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„Dieser Text durchbricht die Kälte unserer Zeit und legt offen, was wir in unserem Innersten sind.“ (Katja Gasser, ORF) Das starke, gesellschaftlich relevante Debüt von Dominik Barta
Dass Theresa, um die sechzig und Bäuerin, sich plötzlich krank fühlt, bringt alle Gewissheiten ins Wanken. Die erwachsenen Kinder müssen anreisen, von wo auch immer es sie hin verschlagen hat, um endlich wieder miteinander zu reden. Theresas Mann muss lernen, Hilfe und Gefühle zu akzeptieren. Und selbst der zwölfjährige Daniel muss seinem verbohrten Onkel Max entschlossen entgegentreten, um seinen einzigen…mehr

Produktbeschreibung
„Dieser Text durchbricht die Kälte unserer Zeit und legt offen, was wir in unserem Innersten sind.“ (Katja Gasser, ORF) Das starke, gesellschaftlich relevante Debüt von Dominik Barta

Dass Theresa, um die sechzig und Bäuerin, sich plötzlich krank fühlt, bringt alle Gewissheiten ins Wanken. Die erwachsenen Kinder müssen anreisen, von wo auch immer es sie hin verschlagen hat, um endlich wieder miteinander zu reden. Theresas Mann muss lernen, Hilfe und Gefühle zu akzeptieren. Und selbst der zwölfjährige Daniel muss seinem verbohrten Onkel Max entschlossen entgegentreten, um seinen einzigen wirklichen Freund zu schützen. Theresa aber schweigt, findet keine Worte, keinen Weg.
Mit großer Präzision und archaischer Kraft und Empathie erzählt Dominik Barta in seinem Debütroman von den Menschen und den Umständen. Er schreibt eine große Tradition der österreichischen Literatur fort und geht dorthin, wo die Provinz heute politisch ist.

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Autorenporträt
Dominik Barta, geboren 1982 in Oberösterreich, studierte in Wien, Bonn und Florenz. Er gewann 2009 den ZEIT-Essaywettbewerb und 2017 einen Ö1-Literaturwettbewerb und schreibt auch fürs Theater. Im Zsolnay Verlag erschienen seine Roman Vom Land (2020) und Tür an Tür (2022).
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

„Theresa rang nach Luft. Es ging nicht mehr.“ So beginnt der Debütroman von Dominik Barta. Er nimmt vorweg, was auf den kommenden Seiten erzählt wird. Es geht nicht mehr. Ein entscheidendes Rädchen im Getriebe eines Familienbetriebs, nämlich Theresa, weibliches Oberhaupt eines Hofes in Oberösterreich, Mutter dreier Kinder, Oma eines Enkels und treusorgende Ehefrau, fällt aus und alles bricht auseinander. Verborgenes kommt an die Oberfläche. Ihr Mann Erwin ist überfordert, mit dem Hof und ihrem Leiden, das von der Seele zu kommen scheint. Ihre Tochter Rosalie hat eigene Sorgen, erträgt die Untreue ihres Mannes nicht mehr. Der Enkel Daniel ist auf sich allein gestellt und freundet sich beim Spielen im Wald mit einem Flüchtlingsjungen an. Ausgerechnet, wo doch sein Onkel Max offener Feind der Flüchtlingsunterkunft der Gemeinde ist. Barta schreibt seinen Roman in einer kantigen, ungeschliffenen Sprache. Manche Sätze wirken etwas sperrig, was teilweise auch zu den Figuren passt. Das Erzählte entwickelt trotzdem einen Sog, es ist spannend zu verfolgen, wie alles nach und nach eskaliert. Barta gelingt es dabei auch gut, große Fragen im Kleinen zu verhandeln. Zum Beispiel, wie Fremdenfeindlichkeit genährt wird und wie sie überwunden werden kann.

