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Bei dem Versuch, mit griechischen Staatsanleihen ein lukratives Spekulationsgeschäft zu machen, hat der Investmentbanker Bernhard Milbrandt seine Bank und seine Reputation ruiniert. Schnell bringt er noch ein paar Millionen beiseite und setzt sich ab. Verfolgt von den Anwälten und dem Sohn des Bankinhabers, versteckt er sich in einer verlassenen Ferienanlage in Südspanien. Auf einem Offshore-Konto in Gibraltar will er sein Geld in Sicherheit bringen. Doch er fliegt auf und muss sich den Menschen stellen, deren Vertrauen er missbraucht hat. Eine spannende Geschichte über Schuld und Schulden, gelesen von Torben Kessler.…mehr

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Produktbeschreibung
Bei dem Versuch, mit griechischen Staatsanleihen ein lukratives Spekulationsgeschäft zu machen, hat der Investmentbanker Bernhard Milbrandt seine Bank und seine Reputation ruiniert. Schnell bringt er noch ein paar Millionen beiseite und setzt sich ab. Verfolgt von den Anwälten und dem Sohn des Bankinhabers, versteckt er sich in einer verlassenen Ferienanlage in Südspanien. Auf einem Offshore-Konto in Gibraltar will er sein Geld in Sicherheit bringen. Doch er fliegt auf und muss sich den Menschen stellen, deren Vertrauen er missbraucht hat. Eine spannende Geschichte über Schuld und Schulden, gelesen von Torben Kessler.
Autorenporträt
Sascha Reh, geboren 1974 in Duisburg, studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie in Bochum und Wien. 2010 erschien sein Romandebüt 'Falscher Frühling', für das er mit dem Niederrheinischen Literaturpreis 2011 ausgezeichnet wird. 'Gibraltar' ist sein zweiter Roman. Sascha Reh lebt als Autor und Therapeut mit seiner Familie in Berlin. Torben Kessler, geboren 1975, studierte Schauspiel an der Folkwang Hochschule in Essen. Seit 2009 ist er festes Ensemblemitglied am Schauspiel Frankfurt. Rollen in 'Polizeiruf 110' und 'Tatort' machten ihn einem größeren Publikum bekannt. 2007 war er im Kinofilm 'Der Baader Meinhof Komplex' zu sehen. Für den DAV hat er bereits 'Das Einstein-Mädchen' von Philip Sington gelesen.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Johann Alberts, alleinhaftender Gesellschafter der Privatbank Alberts & Co., liegt im Sterben. Gleichzeitig geht die Bank zugrunde. Bernhard Milbrandt, Alberts Protegé, hat sich mit griechischen Staatsanleihen verspekuliert, ein paar Millionen abgezweigt und ist auf der Flucht. Verfolgt wird er von seiner Frau Carmen, die sich nur in Extremsituationen lebendig fühlt, seiner schizoiden Stieftochter Valerie, die eine Rechnung mit ihm offen hat und Alberts' entfremdetem Sohn Thomas. Doch der Fokus liegt nicht auf Milbrandts Verbrechen, sondern auf dessen Auswirkungen auf die Figuren, ihre Beziehungen untereinander, ihre Lügen. Der Autor ist Familientherapeut. Die Psychologie jeder einzelnen Figur ist komplex, der Leser ständig hin- und hergerissen zwischen Befremden und Empathie. Die konventionelle Erzählung in der dritten Person wird ergänzt durch die investigative Reportage eines Journalisten und eine Rede des Patriarchen vom Totenbett. Torben Kessler weiß mit den verschiedenen Textformen umzugehen. Die erzählenden Passagen liest er zurückhaltend, als wolle er in das Spiel des Autors mit Nähe und Distanz nicht eingreifen. Johann Alberts' ungehörter Rede zwischen Leben und Tod verleiht er die richtige Menge Pathos.

© BÜCHERmagazin, Elisabeth Dietz (ed)

