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In Griechenland gilt er bis heute als einer der größten NS-Kriegsverbrecher: Max Merten, von Hause aus Jurist, war 1943 in Saloniki maßgeblich an der Verfolgung der jüdischen Gemeinde beteiligt. Seine Wiederanstellung im Bundesjustizministerium hinderte das 1952 nicht. Indes verließ er die Rosenburg schon nach kurzer Zeit unter mysteriösen Umständen. Das hielt Justiz- und Außenministerium aber nicht davon ab, ihm mannigfache Hilfe zu leisten, als er 1957 in Athen verhaftet und später wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Das geradezu befremdliche Engagement der Bonner Zentralbehörden…mehr

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Produktbeschreibung
In Griechenland gilt er bis heute als einer der größten NS-Kriegsverbrecher: Max Merten, von Hause aus Jurist, war 1943 in Saloniki maßgeblich an der Verfolgung der jüdischen Gemeinde beteiligt. Seine Wiederanstellung im Bundesjustizministerium hinderte das 1952 nicht. Indes verließ er die Rosenburg schon nach kurzer Zeit unter mysteriösen Umständen. Das hielt Justiz- und Außenministerium aber nicht davon ab, ihm mannigfache Hilfe zu leisten, als er 1957 in Athen verhaftet und später wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde. Das geradezu befremdliche Engagement der Bonner Zentralbehörden verhalf ihm 1959 zur vorzeitigen Freilassung. Doch statt dankbar zu sein, initiierte er mit Hilfe des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann und dessen Sozius Diether Posser einen Rache- und Rehabilitierungsfeldzug, der nicht nur das deutsch-griechische Verhältnis massiv belastete, sondern auch führende Persönlichkeiten wie Kanzleramtschef Globke und den griechischen Ministerpräsidenten Karamanlis in Bedrängnis brachte. Mertens Biografie illustriert die Verwicklung des deutschen Juristenstandes in NS- und Kriegsverbrechen, die "braunen" Kontinuitäten in den Zentralbehörden der jungen Bonner Republik und deren höchst problematische Vergangenheitspolitik.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Gerrit Hamann ist Assessor im niedersächsischen Justizdienst und derzeit als Proberichter am Landgericht Lüneburg tätig. Mit der diesem Buch zugrunde liegenden Arbeit wurde er 2021 an der Georg-August-Universität Göttingen zum Doktor der Rechte promoviert.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der hier rezensierende Rene Wildangel begrüßt die Fallstudie seines Historikerkollegen Gerrit Hamann über den NS-Juristen Max Merten, dessen Rolle bei der Vernichtung der Juden in Nordgriechenland und in der jungen BRD. Hamann diskutiert Wildangel zufolge anhand der Person Mertens die wichtige Frage von Reintegration und Kontinuität in der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Hamanns Arbeit mit den Quellen findet Wildangel "hervorragend", die Analyse von Mertens Funktion im Krieg differenziert. Der zentrale Teil des umfangreichen Buches, der sich mit Mertens Anklage und Verteidigung befasst, scheint Wildangel von besonderem Interesse zu sein, da hier die enormen Bemühungen der deutschen Politik und Justiz sichtbar werden, Verbrechern wie Mertens eine weiße Weste zu verschaffen. Für den Rezensenten nicht nur eine rechtshistorisch spannende Lektüre.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.07.2022

Jurist
ohne Gewissen
Gerrit Hamann beleuchtet das Leben von Max Merten,
der in Griechenland an NS-Verbrechen beteiligt war.
Ein aufrüttelndes Lehrstück über die frühe BRD
VON RENÉ WILDANGEL
Der Name Max Merten ist in Deutschland heute kaum mehr geläufig, weder mit Blick auf seine Tätigkeit im Verwaltungsapparat der Wehrmacht während der deutschen Besatzung Nordgriechenlands noch mit Blick auf seinen Kriegsverbrecherprozess. Das dürfte auch daran liegen, dass deutsche Verbrechen in Griechenland selten im Fokus standen, obwohl die Besatzung Griechenlands gemessen an den prozentualen zivilen Opferzahlen brutaler war als das Vorgehen sonst irgendwo in Europa mit Ausnahme Polens. Erst in jüngerer Zeit ist der mit Namen mit Kalavryta und Distimo verbundene Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung ebenso wie die Ermordung der griechischen Juden besser erforscht und dokumentiert worden.
