im Gefängnis hätte man sich mehr gewünscht. Die meiste Zeit aber berichtet Darrell Standing aus der Erinnerung heraus, im inneren Monolog eines Mannes, der gleich zum Schafott geführt wird.
Unterlegt sind diese Passagen mit einem mal wabernden, mal wummernden, mal von dumpfem Ploppen durchsetzten Klangteppich (Musik: Tarwater), dessen Eintönigkeit möglicherweise die bedrückende Langeweile des Gefängnislebens illustrieren soll.
TOBIAS LEHMKUHL
Jack London: Die Zwangsjacke. Regie und Bearbeitung: Kai Grehn. Mit Sebastian Blomberg, Samuel Finzi, Lars Rudolph u.a.. Majorlabel, 1 CD, 80 Minuten, 13,90 Euro.
DAS
HÖRBUCH
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