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Wurde der intelligenteste Fisch des Planeten durch eine Computerpanne ausgerottet? Ned Beaumans neuer Roman ist Literatur mit hohem Drehmoment, ein Buch voller Kapriolen, rasant und mit großer Fabulierfreude erzählt. Noch nie wurden die wichtigen Themen unserer Zeit so humorvoll auf den Punkt gebracht wie hier.Mark Halyard arbeitet als Umweltverträglichkeitskoordinator bei der Brahmasamudram Mining Company, die im Tiefseebergbau tätig ist und versehentlich den Lebensraum eines wenig bekannten Putzerfischs, des Gemeinen Lumpfischs, vernichtet hat. Um die Zerstörung des Planeten einzudämmen,…mehr

Produktbeschreibung
Wurde der intelligenteste Fisch des Planeten durch eine Computerpanne ausgerottet? Ned Beaumans neuer Roman ist Literatur mit hohem Drehmoment, ein Buch voller Kapriolen, rasant und mit großer Fabulierfreude erzählt. Noch nie wurden die wichtigen Themen unserer Zeit so humorvoll auf den Punkt gebracht wie hier.Mark Halyard arbeitet als Umweltverträglichkeitskoordinator bei der Brahmasamudram Mining Company, die im Tiefseebergbau tätig ist und versehentlich den Lebensraum eines wenig bekannten Putzerfischs, des Gemeinen Lumpfischs, vernichtet hat. Um die Zerstörung des Planeten einzudämmen, sind Unternehmen gesetzlich verpflichtet, für viel Geld Auslöschungszertifikate zu erwerben, falls sie an der Ausrottung einer Spezies mitwirken. Allerdings hat sich Halyard mit Leerverkäufen von Lumpfisch-Zertifikaten verspekuliert. Nachdem er auf fallende Preise gewettet hat, stellt ein mysteriöser Hackerangriff auf diverse Biobanken, in denen Gewebeproben und Genomdaten gefährdeter Arten gespeichert werden, das System auf den Kopf. Alle Back-ups für den Gemeinen Lumpfisch sind futsch, und der Preis für Lumpfisch-Zertifikate geht durch die Decke. Halyards einzige Hoffnung ist, mithilfe der Lumpfisch-Expertin Karin Resaint irgendwo ein Exemplar des Fischs aufzutreiben, damit die Spezies nicht als ausgerottet gilt ...
Autorenporträt
Ned Beauman wurde 1985 in London geboren. Er studierte Philosophie in Cambridge und arbeitete als Redakteur für verschiedene Magazine. 2010 erschien sein Debütroman »Flieg, Hitler, flieg!«, 2013 war sein Roman »Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort« für den Booker Prize nominiert. Ned Beauman wurde u.a. mit dem Encore Award und dem Somerset Maugham Award ausgezeichnet und steht auf der Granta-Liste der »Best of Young British Novelists«.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Petra Ahne ist begeistert, wie fantasievoll und gleichzeitig gegenwartsangebunden Ned Beauman seine Dystopie entwirft: In einer nahen Zukunft führt die fortgeschrittene Erderwärmung zu zunehmendem Artensterben, wogegen die Wirtschaft mit sogenannten "Auslöschungszertifikaten" vorzugehen versucht. Zwei Figuren, eine Biologin und ein "Umweltverträglichkeitskoordinator" einer großen Firma, jeweils auf ihre Weise in den Zertifikatshandel verstrickt, versuchen gemeinsam, eine besonders intelligente Tierart zu retten: den gemeinen Lumpfisch. Wie Ned Beauman entlang dieses "gut geschnürten" Plots eine intelligente moralische Auseinandersetzung mit dem Artensterben entfaltet - die Motivationen der beiden Figuren sind etwa sehr unterschiedlich -, und dies mit vielen "prallen Details" der Tech- und KI-Welt anreichert (z.B. im Labor erzeugtes, hauchdünn geschnittenes Carpaccio), findet die Kritikerin faszinierend und gekonnt. Ein hellsichtiges Buch, das gleichzeitig ein "großer Spaß" und von Melancholie überschattet ist, schließt die Kritikerin anerkennend.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.07.2023

Die Rache der Seehasen
Ned Beaumans "Der gemeine Lumpfisch" ist ein düsterer Blick in die Zukunft - und ein großer Spaß

Eine Wespe, die ihr Ei in einer Spinne ablegt, welche daraufhin zombiehaft ferngesteuertes Verhalten zeigt und ein ungewöhnliches Netz aus wenigen, dafür besonders stabilen Strängen webt, die die aus dem Hinterleib der sterbenden Spinne kriechende Wespenlarve zum Kokon umbaut: Das klingt nicht wie das Tier, an dem sich überzeugend begründen ließe, dass das Artensterben dringend aufgehalten werden muss. Die Beweisführung der Intelligenzbegutachterin Karin Resaint - solche Berufe gibt es in Ned Beaumans "Der gemeine Lumpfisch" -, warum gerade ein so bizarr- gruselig anmutendes Produkt der Evolution einen Eigenwert hat und sich der Mensch mit jeder ausgerotteten Art am Universum vergeht, ist allein schon ein Grund, diesen Roman zu lesen.

