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Ulinka Rublack bietet eine große, spannende und anschaulich geschriebene Kulturgeschichte der Mode in der Renaissance und zeigt, wie Mode Geschichte macht und wie sie sich zu Beginn der globalen Ökonomie rasant veränderte. Lebensnah schildert die Autorin die Begebenheiten, welche die Kleidung so bedeutsam für unsere Kultur und Gesellschaft machten und uns bis in unsere Gegenwart prägen.
In ihrer fulminanten Darstellung zur Geburt der Mode präsentiert Ulinka Rublack ein ganz neues Bild der Renaissance. Sie nimmt die äußere Erscheinung der Menschen in den Blick und zeichnet nach, was sie
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Produktbeschreibung
Ulinka Rublack bietet eine große, spannende und anschaulich geschriebene Kulturgeschichte der Mode in der Renaissance und zeigt, wie Mode Geschichte macht und wie sie sich zu Beginn der globalen Ökonomie rasant veränderte. Lebensnah schildert die Autorin die Begebenheiten, welche die Kleidung so bedeutsam für unsere Kultur und Gesellschaft machten und uns bis in unsere Gegenwart prägen.

In ihrer fulminanten Darstellung zur Geburt der Mode präsentiert Ulinka Rublack ein ganz neues Bild der Renaissance. Sie nimmt die äußere Erscheinung der Menschen in den Blick und zeichnet nach, was sie trugen, wie sie sich bewegten und welche Bilder sie von ihrem Aussehen entwarfen. Es war eine Epoche, in der die Europäer eine völlig neue Sensibilität dafür entwickelten, wo sie in der Welt standen und wie sie ihr Leben darin gestalten wollten. Glänzend schildert die Autorin in ihrer gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Betrachtung, wie durch die neuartige Beschäftigung mit vielfältigen Bildmedien und durch den regen Austausch mit anderen Welten in anderen Kulturen und Mentalitäten die Einstellung zum Konsum von Kleidung Teil einer umfassenderen Lebensanschauung wurde. Sie illustriert diese Entwicklung am Beispiel prominenter Figuren wie des international bekannten Malers Albrecht Dürer aber auch regionaler Größen wie des Augsburger Buchhalters und ersten »Mode-Influencers« Matthäus Schwarz. Dieses reich bebilderte Standardwerk - voller überraschender und oft auch erheiternder Einsichten - lässt eine Epoche der deutschen und europäischen Geschichte mit ihren Auswirkungen bis in die Gegenwart in ganz neuem Licht erstrahlen.

Autorenporträt
Ulinka Rublack, geboren 1967 in Tübingen, lehrt seit 1996 Europäische Geschichte der Frühen Neuzeit in Cambridge. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Genderstudien, Materialitätsgeschichte und Fragen der kulturellen Identität. 2019 wurde sie mit dem Preis des Historischen Kollegs ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension

Rezensent Ralph Gerstenberg findet viel Freude beim Lesen von Ulinka Rublacks "Die Geburt der Mode: Eine Kulturgeschichte der Renaissance". Die Autorin gibt den Leser*innen darin einen Überblick über den mithilfe von Mode, Kleidung und Stil immer mehr ins Zentrum rückenden individuellen Menschen anhand von zahlreichen Beispielen:  Albrecht Dürer dokumentierte etwa als erster seine äußerlichen Veränderungen mit Selbstporträts, der Augsburger Buchhalter Matthäus Schwarz, ließ indes seine Kostümierungen in einem "Trachtenbuch" festhalten, lernt Gerstenberg. Das wirkt dem Rezensenten zufolge teilweise überraschend zeitgemäß und wird stets konkret und mit eindrucksvollem Bildmaterial unterstützt. Insgesamt liest sie eine detailreiche und fundierte Analyse dieses Zeitalters, die sich auch als Sittengeschichte lesen lässt.  Gerstenberg erfährt hier nicht nur Neues,  sondern wird dank Rublacks lebendigem Erzählton auch gut unterhalten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.03.2022

Was soll der Akt im Kleiderbuch?

Als eine uns geläufige symbolische Praxis sich merklich intensivierte: Ulinka Rublack widmet dem Phänomen der Mode im frühmodernen Deutschland des sechzehnten Jahrhunderts eine lesenswerte Darstellung.

