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Ohne Haar und ohne Namen - Helm, Sarah
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Konzentrationslager Ravensbrück, ein Lager speziell für Frauen, war das Ziel der rund 800 Frauen, die an einem sonnigen Morgen im Mai 1939 durch einen Wald 90 Kilometer nördlich von Berlin marschierten. So erzählt es das Buch der Journalistin Sarah Helm, mit dem sie den Opfern von Ravensbrück ein Denkmal setzt. Hausfrauen, Ärztinnen, Politikerinnen, Prostituierte, beschreibt sie weiter, wurden dicht zusammengedrängt durch riesige Tore getrieben, während die Wärterinnen sie traten und schlugen. Doch das war nur der Beginn ihres Martyriums und viele weitere Frauen sollten ihnen folgen. Darunter…mehr

Produktbeschreibung
Konzentrationslager Ravensbrück, ein Lager speziell für Frauen, war das Ziel der rund 800 Frauen, die an einem sonnigen Morgen im Mai 1939 durch einen Wald 90 Kilometer nördlich von Berlin marschierten. So erzählt es das Buch der Journalistin Sarah Helm, mit dem sie den Opfern von Ravensbrück ein Denkmal setzt. Hausfrauen, Ärztinnen, Politikerinnen, Prostituierte, beschreibt sie weiter, wurden dicht zusammengedrängt durch riesige Tore getrieben, während die Wärterinnen sie traten und schlugen. Doch das war nur der Beginn ihres Martyriums und viele weitere Frauen sollten ihnen folgen. Darunter auch die Schriftstellerin Margarete Buber-Neumann, Kafkas Freundin Milena Jesenská oder die Widerstandskämpferin Olga Benario. Sarah Helm gelang es, einige der heute noch lebenden Frauen dazu zu bringen, über das Unerhörte zu reden. Und so erzählt sie die grauenvolle Geschichte der Inhaftierten, aber auch die Geschichte der Frauen, die andere Frauen bewachten, erniedrigten, misshandelten und töteten. Für ihre aufrüttelnde Arbeit erhielt die Autorin den Longman-History Today Prize 2016.
Autorenporträt
Sarah Helm arbeitet als Journalistin und Autorin in London. Zuletzt erschien von ihr die Geschichte der britischen Agentin Vera Atkin im Zweiten Weltkrieg (¿Life in Secrets¿).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ludger Heid ist erschüttert angesichts der Geschichte des Frauen-KZs Ravensbrück, die Sarah Helm in ihrem Buch erzählt. Dass die Historikerin nicht im wissenschaftlichen Stil vorgeht, sondern die laut Heid in der Forschung marginalisierten Verbrechen in Ravensbrück, Gräuel und Tod, aber auch Hoffnung, Zuversicht, Würde und Hilfsbereitschaft umfassend und mittels Fakten und in Gesprächen eruierten persönlichen Schicksalen als kollektive Biografie darstellt, scheint ihm angemessen. Das so entstehende Bild des Lagerlebens, das für bis zu 50.000 Frauen den gewaltsamen Tod bedeutete, hat er noch nicht gesehen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.02.2016

Ein dunkles Panorama aus Erinnerungsfragmenten
Sarah Helms Darstellung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück lässt viele Zeuginnen zu Wort kommen, geht aber mit Fakten unvorsichtig um

Es erfreut zunächst, dass eine englische Journalistin eine achthundert Seiten umfassende Darstellung des nationalsozialistischen Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück publiziert. Im Original vor einem Jahr erschienen, liegt Sarah Helms Buch nun zudem in deutscher Übersetzung vor. "Am wichtigsten für dieses Buch sollten die Stimmen der Gefangenen selbst werden, sie wurden mein Leitfaden für das, was wirklich geschah", schreibt die Autorin in ihrem Prolog, und in der Tat präsentiert sie eine große Zahl von Stimmen ehemaliger Häftlingsfrauen.

Trotzdem beschleicht einen bereits bei der Lektüre des Prologs Unbehagen angesichts der Diskreditierung der bisher geleisteten Aufarbeitung der Geschichte des KZ Ravensbrück. So heißt es fälschlicherweise, dass zu Zeiten der DDR "westliche Überlebende, Historiker und Journalisten nicht einmal mehr in die Nähe des Ortes (kamen)" und "Mainstreamhistoriker - fast immer Männer" fast gar nichts über Ravensbrück geschrieben hätten.

