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Wir müssen anders über Geld und Wirtschaft sprechen, wenn wir zu einem gerechteren Miteinander gelangen wollen: Der Literaturwissenschaftler Simon Sahner und der Ökonom Daniel Stähr gehen der Sprache des Kapitalismus auf den Grund.
Preise steigen nicht von alleine. Es gibt jemanden, der sie erhöht. Das zu verstehen, ist entscheidend. Sprache schafft Realitäten und festigt Machtstrukturen. Das gilt nicht nur für Diskriminierungsformen wie Rassismus oder Sexismus, sondern auch für unser Wirtschaftssystem, den Kapitalismus. Wenn Ökonomen, Unternehmen und die Politik Finanzkrisen als Tsunamis…mehr

Produktbeschreibung
Wir müssen anders über Geld und Wirtschaft sprechen, wenn wir zu einem gerechteren Miteinander gelangen wollen: Der Literaturwissenschaftler Simon Sahner und der Ökonom Daniel Stähr gehen der Sprache des Kapitalismus auf den Grund.

Preise steigen nicht von alleine. Es gibt jemanden, der sie erhöht. Das zu verstehen, ist entscheidend. Sprache schafft Realitäten und festigt Machtstrukturen. Das gilt nicht nur für Diskriminierungsformen wie Rassismus oder Sexismus, sondern auch für unser Wirtschaftssystem, den Kapitalismus. Wenn Ökonomen, Unternehmen und die Politik Finanzkrisen als Tsunamis und Stürme bezeichnen, suggerieren sie ihre und unsere Machtlosigkeit. Es gibt aber Akteure im kapitalistischen System und es gibt Möglichkeiten, auf andere Weise über Geld und Wirtschaft zu sprechen und davon zu erzählen.

Anhand von zahlreichen Metaphern und Sprachbildern, einschlägigen Beispielen aus Film und Literatur sowie den Selbsterzählungen von Unternehmern wie Steve Jobs oder Elon Musk analysieren Simon Sahner und Daniel Stähr die Sprache des Kapitalismus und seine Geschichten. Was steckt hinter Begriffen wie »Rettungsschirm«, »Gratismentalität« und »too big to fail«? Wieso erfreut sich die Figur des »Unternehmergenies« so großer Beliebtheit? Und: Wie können wir neue Narrative schaffen, um uns aus der scheinbaren kapitalistischen Alternativlosigkeit zu befreien und Veränderungsmöglichkeiten aufzuzeigen?

Autorenporträt
Simon Sahner, geboren 1989, ist freier Autor, Literatur- und Kulturwissenschaftler und Mitherausgeber des feuilletonistischen Online-Magazins '54books'. 2023 erschien sein Buch 'Beim Lösen der Knoten - Nachdenken über Krebs'. Simon Sahner lebt in Freiburg.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Helmut Mauró macht eine Reihe von Einwänden gegen Simon Sahners und Daniel Stährs Buch über Sprache und Kapitalismus geltend. Dessen Ausgangsthese, dass sprachliche Formeln wie etwa die "Technologieoffenheit" oder "Growing Green" die kapitalistischen Mechanismen hinter vermeintlich ökologischer Politik verschleiern, ist durchaus nachvollziehbar, meint Mauró. Wenn die Autoren allerdings behaupten, dass wissenschaftliche Innovationen menschheitshistorisch fast stets Regierungs- und nicht Markthandeln entspringen, meldet der Rezensent mit Blick etwa auf Galilei Zweifel an. Das größere Problem besteht laut Mauró freilich darin, dass Sahner und Stähr Sprache nicht beschreiben, sondern verändern wollen - und dabei die Sympathien ihrer Leser für ihr klar links kodiertes Projekt bereits voraussetzen. Selbst wer grundsätzlich ähnlicher Meinung ist wie Sahner und Stähr fühlt sich bei der Lektüre von der ideologischen Argumentation gegängelt, schließt der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2024

