Karin Bulland erzählt in diesem Buch aus ihrer Jugend und ihrem Leben in der DDR und im Kampf für den Sozialismus. Lange Zeit ist sie von den Zielen des Systems, in dem sie lebt, überzeugt. Dennoch gerät sie aufgrund von Auflehnung gegen menschenverachtende Praktiken selbst in Konflikt mit einigen
Parteifunktionären und landet schließlich in der Psychiatrie. Was sie dort erlebt, ist furchtbar und…mehrKarin Bulland erzählt in diesem Buch aus ihrer Jugend und ihrem Leben in der DDR und im Kampf für den Sozialismus. Lange Zeit ist sie von den Zielen des Systems, in dem sie lebt, überzeugt. Dennoch gerät sie aufgrund von Auflehnung gegen menschenverachtende Praktiken selbst in Konflikt mit einigen Parteifunktionären und landet schließlich in der Psychiatrie. Was sie dort erlebt, ist furchtbar und unmenschlich und hinterlässt tiefe Wunden. Doch sie lernt Jesus kennen und dies verändert ihr Leben noch viel mehr als all die Misshandlungen, die sie während ihres Lebens erleiden musste. Außerdem erkennt sie, dass auch sie selbst nicht nur Opfer eines willkürlichen Systems war, sondern ebenfalls Täter und damit mitverantwortlich für das Leiden vieler anderer Menschen. Konsequent vertritt sie daher in ihrem Buch die Meinung, dass wir alle nicht nur Vergebung gewähren, sondern auch andere selbst um Verzeihung bitten sollten.
Dieses Buch ist sehr angenehm zu lesen. Die Autorin verwendet eine einfache und gut verständliche Sprache, wodurch der Leser leicht Zugang zum Geschehen bekommt. Dabei lässt sie ihn an vielen Episoden ihres Lebens teilhaben, die unglaublich intim und schmerzlich sind. Über solche Themen zu sprechen ist niemals leicht, daher rührt vielleicht auch an einigen Stellen die scheinbar distanzierte Sprache. Vielleicht kann man über solche Dinge nicht anders reden oder schreiben. Gleichzeitig bleibt Karin Bulland auch herzerwärmend ehrlich und direkt in ihren Schilderungen. An vielen Stellen möchte man sie am liebsten einmal in Gedanken in die Arme schließen.
Sie zeichnet hier ein erschreckend unmenschliches Bild der DDR, die wir zwar alle aus dem Geschichtsunterricht zu kennen glauben, die aber für viele aus den nachfolgenden Generationen dennoch fremd bleibt. Es ist scheinbar eine völlig andere Welt mit anderen Regeln, in der dieses Buch spielt. Und sobald man ein bisschen tiefer gräbt, bröckelt die Fassade an allen Ecken. Karin Bulland schildert viele kleine Erlebnisse, die sie ebenfalls entsetzten, es aber nichtsdestotrotz nicht schaffen konnten, das glorreiche Bild des Sozialismus zu entglorifizieren. Korruption, Willkür, Gewalt und Unterdrückung sorgten dafür, dass viele Menschen jeden Tag menschenverachtende Regeln befolgen mussten, um dem Regime nicht gewogene Mitmenschen aus dem Verkehr zu ziehen, und gleichzeitig selbst in der Angst lebten, es könne ihnen eines Tages genauso ergehen. Dennoch ist dies ein erschreckendes Beispiel dafür, wie Gehirnwäsche funktionieren und sich in den Köpfen festsetzen kann. Vieles von dem, was die Autorin hier erzählt, wird gerne unter den Teppich gekehrt. Entweder die Leute wissen es nicht oder sie wollen es nicht wissen. Genau deshalb sind Zeitzeugnisse wie dieses so wichtig. Dazu kommt die sehr persönliche Begegnung mit Jesus, durch welche Karin Bullands Leben sich von Grund auf verändert. Sie erfährt Liebe und Vergebung und ist wahrscheinlich nur deshalb in der Lage, uns daran teilhaben zu lassen. Denn, das ist ihr auch wichtig: Obwohl sie selbst auch ein Opfer des Systems geworden ist, so ist sie selbst doch auch an vielen Menschen schuldig geworden.
Einen kleinen Abzug gibt es von mir, weil die Struktur des Buches sehr verwirrend ist. Im Prinzip wird chronologisch berichtet, dennoch gibt es immer wieder Gedankensprünge, die verwirren. So wird beispielsweise aus der Schulzeit berichtet, und auf einmal befindet sie sich wieder bei ihrer Einschulung. Sie springt immer wieder in der Zeit. Auch ansonsten wiederholt sie sich an mehreren Stellen. Wenn es darum geht, zu sagen, was ihr wichtig ist, hatte ich oft das Gefühl, dasselbe schon einmal oder auch mehrmals gelesen zu haben, nur ein paar Seiten vorher. Auch ist an einigen Stellen der Stil weniger wie der eines Buches sondern es wirkt vielmehr, als würde jemand da sitzen und uns etwas erzählen. Trotzdem insgesamt ein mutiges und lohnenswertes Buch, das zu Herzen geht.