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Ben wohnt bei seiner Tante in einem Dorf in Mecklenburg. Er will weg, wie alle anderen, denn hier ist nichts los. Doch plötzlich kommt Leben ins Dorf: Zwei Familien ziehen ins alte Gutshaus und richten es her. Sie haben altdeutsche Namen, bringen einen neuen Gemeinschaftssinn in den Ort und nehmen Ben herzlich auf. Ben ist fasziniert von Reinhold, dem Anführer, und will ihm imponieren. Also schließt er sich den Zwillingen Konrad und Gunter an, streift mit ihnen durch die Gegend und verbringt seine Freizeit mit Schießübungen und konspirativen Treffen. Als sie einen Anschlag planen, wird Ben…mehr

Produktbeschreibung
Ben wohnt bei seiner Tante in einem Dorf in Mecklenburg. Er will weg, wie alle anderen, denn hier ist nichts los. Doch plötzlich kommt Leben ins Dorf: Zwei Familien ziehen ins alte Gutshaus und richten es her. Sie haben altdeutsche Namen, bringen einen neuen Gemeinschaftssinn in den Ort und nehmen Ben herzlich auf. Ben ist fasziniert von Reinhold, dem Anführer, und will ihm imponieren. Also schließt er sich den Zwillingen Konrad und Gunter an, streift mit ihnen durch die Gegend und verbringt seine Freizeit mit Schießübungen und konspirativen Treffen. Als sie einen Anschlag planen, wird Ben stutzig ... Ein Roman, der mitreißend erzählt, wie ein Dorf mit rechtem Gedankengut infiltriert wird und was passiert, wenn völkische Parolen auf Perspektivlosigkeit treffen.
Autorenporträt
Daniel Höra, geboren in Hannover, war Möbelpacker, Altenpfleger, Taxifahrer und TV-Redakteur. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Berlin. 2009 erschien bei Bloomsbury K&J der von der Presse hoch gelobte Jugendroman Gedisst, 2011 der dystopische Roman Das Ende der Welt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2012

Braune Gefahr
Rechtsradikale bringen ein kleines mecklenburgisches Dorf unter ihre Kontrolle
VON RALF HUSEMANN
Das Böse ist nicht nur banal, manchmal kommt es auch schleichend auf Samtpfötchen daher. Und wenn es schließlich erkannt wird, dann ist es schon zu spät: In ein trostloses Nest in Mecklenburg ziehen eines Tages sechs ungewöhnliche Leute, ein Ehepaar mit seiner 15-jährigen Tochter und ein Mann mit zwei Söhnen, 17-jährigen Zwillingen. Von da an ist nichts mehr so, wie es eben noch war. Binnen kürzester Zeit haben sie das ganze Dorf umgekrempelt und die resignierten Einwohner, die sie anfangs noch mit Skepsis betrachtet haben, auf ihre Seite gebracht. Warum auch nicht? Denn plötzlich haben alle wieder Hoffnung. Verließen sie eben kaum noch ihre Häuser, entwickeln sie nun ein „Gemeinschaftsgefühl“, sie entdecken ihre Nachbarn neu, gründen eine Volkstanzgruppe, renovieren ein verlassenes, heruntergekommenes Haus zur „Begegnungsstätte für Jung und Alt“ und interessieren sich für ungewöhnliche Themen wie Kräutermedizin und alte vergessene Handarbeitstechniken.
  Dass die Zugereisten ein bisschen altmodisch wirken und seltsame Dinge sagen, „Unnatürliches und Artfremdes“ bekämpfen möchten, davon überzeugt sind, dass die anderen Länder und auch die EU „Deutschland schädigen“ möchten und ohnehin „bald alles zusammenbrechen“ werde, wird von den Dörflern so hingenommen. Die Neuen seien doch immer noch besser, „als wenn Ausländer kommen oder Drogensüchtige“, meinen auch Tante Jeske und Onkel Rolf, die wie viele andere auch davon überzeugt sind, dass „Deutschland immer für die anderen bezahlen“ müsse.
  Die beiden haben den jetzt 15-jährigen Benjamin, den Ich-Erzähler dieses auf seinen 300 Seiten immer unheimlicher werdenden Romans, bei sich aufgenommen, als dessen Eltern vor Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. In der neuen Gruppe der Zugereisten, vor allem in dem dominanten, aber immer sehr freundlichen Ehepaar Reinhold und Uta sieht Ben schnell eine Ersatzfamilie, mit der es seine langweiligen und meist unfreundlichen Verwandten nicht annähernd aufnehmen können. Hinzu kommt, dass die hübsche 15-jährige Tochter Freya ein Auge auf ihn geworfen hat und die Zwillinge sich immer neue spannende Abenteuer ausdenken.
  Erst allmählich irritiert es Ben, wie brutal die beiden auch sein können, wie sie grundlos einen Skater zusammenschlagen und mit ihm selbst makabre Spiele machen. Schließlich eskaliert das Ganze immer mehr, zwei polnische Studenten werden überfallen und mit dem Tod bedroht, irgendwann kommt es sogar zu einem Mord, und schließlich muss auch Ben um sein Leben fürchten. Doch dann hat jäh der Spuk ein Ende, die Polizei greift ein.
  Daniel Höras Roman ist harte Kost, er spiegelt aber realistisch die Wirklichkeit in manchen ostdeutschen Kommunen, in denen Rechtsradikale und bekennende Nazis wie selbstverständlich zum Alltag gehören, Vereine und Jugendhäuser dominieren und auch als „Volksvertreter“ in vielen Gemeinden und Kreisen und sogar in Landtagen auftauchen. Nach einer jüngsten Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung hat sich die Anzahl der Menschen mit einem rechtsradikalen Weltbild im Osten Deutschlands von 2006 bis heute von 6,6 auf 15,8 Prozent erhöht (im Westen sank die Zahl im selben Zeitraum von 9,1 auf 7,6 Prozent). Insofern ist es verdienstvoll, wie Höra zeigt, mit welchen raffinierten Methoden inzwischen Rechtsextremisten heute vorgehen und schon längst nicht mehr nur als biersaufende Skinheads auftreten.
  Sicher, manches ist dem Erzähler etwas holzschnittartig geraten, aber gerade Jugendliche, die sich bislang noch nicht intensiv mit politischen und gesellschaftlichen Fragen befasst haben, werden hier ohne pädagogischem Zeigefinger aufgeklärt. Schnörkellos, manchmal erschreckend, aber nie langweilig. Und das ist ja schon eine Menge. (ab 13 Jahre und junge Erwachsene)
DANIEL HÖRA: Braune Erde. Bloomsbury 2012. 300 Seiten, 8,99 Euro.
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