Es handelt sich hier um den Debütroman des Autors Andreas Séché, welcher im Jahre 2011 erschien. Der Autor, seines Zeichens Journalist, hat sich selber öfters in Japan aufgehalten, insbesondere in Kyoto, der alten Kaiserstadt. So ist es vielleicht nicht verwunderlich, wenn er seinen Erstling dort
ansiedelt.
Man sollte sich jedoch davor hüten, dem Buch allzu große autobiographische Bezüge…mehrEs handelt sich hier um den Debütroman des Autors Andreas Séché, welcher im Jahre 2011 erschien. Der Autor, seines Zeichens Journalist, hat sich selber öfters in Japan aufgehalten, insbesondere in Kyoto, der alten Kaiserstadt. So ist es vielleicht nicht verwunderlich, wenn er seinen Erstling dort ansiedelt.
Man sollte sich jedoch davor hüten, dem Buch allzu große autobiographische Bezüge zuzuschreiben. Es stimmt zwar, der Protagonist ist ebenfalls Journalist, interessiert sich für japanische Kultur und Gärten, schreibt aus der Ich-Perspektive, und bekommt im ganzen Buch keinen Namen. Dennoch wird durch die vielfältige und kunstvolle Verschränkung der Themen des Buches klar, dass es auf vielerlei Ebenen funktioniert. Es ist genauso Märchen wie Liebesgeschichte, philosophische Reise wie Fabel, halbes Sachbuch wie Lebensbeichte. Alle diese Facetten so zu vereinen, dass sich das Buch trotzdem wie "aus einem Guss" liest, ist das besondere Verdienst des Autors.
Bei diesem Buch widerstrebt es mir ganz besonders, den Inhalt nachzuerzählen, eben weil sich das Buch keinesfalls darauf reduzieren lässt. Daher nur ein paar grobe Leitlinien. Unser Protagonist wird von seiner Hamburger Illustrierten nach Japan geschickt, um über die dortigen Gärten einen Bericht zu verfassen. Doch es geschieht Unerwartetes. Er begegnet Namiko, einer geheimnisvollen Japanerin, die Germanistik studiert, und die in ihm sowohl romantische Gefühle als auch Lebenslust und Poesie weckt. Schon nach kurzer Zeit muss er sich daher die Frage stellen, wie sein Leben wirklich weiter verlaufen soll. Namiko wird für ihn zu einem Geschenk, zu einem richtungsweisenden Ereignis.
Die besondere Technik des Autors besteht nun darin, die Gestaltung dieser Rahmenhandlung so leicht wie nur irgend möglich zu halten. Was viel eher zählt, ist der Inhalt. Denn Namiko ist nicht nur Person, sie ist geradezu ein Sprachrohr der asiatischen Philosophie, Kunst, Kultur und Religion. Die Handlung der einzelnen Kapitel hängt an einem dünnen Faden - sie werden vielmehr dazu genutzt, um durch Namiko Weisheiten und Einsichten zu vermitteln. Immer wieder macht sie Ausflüge mit dem Helden, sie liegen gemeinsam im Gras oder sitzen an romantischen Orten. Und dort erzählt Namiko. Davon, was asiatische Gärten "bedeuten". Wie die Schriftzeichen entstanden, und was sie heute noch aussagen. Wie die japanische Weltsicht aussieht . Wie man "Koans", also Zen-Rätsel, zu verstehen hat. Und so weiter.
Hinzu kommt, dass der Erzähler selbst gelegentlich eher "nachdenkliche" Kapitel beisteuert. Wie sein vorheriges Leben aussah. Wie er sich zu verändern beginnt. Was ihm an Unterschieden zwischen den Kulturen auffällt. Besonders schön gemacht ist die Tatsache, dass alle diese Kapitel leicht wieder aufzufinden sind, sie sind einfach wunderbar "portioniert". Wer sich also eher für die philosophischen Inhalte des Buches interessieren sollte, kann sie später problemlos wiederfinden, und erneut lesen.
Ganz besonders erwähnen möchte ich die Sprache. Selten habe ich es erlebt, dass - ausgerechnet - ein männlicher Autor so poetisch, dabei doch glaubwürdig und tiefgründig über das Leben und vor allem die Liebe berichtet! Das geht weit darüber hinaus, was beispielsweise ein David Foenkinos oder ein Marc Levy zu bieten haben! Es ist einfach anders, greifbar, und dennoch schön. Wunderbar formuliert, griffig, beinahe schon kalendertauglich. Manche Sätze möchte man sich am liebsten abschreiben und übers Bett hängen.
Kommt man auf den letzten Seiten an, hat man einen dicken Kloß im Hals - das garantiere ich! Und man wird sofort den kurzen Prolog noch einmal lesen wollen, der nun in einem anderen Licht erscheint. (Mehr verrate ich an dieser Stelle natürlich nicht!) Ich kann gar keine treffenden Worte finden, die wirklich mein Fazit zum Ausdruck brächten. Ich weiß nur eines: dass dies nicht das letzte Mal gewesen ist, dass ich diese Perle von einem Buch gelesen habe. Einfach wundervoll.