Nun war aber - wie die beiden anderen großen DDR-Mahn- und Gedenkstätten Buchenwald und Sachsenhausen - nach dem Verschwinden der DDR im Jahr 1989 auch das ehemalige KZ Ravensbrück Gegenstand eines breiten öffentlichen Diskurses in der Bundesrepublik. Im Laufe des seither vergangenen Vierteljahrhunderts erschienen zu Ravensbrück eine Vielzahl von Publikationen - von weiblichen wie von männlichen Autoren - Erinnerungsberichte ebenso wie historische Studien. Darüber hinaus wurden für alle drei Gedenkorte neue Konzeptionen erarbeitet und umgesetzt. Die ehemaligen Lagergelände wurden umgestaltet, neue Dokumentarausstellungen wurden geschaffen, pädagogische Abteilungen zur Vermittlung der Geschichte an Jugendliche eingerichtet. Inzwischen ist die KZ-Gedenkstätte Ravensbrück mit anderen einschlägigen Institutionen im In- und Ausland gut vernetzt.

Die Autorin zeichnet in chronologisch angeordneten Kapiteln und einem Epilog ein breites Panorama aus Einzelepisoden der Lagergeschichte und Erinnerungsfragmenten von Überlebenden. Die Geschichte beginnt allerdings mit einem ausführlichen Kapitel nicht über eine Häftlingsfrau sondern über die SS-Lageraufseherin Johanna Langefeld, die nicht ohne Sympathie geschildert wird. Für die Anfangszeit des Lagers Ravensbrück, in der nur deutsche und österreichische Gefangene dort inhaftiert waren, gibt es heute so gut wie keine Überlebenden mehr.

Das vielleicht bedeutsamste Zeugnis dazu ist der Bericht von Lina Haag, "Eine Handvoll Staub", den die kommunistische Widerstandskämpferin bereits im Jahr 1944 niedergeschrieben hatte und der schon 1947 als eine der ersten Veröffentlichungen über den deutschen Widerstand gegen die Nationalsozialisten erschienen ist. Im Zentrum des Berichtes steht Lina Haags mutiger Kampf um die Freilassung ihres Mannes Alfred nach ihrer eigenen Entlassung aus dem KZ. Es gelang ihr nach monatelangen Versuchen zu Heinrich Himmler vorzudringen, der, beeindruckt von ihrer Hartnäckigkeit, tatsächlich die Freilassung ihres Mannes aus dem KZ Mauthausen anordnete.

Sarah Helm zitiert ausgiebig aus dem Bericht. Wenn man dann jedoch lesen muss: "Der Reichsführer SS inspizierte Lichtenburg (Frauen-KZ vor der Errichtung von Ravensbrück) (. . .). Bei seinen Besuchen genehmigte er mitunter Freilassungen. Eines Tages entließ er Lina Haag, unter der Bedingung, dass sie nicht über ihre Behandlung sprach", zweifelt man an der Seriosität des gesamten Unternehmens.

Der größte Teil des Buches ist den Jahren des Zweiten Weltkrieges gewidmet, in denen das KZ Ravensbrück zu einer gigantischen Mordstätte und einem Reservoir von Zehntausenden Sklavenarbeitern wurde, dem schließlich vierzig Außenlager zugeordnet waren. 132 000 Frauen und 20 000 Männer aus über vierzig Nationen, von denen Zehntausende zu Tode kamen, wurden dorthin verschleppt. Die Autorin hat neben dem Studium von überlieferten Erinnerungsberichten und Prozessunterlagen eine Vielzahl von Zeuginnen besucht und persönlich befragt. Sie traf Überlebende und deren Angehörige in Deutschland, Österreich, Polen, Russland, der Ukraine, Frankreich, Israel, Ungarn. Besonderes Anliegen ist ihr die Geschichte der Häftlingsfrauen englischer Nationalität.