Mode hat es immer schon gegeben. Jedenfalls behauptete dies Georg Simmel 1905 in seinem klassischen Text zur "Philosophie der Mode". In ihr verdichte sich die grundlegende Spannung von "Egalisierungs- und [...] Individualisierungstrieb" der Menschen, das Bedürfnis nach sozialer Anlehnung versus individueller Abgrenzung. Simmels Vorstellung von sozialen "Klassenmoden" besagt, dass die unteren Schichten gerade im Bereich der Kleidung durch "bloßen Geldeinsatz" und billigeres Imitat die höheren Stände nachahmen können. Daraus folge eine Dynamik des schnellen Wandels, des Sich-Überbietens und Sich-Absetzens: "Die Lebensbedingungen der Mode als einer durchgängigen Erscheinung in der Geschichte unserer Gattung sind hiermit umschrieben."

Wenn es freilich Mode immer schon gegeben hat, wie lässt sich dann von der "Geburt der Mode" sprechen? Unter diesem Titel liegt jetzt eine umfangreiche, reich bebilderte "Kulturgeschichte der Renaissance" von Ulinka Rublack vor, die bereits 2010 auf Englisch erschienen ist. Im Original heißt das Buch wesentlich vorsichtiger "Dressing Up. Cultural Identity in Renaissance Europe". Tatsächlich bewegen sich die Thesen Rublacks zwischen beiden Titelversionen: Untersucht wird Mode als soziale "symbolische Praxis".

Es geht um Kleidung als Form von Aneignung, Ausdruck und Absicherung einer bestimmten Vorstellung vom Selbst in der Gesellschaft. Es geht um ein Markieren oder Reklamieren von "kultureller Identität", aber auch um ein Bedürfnis nach dem "materiellen Ausdruck neuer Gefühlswelten" und um eine neue Lust am Konsum. Diese "symbolische Praxis" erfuhr in der Renaissance eine entscheidende Intensivierung und Beschleunigung. So sah etwa eine 1596 in Leipzig erlassene Kleiderordnung frustriert von detaillierten Vorschriften ab, gäbe es doch "fast nichts gewisses anzuordnen vnnd fürzuschreiben, alldieweil die Trachten vnd der Zeug bey der Deutschen Nation fast alle Jar vnd also von der einen zur andern sich verändern". Insgesamt konzentriert sich Rublack auf die Situation im "frühmodernen Deutschland". Damit eröffnet sie eine neue Perspektive, haben doch zumindest Deutschlands reformierte Gebiete im sechzehnten. Jahrhundert bislang nicht als Mode-Hotspots gegolten.

Rublacks Buch liefert also keine Entwicklungsgeschichte der Kleiderstile im Zeitraum von 1300 bis 1600. Es untersucht nicht systematisch die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, herstellungstechnischen oder ästhetischen Transformationen und Gründe, warum neue, aufwendige, schnell wechselnde Kleidung in frühmodernen deutschen Landen so wichtig wurde. Und es vergleicht nicht eingehender mit anderen europäischen Mode-Szenen in Italien, Frankreich, Spanien, Burgund oder den Niederlanden. Das Buch konzentriert sich auf eine Reihe außergewöhnlicher Bild- und Textzeugnisse zum Phänomen Mode, die zwischen Straßburg, Augsburg, Nürnberg, Leipzig und Frankfurt/Oder entstanden sind. Man könnte sagen, es geht um die neuen Paratexte und Parabilder von Mode im sechzehnten Jahrhundert.

Den Auftakt macht das bekannte, spektakuläre Bilderbuch, das der Augsburger Bürgersohn und Buchhalter der Fugger, Matthäus Schwarz (1496 - 1574) mit dreiundzwanzig Jahren 1520 anzulegen begann, parallel zu einer heute verlorenen Autobiographie "Der welt Lauf". In dem Manuskript (heute in Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum) lässt Schwarz sich bis zu seinem Tod mit seinen zu wichtigen Anlässen erworbenen Kleidern abbilden, teils im Abstand von nur einem Monat. Die genau datierten 137 Momentaufnahmen dieses vestimentären Lebenslaufs erinnern unweigerlich an heutige selfies auf einer time-line. Allerdings verlangten die von professionellen Malern gefertigten ganzfigurigen Porträts einen erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand. Außerdem ließ Schwartz seine Kindheit und Jugend rückblickend darstellen. Und im Unterschied zu heutigen Sozialen Medien ist darüber nur zu spekulieren, für welches Publikum das "klaydungsbuechlin" eigentlich gedacht war. Dass sein Sohn Veit das Mode-Projekt dann mit einer eigenen illustrierten Autobiographie fortführte, belegt jedenfalls die Bedeutung innerhalb der Familie.

