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Der großartige historische Roman als wunderbare Familiensaga: Ein Schock löscht bei Aurora del Valle alle Erinnerungen an ihre ersten fünf Lebensjahre aus. Obwohl sie bei ihrer Großmutter frei von den geltenden Beschränkungen der Zeit aufwächst, verfolgten sie schreckliche Alpträume. Eine unglückliche Affäre zwingt sie dann, sich ihrem Trauma zu stellen.

Produktbeschreibung
Der großartige historische Roman als wunderbare Familiensaga: Ein Schock löscht bei Aurora del Valle alle Erinnerungen an ihre ersten fünf Lebensjahre aus. Obwohl sie bei ihrer Großmutter frei von den geltenden Beschränkungen der Zeit aufwächst, verfolgten sie schreckliche Alpträume. Eine unglückliche Affäre zwingt sie dann, sich ihrem Trauma zu stellen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.01.2002

Armer, ehrenwerter Vetter Severo
Isabel Allende kennt den Weg zwischen Großmutter und Ehemann

In der eindrucksvollen Riege internationaler Autoren des Suhrkamp Verlags ist Isabel Allende nicht gerade ein Schmuckstück - in der Jahresbilanz aber durchaus. Es gibt Kollegen, bei denen es sich umgekehrt verhält, und beides soll und darf ja in einer verlegerischen Mischkalkulation auch so sein. "Porträt in Sepia", der neunte in Deutschland erschienene Titel der Chilenin, dümpelt allerdings auf der Bestsellerliste eher hinten, auf den zweistelligen Plätzen, herum. Das liegt nicht nur am Harry-Potter-Quartett, das derzeit nur ganz ausgewählten Titeln den Zugang zur Spitze gestattet, sondern vor allem an Ermüdung: der Leser, vielleicht auch der Autorin.

Lange Zeit fühlte sich ein breites Publikum gut bedient von dieser kommoden und soften Variante lateinamerikanischer Moderne: Isabel Allende gab den weiblichen García Márquez, ohne erzählerisches Risiko, ohne Kraft, Atem und Furor des Nobelpreisträgers, ohne seine Härten und Ansprüche. Was sie bot, war sozusagen literarischer Kuschelsex. Das ist auch wörtlich zu nehmen: Die häufigen erotischen Passagen in ihren Büchern schlingern stets zwischen wabernden Beschwörungen von kosmischen Dimensionen und einer wunderlich verquälten Umständlichkeit hin und her (auch im neuen Roman wird wieder "im biblischen Sinne erkannt"). Hat ihr beim Publikum etwa die pfeilgerade Pornographie einer Catherine Millet den Rang abgelaufen? Nicht unbedingt; vielmehr geht es etlichen Lesern wohl so wie jenen Gewohnheitsurlaubern, die nach einem halben Dutzend Ferienaufenthalten in derselben Pension am Wörther- oder Gardasee doch endlich einmal etwas anderes sehen wollen. Isabel Allende bleibt sich treu, wie ein Gasthof, der unter jährlich wechselnden Namen stets dasselbe Gericht auftischt.

Diesmal also "Porträt in Sepia". Der Roman schreibt den vorausgehenden ("Fortunas Tochter") fort, ohne seine Lektüre vorauszusetzen, denn freundlicherweise faßt die Autorin die Geschichte der Eliza Sommers noch einmal zusammen, die als Großmutter der neuen Heldin Aurora hier eine Nebenrolle spielt. Immer noch sind wir im neunzehnten Jahrhundert, in Kalifornien und in Chile, gelegentlich auch kurz in England, immer natürlich im großbürgerlichen Milieu, das die Aufzählung üppiger Kleidungs- und Ausstattungsstücke ermöglicht, etwa eines monumentalen Bettes, das von Florenz aus per Schiff um den amerikanischen Kontinent herum transportiert wird bis nach San Francisco und dann im Triumphzug zum Haus von Paulina del Valle, der anderen Großmutter Auroras, einer Gestalt, die sich Isabel Allende als Pracht- und Vollblutweib vorgestellt hat.