Obwohl Sarah Helm im umfangreichen Anmerkungsteil auch eine Reihe von neueren Studien aufführt, orientiert sie sich in ihrer Darstellung historischer Fakten und Abläufe nicht am Stand des gesicherten Forschungsstandes. Sie reiht alles aneinander, was sie gelesen hat oder was ihr zugetragen wurde, Gerüchte, Verdächtigungen, Beschuldigungen und Aussagen ehemaliger SS-Angehöriger, und interpretiert sie auf ihre Weise. So enthält das Buch zahlreiche Fehler, Ungenauigkeiten und falsche Darstellungen. Der lapidare Satz über Auschwitz: "Das Lager diente der Zwangsarbeit und der Vernichtung der Juden. Juden blieben vom Gas verschont, solange sie noch als arbeitsfähig galten", ist ebenso falsch wie die Angabe, dass die meisten der in der Vernichtungsanlage Schloss Hartheim bei Linz ermordeten Menschen anonym blieben, oder die Zuschreibung des Evakuierungsbefehls Heinrich Himmlers - es sollten keine Häftlinge lebend in die Hand der Alliierten fallen - an Adolf Hitler. Die Liste ließe sich lange fortsetzen.

Wichtigstes Anliegen der Autorin war es. den ehemaligen Häftlingsfrauen eine Stimme zu geben. Leider wurde von ihr keine Stimme der zahlreichen männlichen Häftlinge miteinbezogen. Der schiere Umfang der Schilderungen macht es dem Leser jedoch schwer, sich ein kohärentes Bild über die Abläufe zu machen. Darüber hinaus kann man Einschätzungen der Autorin, à la "Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Himmler das genauso empfand", oftmals schlecht von Auszügen aus Berichten und Gesprächen unterscheiden. Zu einem großen Teil der wörtlich wiedergegebenen Zitate gibt es keine Quellenangabe, sie sind deshalb nicht überprüfbar. Zudem unterlaufen der Autorin schwerwiegende Fehler, wenn sie etwa der Französin Anise Girard - heute Anise Postel-Vinay -, die dem bürgerlichen Widerstand angehörte und zu den wichtigsten französischen Zeuginnen gehört, Sympathien für den Kommunismus zuschreibt.

Das Fazit ist leider, dass Sarah Helm dem Schicksal der Häftlingsfrauen von Ravensbrück nicht gerecht wird. Deren Geschichte kann ohne den historischen Kontext, dessen Darstellung sich am gesicherten Wissen orientieren muss, nicht erzählt werden. Seriöse Aufklärung über die Verbrechen ist durch eine Vermischung von Fakten und Fiktion nicht zu erreichen.

BARBARA DISTEL

Sarah Helm: "Ohne Haar und ohne Namen." Im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück.

Aus dem Englischen von M. Richter, A. Zettel und M. Sailer. Konrad Theiss Verlag, Darmstadt 2016. 840 S., Abb., geb., 29,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.05.2016