Sägen an
den Säulen
des Systems
Ein anderes Sprechen
über ökonomische
Zusammenhänge führt
zu mehr Gerechtigkeit,
glauben Simon Sahner und
Daniel Stähr. Wirklich?
Der Titel macht neugierig, erinnert an Victor Klemperers „Lingua tertii imperii“ – Die Sprache des Dritten Reiches. Anders als Klemperer geht es dem Kulturwissenschaftler Simon Sahner und dem Ökonomen Daniel Stähr in ihrem Buch „Die Sprache des Kapitalismus“ allerdings weniger um Begriffe, die man dem kapitalistischen Wirtschaftssystem recht eindeutig zuordnen könnte, sondern mehr um Sprachbilder, um Metaphern und Bildnarrative und deren ideologischen Gehalt. Wie bei rassistischen Strukturen und beim Blick auf das Patriarchat müsse die Frage gestellt werden, wem Sprache diene und welche Ideologien sich hinter ihr verbergen. Aber was zeichnet die kapitalistische Sprache in den Augen von Sahner und Stähr nun aus?
Die Sprache des Kapitalismus ist für sie im Grunde eine einzige Verschleierungstaktik, mit der Unternehmen ihre moralisch fragwürdigen Handlungsweisen schönreden, umdeuten oder gleich ins glatte Gegenteil verkehren. So gehöre es etwa „zum guten Ton und zur Marketingstrategie großer Unternehmen und wirtschaftsfreundlicher Politiker*innen, sich selbst als führende Klimaschützer*innen zu inszenieren“. Der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn habe etwa die CDU zur wahren Klimaschutzpartei erklärt und die SPD ihren Kandidaten mit dem Slogan „Kanzler für den Klimaschutz“ beworben. Finanzminister Lindner spreche von Technologieoffenheit, mit der der Klimaschutz angegangen werden müsse, und „RWE ernennt sich mit dem Buzzword ‚Growing Green‘ zum ‚weltweit führenden Anbieter im Bereich Erneuerbare Energien‘“.
Die Frage, die sich hier sofort stellt, ist natürlich: Ist das ein zweckdienlicher Missbrauch von Sprache? Ja, sagen die Autoren, denn: „Was hier wirkt, ist vor allem Sprache, und das in erster Linie als grüne Kulisse, hinter der weiterhin das Streben nach Profiten und Wachstum lauert.“ Der Begriff der „Technologieoffenheit“ solle wiederum suggerieren, „dass stetes ökonomisches Wachstum und die scheinbar grenzenlose Innovationskraft des Kapitalismus die eigentlichen Antriebskräfte des Klimaschutzes sein könnten“. So spannten vor allem liberale Sprecher „sprachlich-assoziative Netze“ und erweckten den Eindruck, dass sich „die größten Herausforderungen der Menschheit von alleine auflösen, wenn die Politik die Märkte nur machen lässt und sich mit Vorschriften und Richtlinien möglichst zurückhält“. Das ist pointiert formuliert, aber sicher nicht falsch. Die anschließende Behauptung der Autoren zur Untermauerung ihres Verdachtes gegen die FDP ist allerdings viel zu pauschal und so ihrerseits nicht frei von (linker) Ideologie: „Dass sich die größten Innovationen der Menschheitsgeschichte allerdings zuverlässig aus staatlich finanzierter Forschung ergeben und politische Institutionen als aktiv handelnde Akteure benötigen, wird so verschleiert.“
Das gilt sicherlich für viele Erfindungen gerade in jüngerer Vergangenheit (man denke an die Atombombe oder Impfstoffe), aber weder das Rad noch das Teleskop, das am Ende unser Weltbild grundlegend veränderte, haben von staatlicher Unterstützung und Politikern profitiert. Oft ist – wie im Falle von Galilei etwa – das Gegenteil der Fall.
Problematischer ist eine andere zentrale Botschaft von Sahner und Stähr: „Sprache, die nicht hinterfragt, analysiert und verändert wird, stabilisiert Systeme, die oft wenigen Menschen sehr viele Vorteile und vielen Menschen noch mehr Nachteile bringen. Das gilt auch für die Sprache des Kapitalismus.“ Hinterfragen und analysieren ist nötig, keine Frage. Worüber man stolpern kann und als Demokrat stolpern muss, ist die Formulierung, dass Sprache verändert werden müsse. Während man im Zuge moderner Sprachforschung noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts der Ansicht war, Sprache müsse geschützt und allgemeine Regeln quasi gesetzesmäßig installiert werden, hat die neuere Linguistik dieser autoritären Haltung längst abgeschworen. Sie beschränkt sich seither darauf, Veränderungen der Sprache zu beschreiben, die von den Sprechenden verursacht sind.
Sahner und Stähr stellen dagegen schon auf Seite 15 klar, dass sie mit einer eigenen Sprache nicht nur der Sprache des Kapitalismus, sondern dem Wirtschaftssystem selber an den Kragen wollen: „Wir wollen zeigen, wie man das Sprechen über Kapitalismus verändern kann, und so an einer Säule des Systems Kapitalismus sägen.“ Denn ein anderes Sprechen über ökonomische Zusammenhänge sei nicht nur möglich, sondern könne auch ein anderes und gerechteres Zusammenleben bewirken.
Das ist sicherlich richtig, wie etwa der aktuelle politische Sprachgebrauch in der Beschreibung von Flüchtlingsbewegungen oder Klimaveränderungen zeigt, die als freundliche Zuwanderung oder gefährliche Flüchtlingswellen auftauchen, als naturgegebener Klimawandel oder unmittelbar bevorstehende Klimakatastrophe. Auf dieser Ebene liegt auch das große Problem des Buches: Es ist weit mehr als nur Sprachkritik. Es ist eine Kampfschrift im Schafspelz einer Analyse, die bereits die politische Übereinstimmung mit den Autoren voraussetzt. Und selbst wenn das zu großen Teilen der Fall ist: Man fühlt sich bei der Lektüre dauernd bevormundet, oder jedenfalls nicht zu selbständigem Denken angeregt. Dies aber wäre der Sinn einer sauberen Sprachanalyse.
HELMUT MAURÓ
Das ist eine Kampfschrift
im Schafspelz
einer Analyse
Simon Sahner, Daniel Stähr: Die Sprache des Kapitalismus. S. Fischer, Frankfurt am Main 2024. 304 Seiten, 24 Euro.
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