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- 4,6 Millionen Erwerbstätige steckten 2006 in Teilzeitjobs.
- Jeder zweite Büroarbeitsplatz ist akut gefährdet.
- 92% der befragten Angestellten vermissen ein festes Einkommen, 88% die Sicherheit des Arbeitsplatzes, 84% die Anerkennung durch ihre Vorgesetzten.
- Die Angst der Mitarbeiter führt zu Minderleistungen von ca. 100 Milliarden Euro im Jahr. (Studie Hans-Böckler-Institut)
Die Arbeitsorganisation der Wirtschaft ändert sich total. Tarifgehalt, Kündigungsschutz und soziale Absicherung sind Auslaufmodelle. Ein fester Job wird zur Mangelware. Nur noch jeder zweite Verdiener
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Produktbeschreibung
- 4,6 Millionen Erwerbstätige steckten 2006 in Teilzeitjobs.

- Jeder zweite Büroarbeitsplatz ist akut gefährdet.

- 92% der befragten Angestellten vermissen ein festes Einkommen, 88% die Sicherheit des Arbeitsplatzes, 84% die Anerkennung durch ihre Vorgesetzten.

- Die Angst der Mitarbeiter führt zu Minderleistungen von ca. 100 Milliarden Euro im Jahr.
(Studie Hans-Böckler-Institut)

Die Arbeitsorganisation der Wirtschaft ändert sich total. Tarifgehalt, Kündigungsschutz und soziale Absicherung sind Auslaufmodelle. Ein fester Job wird zur Mangelware. Nur noch jeder zweite Verdiener hat das, was die Gewerkschaften ein Normal-Arbeitsverhältnis nennen. Die anderen jobben in Teilzeit oder befristet, sind Leiharbeiter oder halten sich als Freelancer über Wasser. Welche Folgen das Verschwinden der Angestellten hat und wohin die deutsche Gesellschaft driftet - das steht in Günter Oggers brisantem Report aus einer unbekannten Arbeitswelt. Der neue Enthüllungsreport von Günter Ogger: provokant, aufrüttelnd und thesenstark.
Autorenporträt
Günter Ogger, geboren 1941, ist einer der bekanntesten deutschen Wirtschaftsjournalisten und arbeitete lange Jahre als Redakteur beim Wirtschaftsmagazin Capital. Mit seiner Managerkritik "Nieten in Nadelstreifen" eroberte er die Bestsellerlisten; dieses Buch erreichte eine Gesamtauflage von über 1,2 Millionen Exemplaren. Auch seine nachfolgenden Schwarzbücher über "Das Kartell der Kassierer" oder "König Kunde" sorgten für Furore.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Zukunft ist etwas mehr als Flexibilität
Günter Ogger gibt den Patriarchen / Von Michael Adrian

Günter Ogger schreibt einen Nachruf auf den deutschen Angestellten, vergisst dabei aber nicht, noch ein paar offene Rechnungen mit dieser verwöhnten Klasse zu begleichen.

Günter Oggers Buch ist einer Figur gewidmet, die im ökonomischen Prozess zunehmend auf die Verliererstraße gerät: dem deutschen Angestellten. Es ist ein Abgesang auf eine Klasse, die nie eine sein wollte und auch nie so wahrgenommen wurde, aber vielleicht gerade deshalb so erfolgreich war.

Ihre Aufstiegsgeschichte, die der Autor knapp nachzeichnet, ist beeindruckend. Mit der Industrialisierung wurde der "Privatbeamte" geboren, wie die Angehörigen des neuen Mittelstandes zunächst hießen. Zählten 1895 600 000 Menschen zu dieser neuen Schicht der Bürojobber, so waren es hundert Jahre später knapp neunzehn Millionen. Die Zahlen lassen freilich nur ahnen, wie sagenhaft der Sieg der Angestellten- über die Arbeiterkultur ausfiel: Von der Abfindung über die Eigenheimzulage bis zum Zeitkonto reichen ihre - also unsere - sozialen Errungenschaften, von Bonusmeilen über Kantinenfraß und Kreativseminar bis zur Zukunftsangst ihre soziokulturellen Fußstapfen. Ihr gemeinsamer Nenner und ihr größter Erfolg aber sei gewesen, die Wirtschaft in immer stärkerem Maße zu ihrem persönlichen Versorgungswerk zu machen.