Das Grauen am Schwedtsee
In Ravensbrück betrieben die Nazis das einzige Konzentrationslager nur für Frauen. Die britische Historikerin Sarah Helm hat
den ehemaligen Häftlingen zugehört und sie ihre Leiden erzählen lassen. So entstand eine große kollektive Biografie
VON LUDGER HEID
Das Dorf Ravensbrück ist eine kleine an der Havel gelegene Gemeinde im Norden des Landes Brandenburg, Teil der historischen Landschaft der Uckermark. Von Dezember 1938 bis April 1939 wurde hier von Häftlingen des KZ Sachsenhausen ein spezielles Konzentrationslager errichtet, ein reines Frauenlager. Es lag am Ufer des beschaulichen Schwedtsees und war von Wald umgeben. Die Nationalsozialisten ließen ihre Lager gern mitten in der Natur anlegen, den Blicken der Bevölkerung möglichst entzogen. Als im Frühjahr 1939 die Lagereröffnung näher rückte, wurden „deutschblütige“ Frauen dazu angehalten, an der „Heimatfront zu dienen“ – etwa als Lageraufseherin. Ein Konzentrationslager verhieß Aufschwung in Arbeit und Handel. Ein Aspekt, der allzu oft übersehen wird.
  Heinrich Himmler fuhr häufig mit seinem Mercedes-Cabrio – das er gerne mit offenem Verdeck und warm eingepackt selbst steuerte – über die Reichsstraße 96 nach Ravensbrück. Er hatte Freude an der schönen Gegend und nutzte bei seinen Dienstreisen oft die Gelegenheit, Freunde zu besuchen, die dort Landbesitz hatten und hier zur Jagd gingen. Doch das Jagen von Tieren verabscheute Himmler. Für ihn war das „reiner Mord“. Seinem Masseur und Vertrauten Felix Kersten sagte er: „Wie können sie nur ein Vergnügen daran haben, auf die armen Tiere aus dem Hinterhalt zu schießen?“ Bei Menschen war der Reichsführer SS nicht so mitfühlend. Nach einer Inspektion verließ er das Lager selten, ohne neue Befehle gegeben zu haben. Einmal ordnete er an, die Suppe für die Häftlinge solle mehr Wurzelgemüse enthalten. Ein anderes Mal sagte er, das Töten gehe ihm nicht schnell genug.
  Die britische Journalistin und Historikerin Sarah Helm hat nun eine umfangreiche und besondere Studie über das einzige Frauen-Konzentrationslager im Kosmos des NS-Lagersystems vorgelegt.
  Im Mai 1939 wurden die ersten Frauen in verdunkelten Bussen in das Lager verfrachtet. Als die Türen aufsprangen, erblickten die Insassinnen als Erstes den nahe gelegenen schimmernden See, rochen den Duft des Kiefernwaldes. Doch das Idyll wich abrupt der Realität: Am Ende der Fahrt wurden sie von Aufseherinnen mit Hunden und Peitschen empfangen, Gebrüll, Befehle und Beleidigungen gingen auf sie nieder. Die geübte SS-Routine erfüllte ihren Zweck – ein Maximum an Schrecken und Angst im Augenblick der Ankunft zu erzeugen. Das Vorspiel zu der Hölle, die noch vor den Häftlingen lag.
  Das Lager Ravensbrück sollte als sogenanntes Schutzhaftlager für weibliche Häftlinge dienen, die aus der Gesellschaft „entfernt“ werden sollten – Prostituierte, Straftäterinnen, Obdachlose, Sinti und Roma, Zeuginnen Jehovas, nicht zuletzt Jüdinnen. In der Realität hieß das: Die Insassinnen mussten Zwangsarbeit für die Rüstungsindustrie leisten, Siemens hatte dort eine Fabrik. Obwohl Ravensbrück nicht als Vernichtungslager angelegt war, wurden hier 40 000 bis 50 000 Frauen ermordet: erschossen im Wald, erstickt in der Gaskammer, zu Tode geprügelt am „Bock“, erfroren; verhungert, an Erschöpfung, Typhus oder Ruhr zugrunde gegangen, mit Benzin tot gespritzt, nach medizinischen Experimenten mit Wundbrand.
  Über die Geschichte des KZ Ravensbrück ist die Historiografie lange Zeit achtlos hinweg gegangen. Das mag auch dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass die Lagerverwaltung die Gefangenenakten im lagereigenen Krematorium verbrannte und die Asche der Toten in den Schwedtsee gestreut hatte.
  Sarah Helm hat mit überlebenden Frauen gesprochen, hat ihnen Gehör geschenkt. Das war erst zu Beginn der 1990er-Jahre möglich, nachdem sich der Eiserne Vorhang gehoben und die osteuropäischen Archive geöffnet hatten. Daraus hat sie recht kunstvoll eine kollektive Biografie geformt, die die „Ravensbrückerinnen“ aus Ost und West gewissermaßen wieder zusammenführt.