© BÜCHERmagazin, Katharina Manzke

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.02.2020

Alle werden
Hundebrüder
Brutaler als die Zivilisation: Verena Güntners
„Power“ ist kein gewöhnlicher Dorf-Roman
VON MARIE SCHMIDT
Provinz ist ja nicht gleich Provinz, aber diese hier kommt einem unheimlich bekannt vor: Wo die Hügel Brocken heißen, im früheren Zonenrandgebiet, liegt ein Dorf mit einer Schule, einer Kirche, einem Edeka. Wenn da die Meyers sterben, steht das Haus sechs Jahre lang leer, dann ziehen Leute aus der Stadt ein und pflanzen dichte Hecken. Der Großbauer am Ort heißt Huber, hat einen Fendt 1000 Vario, einen dicken Traktor, und Erntehelfer aus dem Ausland. Einer kam vor zwanzig Jahren und gehört jetzt dazu: „Weil er sich gut eingegliedert hat und doch auf Distanz blieb.“ Vor dem Dorf liegen die Rüben- und Kartoffelfelder des Huber und ein Wald, den die Leute von Kindheit an kennen, aber als Erwachsene nicht mehr betreten.
So eine glatte Ordnung bedeutet selten etwas Gutes in einem deutschen Roman, sie besteht wahrscheinlich auf menschliche Kosten. Bevor sie die abrechnet, zählt die 1978 geborene Schauspielerin und Autorin Verena Güntner in ihrem für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Roman „Power“ Details auf: „Felderschachbrett, Wiesen dazwischen, ein frisch gepflügter Acker neben einer Weide, auf der Kühe grasen, weiter vorn Heuballen“, aus den Häusern „Fernsehgeräusche, Geschirrklappern, Wortfetzen und leise Selbstgespräche“, im Kühlschrank sieht man „die Marmelade, das Apfelmus, den Frischkäse, die Margarine im obersten Fach liegen, darunter die Eier, den Emmentaler …“. Standardwarenkorb, Plandeutschland: Es ist nicht sicher, ob diese traulichen Dinge einen in Sicherheit wiegen sollen oder das Dorf zum Archetypus machen.
In dieser Landschaft jedenfalls verschwindet ein Hund, der „Power“ heißt. Die Besitzerin, eine Frau Hitschke, beauftragt ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ihn zu suchen. Es ist gerade noch Kind, elf Jahre alt, kann sich gut konzentrieren, nicht gut mit Emotionen umgehen und nennt sich „Kerze“: „Ein Licht in dieser rabenschwarzen Welt“, wie treuherzig erklärt wird. „Am Ende hat sie ihn gefunden“, heißt es außerdem am Anfang: „Natürlich war er tot und von Maden zerfressen.“ Um das Schicksal des Tieres geht es also nicht, eher um die Frage, vor welchem Unheil es geflohen ist.
Kerze probiert es erst mit detektivischer Akribie, Recherche, Befragung, Buchführung. Auf einem Foto hat der Hund ein „selbst gesticktes Jäckchen“ an und sieht ziemlich menschlich aus. In einer Art Umkehrung diese Bildes kommt Kerze auf eine mimetische Taktik: Sie lernt. zu bellen und zu laufen wie Power, frisst mit dem Mund direkt vom Teller. In den Sommerferien schließen sich ihr die Kinder des Dorfes an und verschwinden als Rudel im Wald, wärmen einander im Schlaf, trainieren, mit blutigen Knien auf allen vieren zu leben. Einmal umkreisen sie einander, die Nase am Po des anderen Kindes, und dazu passt womöglich eine Fußnote in Sigmund Freuds „Das Unbehagen in der Kultur“: „Am Beginne des verhängnisvollen Kulturprozesses“, heißt es da, „stünde also die Aufrichtung des Menschen. Die Verkettung läuft von hier aus über die Entwertung der Geruchsreize, Sichtbarwerden der Genitalien, weiter zur Kontinuität der Sexualerregung, Gründung der Familie und damit zur Schwelle der menschlichen Kultur.“ Diesem Prozess entziehen sich die Kinder. Vielleicht, um nicht zu Familiengründern, also erwachsen werden zu müssen. Oder um einer Kultiviertheit etwas entgegenzusetzen, die im Dorf, wie sich herausstellt, mit schwelender Grausamkeit verbunden ist.
Es handelt sich dabei zwar um gängige Topoi von Coming-of-Age- und von Dorfromanen, den Reiz von „Power“ macht es aber aus, dass dieser Roman in seinem ostentativ simplen Stil existenzielle Abgründe umschwänzelt und sich über die genreübliche Gesellschaftskritik eher lustig macht. Wie die sich ausnimmt, kann man beispielhalber am jüngsten Exemplar einer nicht abreißenden Serie von Romanen über die Misere des Landlebens ablesen: „Vom Land“, dem Debütroman des 1982 in Oberösterreich geborenen Autors Dominik Barta. Der spielt zwar in Österreich, nicht in Deutschland, aber die Grundbestandteile sind vertraut: Es gibt eine alte Bäuerin, die nicht mehr kann, breitbeinige Geschäftemacher, fortgezogene Bildungsaufsteiger, die nur mit Grausen in die Provinz zurückkehren, ein Figurenensemble, in dem alle irgendwie verwandt und verbandelt und einander ausgeliefert sind.