Dass es mit der alten Herrlichkeit des "Luxusangestellten" vorbei ist, weiß man, seitdem bald täglich über Massenentlassungen in florierenden Unternehmen zu lesen ist. Die globale Umverteilung der Arbeit von den westlichen Industrienationen in die Schwellenländer lässt die Zahl der Vollzeitstellen schmelzen, während die der Teilzeit- und Geringverdiener entsprechend anschwillt.

Um nicht weniger als um das Aussterben eines über Jahrzehnte erfolgreichen Arbeits- und Lebensmodell geht es. Und der Autor besitzt zweifellos das Talent, spektakuläre Ereignisse und Zahlen aus der Welt der Wirtschaft zu Trendbeschreibungen zu bündeln, die Talkshow-Hoheit versprechen. Mit Büchern wie "Nieten in Nadelstreifen", "Das Kartell der Kassierer" oder "König Kunde. Angeschmiert und abserviert" sorgte er für Furore und prangerte dabei nicht zuletzt Fehlentwicklungen einer nicht mehr eigentümergesteuerten Unternehmenskultur an.

Wer einen Betrieb, der ihm nicht gehört, auf Zeit verwaltet, neigt leichter dazu, sich vor allem die eigenen Taschen zu füllen. Vergleichbares müssen sich jetzt die Arbeitnehmer anhören, die mit ihrem Anspruchsdenken offensichtlich jahrzehntelang die Kapitalseite um ihre Renditeerwartungen brachten. Aber wie merkwürdig ist doch der Spagat, mit dem dieses Buch einerseits vor den Verwerfungen des Niedergangs der Angestelltenkultur warnt, gleichzeitig aber die Globalisierung auch wie eine gerechte Strafe für eine Kaste aussehen lässt, die sich ein bisschen zu fett gemästet hat.

Einerseits nämlich verzeichnet Ogger die Nachteile, die ein immer flexiblerer Arbeitsmarkt mit sich bringt: die schwindende Einsatzbereitschaft und die wachsende Mitnahmementalität frustrierter Angestellter, die im Schnitt nur noch 5,4 Jahre bei einem Arbeitgeber bleiben und deren Lebensplanung im Zeichen geforderter Flexibilität immer schwieriger wird.

Andererseits lautet sein Rezept für den verschärften Wettbewerb einfach mehr Flexibilität, mehr Veränderungsbereitschaft, Risikobereitschaft, Selbständigkeit. Auch dass die Unternehmen, die ihre Leute gestern nicht schnell genug loswerden konnten, heute schon wieder über Fachkräftemangel klagen, ist so ein Aspekt des von Ogger kritisch gemeinten "Flexibilitätsfaktors", der merkwürdig konträr zu dem wirtschaftsliberalen Programm steht, mit dem er die Angestellten vom Abstellgleis abholen und ins Netz einer Hire-and-fire- und Selbständigenökonomie einfädeln möchte.