  Unter den Gefangenen im KZ waren auch prominente Frauen – die Schriftstellerin Margarete Buber-Neumann, Kafkas Freundin Milena Jesenská, die dessen „Verwandlung“ ins Tschechische übersetzt hatte, oder die Widerstandskämpferin und Sozialistin Olga Benario.
  Sarah Helm verbindet in ihrem Buch Fakten und persönliche Schicksale, Berichte von der Brutalität der Aufseherinnen, von medizinischen Versuchen der Lagerärzte, vom Lageralltag. So erschafft sie ein noch nicht dargestelltes Bild des Lagerlebens. Eines Lebens, in dem es auch Aktionen des Widerstands gab.
  Zuständig für die Insassinnen waren vor allem weibliche Aufsichtspersonen. Zwischen 1939 und 1945 wurden mehr als 3500 Aufseherinnen in Ravensbrück ausgebildet, um im Gefolge der SS Dienst zu tun; geschult, Opfer zu bewachen, zu quälen und zu töten. Es waren Frauen aus allen Bevölkerungsschichten, viele waren kaum älter als 20 Jahre. Sie wurden dienstverpflichtet oder meldeten sich freiwillig – bezahlt nach der Tarifordnung für Angestellte im öffentlichen Dienst.
  Eine Fotografie zeigt die Aufseherin Herta mit ihrem Schäferhund „Greif“, das Tier wie sein „Frauchen“ Uniform tragend – Leibchen mit SS-Rune. Auf der Rückseite der Fotografie war notiert: „Zur Erinnerung an meine schöne Dienstzeit an meine lieben Eltern Eure Herta. Den 24.3.1944. Das ist mein treuer Begleiter Greif“.
  Im ersten Hamburger Ravensbrück-Prozess 1946/1947 standen 16 Angeklagte vor Gericht, unter ihnen sieben Frauen. Sie mussten sich wegen ihrer Tätigkeit als KZ-Aufseherinnen vor einem britischen Militärgericht verantworten. Fünf Frauen wurden zum Tode verurteilt. Nur einige der Aufseherinnen wurde überhaupt vor Gericht gestellt. Und von denen, die verurteilt wurden, kamen in der Bundesrepublik viele nach kurzer Zeit wieder frei.
  Am Ende des Krieges wurden die Gefangenen von Ravensbrück – alte, junge, aus vielen Ländern, nichtjüdische wie jüdische, die nichts verband, als dass sie Frauen waren – nur ermordet, weil ihre Beine nicht mehr fähig waren, sie auf dem Todesmarsch zu tragen. In Wirklichkeit geschahen die letzten Vergasungen, weil die Täter mit dem Morden nicht aufhören konnten – der Massenmord an Frauen auf die bestialischste Art, ohne den Deckmantel einer noch so obszönen Ideologie. Während dieses Morden seinen Höhepunkt erreichte, waren zwischen den Bäumen Rotkreuz-Busse geparkt. Kann es ein besseres Sinnbild geben für die Ohnmacht der Welt angesichts dieses monströsen Verbrechens als diese Busse, die geduldig warteten, bis die Vergasung vorüber war?
  Auf die Frage, was für sie das Kennzeichnende am Konzentrationslager Ravensbrück sei, antwortete Sarah Helm: „Nazis haben an vielen Orten Gräueltaten an Frauen verübt. Doch so wie Auschwitz der Brennpunkt der Verbrechen an den Juden war, war Ravensbrück der Brennpunkt der Verbrechen an Frauen. Das wollen einige in der Geschichtswissenschaft nicht sehen.“
  Dem Leser bieten sich 802 Seiten, prall gefüllt mit Leid, Gräuel und Tod, aber auch mit Hoffnung, Zuversicht, Würde und Hilfsbereitschaft. Und es ist gut, dass die Autorin ihren Bericht nicht im Stile einer Wissenschaftlerin vorträgt. Sarah Helm erzählt die Geschichte eines beispiellosen, allzu lange marginalisierten Verbrechens an Frauen umfassender als jemals zuvor.
Ludger Heid ist Neuzeithistoriker. Er lebt in Duisburg.
Der Duft des Kiefernwalds –
ein trügerisches Idyll.
Es war das Vorspiel zur Hölle
Die Autorin trägt
ihren Bericht nicht im Stile
einer Wissenschaftlerin vor
Sarah Helm:
Ohne Haar und ohne Namen. Im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Aus dem Englischen von M. Richter, A. Zettel und M. Sailer. Theiss Verlag, Darmstadt 2016. 802 Seiten, 38 Euro. E-Book: 31,99 Euro.
Sklavenarbeit für die Herrenmenschen: Die Frauen im KZ Ravensbrück wurden zu harter Arbeit gezwungen.
Foto: AP