Barta skizziert dieses Soziotop in so groben Zügen, dass man nicht sagen kann, ob die Erzählung mit Fleiß oder versehentlich ungelenk geraten ist. Da wechseln unvermittelt die Erzähler, womöglich beim Versuch, verschiedenen Perspektiven gerecht zu werden. Nebenbei werden merkwürdig über die Köpfe der Figuren hinweg ihre Lebensbedingungen analysiert: „Obwohl die Einwohnerzahl in den letzten dreißig Jahren kaum gestiegen war, hatte sich das Siedlungsgebiet weit über den Talrücken ausgedehnt. Auf der Südseite prangten etliche Einfamilienhäuser mit ausladenden Gauben, Balkonen und Erkern. Jedes einzelne hätte einer Vielzahl von Personen Platz geboten. Meist lebten darin kleine Familien, mit einem oder zwei Kindern und einem Hund.“ Das ist in trockenster Form die Gegenwartsdiagnose der gängigen Geschichten vom Land: Die mondäne Unsitte der Singularisierung wird als Zersiedelung zum Strukturproblem auf dem Land. Das betrifft noch den letzten Hund und wirkt da draußen noch viel entfremdeter als im urbanen Leben – eines Schriftstellers beispielsweise. Vom Dorfleben bleibt nur das Schlechteste: Das Gerede und Gehetze, vor dem sich auch in „Vom Land“ ein Kind in den Wald zurückzieht. Wo es auf einen syrischen Jungen trifft, dessen Familie von den örtlichen Neonazis verfolgt wird.
Ohne Nazis scheint momentan kein Dorfroman auszukommen. Oder Romane, in denen Nazis vorkommen, spielen auf dem Land, als seien Rechtsradikale ein Problem der Provinz. Bei Verena Güntner ist der Nazi eigentümlicherweise ein kleiner Junge, mit dem keiner etwas zu tun haben will, weil er alle fragt: „Willst du mit mir zusammen ein Nazi sein?“ Später nehmen die Kinder ihn in ihr Rudel auf, wo er „den Nazi rausschwitzt“, wie es heißt. Verena Güntner spielt da eher spaßeshalber auf Probleme der Radikalisierung der Ränder, der Fragmentierung der Gesellschaft an und sieht die Vereinzelung zugleich radikaler: In ihrem Dorf verliert jeden Schutz und jede Sicherheit, wem der Ehemann oder der Hund wegläuft, wie der Hitschke. Deren Scham, verlassen worden zu sein, macht sie fast wahnsinnig und tatsächlich zum Paria.
Dieser ständig mit Ausschluss drohenden Erwachsenenkultur gegenüber ist Kerzes Kinderwelt voller Mitwesen: „Sie schaut den Bäumen beim Wachsen zu, seit sie leben“ und pflegt Umgang mit bösen Geistern sowie einem „Keingott“ genannten höheren Wesen. Insofern nimmt es nicht wunder, wie hemmungslos sie sich mit dem verschwundenen Hund verschwistert. Eigentlich gehört sie damit zu den rasend futuristischen Figuren, die auch die Feministin Donna Haraway in ihrer spekulativen Ökologie beschreibt: In Anbetracht der wachsenden Weltbevölkerung und der Zerstörung der Natur schlägt Haraway vor, sich Wesen anderer Spezies „zu Verwandten zu machen“, statt eigene Kinder zu bekommen: „Make kin, not babies!“
Das hieße praktisch, Freuds „Kulturprozess“ nicht mit der Gründung biologischer Familien als Kern von Gesellschaften enden zu lassen, sondern die Zivilisation weiterzuentwickeln. Zumal wenn sich herausstellt, dass die Kultur bis dato Egoismus, Feindseligkeit und der Ausbeutung der Umwelt Vorschub geleistet hat. Haraway schlägt dagegen vor, Familien auszuweiten zu „Arten-Assemblagen“, Netzwerken von Tieren, Pflanzen, Ökosystemen und technischen Komplexen, in denen der Mensch Mitglied, aber kein Zentrum mehr ist. Verena Güntner Kerze wäre auf jeden Fall schon so weit.
Allerdings wird aus ihrer Zivilisationsflucht kein Idyll, und das rettet den Roman vor der Esoterik: Güntners Heldin erzwingt die Auswilderung der Kinder autoritär und setzt sich im Zweifel mit Gewalt an die Spitze ihres Rudels. Zwischen dem Kinderrudel und der Erwachsenengesellschaft kommt es zu aggressiven Abgrenzungskämpfen. Man sieht, wie die Brutalität eines Zustands, in dem der Mensch dem Menschen ein Hund ist, und die Brutalität der Vereinzelung in der Zivilisation ineinandergreifen. So gesehen wird aus diesem Roman, der sich den Ton und den Anschein einer simplen Kindergeschichte gibt, ein existenzielles Drama, indem die Rettung der Menschheit wieder einmal misslingt.
Verena Güntner: Power. Roman. Dumont, Köln 2020. 254 Seiten, 22 Euro.
Dominik Barta: Vom Land. Roman. Zsolnay, Wien 2020. 176 Seiten, 18 Euro.
Über die genreübliche
Gesellschaftskritik macht sich
„Power“ eher lustig
Güntners Heldin
erzwingt die Auswilderung
der Kinder autoritär
Zurück zur Natur ist auch keine Lösung: In einer Landschaft wie dieser im Harz spielt Verena Güntners Roman „Power“.
Foto: Andreas Vitting / imago
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"Ein Debüt, das mich ab der ersten Seite gefesselt hat. [...] Dominik Bartas Roman ist eine feinsinnige Milieustudie, die zeigt, wie Fremdenhass entstehen kann hinter der Fassade der vermeintlichen Idylle." Felix Münger, SRF2 Kultur 52 beste Bücher, 09.02.20