Die Serie von Bildnissen in aufwendiger Kleidung wird im Sommer 1526 von zwei Akt-Darstellungen unterbrochen. Dargestellt ist Matthäus von hinten und von vorne, sein Kommentar dazu vermerkt: "dan ich wart faist und dick worden". Rublack deutet die Bilder als besonders unmittelbare Zeugnisse eines neuzeitlichen Interesses am Ich. Dagegen hat etwa Valentin Groebner zur Vorsicht gemahnt und zu bedenken gegeben, dass der zu diesem Zeitpunkt fast dreißigjährige Matthäus Schwarz auf seinen (idealen) Auferstehungskörper vorausgewiesen haben könnte. Zu überlegen wäre vielleicht eher, ob dieser explizit als zu dick wahrgenommene Körper durch seinen demonstrativen Mangel an Perfektion an die prinzipielle Fehlbarkeit des Menschen nach der Vertreibung aus dem Paradies erinnern sollte. Jedenfalls wurde mit dem menschlichen Abweichen von der göttlichen Schöpfung im Mittelalter die Verschiedenheit und Veränderlichkeit der menschlichen Kulturen insgesamt - voran der Sprachen, Waffen und Kleidung - überhaupt begründet.

Eine solche Spannung zwischen moralischer und sozialer Wertung und interessiertem, dokumentierendem oder schlicht erfreut-beeindrucktem Blick auf Kleidung und Erscheinungsbild scheint für das gesamte sechzehnte Jahrhundert konstitutiv. Das zeigt Rublack in weiteren Kapiteln zu Einsatz, Symbolik und Kritik von Kleidung in den Religionsstreitigkeiten der Zeit, zur Frage nach der Konstruktion und Wahrnehmung nationaler Identität oder zum "bürgerlichen Geschmack". Vor allem aber entstanden im deutschsprachigen Raum auch die ersten Trachtenbücher: Schon um 1530 hatte Hans Weiditz nicht weniger als 154 aquarellierte Federzeichnungen gefertigt, die verschiedene Bekleidungsformen von den heimischen Prälaten bis zu den "Indianern" der Neuen Welt versammelten. Auch wenn sich in anderen solcher Zusammenstellungen abwertende Darstellungsweisen finden, so betont Rublack zurecht, dass insbesondere Weiditz' Tafeln zeigten, "wie ein respektvoller Blick auf den Anderen vor 500 Jahren aussehen konnte".

Rublack liefert eine Fülle von Quellen, Beobachtungen und Ideen, die ihr Buch unbedingt lesenswert machen. Im Unterschied dazu bediente sich Simmel für seine so knappe wie allumfassende Argumentation nur einer Hand voll historischer Verweise. Zwei davon sollten ausgerechnet belegen, dass es in der Renaissance Kleidung jenseits von Mode gegeben habe: nämlich die allesamt in Schwarz gehüllten Patrizier in Venedig und die angeblich hyper-individuell gekleideten Florentiner Männer um 1390, bei denen kein gemeinsamer Geschmack erkennbar sei. So unzureichend diese historischen Detail-Argumente Simmels sind, so sehr hätte man sich von Rublack etwas systematischere Analysen gewünscht, um die Spezifik der Situation im deutschsprachigen Raum und die historischen Veränderungen zwischen 1300 und 1600 für die Geburt der Modeillustration besser einschätzen zu können. ULRICH PFISTERER

Ulinka Rublack: "Die Geburt der Mode". Eine Kulturgeschichte der Renaissance.