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»Das Buch der englischen Journalistin Sarah Helm erzählt nun in höchst eindrucksvoller Dichte von Leben und Leiden aller Insassinnen in Ravensbrück auf der Grundlage von ausführlichen Gesprächen mit zahlreichen KZ-Überlebenden.« Damals »'Ohne Haar und ohne Namen' ist das Ergebnis tiefer Recherche - eine Reportage, die von Mut und Würde erzählt« G/Geschichte »Was Helms Buch auszeichnet, ist die Tatsache, dass sie möglichst oft die Frauen selbst zu Wort kommen lässt« Die Welt »Sarah Helm gibt den Ravensbrücker Gefangenen eine Stimme.« Der Spiegel »Akribisch recherchierte Lebenswege von Täterinnen und Opfern im Frauen-KZ Ravensbrück und tiefe Einblicke in das mörderische System der SS: ein bewegendes Buch.« P.M. History »'Ohne Haar und ohne Namen' erschüttert und berührt. Die Stimmen der Frauen von Ravensbrück sind dank Sarah Helm so laut wie lange nicht.« rbb Fernsehen, Stilbruch »Das Verdienst der Journalistin aber ist zweifelsohne, dass sie Opfer und auch Täterinnen zu Wort kommen lässt, dass sie ihren Stimmen genau 71 Jahre nach der Befreiung des KZ Gehör verschafft. Dabei verliert sie sich allerdings bisweilen in Details, Episoden und Gerüchten.Gleichwohl ist ihre historische Reportage fesselnd geschrieben.« Gießener Anzeiger »Sarah Helm erzählt die Geschichte eines beispiellosen, allzu lange marginalisierten Verbrechens an Frauen umfassender als jemals zuvor.« Süddeutsche Zeitung »Es ist ein wichtiges Buch. Ich freue mich über dieses Opus für Ravensbrück. Es ist ein weiterer Beitrag zur Alltagsgeschichte eines Konzentrationslagers und insbesondere zur Erinnerung an das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. Dank an Sarah Helm, dass sie so zahlreiche Überlebende in den verschiedenen Ländern befragt hat.« Prof. Dr. Sigrid Jacobeit »Ein herausragendes Beispiel an Gelehrsamkeit, das Geschichte zurück ins Gedächtnis ruft und eine größtmögliche Leserschaft verdient.« Begründung der Jury zur Verleihung des Longman-History Today Book Prize 2016 »Fesselnd! Sarah Helm hat dank akribischer Arbeit viele der Überlebenden ausfindig gemacht und selbst mit ihnen gesprochen. Und was dabei herauskam ist mehr als erschütternd... Was am Ende dieses bedeutsamen Buches bleibt ist das Wissen um die Stärke, die in uns allen wohnt - für Gutes wie für Böses.« Independent on Sunday »Dieses Buch verdient große Aufmerksamkeit, zum einen wegen Helms wichtigen Interviews mit Überlebenden, zum anderen als elegant geschriebene Geschichte von Ereignissen, die uns einen zusätzlichen Einblick in den Nationalsozialismus und das Schicksal seiner Opfer bietet.« Publishers Weekly »Eine gut recherchierte und hervorragend präsentierte Geschichte« Washington Post »Tiefgründig und bewegend« The Observer »Helm ist eine unermüdliche Rechercheurin. Sie hat die Aussagen Dutzender Frauen aufgenommen, viele von ihnen aus Osteuropa, die zuvor häufig geschwiegen hatten; sie beschreibt die medizinischen Experimente der Nazis im Lager aus der Sicht der angstvollen Opfer; und sie rekonstruiert die Geschichte des nahe gelegenen Jugendlagers. Sie lässt unvorstellbares Leiden durch Hunderte von persönlichen Geschichten fast nachfühlbar werden. Mit Recht nennt sie ihr Buch die erste umfassende 'Biographie' von Ravensbrück, die am Anfang beginnt und am Schluss endet.« The Guardian »Es [das Buch] soll und muss gelesen werden von einem und einer jeden [...] Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Sarah Helms Buch über das KZ Ravenbrück für lange Zeit ein Standardwerk bleiben wird [...] Generationen von Forschenden werden es zurate ziehen. « literaturkritik.de »Großartig recherchiert und unglaublich bewegend. Helms Buch, das zu großen Teilen auf Gesprächen mit Überlebenden basiert, ist ein Muster an Sensibilität und Seriosität.« Sunday Times »Wenn man sich ausführlich, differenziert und einprägsam mit dem Frauen-Konzentratioslager Ravensbrück auseinandersetzen möchte, ist Sarah Helms Buch nahezu unverzichtbar.« holocaustliteratur.de…mehr