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Juliette, eine junge Frau, die von Angstattacken geplagt wird, lässt ihr Leben in Paris für eine Weile hinter sich, um in der Provinz neue Kraft zu schöpfen. Doch in der Kleinstadt ihrer Kindheit ist nicht alles so geblieben, wie sie es zurückgelassen hat. Sie trifft auf einen Vater mit schwankendem Gedächtnis, eine überschwänglicheund launische Mutter und ihre Schwester, eine vorbildliche Familienmutter, die jedoch einen Liebhaber im Schrank versteckt.Juliette hat in ihrem Koffer einen Knoten, den sie lösen muss. Genauso viele Knoten gibt es im Leben von Polux, einem netten, einsamen und…mehr

Produktbeschreibung
Juliette, eine junge Frau, die von Angstattacken geplagt wird, lässt ihr Leben in Paris für eine Weile hinter sich, um in der Provinz neue Kraft zu schöpfen. Doch in der Kleinstadt ihrer Kindheit ist nicht alles so geblieben, wie sie es zurückgelassen hat. Sie trifft auf einen Vater mit schwankendem Gedächtnis, eine überschwänglicheund launische Mutter und ihre Schwester, eine vorbildliche Familienmutter, die jedoch einen Liebhaber im Schrank versteckt.Juliette hat in ihrem Koffer einen Knoten, den sie lösen muss. Genauso viele Knoten gibt es im Leben von Polux, einem netten, einsamen und arbeitslosen Barkeeper. Durch Zufall kreuzen sich ihre Wege...Wie schon in ROSALIE BLUM versteht es Camille Jourdy, unterschiedliche Geschichten zusammenzuführen und die Absurditäten des Lebens einzufangen.
Autorenporträt
CAMILLE JOURDY geboren 1979 in Frankreich, legte nach einer ersten Comicveröffentichung und einigen von ihr illustrierten Kinderbüchern ROSALIE BLUM vor. Für das abschließende Kapitel der ursprünglich in drei Bänden erschienenen Geschichte wurde sie 2010 auf dem Comicfestival in Angoulême ausgezeichnet. Camille Jourdy lebt und arbeitet in Lyon.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.04.2023

Sie wissen nicht, was sie wollen
Camille Jourdys wunderlicher Comic „Juliette“
Der Vater vergisst und verlegt alles, erste Zeichen einer Demenz, er kann zum Beispiel die Fernbedienung für den Fernseher nicht finden und schaut also seit zwei Wochen denselben Kanal. Das ist typisch für den eher tristen, lächerlichen Zustand, in dem Juliette ihre gesamte Familie vorfindet, als sie eines Tages – sie scheint gerade in einer frühen Midlife-Krise zu stecken – in dem Städtchen bei ihnen auftaucht und sich erst mal im Apartment beim Vater einnistet. Die Eltern sind geschieden, die Mutter malt und stellt aus, ihre Bilder haben Titel wie „Menstruation“ oder „Frau in Wut“. Ihr augenblicklicher Freund heißt Jean-Pierre, gegen Ende des Buches hat sie dann Mario an ihrer Seite, der in einer Höhle lebt.
Camille Jourdy wurde bei uns bekannt durch den phantasmagorischen Wunderland-Trip „Die Vunderwollen“. „Juliette“, in Frankreich bereits davor, im Jahr 2016, erschienen, liefert Szenen aus dem Kleinbürgerleben, in dem die Zeit stehen geblieben scheint, Ansichten von Frankreich, wie man sie meistens durchs Zugfenster sieht, alte Familienhäuser und Wohnblöcke, Brücken, Lagerhallen und Fabriken.
Juliette hat Herzprobleme, ist oft beunruhigt, weil sie ihren Puls nicht spüren kann, sie erlebt Panikattacken, als gäbe es einen Schleier zwischen ihr und der Realität. Das kenn ich, sagt einer, mit dem sie sich anfreundet, er nennt das die „tragische Dimension“. Er heißt Georges und wohnt nun in dem Haus, wo Juliette in ihrer Kindheit mit ihrer Familie lebte, bevor sie auszogen, im Jahr 1994. Georges, unrasiert und unförmig, mit Strubbelhaar so rot wie das von Juliette. Ihre Liebe wird vom armen Norbert Entenbrust animiert, einem Entenküken, das sie bei einem Spaziergang am Fluss finden.
Die Dialoge sind in einer hübsch krakeligen Schreibschrift geschrieben, wie von einem Schulkind, voller Neugier und Abenteuerlust. Die Figuren sind spontan hinskizziert, immer in Bewegung. Schnurgerade und mit festem Strich, wie auf Ansichtskarten, sind dagegen die Straßen und Landschaften. Camille Jourdy ist eine Meisterin der Verzögerung, der Zerlegung von Aktionen: Seitenlang gibt es ein Familienfest, mühsam wird ein gemeinsames Familienfoto arrangiert.
Juliettes Schwester Marylou wird von ihrem Haushalt – Mann, zwei sehr sehr aufgeweckte Kinder – völlig erdrückt. Das Glashaus im Garten spielt zum Ausgleich eine tierisch wichtige Rolle in ihrem Leben, jeden Donnerstag. Georges findet man meistens in der Kneipe Le Tropical, dem Zentrum des Ortes, in der Schar von Freunden und Frauen, all den einsamen Seelen, die dort trinken und ratschen, Dart spielen und unsinnige Wetten eingehen. Er wird dort Polux gerufen.
Der Weg zum Haus der Kindheit führt für Juliette ins Leere, eine Einbahnstraße, eine Sackgasse – man sollte das aber nicht als tragische Dimension nehmen. Am Ende dieses wunderlichen Buches steht die Erkenntnis, dass man Nachsicht mit den Menschen haben muss, weil sie einfach selber nicht wirklich wissen, was sie wollen. Die sanftesten Figuren haben immer auch eine böse Seite und umgekehrt. Eine kleine Katze streift durch die Seiten, auch die sieht man gegen Ende plötzlich, wie sie die Vögel auf einem Dach aufschreckt.
FRITZ GÖTTLER
Camille Jourdy: Juliette. Gespenster kehren im Frühling zurück. Graphic Novel. Aus dem Französischen von Lilian Pithan. Handlettering Michael Hau. Reprodukt, Berlin 2023. 237 Seiten, 29 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

"Wunderlich" im besten Sinne scheint dem Rezensenten Fritz Göttler diese Graphic Novel von Camille Jourdy, die im französischen Original bereits 2016 erschien. Er begleitet hier die titelgebende Juliette, die an Panikattacken leidet, ins Haus ihrer Kindheit: Der Vater ist dement, die Schwester unglücklich und die Mutter malt Bilder mit Titeln wie "Frau in Wut". Schon wie Jourdy das scheinbar zeitlose Kleinbürgerleben in der französischen Provinz skizziert, findet Göttler beeindruckend. Vor allem aber bewundert er den schnellen Strich, mit dem die Autorin mal verzögert, malsee seziert. Und dass keine der Figuren eindimensional erscheint, ist für den Kritiker ein weiterer Vorzug dieses Comics.

© Perlentaucher Medien GmbH