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Die traditionelle Judenfeindschaft wandelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem rassistisch geprägten Antisemitismus. Seine Propagandisten fühlten sich zur "Lösung der Judenfrage" berufen. 1885 wurde die Idee geboren, Madagaskar zur Heimstätte aller Juden der Welt zu machen. So grotesk diese Vorstellung einer "territorialen Endlösung" anmutet, sie fand Anhänger in vielen europäischen Ländern. Eine "Internationale des Antisemitismus" propagierte Ideen dieser Art bis in die Jahre des "Dritten Reiches". In dieser Zeit erhielt der Madagaskar-Gedanke eine neue Variante:…mehr

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Produktbeschreibung


Die traditionelle Judenfeindschaft wandelte sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem rassistisch geprägten Antisemitismus. Seine Propagandisten fühlten sich zur "Lösung der Judenfrage" berufen. 1885 wurde die Idee geboren, Madagaskar zur Heimstätte aller Juden der Welt zu machen. So grotesk diese Vorstellung einer "territorialen Endlösung" anmutet, sie fand Anhänger in vielen europäischen Ländern. Eine "Internationale des Antisemitismus" propagierte Ideen dieser Art bis in die Jahre des "Dritten Reiches". In dieser Zeit erhielt der Madagaskar-Gedanke eine neue Variante: Polen hoffte, im deutschen Windschatten zur Großmacht aufzusteigen und auch seine "Judenfrage" lösen zu können; die polnische Regierung bemühte sich, Madagaskar als Auswanderungsgebiet für ihre jüdische Bevölkerung und als polnische Kolonie von Frankreich zu erhalten. Nach dem Sieg über Frankreich plante Hitlers Regime, die Insel in ein jüdisches Groß-Ghetto unter SS-Aufsicht zu verwandeln. Es charakterisiert die unterschwelligen Intentionen und die Realitätsferne des deutschen Madagaskar-Plans, wenn dieser nicht mehr blieb als ein kurzlebiges Projekt auf dem Weg in den Holocaust. Der Autor schildert umfassend die Geschichte dieser antisemitischen Wahnidee und geht den konkreten Plänen zu einer Judenunterbringung auf Madagaskar in ihrer internationalen Verflechtung nach. Neben deutschen Quellen werden dabei erstmals die umfangreichen Bestände britischer, französischer und polnischer Archive wie auch die internationale Publizistik berücksichtigt.


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Autorenporträt
Dr. Magnus Brechtken, geb. 1964, ist Privatdozent für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität München sowie DAAD-Langzeitdozent für deutsche und internationale Geschichte und Politik des 19. und 20. Jahrhunderts an der Universität Nottingham (UK).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.1997

Absurde Irrealität und Inhumanität
Madagaskar für die Juden: ein antisemitisches Projekt

Magnus Brechtken: Madagaskar für die Juden. Antisemitische Idee und politische Praxis 1885-1945. Studien zur Zeitgeschichte. Herausgegeben vom Institut für Zeitgeschichte, Band 53. R. Oldenbourg Verlag, München 1997, 336 Seiten, 88,- Mark.

Mit der Entstehung des politischen Antisemitismus im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert kamen auch Stimmen auf, die forderten, daß die Juden irgendwo geschlossen angesiedelt und am besten überhaupt zum Verlassen Europas gebracht werden sollten. So riet Theodor Fritsch, einer der Erzväter des deutschen Rechtsradikalismus, 1887 in seinem "Antisemiten-Katechismus" dazu, die Juden sollten doch "irgendwo ein Colonial-Land erwerben", dort selbst eine Kultur schaffen und so in einen ehrlichen Wettbewerb mit den übrigen Nationen treten. Er fand für diese Ansicht manche Nachfolger, und früh wurde auch die These vertreten, die "Judenfrage" könne nur durch eine antisemitische Allianz über die nationalen Grenzen hinweg gelöst werden, eben "pan-arisch". Zwischen den beiden Weltkriegen war dies das Thema einer Reihe internationaler Antisemiten-Konferenzen, und spätestens seit 1925 wurde dabei immer wieder über Madagaskar gesprochen - möglicherweise gab ein Engländer namens Beamish, der auch Deutschland bereiste und hier von dem NS-Ideologen Alfred Rosenberg gefördert wurde, die Anregung dazu.

