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Kapka Kassabova folgt am Ohridsee den Spuren ihrer Familie. Wie in "Die letzte Grenze" reist sie in ihrem neuen Buch auf den Weg in den Osten und in ihre eigene Vergangenheit.
Fischer, Hausierer, Witwen, Waisen - Opfer, Täter und jene, denen es gelungen ist, sich aus den Verstrickungen zu befreien. Wie in einem Brennglas werden die Konflikte und Tragödien von Nationalstaaten in jenem Winkel Europas sichtbar, in den uns Kapka Kassabova führt: das zwischen Nordmazedonien, Albanien und Griechenland aufgeteilte Gebiet um den Ohrid- und Prespasee. Es ist verbunden mit ihrer eigenen…mehr

Produktbeschreibung
Kapka Kassabova folgt am Ohridsee den Spuren ihrer Familie. Wie in "Die letzte Grenze" reist sie in ihrem neuen Buch auf den Weg in den Osten und in ihre eigene Vergangenheit.

Fischer, Hausierer, Witwen, Waisen - Opfer, Täter und jene, denen es gelungen ist, sich aus den Verstrickungen zu befreien. Wie in einem Brennglas werden die Konflikte und Tragödien von Nationalstaaten in jenem Winkel Europas sichtbar, in den uns Kapka Kassabova führt: das zwischen Nordmazedonien, Albanien und Griechenland aufgeteilte Gebiet um den Ohrid- und Prespasee. Es ist verbunden mit ihrer eigenen Familiengeschichte, und so wird aus der Erkundung einer wunderschönen Gegend, ihrer Historie und politischen Verwerfungen eine Reise in die eigene Vergangenheit. Kassabova versteht es, die Zusammenhänge zwischen Topografie und Biografie bloßzulegen und Menschen zum Erzählen zu bringen, deren Schicksale die Zerrissenheit der Jahrhunderte spiegeln.
Autorenporträt
Kapka Kassabova wurde 1973 in Sofia geboren und lebt heute in den schottischen Highlands. Sie schreibt unter anderen für The Sunday Times, The Guardian und Vogue. Für Die letzte Grenze (Zsolnay 2018) wurde sie mit dem Nayef Al-Rodhan Prize der British Academy ausgezeichnet. Zuletzt erschien bei Zsolnay Am See. Reise zu meinen Vorfahren in Krieg und Frieden (2021). 
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.04.2021

REISEBUCH
Aus Prinzip pragmatisch
Kapka Kassabova reist an die beiden ältesten Seen Europas. Und stößt dort, auf dem südlichen Balkan, auf eine ganze Reihe untergründiger Strömungen
Wenn man mit dem Flugzeug anreist und aus dem Himmel hinunter auf diese beiden Seen blickt, so schreibt die Autorin Kapka Kassabova in ihrem Buch „Am See“, dann würden sie wie die Augen in einem uralten Gesicht wirken. Der Ohrid- und der Prespasee sind die beiden ältesten Seen Europas. Sie haben die gewöhnliche Lebenszeit, nach der jedes stehende Gewässer irgendwann versandet, bereits um ein Vielfaches überschritten, existieren seit mutmaßlich einer Million Jahren. Vielleicht sind es sogar bereits drei Millionen.
Gespeist werden sie von einigen Zuflüssen, aber auch von Unterwasserquellen, zudem gibt es unterirdische Flüsse, die den Prespa- mit dem Ohridsee verbinden. Ein sich fortwährend erneuerndes System, stets in Bewegung und schwer zu durchschauen. Kassabova erscheinen die Seen dadurch als Symbol für die gesamte Region, die sie weitaus stärker prägen als bloß landschaftlich: Es gebe hier im Südbalkan auch in der Gesellschaft – oder soll man in der Mehrzahl von Gesellschaften sprechen? – untergründige Strömungen, „ein kompliziertes Gewebe der Zivilisationen, aus dem Einheimische verschiedene und manchmal widersprüchliche Versionen der Wirklichkeit herauslesen“.
Und die Fremden erst? Kapka Kassabova ist beides: Einheimische und Fremde. Ihre Familie hat an jenem Ufer des Ohridsees gelebt, der heute zur Republik Nordmazedonien zählt. Der südwestliche Teil liegt in Albanien, genauso wie beim Prespasee, der jedoch noch einen dritten Anrainer hat: Griechenland. Lange Zeit gehörte die Region zum Osmanischen Reich, danach wechselte beispielsweise die Stadt Ohrid viermal den Besitzer. Sie wurde von Serbien und Bulgarien beansprucht und auch annektiert, war Verhandlungsmasse in den Friedensverhandlungen nach den Weltkriegen. Die Großeltern Kassabovas sind in den Achtzigerjahren nach Sofia übersiedelt, in die Hauptstadt Bulgariens, waren nur noch gelegentlich in der Stadt Ohrid – Kindheitserinnerungen der Enkelin. Und Kassabovas Eltern wanderten schließlich mit der halbwüchsigen Kapka nach Neuseeland aus. Als Erwachsene zog die Autorin ihrerseits nach Schottland. „Wem gehörst du an?“, das ist die gängige Floskel, wenn Menschen aus dem Südbalkan miteinander ins Gespräch kommen – so schildert es Kassabova. Um herauszufinden, ob sie gemeinsame Bekannte haben, vielleicht sogar miteinander verwandt sind. An Großmutter Anastassia erinnern sich viele noch.
So ist Kapka Kassabova schnell mittendrin, in den Geschichten, in der Historie. Das Private vermischt sich mit dem Politischen, die Wirklichkeit mit dem Wünschenswerten. Wieder ist Kassabova in einer Grenzregion unterwegs, in der die Grenzen sich über die Jahrhunderte als volatil erwiesen haben. Für ihr Reisebuch Die letzte Grenze“ war sie in Thrakien unterwegs, wo Bulgarien, Griechenland und die Türkei aufeinandertreffen. Nun bewegt sie sich wenige hundert Kilometer weiter im Westen, durch eine Region, mit der sie noch mehr verbindet als Thrakien.
Es gibt auch hier eine Gleichzeitigkeit von scharfen Trennungen und einer erstaunlichen Vermischung. So existieren teilweise noch heute offenbar sehr genaue Vorstellungen darüber, wer sich mit wem blicken lassen, wer sich mit wem einlassen darf. Eine falsche Heirat, und ein soziales Gefüge geht darüber zu Bruch. Andererseits erscheint es nicht als Problem, dass ein türkischstämmiger Muslim die Touristenführung durch Kirchen unternimmt. Eine Kirche, die irgendwann einmal Moschee werden sollte, als solche aber nie akzeptiert worden ist von den Muslimen. Sie haben im 17. Jahrhundert stattdessen Christen für kleine Münze in das Gotteshaus eingelassen, damit die weiterhin dort beten konnten.
Solche Szenen schildert Kassabova des öfteren: Es gibt starre Prinzipien. Und zugleich eine Menge Pragmatismus. Die Bewohner rund um den Ohrid-und den Prespasee waren immer wieder gezwungen, zu improvisieren, sich anzupassen. Sie kennt das aus der eigenen Familie, die eine prominente Rolle einnimmt.
Dennoch ist „Am See“ weniger eine Familiengeschichte denn ein Reisebuch. Einen unmittelbaren touristischen Nutzwert hat es nicht. Es lässt das Fremde erst einmal fremd bleiben, lässt Fragen offen und Widersprüche stehen. Mit einfachen Erklärungen gibt Kapka Kassabova sich nicht zufrieden. Weil solche nicht wirklich etwas erklären würden.
Von woher auch immer man sich den Zwillingsseen nähere, schreibt Kassabova in der Einleitung: Sie würden sich nicht nahe zu irgendetwas anfühlen – nicht einmal zueinander. Wer der Autorin in das anregende Gewirr ihrer Geschichten folgt, bekommt allmählich jedoch ein Gefühl für diese offensichtlich ganz eigene Region. Der die Autorin den immensen Gefallen tut, sie nicht zu verklären
.
STEFAN FISCHER
Kapka Kassabova: Am See. Reise zu meinen Vorfahren in Krieg und Frieden.
Aus dem Englischen von
Brigitte Hilzensauer.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2021. 416 Seiten, 26 Euro.

