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Heißt Mensch zu sein gleichzeitig: moralisch zu sein? Und wenn ja, in welcher Weise? Die erste Frage gibt gewissermaßen die Hypothese ab und läßt sich damit schnell beantworten: Ja, Mensch zu sein impliziert, was wir 'Moral' nennen. Der zweiten Frage, in welchem Sinne Mensch zu sein Moralität einschließt, fällt die Aufgabe zu, das "Ja" zu begründen. Diese Begründung leistet Anke Thyens Untersuchung, indem sie der Moralphilosophie im Sinne Kants eine anthropologische Erläuterung zur Seite stellt, die uns besser verstehen läßt, warum die universelle Moral keine überfordernde Zumutung, sondern…mehr

Produktbeschreibung
Heißt Mensch zu sein gleichzeitig: moralisch zu sein? Und wenn ja, in welcher Weise? Die erste Frage gibt gewissermaßen die Hypothese ab und läßt sich damit schnell beantworten: Ja, Mensch zu sein impliziert, was wir 'Moral' nennen. Der zweiten Frage, in welchem Sinne Mensch zu sein Moralität einschließt, fällt die Aufgabe zu, das "Ja" zu begründen. Diese Begründung leistet Anke Thyens Untersuchung, indem sie der Moralphilosophie im Sinne Kants eine anthropologische Erläuterung zur Seite stellt, die uns besser verstehen läßt, warum die universelle Moral keine überfordernde Zumutung, sondern ein humanum ist, dem Selbst-Verständnis des Lebewesens Mensch zugehörig.

Was wir 'Moral' nennen, ist der Inbegriff einer universellen Lebensform, der Lebensform Moral, die wir teilen und zu deren Schutz die Menschenrechte formuliert wurden. Menschenrechte schützen diejenigen spezifischen Interessen, die Personen haben, insofern sie Personen sind.

Das Buch bietet eine anthropologische Erläuterung der Moral, nicht eine anthropologische Begründung. Es verbindet Ethik und Anthropologie, indem es Helmuth Plessners Anthropologie der exzentrischen Positionalität und Ludwig Wittgensteins sinnkritisches Sprachspielmodell als die zwei Grundlagen einer nach Kant nun auch kritisch gewendeten philosophischen Anthropologie im Sinne einer Kritik des Menschen rekonstruiert. Ihr Gegenstand ist die Grammatik des Menschen, die zutage treten lässt, wie ein Selbst-Verständnis von Lebewesen überhaupt möglich ist. Da ein reflexiver Begriff eines möglichen Selbst-Verständnisses nur in der Perspektive des Menschen möglich ist, ist der Begriff eines überhaupt möglichen Selbst-Verständnisses der des menschlichen Selbst-Verständnisses.
Die sprachlich verfaßte, exzentrische Struktur eines Selbst-Verständnisses des Lebewesens Mensch erläutert die Grammatik des Menschen als Lebensform 'Mensch'. Sie wird durch Inter-Subjekte realisiert. Dieser neu eingeführte Begriff ist das systematische Kernstück der Untersuchung. 'Inter-Subjekt' verbindet anthropologische und sprachliche Bedingungen der Möglichkeit eines Selbst-Verständnisses und zeigt, dass die gewöhnliche Unterscheidung zwischen einer subjektiven und einer intersubjektiven Dimension des Menschen die Grammatik der Lebensform 'Mensch' eher verdeckt als aufklärt. Inter-Subjekt bezeichnet ein Lebewesen, das sich selbst als etwas versteht, indem es sich selbst gerade nicht allein als "Selbst" versteht. Inter-Subjekte teilen eine Praxis, die für sie selbst allein unverfügbar ist; sie teilen die ihnen subjektiv zugängliche Lebensform, sie selbst zu sein.

Der Begriff des Inter-Subjekts ist, das ist die zentrale Argumentation des Buchs, normativ gehaltvoll. Ein anthropologisch und grammatisch exzentrisch positioniertes Lebewesen hat ein spezifisches Interesse an der Aufrechterhaltung und dem Schutz seines Selbst-Verständnisses als Inter-Subjekt. Weil es über dieses Selbst-Verständnis nicht allein selbst verfügt, sondern es als Lebensform teilt, hat es Interesse auch an der Wahrung und dem Schutz des Selbst-Verständnisses von anderen. Die Grammatik des menschlichen Selbst-Verständnisses ist als Lebensform personalpronominaler Bezugnahmen realisiert, die den anderen Menschen von vornherein einschließt. Wer überhaupt von sich selbst ein Verständnis hat, hat nicht nur ein Verständnis von sich selbst, sondern teilt notwendig die Perspektive jedes beliebigen Inter-Subjekts. Unter Voraussetzungen des Inter-Subjekts sind privilegierte personale Bezugnahmen nicht möglich. Wenn man den Anderen nicht mitversteht, versteht man sich selbst nicht.

Die spezifische Lebensform, in der Inter-Subjekte ein Interesse an dem ihnen möglichen Selbst-Verständnis teilen, ist die Lebensform 'Moral'. Wo immer die Interessen berührt sind, die ein Inter-Subjekt als solches hat - sich inter Subjekten als das verstehen zu können, was es ist: Inter-Subjekt - sind seine Sprachspiele in die Lebensform 'Moral' eingebettet. Die Lebensform 'Moral' ist eine universelle Lebensform des Menschen. Sie ist Inbegriff der Interessen, die Inter-Subjekte als solche haben; Interessen, deren Schutz die Menschenrechte gewähren. Sie koexistiert mit partikularen Lebensformen, ist aber ihnen gegenüber autonom. Die universelle Lebensform 'Moral' in die Grammatik des Menschen eingebaut. Sie ist ein humanum.
Autorenporträt
Anke Thyen studierte Philosophie, Germanistik, Erziehungswissenschaft, Kunstgeschichte und promovierte über Th. W. Adorno (Negative Dialektik und Erfahrung, Frankfurt/M. 1989). Heute liegen die Schwerpunkte ihrer Studien in der Moral- und Sprachphilosophie, der philosophischen Anthropologie und der Philosophy of Mind. Sie arbeitet und publiziert im Blick auf eine Anthropologie der Lebensform 'Mensch' über inner- und außerphilosophisch interdisziplinäre Themen aus diesen Bereichen. Lebt mit ihrem Sohn in Ludwigsburg, lehrt und forscht an der Universität Stuttgart und als apl. Professorin an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.