38,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 3-5 Tagen
  • Gebundenes Buch

Aus der Münchner Künstlerfamilie Max werden die beiden als Maler tätigen Söhne des berühmten Gabriel von Max - Corneille und Colombo - 1914 in den Kriegsdienst einberufen. Der 1875 geborene Corneille kommt zum Landsturm, der 1877 geborene Colombo wird Unteroffizier in der Landwehr. Der Nachlass im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und die Bestände der Familie enthalten die gesamte "Feldpost" Korrespondenz von Colombo mit seiner Frau Paula. Er lehnt den Krieg zutiefst ab, aber er berichtet fast täglich von seinen Erlebnissen und legt den Briefen Zeichnungen bei, sie dagegen erzählt ihm von…mehr

Produktbeschreibung
Aus der Münchner Künstlerfamilie Max werden die beiden als Maler tätigen Söhne des berühmten Gabriel von Max - Corneille und Colombo - 1914 in den Kriegsdienst einberufen. Der 1875 geborene Corneille kommt zum Landsturm, der 1877 geborene Colombo wird Unteroffizier in der Landwehr. Der Nachlass im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg und die Bestände der Familie enthalten die gesamte "Feldpost" Korrespondenz von Colombo mit seiner Frau Paula. Er lehnt den Krieg zutiefst ab, aber er berichtet fast täglich von seinen Erlebnissen und legt den Briefen Zeichnungen bei, sie dagegen erzählt ihm von den Zuständen in der Stadt München. Neben den Kriegsereignissen treibt ihn die Sorge um die künstlerische Hinterlassenschaft seines 1915 gestorbenen Vaters, mit dem er ein Atelier geteilt hatte. Auch sein Bruder und andere Verwandte sind an der Korrespondenz beteiligt. Paula wird von der befreundeten Familie des Bildhauers Adolf von Hildebrand mit dem Sohn und den fünf Töchtern unterstützt, sie kämpft gegen Hunger, Scharlach und Spanische Grippe. Sie berichtet noch anschaulich von der Revolution in München, bis Colombo, der im Soldatenrat tätig ist, endlich im November 1918 zurückkehrt.Verena Kerssenbrock, eine Ur-Enkelin von Colombo Max, hat die Auswahl aus der Familienkorrespondenz zusammengestellt und einen Lebensbericht verfasst, der die Jahrgänge der Feldpost umrahmt. Zuerst wird die Vorgeschichte des schreibenden Paares in der Welt der Münchner Künstler dargestellt, und nach den Briefen werden die Familienereignisse weiter verfolgt. Paula stirbt 1935 und der Sohn Thomas Max wird im April 1945 als Kämpfer der Freiheitsaktion Bayern ermordet. Der Maler Colombo arbeitet künstlerisch bis ins hohe Alter und stirbt 1970.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung

