Die von Andreas Peglau redigierte und kommentierte Ausgabe des Klassikers von Wilhelm Reich ist zweifelsohne ein Gewinn für die Wissenschaft. Peglau, im Selbstverständnis Psychologe und Psychotherapeut, hat mit dem vorliegenden Werk gefühlt sich einen Traum erfüllt um den, von ihm „Originaltext“
genannte Ausgabe von 1933, neu zu veröffentlichen, da derzeit überwiegend nur noch die erweiterte und…mehrDie von Andreas Peglau redigierte und kommentierte Ausgabe des Klassikers von Wilhelm Reich ist zweifelsohne ein Gewinn für die Wissenschaft. Peglau, im Selbstverständnis Psychologe und Psychotherapeut, hat mit dem vorliegenden Werk gefühlt sich einen Traum erfüllt um den, von ihm „Originaltext“ genannte Ausgabe von 1933, neu zu veröffentlichen, da derzeit überwiegend nur noch die erweiterte und bearbeitete Ausgabe von 1946/47 erhältlich ist, soweit man von teuren antiquarischen Exemplaren absieht. Neben diesem Text, der allerdings doch sehr im Stil und Ton am kommunistische Propaganda erinnert, enthält das Werk eine Vorrede und das Nachwort zur 2. Auflage und ein Fremdwörterverzeichnis von Reich, sowie Notizen von Andreas Peglau, ein umfangreiches Glossar zu den damals handelnden Personen, Autoren und Politkern, eine gut recherchierten Zeitleiste, und, für mich besonders interessant, eine biografisch-zeitgeschichtliche Einordnung. Ein vollständiger Vergleich der Texte von 1933 vs. 1946 musste aus Zeitgründen leider unterbleiben. Jedoch war in der Kürze der Zeit erkennbar, dass Reich in der späteren Ausgabe die doch etwas strenge Fixierung auf den deutschen Nationalsozialismus zu Gunsten einer erweiterten Kritik an totalitären Systemen allgemein, und dem Kommunismus/Stalinismus im Besonderen aufgab. Daher teilt sich auch das spätere Werk (1946) vereinfacht gesagt in zwei Teile, den Originaltext von 1933 in überarbeiteter Form sowie fünf weitere Kapitel, die nunmehr aber neben der Kritik am Nationalsozialismus auch die strenge Kritik am Sozialismus, Kommunismus und Stalinismus enthält. Reich hat erkannt, dass es unerheblich ist, ob der Totalitarismus von „links“ oder „rechts“ kommt. Wobei Peglau zu Recht darauf hinweist, dass das Links-Rechts-Schema eigentlich zur politischen Verortung in der Gesellschaft ungeeignet ist. Erkennbar wird aber im „Originaltext“ auch, warum die Kommunistische Partei Deutschlands Wilhelm Reich nach Veröffentlichung des Buches unverzüglich, und ohne großes Federlesen, ausgeschlossen hat. Die Ursache für den politischen Sieg des Nationalsozialismus und die Niederlage des Kommunismus mit falscher Sexualerziehung und Missachtung der Bedeutung patriarchalischen Kleinfamilien durch die Kommunisten zu erklären, war nicht plausibel. Mögen es auch, neben anderen Gründen, bedeutungsvolle Sachverhalte gewesen sein, aber die „schändlichen Exzesse der kapitalistischen Ära der letzten 300 Jahre“ auf die Wirkung des Patriarchats zu reduzieren, greift definitiv zu kurz. Trotzdem ist dem Autor herzlich zu danken. Die Entwicklung im Denken Reichs ist somit gut dokumentiert und besser verständlich.