Was in den letzten zehn Tagen vor dem Ende der Ferien passierte, läuft hinter der Stirn des siebzehnjährigen Icherzählers wie ein Film ab. Das Drehbuch dieses Films ist der zweigeteilten Handlung vorangestellt: Die Ereignisse dauern von Mittwoch bis zum Mittwoch der folgenden Woche und von
Donnerstag bis Samstag. Mitten in die erste Woche wird der Leser hinein katapultiert, um dann Szenen zu…mehrWas in den letzten zehn Tagen vor dem Ende der Ferien passierte, läuft hinter der Stirn des siebzehnjährigen Icherzählers wie ein Film ab. Das Drehbuch dieses Films ist der zweigeteilten Handlung vorangestellt: Die Ereignisse dauern von Mittwoch bis zum Mittwoch der folgenden Woche und von Donnerstag bis Samstag. Mitten in die erste Woche wird der Leser hinein katapultiert, um dann Szenen zu folgen, die keinem erkennbaren roten Faden folgen. Der Icherzähler, der sich selbst das Grünhorn nennt, jobbt in den Ferien auf einer Baustelle. Er hängt mit seinen Kumpels Mauser und Kondor ab, mit denen er gemeinsam boxt; Höhepunkt der Ferien sind nächtliche Feten im Freibad. Der Erzähler ist offenbar niemandem Rechenschaft schuldig; niemand erwartet ihn zu Hause. Die Jungs leben in einer Hochhaussiedlung, die den meisten Lesern aus den Nachrichten bekannt ist, seit hier ein Kind kurz vor seinem Tod, eingesperrt in seinem Zimmer, vor Hunger die Teppichfasern verschlang. Genau in dieser Siedlung hat vor kurzem Zöllner, der Vater von Kumpel Mauser, seine zweite Frau ermordet. Die Tat kann noch nicht lange her sein; denn das Absperrband der Polizei ist noch zu sehen. Warum der flüchtige Zöllner das Denken des Erzählers so stark bestimmt, entwickelte sich für mich überraschend zum roten Faden der Geschichte
Die Gespräche der Jugendlichen drehen sich um ein geplantes Konzert und um eine Flashmob-Aktion unter dem Motto: Wir feiern nicht, wir eskalieren. Der Erzähler nimmt in der Stadt immer wieder Figuren wahr, die wie Indianer aussehen und entscheidet sich jedes Mal bewusst gegen einen zweiten Blick auf die Figur, um der Sache mit den Rothäuten lieber nicht genauer nachzugehen.
Das Grünhorn steht zwischen zwei Frauen, Jackie, von der er sich hängengelassen fühlt, und Edda, der Frau aus der Videothek. Edda ist älter als Grünhorn, hat einen Job, ein von der Oma geerbtes Häuschen in einer ehemaligen Schrebergartenkolonie. Um Grünhorns Aufmerksamkeit wirbt sie mit äußerst findigen, filmreifen Ideen. Unsicher, wer er selbst eigentlich ist, stellt sich dem jungen Mann die Frage, was Mädchen von ihm wollen - und ob er überhaupt an einer der beiden Frauen interessiert ist. Mit der Maxime: Mit Sex habe ich es nicht so eilig, kann man nicht sehr viel falsch machen, findet er. In der zweiten Hälfte der Geschichte wirkt der Erzähler seiner selbst und der Beziehungen plötzlich unsicherer als zu Beginn. Er notiert nun, was er über andere und über die Ereignisse noch nicht sicher weiß. Diese Entwicklung verläuft gegenläufig zu meiner Einschätzung des Jungen. Grünhorn wirkte längst nicht so verplant auf mich, wie er sich selbst sieht. Wer beobachtet und schreibt wie er, um dessen Heranwachsen sollte sich kein Erwachsener sorgen müssen.
"Es war einmal Indianerland" hatte als Buch einen unrunden Start bei mir. Nach den ersten 100 Seiten vermisste ich den roten Faden, fragte mich, ob ich den Einzelszenen eine lineare Handlung vorgezogen hätte und legte das Buch zur Seite. Nach der zweiten Begegnung mit der Selbstfindung eines jungen Mannes bleiben in meiner Einschätzung Grünhorns und seiner Clique noch immer Lücken, die sich durch Zurückblättern füllen lassen. Eine schräge Geschichte, die Sex&Drogen nicht auslässt, und in der ernsthafte Jugendliche schräge Dinge erleben.