Doch die analytische Bearbeitung, ja auch nur die Kommentierung von Widersprüchen ist ohnehin seine Sache nicht. Die deutschen Angestellten seien mehr an Überstunden als an Streiks orientiert, heißt es lobend über die staatstragende Klasse. Die "Wurzeln des Problems" aber reichen zurück in die 1970er Jahre, als Gewerkschaftschef Kluncker mit wochenlangen Streiks die Phase zweistelliger Lohnsteigerungen einleitete. In der Liste der Wohltaten, die den Angestellten motivieren sollten, zu tun, wofür er bezahlt wird, finden sich unternehmenseigene Kindergärten und Kita-Zuschuss - gleich darauf wird eine Studie zitiert, der zufolge gerade einmal drei Prozent der Angestellten in den Genuss von Kinderbetreuung kommen. Heimarbeit wird als Flexibilitätsmodell gepriesen, dann aber auch wieder als Errungenschaft arbeitsscheuer Schmarotzer geschmäht. Der "Soziologe Klaus Dörre von der Universität Jena" soll für die sture Ablehnung flexibler Jobs durch die Gewerkschaften einstehen. Zwei Seiten später wird dann der "Jenaer Soziologieprofessor Klaus Dörre" für die Feststellung bemüht, dass nicht einmal mehr die Sozialwissenschaftler glauben, ein flexibler Job sei automatisch etwas für Hungerleider.

So unbeirrt, wie er gegensätzliche Befunde in Anspruch nimmt, so entschieden ist der Autor in seiner Mischung von Häme und Zorn für jene, die den Globalisierungsprozess gestalten wollen. Politiker, Kirchen, Sozialverbände, Intellektuelle, Gewerkschaften - sie alle können den unvermeidlichen Lauf der totalen Flexibilisierung und Schutzlosigkeit zwar ohnehin nicht aufhalten, müssen aber bei jeder Gelegenheit scharf als Realitätsverweigerer gebrandmarkt werden. Wie ein Gemeinwesen so eingerichtet werden kann, dass auch noch die dabei schlechter Wegkommenden die ganze Veranstaltung als hinreichend gerecht empfinden, scheint dem Autor keine Frage, die irgendwelcher Anstrengungen Wert wäre.

Dabei sieht Ogger durchaus die Gefahren, die von dem wachsenden Heer der aus dem Turbokapitalismus Aussortierten ausgehen. Der Mahner weiß, dass zu ihnen längst auch viele Gutausgebildete gehören. Dem Ermahner aber verwandeln sie sich unter der Hand in die Faulen und Unfähigen, die der Markt irgendwie zu Recht bestraft. Und wenn das geschmähte Sozialsystem sie einmal nicht mehr auffinge? "Studenten, Arbeitslose und andere Abgehängte" könnten sich dann "zusammenrotten, um sich mit Gewalt zu holen, was ihnen der Staat freiwillig nicht mehr bieten kann". Es sei denn, "eine Gruppe entschlossener Macher aus der Welt der Global Player" käme ihnen mit einem kalten Putsch zuvor. Der "Super-GAU" freilich träte ein, wenn "der linke Block" an die Regierung käme.

Alles muss sich wandeln, nur die Feindbilder stehen wie ein Fels in der Brandung. In politischen Zusammenhängen wirkt Oggers Sprache martialisch. Aber seine arbeitsethische Gefühlswelt scheint aus der Zeit des Patriarchenkapitalismus zu stammen. Was ist es anderes als ideologische Besitzstandswahrung, den Leuten mit einer Leistungsethik in den Ohren zu liegen, die nach des Autors eigener Analyse den beruflichen Erfolg gar nicht mehr zu versprechen vermag? So steht der Leser vor dem Spektakel eines sozialdarwinistischen Betonkopfs, der das Hohelied der Flexibilisierung singt.

Und besorgt feststellt: "Stritten sich Arbeitgeber und -nehmer früher lediglich über die Verteilung der Gewinne, so macht sich heute in weiten Teilen der Bevölkerung eine wirtschaftsfeindliche Stimmung breit." Sollte dieses Buch tatsächlich für wirtschaftsfreundliches Denken stehen, dann trüge es immerhin dazu bei, eine solche Entwicklung zu erklären.

Günter Ogger: "Die Abgestellten". Ein Nachruf auf den festen Arbeitsplatz. C. Bertelsmann Verlag, München 2007. 288 S., geb., 19,95 [Euro].

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