In seiner auf ein breites Quellenmaterial gestützten Studie über das Madagaskar-Projekt geht Magnus Brechtken diesen Denkwegen antisemitischer Autoren und den Ansätzen zu einer Verwirklichung der Forderung nach. Warum eine Insel, und warum gerade diese? Die Antwort auf die erste Frage liegt auf der Hand. Eine Insel ließ sich leicht bewachen, und darauf mußte es ankommen, wenn man die Juden, wie die vehementen Antisemiten es taten, für Krankheitserreger hielt und sie deshalb unter Quarantäne stellen wollte. Da es um Millionen von Juden ging, mußte es sich um eine große Insel handeln. Heute läßt sich nicht mehr sagen, wer dabei auf Madagaskar verfiel. Ein früher beiläufiger Beweis findet sich 1885 bei Paul de Lagarde. In den interessierten Kreisen herrschte über Madagaskar jedenfalls bald Einigkeit.

Zum Gegenstand amtlicher Überlegungen mit Blick auf die Juden wurde die ostafrikanische Insel zweimal: seit Mitte der dreißiger Jahre in Polen, etwas später dann im Dritten Reich. Im Hintergrund stand auch in Polen der im Lande weitverbreitete Antisemitismus, aber was hier bedacht wurde, glich in keiner Weise den in Deutschland angestellten Planungen. Viele Polen sahen ihr Land als übervölkert an und wünschten eine kräftige Auswanderung in eine eigene Kolonie - Großmachtehrgeiz spielte eine wichtige Rolle -, und besonders Juden sollten das Land verlassen. Ein Grundsatzpapier des Außenministeriums erklärte Anfang 1936 die Auswanderung von mehr als einer Million Juden für erforderlich. Nach einer Äußerung des französischen Kolonialministers, die man als prinzipielle Zustimmung verstand, wurden konkrete Pläne erarbeitet, die allerdings viel kleiner zugeschnitten waren. Eine eigens nach Madagaskar entsandte Kommission hielt die Ansiedlung von etwa 35000 Menschen im madagassischen Hochland für möglich. Im Frühjahr 1938 kam aus Paris das deutliche Signal, daß auch daran kein Interesse bestehe. Gleichwohl ging die Diskussion in Polen weiter. Bis unmittelbar vor dem Kriege war die Madagaskar-Frage eines der am meisten besprochenen Themen. Die Erörterungen sollten die Großmächte an den Gedanken gewöhnen, daß man Polen die Zuweisung von Kolonien auf die Dauer nicht versagen könne, und sie hatten auch eine innenpolitische Funktion.

