Eigentlich ist es eine Geschichte, die schon tausendfach erzählt wurde:
Der Großvater, als Veteran des zweiten Weltkrieges ein psychisches Wrack, tyrannisiert seine Familie, auch die Enkelin hat noch darunter zu leiden.
(Auf Details muss an dieser Stelle verzichtet werden, um nicht zu spoilern.)
Das Mädchen ist - auch durch den autoritären Vater - extremem Druck ausgesetzt. Trost findet sie im…mehrEigentlich ist es eine Geschichte, die schon tausendfach erzählt wurde:
Der Großvater, als Veteran des zweiten Weltkrieges ein psychisches Wrack, tyrannisiert seine Familie, auch die Enkelin hat noch darunter zu leiden.
(Auf Details muss an dieser Stelle verzichtet werden, um nicht zu spoilern.) Das Mädchen ist - auch durch den autoritären Vater - extremem Druck ausgesetzt. Trost findet sie im Gitarrenspiel. Die Story begleitet die junge Anne durch ihre Kindheit und Jugend bis in ihre junge Ehe, die von einem weiteren Trauma überschattet ist.
Wie gesagt, inhaltlich ist hier wenig Neues zu finden. Und dennoch hat mich dieser Roman durchgehend gefesselt, er hat mich auf eine ganz besondere Art und Weise berührt.
Dies liegt auch nicht am Aufbau der Erzählung, die in zwei Zeitebenen stattfindet - der Gegenwart, in der ein nebulöser Schleier über Annes Erinnerung liegt, der sich nur allmählich lichtet, und Rückblicken in Kindheit und Jugend. Nein, wirklich innovativ ist der Wechsel zweier Erzählebenen nicht, auch wenn er der Autorin handwerklich gut gelungen ist.
Was mich aber durchgehend begeistert hat, ist die Sprache van Bebbers. Mit pointierten Neologismen amüsiert sie mich einerseits und erzeugt beim Lesen andererseits eine Nähe, die mich völlig in die Handlung eintauchen lässt: "Hörst-du-mir-auch-zu-Schläge" auf den Oberarm - eine großartige Beschreibung der penetranten Mutter am Krankenbett. Überhaupt ist der Roman gefüllt mit großartigen Formulierungen, z.B. "Elisabeth litt wie ein ausgekühltes Baby." Auf derartige Vergleiche zu kommen ist für mich große Literatur.
Der ein oder andere Nebenschauplatz hätte für meinen Geschmack noch etwas mehr Beachtung verdient. So etwa die Probleme des Bruders, da habe ich nicht alles verstanden.
Insgesamt aber ein vor allem sprachlich großartiger Roman, der wichtige Themen behandelt und unter die Haut geht.