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.10.2021

Spurensuche in der Erinnerung

Vor vier Jahren hat Kapka Kassabova ihr Buch "Die letzte Grenze" veröffentlicht - eine großartige Hommage an ein vergessenes Stück Erde zwischen Bulgarien, Griechenland und der Türkei und zugleich eine tief empfundene Suche nach der eigenen Kindheit. Mit diesem Werk "Am See" hat sie ihr Thema fortgeschrieben. Wieder betritt sie mit der Gegend um den Ohrid- und den Prespa-See - "wie Augen in einem uralten Gesicht" - eine Region am Rand der lauten Welt, von wilder Schönheit, voller Naturwunder, seltsamer Begegnungen und tragischer historischer Beziehungen, die sich fast unentwirrbar wie ein Knäuel aus tausend Fäden verknüpfen. Hier, wo sich Albanien, die junge Republik Nordmazedonien und Griechenland berühren, macht die Autorin exemplarisch deutlich, dass es noch viel Zeit braucht, die Idee vom vereinten Europa zu vollenden. Zugleich verbindet sie dieses politische Statement mit ihrer Familiengeschichte durch die fast traumatische Suche nach ihrer Herkunft und den Erinnerungen an eine verschwommenen Vergangenheit. Dies geschieht mit einer schönen poetischen Sprache. und wenn auch "Am See" nicht die Dichte des Erstlingswerks erreicht, ist unnachahmlich wie Kapka Kassabova immer wieder mit einem einzigen Satz komplexe Bilder schaffen kann, etwa diesem: "Es war Anfang September, als ich wiederkam, und der Geruch gebratener Auberginen versüßte die Luft." tg

"Am See - Reise zu meinen Vorfahren in Krieg und Frieden" von Kapka Kassabova. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2021. 432 Seiten. Gebunden, 26 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Kapka Kassabova hat eine faszinierende Gabe, die verworrene Geschichte einer Region, die ihr zudem verwandtschaftlich so nahesteht, in einem fesselnden Kaleidoskop von Reiseeindrücken, Gesprächen mit Menschen vom See und autobiographischen Reminiszenzen und familiengeschichtlichen Rückblicken für den Leser erlebbar zu machen." Oliver vom Hove, Wiener Zeitung, 30.04.21

"Es sind die Begegnungen mit Verwandten und Zufallsbekanntschaften, die kleinen Erlebnisse vor dem Wissen um die Weltgeschichte,
die dieses Buch einer Reise so lesenswert machen." Karin Waldner-Petutschnig, Kleine Zeitung, 10.04.21

"Man kann sich keine mitreißendere Gefährtin vorstellen." Die Welt am Sonntag, 21.02.21

"Am See ist Reisereportage, autobiografische Spurensuche und das Psychogramm einer politisch und historisch aufgeladenen Region und seiner Bewohner." Nadine Kreuzahler, rbb Kultur, 21.02.21