Alex Rühle, Ohne Netz, Klett-Cotta 2010, 224 Seiten, ISBN 978-3-608-94617-8
Dies ist die schmerzhafte und aufschlussreiche Entwöhnungsgeschichte eines modernen Süchtigen. Es scheint, dass es im Augenblick geradezu eine Mode werden könnte, eine Art spätmoderne Fastenbewegung, die da versucht, sich
aus dem elektronischen Klauen von PC, Handy und Blackberry zu befreien und sich wieder dem…mehrAlex Rühle, Ohne Netz, Klett-Cotta 2010, 224 Seiten, ISBN 978-3-608-94617-8
Dies ist die schmerzhafte und aufschlussreiche Entwöhnungsgeschichte eines modernen Süchtigen. Es scheint, dass es im Augenblick geradezu eine Mode werden könnte, eine Art spätmoderne Fastenbewegung, die da versucht, sich aus dem elektronischen Klauen von PC, Handy und Blackberry zu befreien und sich wieder dem eigentlichen Leben zuzuwenden, mit seinen Menschen, seinen Büchern und seinen sozialen Netzwerken.
Der Online- Journalist Christoph Koch hat ungefähr zeitgleich mit Alex Rühle einen solchen Selbstversuch dokumentiert. Unter dem Titel „Ich bin dann mal offline“, Hape Kerkeling imitierend, hat er nicht nur ein ehrliches Tagebuch, sondern auch ein Buch über die Welt im Netz allgemein geschrieben, und einen sehr hilfreichen Ratgeber für alle Netzjunkies, der ihnen helfen kann, bewusst mit dem umzugehen , was doch ihr Leben erleichtern und bereichern soll und nicht es total bestimmen.
Alex Rühles Selbstversuch dauerte viel länger. Vielleicht sind deshalb auch seine Erkenntnisse tiefer, seine Sprache anspruchsvoller. Bei beiden Büchern jedoch bin ich sicher, dass nach der Versuchszeit beide Autoren wieder den Angeboten des Netzes anheimfallen, schon aus beruflichen Gründen.
Wenn beide Bücher es geschafft haben, Menschen zu ermutigen, zumindest für eine gewisse Zeit (Sonntag, Wochenende, Urlaub, oder auch nur ein freier Nachmittag für die Kinder) auf die Abhängigkeit ihres Blackberrys zu verzichten, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Denn die Qualität der Kommunikation hat durch die neuen Techniken nachgelassen; sie haben ein unmenschliches und familienfeindliches Tempo eingeführt, dem niemand standhalten kann ohne an seiner Seele oder seinen Beziehungen irgendwann krank zu werden.