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Ein Kindheitsroman von bezwingender poetischer Kraft.Ein Jahr um 1900 in der damaligen deutschen Provinz Posen und ein kleines Mädchen, Katharina, etwa sechs Jahre alt, Tochter eines Gutsbesitzers. Dazu ein schwarzer ausgestopfter Storch, der unheilvoll über dem Esstisch der Familie schwebt. Katharina ist die Tochter des Gutsbesitzers und - ungewöhnlich genug - selbst die Erzählerin.Ilse Molzahn leiht ihr eine bezaubernde und einfache Sprache, die vieles offen lassen muss, denn das Mädchen ist mit einer Erwachsenenwelt und Vorgängen konfrontiert, die es nicht verstehen und nicht immer benennen…mehr

Produktbeschreibung
Ein Kindheitsroman von bezwingender poetischer Kraft.Ein Jahr um 1900 in der damaligen deutschen Provinz Posen und ein kleines Mädchen, Katharina, etwa sechs Jahre alt, Tochter eines Gutsbesitzers. Dazu ein schwarzer ausgestopfter Storch, der unheilvoll über dem Esstisch der Familie schwebt. Katharina ist die Tochter des Gutsbesitzers und - ungewöhnlich genug - selbst die Erzählerin.Ilse Molzahn leiht ihr eine bezaubernde und einfache Sprache, die vieles offen lassen muss, denn das Mädchen ist mit einer Erwachsenenwelt und Vorgängen konfrontiert, die es nicht verstehen und nicht immer benennen kann: die scharfe Trennung von Herrschaft und Gesinde, das archaisch ländliche Leben, aber auch Missbrauch, Schwangerschaft, Abhängigkeiten, Rohheit und Gewalt. Von den Eltern, der fromm-bigotten Mutter und dem draufgängerischen Vater, ist keine Erklärung zu erwarten. Einzig in dem Dienstmädchen Helene findet Katharina eine Vertrauensperson. Doch Helene ist plötzlich verschwunden, gestorbenbei einem Abtreibungsversuch.Der Autorin ist etwas Seltenes gelungen: In einer verblüffend authentischen, zeitlosen Sprache erfasst sie die Welt des Kindes und sein magisch-inniges Erleben der Natur.Der Roman erschien erstmals 1936, eine zweite Auflage wurde von den Nazis wegen »Herabsetzung des deutschen Junkertums« verhindert. Die Neuausgabe wird von Thomas Ehrsam mit einem umfangreichen Nachwort zur Entstehungs- und Publikationsgeschichte unter Berücksichtigung der Biografie der Autorin bereichert.
Autorenporträt
Ilse Molzahn (1895-1981) wuchs in Kowalewo in der ehemaligen Provinz Posen auf. In Breslau, wo ihr Mann, der Maler Johannes Molzahn, an der Akademie lehrte, schrieb sie Erzählungen und fürs Feuilleton, u. a. für die Vossische Zeitung und die Deutsche Allgemeine Zeitung. Nach der Schließung der Akademie und der Machtergreifung der Nazis siedelte sie nach Berlin über, wo sie weiter Gedichte und Romane schrieb und auch journalistisch tätig war. Im Gegensatz zu ihrem Mann, der 1938 in die USA geflohen war, blieb sie in Deutschland und lebte ab 1953 bis zu ihrem Tod als Schriftstellerin in West-Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Lerke von Saalfeld entdeckt die 1895 in der Provinz Posen geborene Schriftstellerin Ilse Molzahn. Der von Thomas Ehrsam in der Originalfassung von 1936 herausgegebene und kommentierte, autobiografisch grundierte Debütroman der Autorin entführt Saalfeld in die Welt eines Posener Gutshofs um 1900. Erzählt aus der von Neugier und kindlicher Fantasie geprägten Perspektive der sechsjährigen Gutshofstochter, vermittelt der Text laut Rezensent recht anschaulich ein raues, von Gewalt geprägtes, entbehrungsreiches Milieu. Ein Streit unter Störchen und ein schwarzer Storch werden im Text symbolisch aufgeladen, erklärt Saalfeld.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2022

Da fiel Schnee, und die Sonne glühte
Alles auf eine Karte gesetzt: Ilse Molzahns prächtiger Roman "Der schwarze Storch" als Neuausgabe

In 54 Kisten lagert noch heute der Nachlass von Ilse Molzahn ungeordnet in der Berliner Staatsbibliothek. Die Journalistin und Schriftstellerin wurde 1895 in der Provinz Posen geboren und starb 1981 in Westberlin. Der Zürcher Bibliothekar und Literaturhistoriker Thomas Ehrsam hat aus dieser bisher ungehobenen Quelle geschöpft und den ersten Roman von Ilse Molzahn, "Der schwarze Storch", erstmals erschienen 1936 im Rowohlt-Verlag, neu herausgegeben und umfangreich kommentiert.

Molzahn erzählt aus der Ich-Perspektive der sechsjährigen Katharina, genannt Kater, das Leben auf dem elterlichen Gutshof in Posen im Jahre 1900. Reiz und Charme dieses Debütromans beruhen auf der kindlichen Betrachtungsweise. Die Kleine versteht nicht alles, aber sie beobachtet neugierig die Welt der Erwachsenen und macht sich ihren eigenen Reim darauf. Mit Phantasie und Traumsequenzen, alles ins Präsenz gesetzt, entsteht eine vergangene Zeit in hoher Lebendigkeit.

