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NACHTDÄMMERN versammelt Gedichte Islands berühmtester Dichterin zum sterbenden Großgletscher Vatnajökull in Südostisland, dem Gletscher von Steinunn Sigurdardóttirs Kindheit, der in unseren Tagen weltweit zum traurigen Symbol des Klimawandels geworden ist. NACHTDÄMMERN Die Zeit, nicht mehr essentiell stürmt nicht mehr voran dass sich auf ihrer wehenden mähne das ewige blaue berglicht bricht. Sie humpelt jetzt kahlköpfig am hang im wachsenden schatten des berges im ewig dämmernden land ein greis zwischen tag und nacht

Produktbeschreibung
NACHTDÄMMERN versammelt Gedichte Islands berühmtester Dichterin zum sterbenden Großgletscher Vatnajökull in Südostisland, dem Gletscher von Steinunn Sigurdardóttirs Kindheit, der in unseren Tagen weltweit zum traurigen Symbol des Klimawandels geworden ist. NACHTDÄMMERN Die Zeit, nicht mehr essentiell stürmt nicht mehr voran dass sich auf ihrer wehenden mähne das ewige blaue berglicht bricht. Sie humpelt jetzt kahlköpfig am hang im wachsenden schatten des berges im ewig dämmernden land ein greis zwischen tag und nacht
Autorenporträt
STEINUNN SIGURDARDÓTTIR, geboren 1950 in Reykjavík, studierte Psychologie und Philosophie in Dublin. Sie arbeitete als Radio- und Fernsehjournalistin und veröffentlichte mehrere Gedichtbände, Kurzgeschichten, ein Kinderbuch sowie acht Romane, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. Für Herzort erhielt sie 1995 den Isländischen Literaturpreis, Der Zeitdieb wurde 1998 in Frankreich verfilmt. Steinunn Sigurdardóttir lebt in Reykjavík und Senlis, Frankreich. KRISTOF MAGNUSSON, geboren 1976 in Hamburg, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Er war Poetikdozent an der Hochschule RheinMain und Writer in Residence u. a. an der University of Iowa und am MIT. Er schreibt Romane und Theaterstücke und übersetzt Werke u. a. von Einar Kárason, Hallgrímur Helgason und Sigurbjörg Þrastardóttir aus dem Isländischen. Kristof Magnusson lebt in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Elke Heidenreich fühlt sich beim Lesen von Steinunn Sigurdardóttirs Gedichten erfrischt und befreit. Zwar geht es sehr viel um die drängenden, aktuellen Fragen, die der Klimawandel aufwirft und die sich durch schmelzende Gletscher in Sigurdardóttirs Heimat bemerkbar machen. Doch auch wenn die Wut darüber spürbar ist, sind die Texte keine politischen Statements oder Appelle. Das liegt aus Sicht der Rezensentin auch daran, dass sich die Wut der Autorin mit Trauer vermischt: "Und unser planet der wunder wird zum/ felsenriff. Wohin soll sich die menschheit dann retten?/ Zu den sternen? Welchen sternen?", zitiert sie. Die Dichterin beklagt den Verlust der Biosphäre, in der sie aufwuchs. Insgesamt hält die Rezensentin die Gedichte für kraftvoll, sanft, und "dramatisch aktuell".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.08.2022

