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Der Roman beruht auf einer wahren Begebenheit. Im Jahre 1928 hatte der Droschkenkutscher Gustav Hartmann tatsächlich eine Droschkenfahrt von Berlin nach Paris und zurück unternommen. Hartmann startete am 2. April 1928 mit seiner Droschke und dem Wallach Grasmus, begleitet von dem Zeitungsreporter Hans Hermann Theobald, zu einer Reise nach Paris, wo er am 4. Juni 1928 ankam. Diese Fahrt sollte eine Aktion gegen den Nieder-gang des Droschkengewerbes und die steigende Zahl von Autos darstellen. Die Fahrtstrecke betrug über 1000 Kilometer.

Produktbeschreibung
Der Roman beruht auf einer wahren Begebenheit. Im Jahre 1928 hatte der Droschkenkutscher Gustav Hartmann tatsächlich eine Droschkenfahrt von Berlin nach Paris und zurück unternommen. Hartmann startete am 2. April 1928 mit seiner Droschke und dem Wallach Grasmus, begleitet von dem Zeitungsreporter Hans Hermann Theobald, zu einer Reise nach Paris, wo er am 4. Juni 1928 ankam. Diese Fahrt sollte eine Aktion gegen den Nieder-gang des Droschkengewerbes und die steigende Zahl von Autos darstellen. Die Fahrtstrecke betrug über 1000 Kilometer.
Autorenporträt
Fallada, Hans
Hans Fallada, eigentlich Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen (1893-1947), war ein deutscher Schriftsteller. Bereits mit dem ersten, 1920 veröffentlichten Roman «Der junge Goedeschal» verwendete Rudolf Ditzen das Pseudonym Hans Fallada. Es entstand in Anlehnung an zwei Märchen der Brüder Grimm. Der Vorname bezieht sich auf den Protagonisten von «Hans im Glück» und der Nachname auf das sprechende Pferd Falada aus «Die Gänsemagd». Fallada wandte sich spätestens 1931 mit «Bauern, Bonzen und Bomben» gesellschaftskritischen Themen zu. Ditzen starb am 5. Februar 1947 im Alter von 53 Jahren an den Folgen seines jahrelangen Alkohol- und Drogenkonsums.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.04.2020

Lebensecht und darum unbequem

Hans Falladas Roman "Der eiserne Gustav" gibt es nun in einer Neu-Edition, die gleich zwei ideologische Kompromissfassungen korrigieren soll.

Nachdem Joseph Goebbels 1937 den neuen Roman "Wolf unter Wölfen" von Hans Fallada gelesen hatte, notierte er im Tagebuch: "Ein tolles Buch . . . Der Junge kann was." Auf das nächste Projekt des Schriftstellers, der gegen Ende der Weimarer Republik zum Bestsellerautor geworden war, richteten sich dementsprechend große Erwartungen. Fallada sah es mit Beklommenheit: "In die Sonne Goebbelscher Gunst zu kommen - das schien mir ein Ikarus-Schicksal."

Dieses neue Projekt, "Der eiserne Gustav", sollte zunächst ein Film werden, eine Paraderolle für den gefeierten Schauspieler Emil Jannings. Allerdings sah sich Fallada außerstande, ein Exposé zu verfassen: "Ich kann nur erfinden, wenn ich schildern, wenn ich in die Breite gehen darf." Deshalb schrieb er einen umfangreichen Roman, den die Filmleute dann zum Drehbuch eindampfen sollten. Der Film mit Jannings wurde jedoch nie gedreht, obwohl Goebbels selbst noch Korrekturen von Fallada erzwungen hatte: einen Schluss, der auf eine Bekehrung der Hauptfiguren zum Nationalsozialismus hinauslief. So erschien "Der eiserne Gustav" 1938. Bereits in seinem Gefängnistagebuch von 1944 hat Fallada seinen Verdruss über den "nationalsozialistischen Schwanz" des Romans bekundet. Er wünschte sich eine Ausgabe ohne dieses Finale, zu der es zu seinen Lebzeiten - er starb 1947 - nicht mehr kam. Erst 1962 wurde der Roman in der DDR in neuer Form publiziert, nun ohne den "Nazi-Schwanz", allerdings wiederum mit ideologischen Beschädigungen. Der Herausgeber Günter Caspar kürzte auch zahlreiche weitere Passagen, die damals nicht mehr ins sozialistische Geschichtsbild passten.