Im amtlichen Berlin war der Abzug der Juden aus Deutschland seit 1933 sehr erwünscht, aber die Ansiedlung dieser Bevölkerungsgruppe in Palästina schien den deutschen Interessen wenig dienlich. So wurde über andere Ziele nachgedacht, dabei schließlich auch über Madagaskar. Nach der ergebnislosen Flüchtlingskonferenz in Evian im Juli 1938 ließ sich Reichsbankpräsident Schacht, sehr zum Ärger von Außenminister Ribbentrop, von Hitler dazu ermächtigen, mit der von der Konferenz eingesetzten Kommission über die Auswanderung der Juden zu verhandeln. Dabei war an Abessinien, Palästina oder Madagaskar gedacht. Nach der Entlassung Schachts Anfang 1939 führte ein Beauftragter Görings die Gespräche bis zum Beginn des Krieges dilatorisch weiter. Nach dem Polenfeldzug war Hitler kurzfristig für ein Judenreservat zwischen Weichsel und Bug zu haben. Im Mai 1940 verwies Himmler in seiner Denkschrift über "die Behandlung der Fremdvölkischen im Osten" für die Unterbringung der Juden in Afrika. Wenig später ließ die Niederlage Frankreichs Madagaskar zum konkreten Thema werden. Franz Rademacher, der Judenreferent im Auswärtigen Amt, legte schon Anfang Juni eine Denkschrift vor, derzufolge die westeuropäischen Juden nach Madagaskar verbracht werden, die osteuropäischen dagegen als Faustpfand in deutscher Hand verbleiben sollten. Dafür fand er bei seinen Vorgesetzten und auch bei Hitler Billigung. So ging er an konkretere Planungsarbeiten. Ihm schwebte jetzt ein "Großgetto" für etwa 3,5 Millionen Juden vor, darunter auch die aus Polen. Gleichzeitig meldete Reinhard Heydrich, den Göring Anfang 1939 mit der Bearbeitung der jüdischen Auswanderung beauftragt hatte, seine Ansprüche an. Im Reichssicherheitshauptamt erstellte Adolf Eichmann mit seinen Mitarbeitern bis Mitte August eine Denkschrift. Danach war eine "Überseelösung insularen Charakters jeder anderen vorzuziehen". Innerhalb von vier Jahren sollten täglich 3000 Juden nach Madagaskar deportiert werden, jeder ankommende Transport sollte die Unterbringungsmöglichkeiten für den nächsten schaffen und der Aufbau landwirtschaftlicher Siedlungen unverzüglich beginnen.

Die Voraussetzung dafür war allerdings ein rasches und siegreiches Ende des Krieges, und das war nicht zu haben. Eichmanns Denkschrift war überholt, ehe sie fertig war. Hitler ließ die Planungen weiterlaufen, aber er hatte an dem Thema kein Interesse mehr. Als Bormann ihn Anfang Februar 1941 fragte, wie die Juden denn während des Krieges nach Madagaskar kommen sollten, antwortete er, das müsse man überlegen, und fügte hinzu, er "denke über manches jetzt anders, nicht gerade freundlicher". Damit deutete er den Holocaust an, für den in diesen Wochen die definitive Entscheidung fiel. Hitler schickte sich an, seine am 30. Januar 1939 im Reichstag ausgesprochene Drohung wahr zu machen, daß "die Vernichtung der europäischen Rasse in Europa" die Folge sein werde, sollte "es dem internationalen Finanzjudentum . . . gelingen . . ., die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen".

Brechtken berichtet über all das sehr eindringlich auf der Basis intensiver Quellenstudien in zahlreichen deutschen, französischen und polnischen Archiven sowie in London und Jerusalem. Er erschließt mit seiner sorgfältigen Arbeit in weitem Umfang Neuland; bisher war die Thematik nur in den Grundzügen bekannt. Eine Alternative zur Massenvernichtung wäre die Verwirklichung des Madagaskar-Plans nicht gewesen. Täglich 3000 Menschen auf einer kaum erschlossenen Insel "mit für Europäer hochgradig ungesundem Klima . . . unterbringen zu wollen, ohne dabei die Mehrzahl dieser Menschen durch Hunger und Seuchen in den Tod zu treiben, war eine Vorstellung von absurder Irrealität und Inhumanität". So bezeichnet Brechtken den Madagaskar-Plan mit vollem Recht nur hinsichtlich des Ortes und der Methode als Alternative zu Auschwitz, nicht aber hinsichtlich "der mörderischen Tat selbst". HANS FENSKE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Diesem Projekt detailliert nachgespürt zu haben, ist angesichts der besonderen historischen Verantwortung, die sich aus dem Holocaust ergibt, ein großes Verdienst des Autors." Michael Epkenhans, in: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 87 (2000), H.4