Paulina ist dick, reich und dominant, eine Geschäftsfrau und Matriarchin, sie bekommt immer, was sie will, und gibt es nie wieder her, weder Geld noch Menschen. Auch nicht ihre Enkelin, die sie dadurch an sich bindet, daß sie sie lange über ihre Herkunft im Ungewissen läßt. Auroras Vater, ein drogensüchtiger, später syphilitischer Décadent, hat ihre Mutter nämlich erst geschwängert und dann sitzenlassen; in die Bresche springt der ehrenwerte Vetter Severo, der von seiner Frau aber nichts hat, weil die erst hochschwanger ist und dann im Kindbett stirbt. Sterben will auch der untröstliche Witwer, weshalb er in den Krieg zieht und seine Stieftochter erst dem einen, dann dem anderen Großelternpaar überläßt.

Das alles muß man allerdings weder wissen noch sich merken, weil die Autorin zwar einerseits ein Geheimnis und Gewese daraus macht, den Leser aber alle naslang wieder darauf stößt, welch seltsame Wege das "Schicksal" doch für ihre Helden gebahnt hat (dabei ist die Wegebahnerin doch bloß sie selber). Denselben Leser führt sie noch an allerhand schreckliche und pittoreske Orte - unter anderem eine Opiumhöhle, ein Kinderbordell, ein Schlachtfeld und einen Folterkeller -, beschreibt eine Amputation ohne Betäubung und diverse Geschlechtsakte (dito) und unterrichtet ihn beiläufig in chilenischer Geschichte im neunzehnten Jahrhundert, mit Akzent auf dem Salpeterkrieg (gegen Peru und Bolivien) und dem Bürgerkrieg (des Präsidenten Balmaceda gegen eine sympathische Opposition, die den Kampf hundert Jahre später und einige Allende-Bücher früher nahtlos gegen das Pinochet-Regime fortsetzen kann).

Eine folkloristische Familiensaga also, umgeben von exotischer Historie und entsprechenden Landschaften; die unaufhörlich auf- und abtretenden Clanmitglieder, die man, kaum kennengelernt, schon vergessen hat, vermitteln das beruhigende Gefühl, es werde alles immer schon irgendwie weitergehen. Die Ich-Erzählerin Aurora ist von der Autorin mit wenig Persönlichkeit ausgestattet worden, dafür aber mit der Lizenz zum Schwadronieren. Sie gleicht den anderen "rebellischen" Frauenfiguren Isabel Allendes aufs Haar und sucht, wie es sich gehört, ihren eigenen Weg zwischen Großmutter und Ehemann, Rollenzwang und Glücksanspruch, Familienbanden und künstlerischem Ehrgeiz. Sie findet diesen Weg - wo sonst? - jenseits der Konventionen und schließlich auch das Geheimnis ihrer Herkunft, aber das hatten wir schon verstanden.

Von Ermüdung war schon die Rede. Diese betrifft auch die Autorin, dem unbeirrbar über Hunderte von Seiten dahinströmenden Erzählsound zum Trotz. Sie zeigt sich in dramaturgischer Erschlaffung, vor allem gegen Ende des Romans, in wichtigtuerischen Fingerzeigen auf Späteres und Früheres, in mangelndem Gespür für Tempo und Timing, in ungeschicktem Hantieren mit Vorder- und Hintergrund, Detail und Totale, in mangelnder Selbstbeherrschung gegenüber den Versuchungen von Kitsch und Kolportage. Selbst den Anforderungen gepflegter Unterhaltung genügt Isabel Allende mit diesem Roman nur unzureichend.

MARTIN EBEL.

Isabel Allende: "Porträt in Sepia". Roman. Aus dem Spanischen übersetzt von Lieselotte Kolanoske. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001. 464 S., geb., 25,80 [Euro].

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'You'll find it hard not to be beguiled by the charm and ingenuity of Allende's storytelling.' The Times

'Though its story is the life of Aurora del Valle, a privileged young girl growing up in 19th century Chile, its subject is history, and the way in which the lives of people and the lives of countries exist in uneasy limbo, caught between the shadows of the past and the mysteries of the future. It's a world of secrets and uneasy truces; all that is certain is death, and all that is valuable is love.' Jeremy Poolman, Daily Mail

'If you were thrilled by "The House of the Spirits", you'll love this.' Marie Claire

'A wonderful, wide-ranging story, which moves back to Chile, and is told in a clever mix of first and third person. Allende's dramatic descriptions of hand-to-hand combat and bloody battle scenes are every bit as vivid and physical as her descriptions of wild passionate love-making. A compulsively readable, colourful, informative and entertaining novel.' Sunday Tribune