Aus dem Englischen von Karin Schuler. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2022. 536 S., Abb., geb., 48,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.07.2022

Adieu,
Innerlichkeit
Das Instagram der deutschen Renaissance:
Die Historikerin Ulinka Rublack
über Selbstdarstellung, Distinktionsbewusstsein
und die „Geburt der Mode“
VON JOHAN SCHLOEMANN
Bauchfrei? Zu flippig angezogen? Es gab einmal eine Zeit, da reagierte man auf solche und ähnliche Gefahren der Zurschaustellung mit offiziellen Kleiderordnungen. In den protestantischen Städten der frühen Neuzeit versuchte man, gegen Luxus und Eleganz vorzugehen, Samt und Seide zu verbieten und ein bestimmtes Aussehen durchzusetzen, genau so, wie man sich dem Klischee nach strenge Protestanten vorstellt: einfarbig, dunkel, hochgeschlossen, sittsam.
Das Problem war nur: Es hielt sich keiner so richtig daran. Zwar respektierten die Menschen zunehmend den allgemeinen Rahmen, also die monochromen Gewänder. Aber mit den Accessoires drumherum gaben sie alles, um dagegenzuhalten: mit feinsten Kopfbedeckungen, bunten Kniehosen und Hosenbändern und auffälligen Kragen.
Nach mehreren Anläufen der Kleiderkontrolle klagte etwa der Rat der Stadt Leipzig im Jahr 1640 immer noch: Es sei „fast kein Monat verstrichen, do nicht eine newe mode (...) herfür kommen“. Das Wort „Mode“ war damals gerade erst aus dem Französischen ins Deutsche gekommen. Im Dreißigjährigen Krieg machten sich Flugblätter über „à-la-mode-Monsieurs“ lustig, aber diese antifranzösischen Satiren konnten ein gewisses Interesse an den bunten Herren auch nicht verhehlen. Da mochten Proto-Nationalisten noch so sehr gegen die „weibische Putzsucht“ wettern, die angeblich nicht zu ehrbaren deutschen Bürgern passe.
Kleider machen Leute: Das heißt heute für Ulinka Rublack, die an der Universität Cambridge lehrt, „dass Kleidung Gesellschaften lesbar macht“. Und was die Historikerin aus diversen (Selbst-)Darstellungen in den aufstrebenden Städten nördlich der Alpen herausliest, die sie durchforstet hat, das ist die Hauptbotschaft ihres Buches „Die Geburt der Mode“: dass auch in der Renaissance im Norden schöne Kleidung keineswegs immer nur sittlich und streng beäugt wurde, sondern „zumindest manchmal als Teil der Diversität und des kreativen Erfindungsreichtums der Menschheit, ja sogar als Freude am Leben“.
Bei allen Zwängen, die Geschlechterrollen, Religion und soziale Hierarchien mit sich brachten und die nicht bestritten werden: In der Ständegesellschaft vor der Aufklärungszeit war einfach nicht alles trist und eingeengt, sondern voller Farben, Wandel und Neugier, davon erzählt dieses Buch, das auch selbst hübsch und bunt gemacht ist. Nicht bloß die berühmtesten Orte der Renaissance in Norditalien und Flandern wurden von einer neuen wirtschaftlichen und kulturellen Dynamik erfasst, auch die nordische Kombination aus Reformation, Stadtleben und wachsendem Welthandel produzierte fashion victims, wenn auch meist im Rahmen einer demonstrativen Mäßigung. Der Künstler Albrecht Dürer, dem wir in diesem Buch auch beim Shopping von Luxusmitbringseln in Antwerpen begegnen, schrieb aus Venedig nach Hause nach Nürnberg an seinen Humanistenfreund Willibald Pirckheimer: „Mein französischer Mantel (...) und der braune Rock lassen Euch herzlich grüßen.“
Die Reformation machte sich im 16. Jahrhundert darüber lustig, dass entweder prächtige Gewänder von Bischöfen oder asketische Mönchskutten irgendeine Sonderheiligkeit beanspruchen sollten. Das war der Firlefanz des papistischen Systems.
Doch auch Protestanten mussten ja irgendetwas anziehen, wenn sie auf die Straße oder in die Kirche gingen. Entgegen der Faustformel, dass sie die Innerlichkeit über die Äußerlichkeit stellten und idealerweise lieber sparten statt prassten, entwickelte sich, wie Ulinka Rublack zeigt, eine Ästhetik der bürgerlichen Ehrbarkeit, die durchaus Raum für Eleganz, feine Stoffe und Distinktion ließ. Gerade, wenn die Leute frühkapitalistisch reicher wurden, durch den Handel und immer anspruchsvolleres Handwerk.