„Alles wird der erde zum verhängnis, das innere feuer stürmt herauf“
Steinunn Sigurdardóttirs so poetische wie dramatische aktuelle Gedichtsammlung in „Nachtdämmern“
Dieses schmale Buch, dieses Prosagedicht, diese kurzen Verse – es ist die Autobiografie eines Mädchens, das in Island aufwächst und zugleich ein einziges wehes Lamento, ein Klagelied über verschwundene Schönheit, über das langsame Sterben der Natur, der Meere, der Tiere, der Gletscher, die der Heimat der Autorin den Namen gaben: Is-land, Eisland.
Sie kennt die großen Gletscher von klein auf, man lebt mit ihnen, sie leuchten in der langen Dunkelheit dieser abgelegenen Insel im Norden, aber das Leuchten lässt nach. Das Eis schmilzt. Es rutscht. Geröll kommt zum Vorschein – schmelzendes Eis und Geröll haben gerade im Süden, in den Dolomiten, sieben Menschen getötet. Die Erde heizt sich auf: „Alles wird der erde zum verhängnis/ Das innere feuer stürmt herauf/ Die erde, selbst sie,/ unter dem gletscher, heizt/ hält es nicht mehr aus.“ Wenn sie zaubern könnte, schreibt die Autorin, „würde ich die weiße farbe/ zurückzaubern in die welt“.
Niemand kann zaubern, wir haben es vermasselt, und Zauber kann nichts mehr retten. In diesem Sommer brennen die Wälder in Europas Süden schlimmer als je zuvor, die Flüsse, die uns im Herbst wieder überschwemmen werden, sind bei der Dürre ausgetrocknet, und die Fische verenden. Gerade eben in den Nachrichten: Millionen Schmetterlinge sterben, ihr Lebensraum ist weg oder vergiftet. Kleine Signale zum großen Finale? Und Island, hoch im Norden, zeigt das Verschwinden: „Der Gletscher vergeht zum nichts,/ zu keinem, zum niemand/ wird zum scheusal, kahl/ ein berg bei verschiedenen bergen/ kein Eisberg mehr, knarrend und klar./ So verreckt der weißeste Körper der welt,/ dann übernimmt das geröll.“
Wut und Wehmut halten sich in diesen balancierenden, leisen Texten die Waage, alles ist wie mit einem Atem geschrieben, Kummer und Zorn führen der Autorin die Hand, und mit poetischer Kraft erzählt sie vom „kaltschönen Meer“, von der „merkwürdigkeit die man liebe nennt“ und von den „verkohlten halden der enttäuschung“. Sie stellt die richtige Frage: „Und unser planet der wunder wird zum/ felsenriff. Wohin soll sich die menschheit dann retten?/ Zu den sternen? Welchen sternen?“ Aber sie weiß, wer das Desaster überleben wird: die, die es angerichtet haben: „Und sternenlos werden die steinreichen/ vernichter in ihren unterirdischen bunkern sein./ Mit Champagner für hundert Jahre . . .“
„Nachtdämmern“ heißt dieses Buch der 1950 geborenen isländischen Schriftstellerin Steinunn Sigurdardóttir, die schon mit „Heidas Traum“ ein Buch geschrieben hat, das anders ist als alles, was wir kennen.
Sigurdardóttirs Texte sind wie ein Fenster, das man öffnet, und dann atmen wir nicht nur frische Luft, sondern haben einen neuen Blick auf die Welt, auf ihre Schönheit und Verletzlichkeit. Dies ist kein Manifest mit drängenden Worten, kein Aufruf zu handeln.
Es ist die große Klage um schon Verlorenes, um vernichtete, unwiederholbare Schönheit, eine Klage alt wie die Antike, eine Klage, die der tiefste Urgrund aller Literatur ist, von den Klageliedern des Jeremias über die Nänien bei Leichenzügen im antiken Rom bis hin zu Orpheus’ „Ach, ich habe sie verloren“.
Da ging es um die Liebe. Hier geht es um unser Leben. Sigurdardóttir, die in Reykjavík und Berlin lebt, beschreibt den Verlust am Beispiel ihrer Heimat, aber so oder so: Es wird uns alle treffen: „Was kommt dann? Wer werden wir? Wonach benennen wir uns?/ Wasfür-länder werden wir so genannten Is-länder wenn der gletscher geht? Is-länder nicht.“
Selten war Poesie so dramatisch aktuell, bei aller Sanftheit. Und genau dafür ist sie da.
ELKE HEIDENREICH
Man hat nach der Lektüre einen
neuen Blick auf die Welt, auf ihre
Schönheit und Verletzlichkeit
Steinunn Sigurdardóttir: Nachtdämmern. Gedichte. Aus dem Isländischen von Kristof Magnusson. Dörlemann, Zürich 2022. 118 Seiten, 22 Euro.
Kummer und Zorn, Wut und Wehmut: Steinunn Sigurdardóttir.
Foto: Dörlemann
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»Sigurdardóttirs Texte sind wie ein Fenster, das man öffnet, und dann atmen wir nicht nur frische Luft, sondern haben einen neuen Blick auf die Welt, auf ihre Schönheit und Verletzlichkeit. Dies ist kein Manifest mit drängenden Worten, kein Aufruf zu handeln. Es ist die große Klage um schon Verlorenes, um vernichtete, unwiederholbare Schönheit, eine Klage alt wie die Antike, eine Klage, die der tiefste Urgrund aller Literatur ist ...«
Elke Heidenreich, Süddeutsche Zeitung

»Ich bin in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass Gletscher Symbole der Ewigkeit sind, unvergängliche Wunder der Natur. Dass sie sterben, macht mich unendlich traurig.«
Steinunn Sigurdardóttir im Gespräch mit Anne Ameri-Siemens, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Nachtdämmern, so heißt dieses wunderschöne, poetische Buch der isländischen Autorin Steinunn Sigurdardóttir. Es sind mehrere Gedichte, Gedankensplitter, kleine Verse, die, hintereinander gelesen, zu einer Autobiografie und einer großen Klage zusammenwachsen. ... es ist ein ganz und gar zauberhaftes Gedankenspiel mit Verlust und Sehnsucht angesichts einer Natur, einer Welt, die zugrunde geht. ... In Nachtdämmern leuchtet die Sehnsucht nach allem, was wir gerade verlieren und zerstören, tief berührend noch einmal auf.«
Elke Heidenreich, Kölner Stadt-Anzeiger

»Steinunn Sigurdardóttirs eindrucksstarker Gedichtband Nachtdämmern kündet vom Sterben dieses größten und mächtigsten isländischen (und europäischen) Gletschers und damit auch vom Untergang der Insel aus Feuer und Eis. Das Buch rührt an den Kern des isländischen Selbstverständnisses. ... Wenn das Eis schmilzt, werden die Koordinaten der isländischen Ewigkeit neu vermessen werden müssen.«
Aldo Keel, Neue Zürcher Zeitung
»Sigurdardóttir verleiht dem Gletscher eine Seele, auch wenn wir die Lautmalerei ihrer Sprache in der Übersetzung in den eher formlosen Zeilen nur erahnen können. ... Sigurdardóttirs Klagelieder über den sterbenden Gletscher zeugen von der tiefen Verbundenheit mit der Naturerscheinung. In ihrer Wahrnehmung sind Menschen, Tiere und der Gletscher belebte Wesen. Sie erinnert uns daran, dass wir im Anthropozän die Verbindung zur Natur verloren haben. Was droht, ist der Identitätsverlust.«
Mareike Ilsemann, Aktuelle Lyrik, WDR 5
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