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.05.2013

Das F-Wort
Finanzkrise? Familienkrise? In seinem virtuosen Roman „Gibraltar“ lässt Sascha Reh alle Werteblasen platzen
Steht ein ganz normaler junger Mann vor einem ganz normalen Bankturm: Hinter ihm wird gerade sein Computer rausgetragen, um die Handgelenke trägt er Handschellen und im Antlitz einen Unschuldsblick wie ein bekokstes Schaf. Die heutige Finanzökonomie, sagt man ja gerne, sei recht undurchsichtig. Die Verhaftungen einzelner Zocker-Spekulanten dagegen suggerieren immer mal wieder wohltuende Eindeutigkeit. Bankster wie Jérôme Kerviel (der die Société Générale bis 2008 um 4,8 Milliarden Euro brachte) oder Kweku Adoboli (der die UBS bis 2011 2,3 Milliarden US-Dollar kostete) werden selten bis gar nicht als das wahrgenommen, was sie vor allem sind: Zufällige, austauschbare Akteure einer insgesamt problembehafteten Grundstruktur.
  Einen solchen vermeintlichen Auswuchs kapitalistischer Bösartigkeit nimmt sich der Berliner Schriftsteller Sascha Reh mit seinem zweiten Roman „Gibraltar“ zur Brust. Das tut er auf trickreich sanfte Weise, hält seinen fiktiven Bank-Schurken scheinbar mitfühlend im Arm – und dazu dann gleich noch die komplette Schurkenfamilie sowie die befreundete Familie der Besitzer des Bankhauses. „Gibraltar“ ist eindeutig das kluge Buch eines klugen Schriftstellers – aber bevor die Lobpreisung gleich weitergeht, muss jetzt erst mal zwischengefragt werden: Wozu ganze Großfamilien auf die Couch legen, wenn doch eigentlich vom Finanzkapitalismus berichtet werden soll?
  Denn radikal entgrenztes Wirtschaftsgeschehen ist doch wohl eine ziemlich unfamiliäre Angelegenheit. In seiner Studie „Das Gespenst des Kapitals“ hat der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl 2010 nachgezeichnet, wie rationalisierende Wahrnehmungsmuster die in Wahrheit vollkommen irrationalen Marktprozesse prägen. Als Kontrastfolie diente ihm der 2003 erschienene Roman „Cosmopolis“ von Don DeLillo – als „Erzählweise, die mit ihrer hypertrophen Ereignismasse grundsätzliche Fragen danach stellt, wie sich Begebenheiten mit Begebenheiten im Zeichen heutiger Weltwirtschaft verknüpfen“.
  Sascha Reh stellt seinem Roman ein Vogl-Zitat als Motto voran und zeigt sich in vielen Reflexionen seiner Figuren inspiriert von Vogls Argumentation. Das ist durchaus erstaunlich, stellt doch „Gibraltar“ auf den ersten Blick eben gerade keine grundsätzliche Frage nach der möglichen Erzählbarkeit unkalkulierbarer Wirtschaftsbedingungen. Überhaupt hat sich die jüngere deutschsprachige Gegenwartsbelletristik in den vergangenen Jahren ja durchaus an die Gegenwartsökonomie herangetastet, jedoch oft wie unter systematischer Ausblendung von deren allzu schwindelerregenden Grundvoraussetzungen.
  Besonders die neuen Familienromane aus der Wirtschaftswelt – im letzten Herbst Nora Bossongs kaltfunkelnde „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ und jetzt also „Gibraltar“ – übersetzen dabei die Wahrnehmung der Finanzkrise in alles Mögliche, bloß in keine Krise der Erzählsysteme. Stattdessen wird das strukturell wilde, verworrene Wirtschaftsgeschehen irritierend harmonisch eingehegt, wenn es möglichst zivilisiert am Schicksal einzelner Traditionsunternehmen auf den Punkt gebracht werden soll.
  Diese hehre Tradition hört in „Gibraltar“ auf den Namen „Alberts“ und ist ein bis in unsere Tage hinein von der Bankiersfamilie selbstgeführtes Finanzhaus. Schurke im Spiel ist ein Spekulant namens Bernhard Milbrandt, sowohl engster Vertrauter des alten Bankiers als auch dessen Fluch. Angesichts der entfesselten Märkte geht Milbrandt immer waghalsigere Spekulationswetten ein, um die Bank quer durch die Stürme der Geschichte zu lotsen. Dass er sich dabei auch selbst bereichert und in einem Husarenstück 40 Millionen Euro auf ein Offshore-Konto in Gibraltar transferiert, bekommt der alte Bankier kaum mehr mit. Der ist nach einem Schlaganfall ins Koma gefallen und flüstert im beeindruckendsten der sechs zueinandergestellten Erzählstränge rund um die Bankerfamilien allen heutigen vermeintlich schwerelosen Spekulationsblasen-Jongleuren ins Gewissen: „Alles, was hier steht, wurde geschaffen durch unser Geld, das heißt, durch uns: Alles, was ist, enthält einen Teil von uns, für immer.“
  Im ewigen Generationenkonflikt des Familienromans prallen bei Sascha Reh also unterschiedliche Wirtschaftskonzepte aufeinander. Ob aber die Nacherzählung von Milbrandts Millionenjagd durch die soignierte Bankiersgattin (die natürlich in karitative Stiftungen macht) oder die Verachtungsattacke gegen Milbrandts Geschachere durch dessen Ziehtochter (die karitative Hilfe gut gebrauchen könnte): Was könnte selbstentblößender sein als all diese Selbstvergewisserungen über eine Kultur des Geldes, wenn doch zugleich mit der Krise schlicht gar kein Geld mehr da ist?
  Sascha Rehs Roman weiß beeindruckend viel über das alte und das neue Europa, lässt sämtliche Werteblasen in kunstvoll wechselndem Schreibstil immer wieder anders zerplatzen, kann mit gleichgroßer lässiger Kennerschaft einen Geschäfts-Smalltalk während der Bayreuther Festspiele (Treffpunkt: Cosima-Statue) wie eine Begegnung mit den wahren Krisenopfern (Boatpeople, ein Camp am Mittelmeer) in Szene setzen. Aber eines kann und will der Autor aus vollem Kalkül bis hin zur erbärmlichen Verhaftung Milbrandts im Steuerparadies Gibraltar nicht: Irgendeinen Trost liefern.
  Mag auch jeder verhaftete Zocker-Spekulant und jeder Bankangestellter Mutter, Vater, Tochter oder Sohn von irgendjemandem sein: In diesem scheinbar gemütlich zivilisierten, darunter aber kalt, hoffnungslos und furchterregend irrational herunterratterndem Roman macht das unseren Finanzkapitalismus auch nicht wärmer.
FLORIAN KESSLER
Wozu ganze Großfamilien auf
die Couch legen, wenn es doch um
Finanzkapitalismus gehen soll?
  
  
  
  
  
  
Sascha Reh: Gibraltar.
Roman. Verlag Schöffling & Co, Frankfurt am Main 2013. 464 Seiten, 22,95 Euro.
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