Der dritte Band über die archäologischen Untersuchungen am Kloster Lorsch dokumentiert schwerpunktmäßig die Ausgrabungen um die Torhalle, die in den Jahren 2015/16 durchgeführt wurden. In diesen Jahren wurde im Rahmen der Umgestaltung des Benediktinerplatzes eine ausgedehntere Grabungskampagne
durchgeführt, die u. a. zum Ziel hatte, die unvollständigen und teilweise auch fehlenden…mehrDer dritte Band über die archäologischen Untersuchungen am Kloster Lorsch dokumentiert schwerpunktmäßig die Ausgrabungen um die Torhalle, die in den Jahren 2015/16 durchgeführt wurden. In diesen Jahren wurde im Rahmen der Umgestaltung des Benediktinerplatzes eine ausgedehntere Grabungskampagne durchgeführt, die u. a. zum Ziel hatte, die unvollständigen und teilweise auch fehlenden Bestandserhebungen früherer Grabungen zu ergänzen oder überhaupt erst interpretierbar zu machen.
Noch bis in die Achtzigerjahre des 20. Jahrhunderts wurden auf dem Klostergelände mit aus heutiger Sicht unfassbarer Ignoranz großflächige Baumaßnahmen ohne archäologische Begleitung unternommen, dabei ist die historische Bedeutung Lorschs spätestens seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Durch unsachgemäße Arbeiten wurden viele Befunde unwiederbringlich zerstört, neben den Problemen, die sich aus lückenhaften oder fehlerhaften Dokumentationen ergeben. Bis zu den Nachgrabungen 2015/16 wurden daher Behns Rekonstruktionen der Klosteranlage „Allgemeingut“, die nach den heutigen Erkenntnissen in wesentlichen Aspekten falsch und nicht durch Befunde gesichert waren. Insbesondere die Vorstellungen zu den Begleitstrukturen der Torhalle, dem angenommenen „Westtor“ und des Atriums, sowie deren Datierung mussten revidiert werden. Neben den Grabungen im Bereich der Torhalle wurde eine weitere Nachgrabung am Kirchenfragment durchgeführt.
Betrachtet man die Detailarbeit der Grabungsdokumentation, die oft komplizierte Störungen durch vorangegangene Grabungen und Erdarbeiten ausweist, ist es erstaunlich, in welcher Geschwindigkeit der Bericht publiziert werden konnte. Sechs Jahre mögen lange erscheinen, aber es sind buchstäblich Zigtausend Einzeldaten eingeflossen, die mustergültig aufgearbeitet und visualisiert wurden. Detaillierte Umzeichnungen von Profilen, zahlreiche Grabungsfotos, Einzelfundverzeichnisse, chronologische Befundkataloge, sowie interpretierende Begleittexte geben ein präzises Bild, das bei auch zukünftigen Generationen keine Fragen offenlassen wird.
Die von den Lesern schon länger erwarteten Gesamtpläne mit den detaillierten Rekonstruktionen von Bau- und Nutzungsstrukturen sind nun endlich verfügbar und konnten in bemerkenswerter chronologischer Auflösung dargestellt werden. Sie reichen von vorklösterlichen Befunden und Funden aus der Römerzeit, über die klösterliche Nutzungsdauer vom 8. Jahrhundert bis ins Spätmittelalter und weiter über die nachklösterliche Nutzungsperiode bis ins 18. Jahrhundert. Viele offene Fragen konnten geklärt werden, wenn auch nicht alle. So ist die These Behns vom „jüngeren Atrium“ zwar vom Tisch, die tatsächliche Gestaltung zwischen Torhalle und Klosterkirche ist aber im Detail immer noch nicht eindeutig bestimmbar. Da zerstörende Eingriffe in das Bodendenkmal nur dann zu rechtfertigen sind, wenn unumgängliche Baumaßnahmen anstehen, werden die Befunderhebungen auch in Zukunft nur punktuell bleiben, aber mit jeder gut dokumentierten Grabung werden weitere Elemente dem Puzzle hinzugefügt. Mit dem dritten und letzten Band der Grabungskampagne 2010-16 ist diese Aufgabe aus heutiger Sicht mustergültig gelöst worden.