Für viele Griechinnen und Griechen steht der Name Merten noch heute stellvertretend für eine Besatzungsherrschaft, die mehr als eine halbe Million Menschen das Leben kostete. Trotzdem, so stellt Gerrit Hamann in seiner „biografischen Fallstudie“ fest, ist die Person Max Mertens noch nicht umfassend in den Blick genommen worden, was insbesondere für seine Nachkriegsgeschichte gelte. Denn die Karriere des Juristen und ehemaligen Mitarbeiters im Reichsjustizministeriums setzte sich kurzzeitig nach 1945 auf der Bonner „Rosenburg“ – dem ersten Amtssitz des Bonner Justizministeriums – fort.
Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehe daher, so Hamann, die Frage, „inwieweit die obersten (Justiz-)Behörden der jungen Bundesrepublik NS-Verbrecher protegiert haben“. Dabei geht es um die Frage von Kontinuität angesichts der Reintegration belasteter NS-Juristen in die Verwaltung der frühen Bundesrepublik, aber auch um die aktive Verhinderung der Verfolgung von NS-Verbrechern. Dem Autor gelingt es, nicht nur diese Fragen, sondern auch Mertens Rolle im Krieg differenziert darzustellen und zu analysieren.
Knapp 800 Seiten hat die Studie inklusive Anhänge. Überarbeitete Fassungen von Doktorarbeiten sind nicht immer leicht verdaulich. Aber auch wenn Hamanns zahlreiche Exkurse mit Blick auf seine Forschungsfrage nicht immer unentbehrlich sein mögen – sie sind jeweils hervorragend auf der Basis der verfügbaren Quellen und Forschungsarbeiten recherchiert.
Zwar charakterisiert Hamann Merten weniger als von antisemitischer Überzeugung getriebenen Nationalsozialisten denn als eitlen Karrierejuristen, der vor allem am eigenen Fortkommen interessiert war. Aber schon nach Eintritt ins Reichsjustizministerium war er als Referent und später Referatsleiter am schrittweisen Ausschluss der jüdischen Anwälte, später bei den Berufsverboten gegen „politische missliebige“ Rechtsanwälte beteiligt.
Nach Kriegsbeginn wurde der noch junge Beamte zunächst zurückgestellt und dann auf eigenen Wunsch in die Militärverwaltung in Saloniki versetzt, wo er im September 1942 die Leitung der Abteilung „Verwaltung und Wirtschaft“ übernahm. Damit waren weitreichende Kompetenzen verbunden, insbesondere mit Blick auf die Versorgung der Zivilbevölkerung. Zwar war der Tiefpunkt, der Hungerwinter 1941/42, in dem aufgrund der deutschen Ausbeutungspolitik Hunderttausende Menschen starben, schon vorbei. Die prekäre Situation setzte sich aber unter Mertens Amtszeit fort und auch für die in erster Linie durch Wehrmachtsangehörige durchgeführten „Sühnemaßnahmen“, bei denen die Zivilbevölkerung ganzer Dörfer ausgelöscht wurden, war Merten mitverantwortlich.
Noch gravierender war seine Rolle bei der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Nordgriechenland, in seiner Amtszeit begann die Entrechtung, Ghettoisierung, Deportation und schließlich Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Dieses Kapitel ist mittlerweile recht gut erforscht, und Hamanns Urteil fällt eindeutig aus: Mit seiner „tatkräftigen Unterstützung“ und der verantwortlichen Einführung der NS-Rassengesetze in Saloniki habe er „einen entscheidenden Beitrag zu der ab Mitte März 1943 einsetzenden Deportation von mehr als 45 000 Saloniker Juden“ geleistet. Binnen weniger Monate wird so fast die gesamte jüdische Gemeinde ermordet – unter Führung von Dieter Wisliceny aus Eichmanns Dienststelle im Reichssicherheitshauptamt, aber unter tatkräftiger Mithilfe der Wehrmacht und Max Mertens.