Die Liebe und der Krieg
Ein Band versammelt 500 Feldpostbriefe, die sich der Münchner Maler
Colombo Max und seine Ehefrau zwischen 1914 und 1918 schrieben
VON SABINE REITHMAIER
Der wievielte letzte Brief ist das?“ fragt sich Paula am 12. November 1918. Immer wieder hatte sie gehofft, ihr Mann, der Maler Colombo Max (1877-1970) könne die Kriegsmaschinerie endlich verlassen. Doch er kehrt als einer letzten erst am 21. November 1918 nach München zurück. Während der ganzen Zeit schrieb sich das Ehepaar fast täglich. Knapp 500 Feldpostbriefe hat Verena von Kerssenbrock, die Urenkelin des Malers, ausgewählt und mit Fotos, Postkarten und Zeichnungen zu einem mehr als 600 Seiten umfassenden Buch zusammengestellt. Beeindruckend ist nicht nur die Beziehung der beiden, sondern vor allem die Skepsis, mit der das Paar von Anfang an dem Wahnsinn des Krieges gegenüberstand.
Colombo war der zweite Sohn des Malers Gabriel von Max, seines Zeichens Historienmaler, darwinistischer Forscher, Spiritist und zweifelsfrei einer der bestverdienenden Künstler seiner Zeit. 1867 hatte er mit dem Gemälde „Die Märtyrerin am Kreuz“ 1867 einen aufsehenerregenden Erfolg errungen und war quasi über Nacht zum Star der Münchner Kunstszene geworden. Eine Weile rissen sich Museen, Galerien und Privatleute um seine Werke, bevor er nach der Jahrhundertwende aus der Mode kam. In die Ruhmeshöhen des Vaters aufzusteigen gelang weder Colombo noch seinem älteren Bruder Corneille, auch wenn beide die Malerei zu ihrer Profession machten. Doch die Geschäfte liefen nicht schlecht für den jungen Maler, der als Mitglied der „Königlich Privilegierten Münchener Künstlergenossenschaft“ seine Werke im Glaspalast oder in Brakls Kunsthaus am Beethovenplatz ausstellte.
Paula hatte aus Liebe zu Colombo – sie hatten 1910 geheiratet – ihre Tanzkarriere aufgegeben. Der Familie Max missfiel die Verbindung zunächst sehr, hatte die junge Frau doch ihren 1906 geborenen Sohn Tommi mit in die Ehe gebracht. Es dauerte, bis es dem Maler gelang, seine Liebe gegenüber seinen Verwandten durchzusetzen und er es Paula ermöglichen konnte, ihren bei Pflegeeltern weilenden Sohn wieder zu sich zu nehmen. Nur ein einziges friedliches gemeinsames Jahr war ihnen vergönnt, dann brach der Krieg aus.
Colombo wird als Unteroffizier der Landwehr sofort eingezogen. Paula fragt sich in ihrem Tagebuch, ob sie sich auf einmal wirklich eine Wut auf die Russen und die Franzosen einbilden müsse. „Und auf wen am meisten? . . . Sind die Menschen noch nicht reif und gebildet genug, um sich so blutig wie Buben und Raufbolde zu schlagen?“ Colombos Bataillon wird Ende Oktober nach Frankreich an die Front geschickt, es ist dafür zuständig, die Infanterie mit Munition zu versorgen. Der Maler, Kriegsgegner von Anfang an, leidet und schämt sich, wenn die französische Zivilbevölkerung malträtiert wird. In seinem Neujahrsbrief 1915 klagt er: „Den armen Leuten, die meist nichts vom Krieg wissen wollen, noch das Letzte nehmen, ist unmenschlich. . . . Ich kann so mit den Leuten fühlen und muss doch bös schauen und fordern“. Auch wenn er viele Gräuel wegen der Zensur nicht detailliert schildern darf, verbirgt er nie seine tiefe Erschütterung. „Goya ist der beste Kriegschilderer. Moderne Menschen in mittelalterlicher Beschäftigung.“ (6.11. 1914). Er sieht Scharen von Verwundeten. „Oft gehen Franzosen wie Deutsche friedlich, aber gebrochen nebeneinander.“ Und überhaupt: „Die Bayern hier haben fast oft mehr Hass auf die Preußen als auf die Franzosen.“ (20.11.14)
Als sein Vater Gabriel im November 1915 plötzlich stirbt, versucht Colombo vom Kriegsdienst loszukommen. Trotz Eingaben und guter Beziehungen klappt das nicht. „Mein Vaterland verlangt große Geduld von mir“, notiert er und versucht, von Frankreich aus zu verhindern, dass der Nachlass seines Vaters verschachert wird. „. . . wenn es so schlimm steht mit allem Geld jetzt und nach dem Krieg, dann ist es doch fast besser, man hat keines, sondern lieber Bilder. Mit denen man wenigsten nach Amerika gehen kann.“ (15.1.1916). Sogar als er einen Staatsauftrag erhält und den Heiligen Martin als Altarbild für die Kirchhamer Kirche malen soll, kommt er, anders als viele Malkollegen, von der Kriegsmaschinerie nicht los. Im Herbst 1916 wird er als Küchenfassungsunteroffizier in Frankreich eingeteilt. Das beruhigt ihn einerseits, rettet ihn das doch vor dem Einsatz an der Front, der dem Pazifisten immer wieder angedroht wird. Andrerseits ist klar, dass er im Krieg bleiben muss.
Viel zum Malen kommt er in diesen ersten Jahren nicht, die Einsätze sind zu anstrengend. Manche seiner Zeichnungen erscheinen in der „Liller Kriegszeitung“, auch die „Jugend“ druckt gelegentlich ein Blatt. Von Paulas Briefen sind viele verloren gegangen. Sie schildert Colombo das Leben in München und Ammerland, erzählt von den Querelen mit der Familie. Finanziell ist ihre Lage in all den Jahren nicht einfach. In keinem seiner Briefe vergisst Colombo, Tommi zu grüßen. „Tommi muss ein Freiheitskämpfer werden. Wir sind’s nicht. Noch nicht“, schreibt er einmal an Paula. Das liest sich im Nachhinein fast prophetisch. Denn Thomas Max wurde tatsächlich ein Widerstandskämpfer. Der Arzt, Mitglied der Freiheitsaktion Bayern, wurde am 28. April 1945 hinterrücks von den Nazis erschossen. Und den Tod seines geliebten Adoptivsohns – Paula war bereits 1935 gestorben – verwand Colombo Max nur sehr schwer.
Verena von Kerssenbrock (Hrsg.): Die Münchner Künstlerfamilie Max. Feldpostbriefe 1914-1918 (Scaneg-Verlag), Lesung am Mittwoch, 25.4., 19 Uhr, Juristische Bibliothek (Rathaus München)
Die Kriegsgräuel darf er nicht
detailliert schildern, seine
Erschütterung verbirgt er nicht
Das Gemälde, das Paula, Colombo und Tommi Max (v. l.) zeigt, ist verschollen, es gibt nur diese Abbildung. Colombo Max hat es wohl nach einem Foto aus dem Jahr 1917 gemalt, mit Sicherheit aber erst nach dem 1. Weltkrieg.
Foto: privat/OH
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr