Farago lockt ihre LeserInnen mit einer dichten Hintergrundatmosphäre in passender Sprache nach England. Anfang des 19. Jahrhunderts bemüht sich Elizabeth, das Erbe ihres Bruders zusammenzuhalten, während sich Frederick dem Vorwurf ausgesetzt sieht, nach dem Verschwinden seiner Tante als Täter
beschuldigt zu werden. Frederick reist schnurstracks inkognito in seine Heimat zurück. Um nicht erkannt…mehrFarago lockt ihre LeserInnen mit einer dichten Hintergrundatmosphäre in passender Sprache nach England. Anfang des 19. Jahrhunderts bemüht sich Elizabeth, das Erbe ihres Bruders zusammenzuhalten, während sich Frederick dem Vorwurf ausgesetzt sieht, nach dem Verschwinden seiner Tante als Täter beschuldigt zu werden. Frederick reist schnurstracks inkognito in seine Heimat zurück. Um nicht erkannt zu werden, verdingt er sich als Stallmeister und versucht Licht in den mysteriösen Fall zu bringen. Elizabeth stellt ihn ein und fühlt sich von ihm angezogen.
Die Autorin bedient sich genretypischer Klischees (was ich nicht negativ meine). Ihre anfangs patente Protagonistin ist schon fast eine alte Jungfer. Das Leben hat sie um ihr Debüt aber nicht um ihre Träume gebracht. Der Bruder bringt die Familie in Schwierigkeiten, damit er zu seinem Wort stehen kann. Er bringt einen Freund mit nach Hause, der in argen Geldnöten und überaus manipulativ ist. Ihre Mutter scheint auf den ersten Blick lebensuntüchtig, verlässt sich voll und ganz auf Elizabeth. Frederick wiederum steht tapfer für das Vaterland ein. Obwohl er mit Frauen nicht die besten Erfahrungen gemacht hat, freut er sich darauf, seine Verlobte wiederzusehen. Charismatisch-verständnisvoll zeigt er sich klug-umsichtig und natürlich erpicht, seinen Ruf zu retten. Daneben gibt es noch hilfsbereite Freunde und dienstbare Geister aber auch arbeitsscheue Bedienstete, die dringend einer (männl.) Hand bedürfen.
Fesseln konnten mich weder die Figuren noch das Verwirrspiel um den Fall, der keiner ist. Obwohl ich hist. Liebesgeschichten in der Sittsamkeit der damaligen Zeit mag, fehlt hier etwas. Viel Zeit verbringen die Hauptfiguren nicht miteinander. Die energisch patent wirkende Elizabeth mutiert zum hilflos-oberflächlichen Weibchen, sobald Frederick die Bühne betritt. Das könnte man ihr noch verzeihen. Doch eine wirklich gemeinsame Geschichte wirkt angesichts des Konstrukts um Das Geheimnis von Digmore Park teils unglaubwürdig oder geht gnadenlos unter.
Zunächst tut sich auf Portland Manor nicht viel und man fragt sich, wie Frederick seinen Ruf retten will. Dann muss alles schnell gehen, denn der Freund von Elizabeth‘ Bruder erpresst sie. Praktischerweise kennt er Frederick und setzt ihn als Druckmittel ein. Prompt reisen Elizabeth und ihre Mutter nach Digmore Park, um selbst zur Lösung des Falles beizutragen.
Ein ganzes Bündel an Ideen bezüglich der infamen Anschuldigungen und der verschwundenen Tante, die mittlerweile offenbar gar ermordet wurde, wird ins Spiel gebracht. Fredericks Verlobte, sein offenbar dahinsiechender Vater und sein geldgieriger Cousin und dessen Frau, ebenso wie unkooperativ wirkende Dienstboten. Gegenspieler schrecken vor Mord nicht zurück, doch scheint die Autorin nicht sicher zu sein, ob die denn nun wirklich böse sind. Angesichts des an sich ernsten Vorwurfs wirkt die fröhlich-aufgesetzte ach-ist-das-spannend-Stimmung falsch. Bei einer Leichen stellt sich dann noch die Frage, wie blind alle Beteiligten waren. Bestimmte Merkmale sind zu augenscheinlich, als dass Faragos Lösung schlüssig wirkt.
Speziell dieser Teil der Geschichte wirkt zusammengestückelt, nicht einmal ansatzweise ausgereift. Die sich aus de Erpressung ergebende Zeitnot löst sich in Luft auf, während die Hauptfiguren doch noch Stunden zu zweit verbringen. Gezwungenermaßen, doch obwohl sie noch nichts vom Ausgang des Geschehens ahnen, machen sie sich keine allzugroßen Gedanken. Die Motivation hinter dieser Aktion wirkt einfach nur bemüht. Dadurch fühlte ich mich von den ohnehin nicht allzu fesselnden Charakteren vollends entfremdet.
Obwohl ich die nicht ganz unbekannte Grundidee gerne in immer neuen Variationen lese, konnte mich Faragos Umsetzung nicht überzeugen. Vorhersehbarkeiten schlichen sich ein und häuften sich, was für Längen sorgte. Das Geheimnis von Digmore Park bekommt gerade noch so zwei von fünf Punkten von mir.
2013 Antje Jürgens (AJ)