All dies ist die mehr oder weniger bekannte Grundlage für den folgenden Hauptteil der Arbeit Hamanns, die Mertens Rolle in der jungen Bundesrepublik betrachtet. Wenig überraschend versucht Merten nach Kriegsende wie viele Täter, seine Verantwortung zu leugnen oder kleinzureden beziehungsweise sich sogar als angeblicher Widerständler zu inszenieren, um seine Karriere fortsetzen zu können. Dabei kommen ihm der beginnende griechische Bürgerkrieg ebenso wie Verbindungen mit ehemaligen griechischen Kollaborateuren zugute, die zunächst verhindern, dass eine Auslieferung nach Griechenland verlangt wird.
Unbehelligt lebt Merten nach seiner „Denazifizierung“, die ihn angesichts seiner unermüdlichen Exkulpationsversuche schließlich als „Entlasteten“ einstuft, in der Nähe von München – obwohl er schon seit 1947 international als Kriegsverbrecher eingestuft ist. 1952 nimmt er sogar für ein halbes Jahr wieder eine Tätigkeit als Referatsleiter auf der Rosenburg auf, wo er auf viele alte Kollegen aus dem Reichsjustizministerium trifft.
Da Griechenland von der erstarkenden Bundesrepublik zunehmend wirtschaftlich abhängig war und die rechtsgerichtete griechische Regierung Deutschland im anhaltenden Bürgerkrieg als antikommunistischen Verbündeten betrachtete, wurde die deutsche Verantwortung für die Besatzungsherrschaft weitgehend verdrängt. Daher erfolgt Mertens Verhaftung bei einer Griechenlandreise 1957 durchaus überraschend. Er war mittlerweile aus dem Ministerium ausgeschieden, aber, wie Hamann zeigt, nicht wegen seiner NS-Vergangenheit, sondern infolge dubioser Geschäfte. Für zweieinhalb Jahre saß er nun in griechischer Haft.
Eine von Griechenland angebotene Einigung zur „Beilegung“ der Kriegsverbrecherfrage im Falle einer ernsthaften deutschen juristischen Weiterverfolgung scheiterte mehrfach, Mertens Fall wurde zum Politikum in den deutsch-griechischen Beziehungen. In Griechenland erfuhr der Prozess enorme Aufmerksamkeit. Für die Bundesregierung, die durch ihre neue Stellung als wichtiger Alliierter im westlichen Bündnis schon weit mit ihrer Schlussstrichpolitik gekommen war, galt die erneute Frage nach der Aufarbeitung der „sogenannten“ Kriegsverbrechen – so der deutsche Sprachgebrauch – als ein Ärgernis. So bat Kanzler Konrad Adenauer Ministerpräsident Karamanlis 1958 diese ihm „persönlich so unangenehme Angelegenheit aus dem Wege zu schaffen“.
Die Bonner Bundesregierung investierte enorme Ressourcen in die „Rechtsschutzsache Merten“; allein 20 000 Blatt aus der „Zentralen Rechtsschutzstelle“ hat Hamann gesichtet, jener bis 1970 existierenden Behörde, die im Ausland angeklagten deutschen Kriegsverbrechern Rechtsbeistand bot.
Nach Hamanns Rechnung wurden im Falle Mertens 260 000 Mark, nach heutigem Wert etwa 600 000 Euro, für seine Verteidigung und Hafterleichterungen aufgewendet. In dem schließlich nur weniger als einen Monat dauernden öffentlichen Prozess wurde Mertens in 13 von 20 Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu 25 Jahren Zuchthaus verurteilt, darunter auch wegen seiner Beteiligung an der Durchsetzung der mörderischen antisemitischen Politik in Griechenland.