"In kurzen und präzisen Sätzen schildert Dominik Barta das raue Leben und die Umstände am Land. Obwohl er selbst schon lange weggezogen ist, fällt seine Diagnose weder verurteilend noch verklärend aus. Er bringt all seinen Figuren ein gleiches Maß an Zuneigung und Verständnis entgegen und blickt trotz tragischem Ende hoffnungsvoll in die Zukunft." Claudia Gschweitl, Ö1 Ex Libris, 09.02.20

"Ein heißer Kandidat für eine Nominierung zum Österreichischen Buchpreis" Mareike Fallwickl, Bücherwurmloch, 08.03.20

"Barta schafft es, auf wenigen Seiten die schroffen, zarten, schönen und schrecklichen Seiten des Landlebens zu erfassen. Ein großes Debüt." Ariane Heimbach, Brigitte WOMAN, 03/20

"Ein starkes Debüt. Es hebt langsam, fast harmlos an - aber dann dreht der Autor an ein paar Schrauben und auf einmal treten persönliche und politische Scheußlichkeiten hervor." Sebastian Fasthuber, Falter, 05.02.20

"Wenn das Zwischenmenschliche politisch wird - Dominik Barta legt ein beeindruckendes Debüt vor." Imogena Doderer, 3sat Kulturzeit, 04.02.20

"Dominik Bartas Roman ist Bestandsaufnahme, Diagnose und Hoffnungsschimmer. Außerdem ist 'Vom Land' ein schöner Beweis für das Können des Autors." Peter Pisa, Kurier, 01.02.20

"'Vom Land' erzählt von den Gegensätzen. Von den Alteingesessenen, die abends im Wirtshaus beim Stammtisch gegen das Asylantenpack pesten. Und von den Jungen, für die Freundschaft mit einem Syrer fast schon selbstverständlich ist." Christine Westermann, WDR 5, 26.01.20

"Dieser Text durchbricht die Kälte unserer Zeit und legt offen, was wir in unserem Innersten sind: vom Leben, in das wir ungefragt geworfen wurden, zutiefst versehrte Wesen." Katja Gasser, ORF
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