Judith Hermann, Aller Liebe Anfang, S. Fischer 2014, ISBN 978-3-10-033183-0
Man kann sich vorstellen, wie gespannt ich auf den hier vorliegenden Roman war. Judith Hermann hat sich daran an ein Thema gewagt, das in den letzten Jahren für immer mehr Menschen, vor allem Frauen von einer
schmerzhaften und dramatischen Aktualität geworden ist, dem Stalking und wie es nicht nur die gestalkte…mehrJudith Hermann, Aller Liebe Anfang, S. Fischer 2014, ISBN 978-3-10-033183-0
Man kann sich vorstellen, wie gespannt ich auf den hier vorliegenden Roman war. Judith Hermann hat sich daran an ein Thema gewagt, das in den letzten Jahren für immer mehr Menschen, vor allem Frauen von einer schmerzhaften und dramatischen Aktualität geworden ist, dem Stalking und wie es nicht nur die gestalkte Person betrifft, sondern auch ihr persönliches Umfeld.
Stella ist eine junge Frau und hat einen befriedigenden Beruf als Pflegerin alter Menschen. Sie ist verheiratet mit Jason, einem Mann, den sie unspektakulär in einem Flugzeug kennengelernt hat und der immer wieder für viele Tage auf Montage fährt. Dann ist Stella mit ihrer kleinen Tochter Ava allein in ihrem schönen Haus am Rande der Stadt.
So wie sich Stella und Jason kennengelernt haben, verläuft auch ihr Leben. Zufrieden, ökonomisch abgesichert, aber ohne große Höhepunkte.
So lange, bis eines Tages ein Mann an ihrem Gartentor steht, nachdem er geklingelt hat: Er sagt durch die Sprechanlage: „Guten Tag. Wir kennen uns nicht. Sie kennen mich nicht. Ich kenne Sie aber vom Sehen, und ich würde mich gerne mal mit Ihnen unterhalten. Haben Sie Zeit.“
Stella wehrt erschrocken ab. Nein, sie habe keine Zeit, auch morgen nicht. Doch das, was der Stalker als ersten Schritt beabsichtigt, ist schon geschehen. Er hat sich in die Gedanken seines Opfers eingeschlichen und lässt es nicht mehr los. Zumal er in den nächsten Tagen immer wieder kommt, klingelt, etwas in den Briefkasten wirft und dann wieder geht. Er stellt sich schriftlich als Mister Pfister vor und wohnt nur einige Häuser weiter in der Nachbarschaft.
Stella erzählt ihrer Freundin Clara am Telefon davon. Auch Jason weiht sie ein. Doch alle Ratschläge helfen ihr nicht wirklich weiter. Als eines Tages Jason einen Brief von Mister Pfister aus dem Briefkasten holt, ihn liest und sie auffordert es auch zu tun, da passiert in ihrem Kopf etwas, wovon viele Opfer berichten: sie versucht zu verstehen:
„Sie sieht Jason an und fragt sich plötzlich, ob es nicht doch möglich wäre, Mister Pfister zu verstehen. Für Jason vielleicht unmöglich, für sie aber möglich? Sie versteht Dermot, sie verseht Julias endgültiges Schweigen, sie versteht Esthers Gereiztheit und Walters undeutliches Sprechen (ihre Patienten und deren Angehörige,d.R.), sie versteht doch dieses und jenes, vielleicht sollte sie sich einfach auf Mister Pfisters Gedankenwelt einlassen? Auf die Andeutungen, auf den Ch