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Jena, 1985. Ein junger Mann ist ermordet worden. Ein Punker, so nennen sich diese Gestalten, die vom sozialistischen Staatswesen so schwer auf Linie zu bringen sind. Die Ermittler der Morduntersuchungskommission um Oberleutnant Otto Castorp nehmen schnell den Vater des Opfers ins Visier, einen Antiquitätenhändler mit Westkontakt, der dem Arbeiter- und Bauernstaat feindselig gegenüber steht. Der Ermordete, das weiß Castorp, hatte sich als Informeller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit verpflichtet. Zudem scheint der Fall auch mit einer Einbruchsserie in der Stadt zu tun zu haben. Und mit…mehr

Produktbeschreibung
Jena, 1985. Ein junger Mann ist ermordet worden. Ein Punker, so nennen sich diese Gestalten, die vom sozialistischen Staatswesen so schwer auf Linie zu bringen sind. Die Ermittler der Morduntersuchungskommission um Oberleutnant Otto Castorp nehmen schnell den Vater des Opfers ins Visier, einen Antiquitätenhändler mit Westkontakt, der dem Arbeiter- und Bauernstaat feindselig gegenüber steht. Der Ermordete, das weiß Castorp, hatte sich als Informeller Mitarbeiter bei der Staatssicherheit verpflichtet. Zudem scheint der Fall auch mit einer Einbruchsserie in der Stadt zu tun zu haben. Und mit alten Geschichten. Sehr alten, sehr finsteren Geschichten - sie reichen zurück in die Zeit vor 1945.
Autorenporträt
Max Annas, geboren 1963, arbeitete lange als Journalist, lebte in Südafrika und wurde für seine Romane Die Farm (2014), Die Mauer (2016), Finsterwalde (2018) und Morduntersuchungskommission (2019) sowie zuletzt Morduntersuchungskommission: Der Fall Melchior Nikoleit (2020) fünfmal mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Bei Rowohlt erschienen außerdem Illegal (2017), Der Hochsitz (2021) und Morduntersuchungskommission: Der Fall Daniela Nitschke (2022)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Wie kann man in einem ideologischen System wie dem der DDR Straftaten aufklären? Eigentlich gar nicht, und erst recht nicht, wenn die Täter zur NVA gehören und eine Nazivergangenheit haben. Darum säuft Kriminalkommissar Otto Castorp, erzählt Rezensent Moritz Fehrle. Es geht also in Max Annas Reihe um den DDR-Kommissar weniger ums Ermitteln, also um die Grenzen, die diesem Ermitteln in der DDR gesetzt waren. Ob Fehrle das gern gelesen hat, bleibt allerdings sein Geheimnis.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.10.2020

Negative
Gestalten
Max Annas skizziert Punk
und Resignation in der DDR
Otto Castorp ist müde und säuft. Das ist für den Protagonisten eines Kriminalromans nicht ungewöhnlich. Aber während Philipp Marlowe, nach wie vor der Prototyp des kulturpessimistischen, knurrigen Detektivs, trotz seiner Erschöpfung stets noch gerungen hat mit sich und der verkommenen Welt, scheint Kriminalkommissar Castorp nur noch passiv abzuwarten, dass alles kaputt und in die Brüche geht. Die Ehe, die Leber und letztlich auch das ganze Regime.
Auch der zweite Teil von Max Annas’ „Morduntersuchungskommission“-Reihe klärt weniger einen Mordfall auf, als sich vielmehr mit dem Grundproblem der Polizeiarbeit inmitten von ideologischen Schranken auseinanderzusetzen. Was politisch nicht vorgesehen ist, darf auch nicht ermittelt werden. Dass ein hoher Offizier der NVA einen Punk ermordet haben könnte, um seine Kriegsverbrechen zu vertuschen, darf von der Jenaer Kommission nicht einmal erwogen werden. Wie im Fall des rassistisch ermordeten Gastarbeiters im ersten Teil gilt die Verordnung: Nazis gibt es grundsätzlich nur auf der anderen Seite der Mauer.
Das Bild des bürokratisch und ideologisch gehemmten Polizeiapparats kontrastiert Annas mit seinen Erzählungen aus der Subkultur. Die Berichte der jungen Punks sind voll Lebendigkeit und Gemeinschaftsglauben. Umso brutaler liest sich die Überwachung und Drangsalierung dieser „negativen Gestalten“ durch die Behörden. Den revolutionären gesellschaftlichen Umbruch will hier kaum jemanden herbeiführen. Die zaghafte Rebellion endet darin, Kassetten von Westgruppen zu hören und sich Löcher ins T-Shirt zu schneiden.
Im „Fall Teo Macamo“ griff Annas’ Kommissar aus Empörung über die politisch verordnete Vertuschung noch zur Selbstjustiz. Zwei Jahre später scheint auch er sich in ein allgemeines Gefühl der Resignation gefügt zu haben. Dass sich an den Zuständen in absehbarer Zeit etwas ändern wird, dafür fehlt in der DDR Mitte der Achtziger ersichtlich der Glaube: „‚Gorbatschow?‘ Bodo zog konzentriert an seiner Zigarette und sah hoch zur Decke. ‚Zu jung‘, sagt er. ‚Sicher keiner für die Geschichtsbücher. Sie werden ihn bald absägen und jemanden mit Erfahrung dahin setzen.‘“
MORITZ FEHRLE
Max Annas: Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit. Rowohlt, 2020. 334 Seiten, 20 Euro.
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Max Annas' Serie ist eines der spannendsten literarischen Projekte der letzten Jahre. Tobias Gohlis Die Zeit 20200813