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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
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große Ding
Denis Pfabes rasanter
neuer Roman „Simonelli“
Der Held, besser Antiheld von Denis Pfabes neuem Roman „Simonelli“ heißt mit vollem Namen Jonathan Simonelli. Er war einst ein erfolgreicher Attrappenbauer für Filmsets, ist inzwischen aber in den Suff abgerutscht, denn der Siegeszug der digitalen Filmproduktion, alles Mögliche und Unmögliche perfekt vorzugaukeln, hat ihn unaufhaltsam zur Seite gedrängt. Überraschend bekommt er jedoch noch einmal einen Großauftrag. Er soll den Anker der Titanic nachbauen, für einen Dokumentarfilmdreh in Dudley, dem Ort einer großen Stahlschmiede. Sein Freund Henri sammelt Kriegsantiquitäten, die wiederum von mehr oder weniger zwielichtigen Waffennarren angekauft werden. So kommt Simonelli zu einer japanische Pistole aus dem Zweiten Weltkrieg, gefertigt in der berühmten Waffenschmiede von Kirijo Nambu, das heißt, er entwendet sie. Bald erhält er Anfragen, ob er sie verkaufen würde.
Simonelli reist nach England, um den Anker aus Sperrholz nachzubauen, und, noch wichtiger, mit der Nambu ein hübsches Sümmchen zu verdienen. Doch der snobistische Großgangster Ali Toy ist nicht der einzige, der die Pistole haben will, auch in Japan besteht größtes Interesse, weil diese Waffe einst dem Kriegsverbrechergeneral Yamashita gehört haben soll. Kurzum: Die Sache wächst Simonelli über den Kopf, aber er wächst mit, verliebt sich auf dem Filmset in Edi, tötet den Yakuza Hideki mit der Nambu und muss noch erleben, dass der angebliche Freund Henri falsch mit ihm spielt.
Der Wirbel um die Pistole mit dem Sweetheart-Griff – in den Kolben ist eine nackte Schöne unter Plexiglas eingearbeitet, angeblich die einstige Geliebte von General Yamashita – dreht sich unmerklich, bis Pfabe ihn effektvoll beschleunigt. Geschickt splittet er die Handlung in Rückblenden und Parallelmontagen auf und schafft es, sein Personal trotz mancher Klischees glaubhaft zu charakterisieren: den braven japanischen Waffenkenner Shige, den dicken Berufskiller Hideki, den verspielt-ruchlosen Ali Toy, die kühle Edi und schließlich den Kleinganoven Henri und seine missratenen Söhne. So entsteht aus einem geläufigen Thrillerstoff das Porträt eines Mannes, der, frei nach Herbert Achternbusch, keine Chance hat, aber sie wenigstens nutzen will, ein geborener Verlierer, der einmal gewinnen will und alles auf eine Karte, die Nambu, setzt.
Das Geheimnis übrigens, weshalb alle diese japanische Waffe haben wollen, bleibt geheim. Als Simonelli das Sweetheart-Foto genau betrachtet, heißt es dazu bloß: „Es war so simpel, so offensichtlich. Simonelli atmete aus. Er hatte das entscheidende Detail entdeckt, das ihm Klarheit darüber verschaffte, was es mit der verdammten Pistole auf sich hatte. Ein kurzes Lächeln huschte über sein übernächtigtes Gesicht.“
HARALD EGGEBRECHT
Denis Pfabe: Simonelli. Roman. Rowohlt Berlin, Berlin 2021. 286 Seiten,
22 Euro.
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