Nach Verabschiedung eines von deutscher Seite als „Lex Merten“ begrüßten Gesetzes wurde in Griechenland eine Amnestie beschlossen, was die Überstellung von Merten nach Deutschland ermöglichte. In indirektem Zusammenhang damit steht ein Abkommen über eine „Wiedergutmachung“ für deutsche Kriegsverbrechen in Höhe von 115 Millionen Mark – eine absurde Summe angesichts der Langzeitfolgen der systematischen Vernichtungspolitik und der Enteignung und Ausplünderung griechischer Ressourcen. Hamanns Studie zeigt die massiven deutschen Bemühungen, ihr neu gewonnenes politisches und wirtschaftliches Gewicht einzusetzen, um jede Übernahme von Verantwortung, sei es in moralischer oder finanzieller Hinsicht, für die Verbrechen zu verhindern. Angesichts dessen kann man noch besser nachvollziehen, warum weder die griechische Politik noch die griechische Bevölkerung bis heute gewillt ist, die Debatte über angemessene Reparationen zu beenden.
Der Umgang mit der Causa Merten nach seiner Auslieferung passt ins Bild: Ihm wird Haftverschonung gewährt, es kommt es zu einem Verfahren, das 1968 „aus Mangel an Beweisen“ eingestellt wird – auch wenn es keineswegs seine Unschuld feststellt. Merten selbst arbeitet nach Haftentlassung unermüdlich an seiner Rehabilitierung und Entschädigung für das erlittene „Unrecht“ in griechischer Haft. Im Licht der Quellen zeichnet Hamann ihn als selbstherrlichen Egomanen, der nur andere in der Verantwortung sieht.
Zur erneuten Staatsaffäre wurde der Fall Merten, als er mit angeblichen Beweisen nicht nur Karamanlis und sein Umfeld der Kollaboration bezichtigte, sondern auch den bereits wegen seiner NS-Vergangenheit unter Druck geratenen Adenauer-Vertrauten und Chef des Kanzleramtes, Hans Globke, belastete. Unter anderem behauptete er, Globke habe persönlich die von Merten gegenüber Adolf Eichmann betriebene Auswanderung von Juden nach Palästina verhindert, und witterte mit dem Eichmann-Prozess eine Bühne für wohl größtenteils erdachte Vorwürfe, die ihn selbst entlasten sollten.
Zusammengefasst: In Bezug auf rechtshistorische Fragen ist das Buch ebenso hochinteressant zu lesen wie in Bezug auf Mertens Dienstzeit in Griechenland oder die personelle Kontinuität der Verwaltung in der frühen Bundesrepublik.
Die Studie endet mit einem bemerkenswerten Appell Hamanns, der wie einst Merten als Gerichtsassessor tätig ist: Die Karriere von Merten, die stellvertretend für die desolate Rolle von Juristen im Dritten Reich ebenso wie den Umgang mit dem NS-Unrecht steht, sieht er als Anlass, die heutige Juristenausbildung und das Berufsethos seiner Zunft zu hinterfragen. Ein überfälliger Schritt ist bereits erfolgt, seit 2022 gehört die Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Unrecht im Jurastudium zum Pflichtstoff.
Gerrit Hamann: Max Merten. Jurist und Kriegsverbrecher. Eine biografische Fallstudie zum Umgang mit NS-Tätern in der frühen Bundesrepublik. Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 2022. 792 Seiten, 90 Euro.
René Wildangel ist Historiker und schreibt unter anderem zum Schwerpunkt Naher/Mittlerer Osten.
An der Deportation der Juden
aus Saloniki war er beteiligt,
schuldig fühlte er sich aber nicht
In Athen erhielt er 25 Jahre Haft,
kam aber bald wieder frei,
weil Adenauer es so wollte
Vor Gericht in Athen: Max Merten im Jahr 1959. Er wurde zu 25 Jahren Haft verurteilt, auch wegen seiner Beteiligung an der Ermordung der Juden von Saloniki. Unten: Gedenkstätte an das Massaker von Distomo.
Fotos: Afp, Yorgos Karahalis/AP
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