Erst jetzt, im Zuge der internationalen Wiederentdeckung Falladas, ist der "Eiserne Gustav", so verspricht es der Verlag, "erstmals in der Originalfassung" zu lesen. Kein Zweifel: Die komplizierte Editionsgeschichte ist so spannend wie der Roman selbst, dessen rührselige Rühmann-Verfilmung aus dem Jahr 1958 lediglich auf fünfzig von knapp achthundert Seiten basierte. Bei der staunenden Lektüre erweist sich der Roman als großformatiges Krisenpanorama der Jahre zwischen 1914 und 1928.

Der Berliner Fuhrunternehmer Gustav Hackendahl ist ein Modernisierungsverlierer, doch in zehn Jahren werde niemand mehr von den "Benzinstinkern" reden, prophezeit der überzeugte Droschkenkutscher. Einerseits ist er mit seinem autoritären Charakter und seiner Vorliebe für militärische Strenge ein Geistesverwandter von Heinrich Manns Diederich Heßling aus "Der Untertan". Seine Kaisertreue führt ihn allerdings nicht herrlichen Zeiten entgegen, sondern in den Beinahe-Bankrott, weil er nach dem Kriegsausbruch seine dreißig Pferde weit unter Anschaffungspreis ans Militär verkaufen muss und später sein Vermögen in Kriegsanleihen verliert. Auf der anderen Seite ist Hackendahl eine viel sympathischere Gestalt als der unleidliche Opportunist Heßling. Anfangs mag er noch als Familienschreck erscheinen, der seinen Lieblingssohn Erich, nachdem der ihn bestohlen und eine Neigung zu teurer Vergnügungssucht offenbart hat, in einen Kellerverschlag sperrt. Später, je mehr ihm die Felle wegschwimmen, erweist er sich als formidabler Trotzkopf.

Doch der alte Hackendahl gibt sich weiter eisern, auch wenn dieses Eisen inzwischen ziemlich durchgerostet wirkt. Während der stolze Fuhrunternehmer sich 1914 noch um ein "frisiertes" Hochdeutsch bemühte, steigert sich der verarmte Droschkenkutscher der Nachkriegszeit immer mehr in seine chronisch beleidigt wirkende Berliner Mundart hinein, obwohl er doch ursprünglich ein Zugezogener aus Pasewalk ist: "Mit dem Balinern, det passt eben besser zu meine jeminderte Lebensumstände." Er stilisiert sich selbst zum Ur-Berliner Original, als das er schließlich auch seine legendäre Droschkenfahrt nach Paris unternimmt, bei der er von Hunderttausenden in den Städten unterwegs gefeiert wird. Die Fäden bei diesem Unternehmen zieht eine Boulevardzeitung, die das Ereignis, über das sie berichtet, selbst inszeniert - ein selbstreferentielles Medienspektakel.

"Der eiserne Gustav" ist ein bedeutender, reichhaltiger Zeitroman, beeindruckend vor allem durch Falladas Meisterschaft des lebensechten Dialogs. Aber ist er jetzt wirklich erstmals in der "Originalfassung" zu lesen? Der von Fallada (mit welch widerstreitenden Gefühlen auch immer) autorisierte Schluss von 1938 bleibt in der von der Germanistin Jenny Williams herausgegebenen Neuausgabe zum größeren Teil gestrichen - er hätte jedoch unbedingt in den Anhang gehört; soviel selbständiges Einschätzungsvermögen sollte man den Lesern zutrauen. Wieder eingefügt sind lediglich zwei politisch unverdächtige Abschnitte, die nun tatsächlich den denkbar überzeugendsten Abschluss des Romans bilden.

