"Jedes Kind hat einen eigenen Fahhrplan, mit dem es die Pubertät durchläuft - einige starten zu früh, andere spät, einige halten überall, nehmen jede Bahnstation mit, andere halten sich an einigen Bahnhöfen besonders lange auf, manche fahren im ICE-Tempo, manche wie eine Zahnradbahn, uund wieder
andere fahren nicht nur vorwärts, sie fahren zurück, um zu schauen, woher sie gekommen sind." (S.…mehr"Jedes Kind hat einen eigenen Fahhrplan, mit dem es die Pubertät durchläuft - einige starten zu früh, andere spät, einige halten überall, nehmen jede Bahnstation mit, andere halten sich an einigen Bahnhöfen besonders lange auf, manche fahren im ICE-Tempo, manche wie eine Zahnradbahn, uund wieder andere fahren nicht nur vorwärts, sie fahren zurück, um zu schauen, woher sie gekommen sind." (S. 60)
Jan-Uwe Rogge gewinnt die Sympathie seiner Leser und Zuhörer mit der Methode KGN - Kopfschütteln, Grinsen, Nicken. So peinlich wie die von ihm angeführten überbesorgten Eltern bist du aber nicht, schüttele ich den Kopf. Es ist übertrieben, aber mein Kind wird Rogge zustimmen, grinse ich. Seine Beschreibungen haben also einen wahren Kern, nicke ich zustimmend. Das befreiende Lachen über pubertierende Jugendliche ist der beste Weg zur Einsicht, dass die eigenen Kinder nicht nerviger, man selbst nicht unfähiger ist als andere.
Der Autor beschreibt die Pubertät als Veränderung in den Familienbeziehungen; nicht nur die Kinder pubertieren jetzt, auch das Familienleben pubertiert. Aus einem Erzieher-Team wird wieder ein Paar - die Wahrnehmung der Zweisamkeit erleichtert Kindern die Ablösung von den Eltern. Rogge markiert mit Halt geben, Beziehungsfragen in den Sachfragen erkennen, Reibungsfläche bieten, Respektieren und Respekt für sich selbst einfordern, Grenzüberschreitungen nicht überbewerten, aber Grenzen setzen wichtige Voraussetzungen, um die Pubertät gelassen zu überstehen. Sein Pubertätsbegriff geht über die körperliche Reife hinaus; denn die Adoleszenz (das Heranwachsen) beginnt mit dem Ende der Pubertät und dauert über sie hinaus. Bis Jugendliche endgültig in die Gesellschaft hinein gewachsen sind, kann es bis zum 24. Lebensjahr dauern. Dass die verlängerte äußere (finanzielle) Abhängigkeit die innere Unabhängikgeit verzögert, bereitet vielen Eltern Sorgen. In der überarbeiteten und erweiterten Neuausgabe seines Buches geht Rogge speziell auf die beschleunigte körperliche Entwicklung Jugendlicher ein, den zunehmenden Schulstress, der Familien belastet, und auf neue Erkenntnisse der Hirnforschung. Rogge outet sich in Bezug auf die Medienwelt als Digital Immigrant. Sein Urteil über Mediennutzung Jugendlicher im Zeitalter des Web 2.0 klingt gelassen, er vertraut auf die Medienkompetenzen Jugendlicher. Wer in sozialen Netzwerken selbst direkten Kontakt zu Jugendlichen hat, wird weniger gelassen reagieren. Dass hier nicht nur ein Medium miterzieht, sondern Kinder bei ihrem Abtauchen in virtuelle Welten im Netz lebenslang Spuren hinterlassen, sollte m. A. in einem Ratgeber zur Pubertät ausführlicher diskutiert werden.
Rogge zeichnet ein sehr treffendes Bild vom pubertierenden Jugendlichen, der sich gerade in einer Zwischenwelt befindet. Die alte Haut passt nicht mehr und wie beim Krebs ohne Panzer, ist diese Haut besonders empfindlich, bis eine neue, schützende Haut gewachsen ist. Deutlich weist der Autor auf die Bedeutung des eigenen Vorbilds hin, differenziert zwischen Verständnis und Akzeptanz, Gelassenheit und Gewährenlassen, Ratschlag und Besserwisserei. Das dritte Kapitel des Buchs liefert kurz & knapp Ratschläge und arbeitet die schlimmsten Fehler in der Erziehung Jugendlicher heraus: Labern, Unterstellungen, Vorwürfe, Unbeherrschteit, Schulleistungen überbewerten.
"Pubertät" ist als zeitgemäßes, lösungsorientiertes Sachbuch für Eltern natürlich auch für Jugendliche selbst geeignet.