Viele gute Kleidungsstücke – ein Wams, ein Rock, ein Mantel – waren damals deutlich teurer als ein Porträt von Albrecht Dürer. Am prägnantesten fasst Rublack die Mischung aus Frömmigkeit und Innovation in diesem Satz zusammen: „Die Europäer wollten zwar das Konsumglück, aber sie wollten auch in den Himmel kommen.“ Das bedeutete, dass es eben oft dieselben Bürger und Kaufleute waren, deren Zeitgefühl zwischen verschiedenen Weltanschauungen schwankte – Weltanschauungen, die man zu Unrecht im Rückblick historisch oder geografisch zu trennen versucht: zum einen die Auffassung, dass das ganze Leben nur Narretei, Gaukelei und vergebliches Schauspiel sei; zum anderen ein neuer Stolz auf Rationalität, Berechnung und Machbarkeit. Die Vorstellung, das eine wäre „mittelalterlich“, das andere „neuzeitlich“, wäre den Zeitgenossen seltsam vorgekommen. Und ihre Kleidung war gleichsam ein Mantel, der beides umfasste.
Die Autorin Ulinka Rublack stammt aus Deutschland und arbeitet schon seit Jahrzehnten in England. Vor drei Jahren erhielt sie für ihr Buch über den Astronomen Johannes Kepler und seine als Hexe verfolgte Mutter den Preis des Historischen Kollegs in München, die renommierteste Auszeichnung für historische Forschung in Deutschland. Das Mode-Buch ist vor zwölf Jahren auf Englisch erschienen und kommt nun erstmals auf Deutsch heraus. Man merkt ihm einerseits noch den akademischen Ehrgeiz an, besonders in der Einleitung, andererseits aber auch den unbedingten Willen, einem englischsprachigen Publikum den verborgenen Reiz deutscher Quellen durch saftiges Erzählen zu erschließen.
Es macht Spaß, dieses Buch zu lesen, aber es ist wie beim Anblick von gut angezogenen Menschen: Manche werden sich gerade für die raffinierten Details der Schneiderkunst interessieren, die oft den Unterschied machen; anderen wird der Gesamteindruck reichen.
„Die Geburt der Mode“ ist allerdings nicht nur ein Buch über Mode, sondern auch eines über die Macht der Medien, von Gutenberg bis zu Instagram. Denn die neuen Bilder von den Menschen und ihren Kleidern in Büchern, Flugblättern und Tafelbildern schufen im 16. und 17. Jahrhundert eine neue Welt, teils durch lokale Selbstdarstellung, teils durch eine Neugier auf die Trachten der Fremde in dieser Epoche der Entdeckungen, changierend zwischen Rassismus und ethnografischem Respekt. Der Bilderhunger, das Aufeinandertreffen von Identitäten in der Mode, das Ringen um Distinktion bei jedem Außenauftritt – all das war noch potenzierbar, wie man heute weiß. Adieu, Innerlichkeit.
Auch die Protestanten mussten
ja irgendwas anziehen und
hatten Anlässe zur Eleganz
Englischsprachigen Lesern muss
man die deutschen Quellen mit
saftigem Erzählen erschließen
Ulinka Rublack:
Die Geburt der Mode. Eine Kulturgeschichte der Renaissance. Klett-Cotta, Stuttgart 2022.
534 Seiten, 48 Euro.
In den deutschen Städten musste man sich damals eigentlich etwas dezenter anziehen, aber das Interesse für bunte Kleider aus aller Welt war riesig – wie dieses Bild aus dem 1577 gedruckten Nürnberger Trachtenbuch des Hans Weigel zeigt: „Ein Junckfraw und Junger Gesell auß Pischcaia“ (also Biskaya).
Foto: The Master and Fellows of Trinity College, Cambridge
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»Ulinka Rublack [gelingt es] stets konkret und anhand von beeindruckendem Bildmaterial zu zeigen, wie der Mensch im Zeitalter der Renaissance immer mehr ins Zentrum rückt. Eine Fülle von Details und das hartnäckige Hinterfragen des allzu Offensichtlichen garantieren eine fundierte Analyse und erhellende Einblicke.« Ralph Gerstenberg, Deutschlandfunk, 18. Juli 2022 Ralph Gerstenberg Deutschlandfunk 20220718