Karin Resaint ist die einzige widerständige Figur in der sehr wiedererkennbaren Welt einer nahen Zukunft, in der alles eingetreten ist, was im Moment noch düstere Prognose ist: Die Erde hat sich um über zwei Grad erwärmt, Brände, Überschwemmungen, Zoonosen sind normal geworden, Nahrungsmittel wie Kaffee dagegen selten. Das in unserer realen Welt von 2023 im Schatten des Klimawandels stehende Artensterben ist im Aufmerksamkeitslevel nach oben geschnellt, und wie mühelos Ned Beauman das plausibel macht, zeigt, wie sehr er die Krisenlagen unserer Tage durchdrungen und weitergedacht hat. Die Chinesen haben versehentlich den Großen Panda ausgerottet und der Verlust dieses pelzigen Lieblingstiers hat die Menschheit dann doch aufgeschreckt. Konferenzen wurden einberufen, eine Weltkommission zur Bekämpfung des Artensterbens eingesetzt. Zwölf Jahre später hat sich der Markt die guten Vorsätze einverleibt und als "Extinktionsindustrie" wieder ausgespuckt. Der Ablasshandel per "Auslöschungszertfikat" hatte - der CO2-Emissionshandel lässt grüßen - nie den intendierten Effekt. Global agierende Unternehmen zahlen bereitwillig den Preis, den es hat, für das Verschwinden einer Art verantwortlich zu sein. Überhaupt wird das mit dem Aussterben nicht mehr so eng gesehen, es gibt schließlich Biobanken mit Tier-DNA für eine Rückkehr, wenn die Technik soweit ist.

Etwas unangenehm, weil teuer, wird es für die Unternehmen nur, wenn sie eine besonders intelligente Art verschwinden lassen. Das festzustellen ist der Job der Biologin Karin Resaint, die überzeugt ist, im Zuge der Überprüfung eines Projekts zum Abbau von Ferromanganknollen eine der intelligentesten Spezies überhaupt entdeckt zu haben: den Gemeinen Lumpfisch, einen dicklippigen, etwas fragend dreinschauenden Vertreter der Familie der Seehasen. Dummerweise zerstören falsch programmierte Roboter, die die Knollen vom Meeresgrund sammeln, dessen letztes Habitat in der Ostsee, bevor Resaint ihr Forschungsergebnis publik machen kann. Der Umweltverträglichkeitskoordinator der verantwortlichen Tiefseebergbau-Firma wiederum, ein Mittvierziger namens Mark Halyard, hat einen ganz anderen Grund, am Fortleben des Fisches interessiert zu sein. Der hat mit einem Bereicherungsversuch seinerseits an den Auslöschungszertifikaten zu tun, der Gefahr läuft aufzufliegen.

Sie will den Fisch retten, er seinen Kopf, das ist der Ausgangspunkt für einen rasanten Roadtrip durch Nordeuropa. Stationen sind ein mit bedrohten Tierarten vollgestopftes Naturschutzgebiet in Estland, dessen Inhaber einen lukrativen Handel mit Auslöschungszertifikaten betreiben, ein finnisches Lager für Gastarbeiter aus einem Land, das nur noch Hermit Kingdom genannt wird, seit es sich durch seinen Austritt aus der EU und seine Abschottungspolitik in eine schlechte wirtschaftliche Lage gebracht hat, und eine künstliche Insel, auf der Wohlhabende komfortabel leben und Biotechnologiefirmen unbeeinträchtigt von staatlichen Regularien forschen.

Der achtundreißigjährige Brite Ned Beauman, der mit seinem Roman "Egon Loesers erstaunlicher Mechanismus zur beinahe augenblicklichen Beförderung eines Menschen von Ort zu Ort" für den Booker Prize nominiert war, hat die Gegenwart so sorgfältig studiert, dass sie weich in sein dystopisches Morgen gleitet. Darin ist Realität, was an technologieverliebten Problemlösungsideen heute so herumgeistert. Projekte zur baldigen Kolonisierung der Meere sind en vogue, praktisch dabei auch, dass man sich auf schwimmenden Inseln nicht um den steigenden Meeresspiegel sorgen muss. Künstlich erzeugte Meerwassernebel, die Wolken so beeinflussen, dass sie mehr Sonnenlicht reflektieren, gehören zum Repertoire des Geoengineering, im Roman treiben entsprechende Konstruktionen als riesige Wracks über die Meere, sie haben dann doch eher Stürme als Wolken produziert. Beauman hat seine KI-getriebene Hightech-Welt mit prallen Details angereichert, für die er verblüffende Bilder findet. Einmal gibt es aus künstlichem Gewebe erzeugtes und mit einer Diamantklinge hauchdünn gesäbeltes Carpaccio - "es war, als wollte man die Oberflächenspannung von einem Glas Wasser essen".

Entlang des gut geschnürten Plots entfaltet sich die wohl tiefgreifendste Auseinandersetzung mit der moralischen Dimension des Artensterbens, die es in einem Roman in letzter Zeit gab. Der bequeme Allerweltstyp Halyard, dessen kriminelle Energie sich sympathischerweise aus der Sehnsucht nach den unbezahlbar gewordenen Nahrungsmitteln seiner Kindheit speist - das müssten die Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts gewesen sein -, lässt sich von der kühl-entschlossenen Karin Resaint gerne herausfordern, die mit einem verzweifelten Plan den Menschen die Augen öffnen will.

"Der gemeine Lumpfisch" ist zugleich ein großer Spaß und von tiefer Melancholie, die sich wie ein Schatten über die Sommerhitze legen wird, in der man dieses Buch an einem trägen Urlaubstag lesen könnte. Aufgehellt nur von dem Gefühl, dass, solange Autoren wie Beauman uns unsere selbstzerstörerischen Umtriebe so klug vor Augen führen, die Hoffnung nicht verloren ist. PETRA AHNE

Ned Beauman:

"Der gemeine Lumpfisch". Roman.

Aus dem Englischen von Marion Hertle. Liebeskind, München 2023. 368 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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