Von den Kirchenvätern bis zum 20. Jahrhundert stellen die Klassiker der Theologie in zwei Bänden Leben, Werk und Wirkung der herausragenden Denker der großen christlichen Konfessionen dar. Ausgewiesene Sachkenner eröffnen mit diesen Portraits einen vorzüglichen Einblick in unterschiedliche theologische Entwürfe, beschreiben deren historische Voraussetzungen und fragen nach ihrer Bedeutung in der Gegenwart. Für diese Neuausgabe der bewährten Klassiker der Theologie wurden alle Beiträge neu verfaßt.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.08.2005Am Anfang Ketzer
Knapp ist gut: Die neuen alten „Klassiker der Theologie”
Wie in allen Kulturwissenschaften stellt sich auch in der Theologie die Frage, welche Texte und Personen denn nun wirklich zum Grundbestand der Disziplin gehören. Damit sind stets auch Richtungsstreitigkeiten verbunden, die gerade in dieser Disziplin traditionell mit besonderem Eifer geführt werden. Mit zwei vorzüglichen Bänden von Theologenporträts haben in den 1980er Jahren der katholische Fundamentaltheologe Heinrich Fries und der protestantische Kirchenhistoriker Georg Kretschmar innerhalb und zwischen der protestantischen und katholischen Theologie einen Burgfrieden auf Zeit stiften können. Ihre gelungenen „Klassiker der Theologie” gelten heute selbst als Klassiker ihrer Gattung.
Die nun erfolgte Neubearbeitung tritt dieses Erbe unter veränderten Vorzeichen an. Der Umfang der Bände wurde verringert, und es gibt nur noch einen Herausgeber, den protestantischen Systematiker Friedrich Wilhelm Graf. Die Zahl der Beiträge hat nur geringfügig abgenommen, die Gliederung in Leben, Werk und Wirkung wurde ebenso beibehalten wie die Auswahl der Autoren aus renommierten Fachleuten und versierten Nachwuchswissenschaftlern. Dafür ist den Texten prägnante Kürze zur Auflage gemacht worden. Da sich auch (fast) alle daran gehalten haben, sind die sechzehn Porträts durchweg gut lesbar.
Inhaltlich reichen sie (anders als der Titel aussagt) in chronologischer Ordnung vom „Erzketzer” Marcion bis zum Gegenreformator Bellarmin. Der in Kürze erscheinende zweite Band wird die Reihe bis in die Gegenwart fortführen. Wie in der neuen, knappen Form eine eigene Qualität liegt, zeigen gerade zwei Beiträge, die schier grenzenlosen Stoff zu meistern haben. Roland Kany verbindet elegant Augustins Ethik des Glücksstrebens mit dessen Trinitätslehre, und Dietrich Korsch führt den Leser in wenigen, festen Schritten von Luthers reformatorischer Entdeckung der „Gerechtigkeit aus Glauben” bis zu den politischen Wirkungen des Luthertums in der neueren Geschichte.
Mit ihren klaren und jargonfreien Darstellungen haben die „neuen” Klassiker ein eigenes Profil bekommen und werden ihren Weg machen.
FRIEDEMANN VOIGT
FRIEDRICH WILHELM GRAF (Hrsg.): Klassiker der Theologie. Erster Band: Von Tertullian bis Calvin. C. H. Beck, München 2005. 288 Seiten, 14,90 Euro.
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Knapp ist gut: Die neuen alten „Klassiker der Theologie”
Wie in allen Kulturwissenschaften stellt sich auch in der Theologie die Frage, welche Texte und Personen denn nun wirklich zum Grundbestand der Disziplin gehören. Damit sind stets auch Richtungsstreitigkeiten verbunden, die gerade in dieser Disziplin traditionell mit besonderem Eifer geführt werden. Mit zwei vorzüglichen Bänden von Theologenporträts haben in den 1980er Jahren der katholische Fundamentaltheologe Heinrich Fries und der protestantische Kirchenhistoriker Georg Kretschmar innerhalb und zwischen der protestantischen und katholischen Theologie einen Burgfrieden auf Zeit stiften können. Ihre gelungenen „Klassiker der Theologie” gelten heute selbst als Klassiker ihrer Gattung.
Die nun erfolgte Neubearbeitung tritt dieses Erbe unter veränderten Vorzeichen an. Der Umfang der Bände wurde verringert, und es gibt nur noch einen Herausgeber, den protestantischen Systematiker Friedrich Wilhelm Graf. Die Zahl der Beiträge hat nur geringfügig abgenommen, die Gliederung in Leben, Werk und Wirkung wurde ebenso beibehalten wie die Auswahl der Autoren aus renommierten Fachleuten und versierten Nachwuchswissenschaftlern. Dafür ist den Texten prägnante Kürze zur Auflage gemacht worden. Da sich auch (fast) alle daran gehalten haben, sind die sechzehn Porträts durchweg gut lesbar.
Inhaltlich reichen sie (anders als der Titel aussagt) in chronologischer Ordnung vom „Erzketzer” Marcion bis zum Gegenreformator Bellarmin. Der in Kürze erscheinende zweite Band wird die Reihe bis in die Gegenwart fortführen. Wie in der neuen, knappen Form eine eigene Qualität liegt, zeigen gerade zwei Beiträge, die schier grenzenlosen Stoff zu meistern haben. Roland Kany verbindet elegant Augustins Ethik des Glücksstrebens mit dessen Trinitätslehre, und Dietrich Korsch führt den Leser in wenigen, festen Schritten von Luthers reformatorischer Entdeckung der „Gerechtigkeit aus Glauben” bis zu den politischen Wirkungen des Luthertums in der neueren Geschichte.
Mit ihren klaren und jargonfreien Darstellungen haben die „neuen” Klassiker ein eigenes Profil bekommen und werden ihren Weg machen.
FRIEDEMANN VOIGT
FRIEDRICH WILHELM GRAF (Hrsg.): Klassiker der Theologie. Erster Band: Von Tertullian bis Calvin. C. H. Beck, München 2005. 288 Seiten, 14,90 Euro.
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