Als Menetekel des Geschehens zieht sich ein schwarzer Storch durch die Geschichte. Er, der Außenseiter, taucht überraschend auf dem Hof unter der Schar der weißen Störche auf, stiftet Unruhe und wird vom Vater des Mädchens abgeschossen. Der ortsansässige Doktor, der gerne Späße macht, erzählt Kater, kein weißer, sondern der schwarze Storch habe sie gebracht, weil sie so wild und aufmüpfig sei. Das Kind glaubt diese Mär gerne: "Meine Füße hüpfen, gleiten über weiche Nadeln, und ich singe: 'Ich bin nicht aus dem Teich geboren, komme nicht aus dem Sumpf. Mich hat der schwarze Storch gebracht. Er kam aus fernen Wäldern mit mir her. In fernen Wäldern bin ich gewesen. Da sangen Bäume und da rauschten Blätter. - Da fiel Schnee und die Sonne glühte. - Grüne Zweige hielten mich. Grüne Arme wiegten mich im Sommerwind. Ich wusste nichts von Menschenblut - lebte von Pflanzenblut, grün und kühl. La - la.'"

Der Vater präpariert den schwarzen Storch, stopft ihn aus und hängt ihn im Wohnzimmer an die Decke. Dort schwebt er nun, kann von oben alles mitverfolgen, und für das Mädchen ist er ein ständiger stummer Begleiter. Zum Gesinde gehört die Magd Helene, die schweigsam und fleißig ist und zur Vertrauten von Kater wird, denn mit den Kindern der Hofleute darf das Mädchen nicht spielen. Helene wird schwanger, was Kater nicht bemerkt, und verblutet beim Versuch der Abtreibung, auch dies realisiert das Mädchen nicht. Der Vergewaltiger könnte ihr eigener Vater sein oder der Vogt des Hofes, aber die Erwachsenen schweigen und versuchen das Geschehen vor dem Kind zu verheimlichen. Eine neue Erzieherin wird engagiert, sie soll das wilde Kind bändigen und zu einem artigen Mädchen machen.

Hintergrund für diesen Roman ist die Kindheit der Autorin, die auf einem solchen Dominium in Posen aufgewachsen ist. Es ist keine Idylle, sondern das karge, raue Landleben im Osten des Deutschen Reichs. Geschildert wird ein Jahr auf dem Hof, Dürre und Missernten machen das Leben schwer, gefährden die Existenz der Familie. Eine neue Straße soll gebaut werden, und das gesamte Gehöft wird abgerissen, der schwarze Storch verschwindet spurlos, die Familie zieht in die Stadt.

Einer der Höhepunkte der Erzählung ist ein gewalttätiger Streit unter den Störchen. Er mutet wie Krieg oder Revolution an. Als der Roman 1972 noch einmal aufgelegt wird mit einem Nachwort von Hans Erich Nossack, mildert die Autorin diese Szene ab, sie will, inzwischen konservativ geworden, nicht in den Verdacht geraten, mit den Achtundsechzigern zu sympathisieren. Der Herausgeber ist bei der Edition der neuen Auflage zum Originaltext von 1936 zurückgekehrt. Damals fand der Roman kaum Resonanz, eine zweite Auflage wurde von den Nazis wegen "Verleumdung des Junkertums" verboten. In den Siebzigerjahren erregte der Roman erst Aufmerksamkeit, als das ZDF den Stoff 1976 unter der Regie von Herbert Ballmann verfilmen ließ. 70 000 Exemplare wurden verkauft, in West wie in Ost.

Ilse Molzahn, die 1953 nach Westberlin übergesiedelt war, blieb reserviert: "Ich kann mich nicht mehr freuen." Wie viele andere Autoren und Autorinnen war sie nach dem Krieg vergessen, vereinsamte und erkrankte. 1936 war sie noch voller Hoffnungen: "Leider habe ich mich jahrelang verzettelt, nun habe ich das ganz fallen gelassen und auf eine Karte alles gesetzt." Bleibt zu wünschen, dass diesmal die Karte sticht und der wundervolle Roman das verdiente Publikum findet. LERKE VON SAALFELD

Ilse Molzahn: "Der schwarze Storch". Roman.

Hrsg. und Nachwort von Thomas Ehrsam. Wallstein Verlag, Göttingen 2022. 376 S., geb., 28,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Kunstvoll gehen ostpreußische Realität und kindliche Phantasie in Ilse Molzahns Roman ineinander über. Die Naivität des erzählenden Kindes ist rührend, aber auch schonungslos und das Mädchen Kater bleibt einem noch lange im Gedächtnis.« (Bettina Baltschev, MDR Kultur, 23.05.2022) »Das autobiografisch grundierte Werk fesselt durch seinen beklemmenden Inhalt ebenso wie durch seine literarische Sprache.« (Manfred Papst, NZZ am Sonntag, 26.06.2022) »ein bezwingendes, sinnliches und wunderbar lesbares Stück Literatur, ein expressionistisches Meisterwerk« (Ulrike Sárkány, Lesart 3/2022) »Molzahn ist es beeindruckend gelungen, ihre Ängste, Sorgen und Gefühle aus der Kindheit zu rekonstruieren und auf (...) einzigartige Weise in einen vielseitigen Roman zu verpacken.« (Julia Moldenhauer, Ausgebucht, 13.06.2022) »Ein Buch voll Rauheit, Einsamkeit und doch weiter Schönheit« (Wulf D. Wagner, Preußische Allgemeine Zeitung, 23.09.2022) »Bleibt zu wünschen, dass (...) der wundervolle Roman das verdiente Publikum findet.« (Lerke von Saalfeld, FAZ, 28.07.2022) »kunstvoll« (Bettina Baltschev, Deutschlandfunk, 21.07.2022) »Die Qualität des Romans liegt (...) darin, Zeit und Gegend ohne jede falsche Idealisierung künstlerisch-literarisch darzustellen.« (Stephan Wolting, literaturkritik.de, 19.12.2022)