Ein noch größerer Gewinn ist, dass die in der DDR-Ausgabe von 1962 (und den ihr folgenden West-Ausgaben) unterdrückten Passagen nun wieder zu lesen sind. Günter Caspar sprach damals von der "Ausmerzung politischer Entgleisungen" und von Falladas "historischen Fehlurteilen". Das betraf Ausführungen über den "Schmach"-Frieden von 1918, über die fatalen Auswirkungen des Versailler Vertrags, über die Ruhr-Besetzung durch die Franzosen und die internationale Ächtung Deutschlands in den zwanziger Jahren. Der sozialistischen Korrektheit widersprachen Sätze über gewaltsame Ausschreitungen während der Novemberrevolution (die Matrosen würden "als Luderhaufen im Nazisinn" dargestellt, meinte Caspar) oder eine abschätzige Beurteilung Karl Liebknechts. Regelmäßig wurden auch Passagen gestrichen, in denen die bitteren Erfahrungen der Figuren symbolisch gleichgesetzt werden mit dem kollektiven Schicksal der Nation, die Fallada in Hass und "Bruderstreit" versinken sah. Caspar war der Auffassung, dass all diese Passagen der Vorbereitung des "Nazi-Schlusses" dienen würden. Ob sie von Fallada tatsächlich erst zu diesem Zweck später eingefügt wurden, lässt sich jedoch kaum erweisen; ein Originalmanuskript des Romans ist nicht erhalten.

Vor allem konnten die Säuberungen des Textes das ideologische Problem, das Caspar sah, nur oberflächlich beheben. Denn es gibt viele Szenen, die gut mit einem Schluss vereinbar sind, in dem die Figuren Rettung aus ihren sozialen Nöten beim aufsteigenden Nationalsozialismus suchen. Das ist aber nicht dem Opportunismus Falladas geschuldet, sondern seiner (schon vor 1933) überaus kritischen Darstellung der Weimarer Republik. Heinz, der jüngste Sohn des "eisernen Gustav" und der eigentliche Sympathieträger des Romans, absolviert eine Banklehre, wird entlassen, findet zwischenzeitlich noch einmal eine Stelle in einer kleinen Betrüger-Bank (eines von vielen furiosen Kapiteln), bis er demütigende Jahre als Dauerarbeitsloser durchstehen muss. Die Tochter Eva verfällt einem perfiden Zuhälter und versinkt in den Abgründen von Prostitution und Kriminalität, was bei aller kolportagehaften Melodramatik von Fallada mit fiebriger Intensität und einer tiefen Vertrautheit mit Situationen der Hörigkeit geschildert wird. Der hedonistische Erich verkehrt im Milieu der Schieber und Inflationsgewinnler, bevor er bei Spekulationen auf die sinkende Mark seine Millionen auf einen Schlag wieder verliert.

Zweifellos war Falladas düstere Darstellung der zwanziger Jahre kompatibel mit manchen nationalsozialistischen Narrativen, wozu auch gehört, dass er Börsenhändler in Amsterdam Jiddisch sprechen lässt. Andere Aspekte des Romans liegen wiederum völlig quer zum nationalsozialistischen Menschenbild, vor allem seine imponierendste weibliche Gestalt, Ottos Gefährtin Tutti, bei der sich der Körpermakel mit außergewöhnlicher Charakterstärke verbindet. Ideologie und Politik sind Falladas Erzählkunst letztlich äußerlich; entscheidend ist sein phänomenales literarisches Einfühlungsvermögen. Er ist ein Menschenkenner, Menschenversteher allerersten Ranges. Und das zeigt "Der eiserne Gustav" in beeindruckender Fülle.

WOLFGANG SCHNEIDER

Hans Fallada: "Der eiserne Gustav". Roman.

Hrsg. und mit einem Nachwort von Jenny Williams. Aufbau Verlag, Berlin 2019. 831 S., geb., 26,- [Euro].

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