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Auch wenn der Online-Händler Amazon nicht einmal 20 Jahre existiert, hat er die Einkaufsgewohnheiten der Menschen bereits revolutioniert. Die Kunden schätzen seine preiswerte und nahezu lückenlose Warenpalette, die unabhängigen Produktbewertungen der anderen Käufer sowie die unkomplizierten Umtauschoptionen. Und da das Unternehmen zumeist sogar eine Lieferung bis zum nächsten Werktag verspricht, ziehen viele den bequemen Mausklick dem stressigen Einkauf vor. Doch der Schein der schönen neuen Warenwelt trügt. Hinter der Fassade von Amazons Online-Shop verbirgt sich eine Welt prekärer…mehr

Produktbeschreibung
Auch wenn der Online-Händler Amazon nicht einmal 20 Jahre existiert, hat er die Einkaufsgewohnheiten der Menschen bereits revolutioniert. Die Kunden schätzen seine preiswerte und nahezu lückenlose Warenpalette, die unabhängigen Produktbewertungen der anderen Käufer sowie die unkomplizierten Umtauschoptionen. Und da das Unternehmen zumeist sogar eine Lieferung bis zum nächsten Werktag verspricht, ziehen viele den bequemen Mausklick dem stressigen Einkauf vor. Doch der Schein der schönen neuen Warenwelt trügt. Hinter der Fassade von Amazons Online-Shop verbirgt sich eine Welt prekärer Arbeitsbedingungen. Den niedrigen Preis für das bequeme Einkaufen im Netz zahlen dabei vor allem jene, die für die Logistik und den Versand der Waren zuständig sind.
Zudem bindet Amazon nicht nur die Buchhändler, sondern auch die Verlage durch seine aggressive Wachstumspolitik derart an sich, dass sie mit dem Unternehmen nicht mehr konkurrieren, sondern nur noch in seiner Abhängigkeit weiterleben können.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2014

Wer in Amazons Beutemuster passt

Aus diesem lückenlosen System gibt es kein Entkommen: Daniel Leisegang kennt die Strategien des Internetversenders.

Neun Logistikzentren betreibt Amazon in Deutschland, in einem der kleineren, in Leipzig, wird seit dem gestrigen Montag wieder gestreikt. Die Forderung der Gewerkschaft, Amazon möge nach dem Tarifvertrag des Einzel- und Versandhandels zahlen und nicht nach dem der Logistikbranche, ist bei der Firma aus Seattle bislang auf taube Ohren gestoßen. Daran hat auch der Imageschaden nach dem Leiharbeiterskandal im vergangenen Jahr nicht viel geändert. Nur unter hellhörigeren Buchkäufern haben die Geschäftspraktiken zu einer Rückbesinnung auf den lokalen Buchhandel geführt. Mit diesem Hoffnungsschimmer steigt der Autor des vorliegenden Bandes ein; als Redakteur der Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik" beschäftigen ihn Netz-Themen hauptberuflich.

Nichts von seiner Zusammenschau ist wirklich neu, auch hat er die andere Seite nicht gehört. Aber er hat auf schlanken hundertzwanzig Seiten ein Kompendium vorgelegt, das man auch Lesern in die Hand geben sollte, die ihr Kaufverhalten nicht ständig einer Prüfung unterziehen. Sie bekommen in Kurzfassung die Geschichte eines Unternehmens, das gerade dabei ist, die Buchwelt für immer zu verändern.

Um den Ausgang dieser Geschichte zu beeinflussen, hat Leisegang eine Botschaft. Sie lautet: Es ist nicht so, dass der Kunde keine Macht hätte. Er bedient sich dieser Macht nur nicht - aus Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit. Diese Haltung macht sich Amazon seit Anbeginn mit aggressivsten Methoden zunutze. Und profitiert obendrein in Deutschland von der Tranigkeit des stationären Buchhandels, der nun wenigstens seine Qualitäten mit einiger Verspätung wiederzuentdecken beginnt. Auch ist die Bestandsaufnahme zwangsläufig eine Momentaufnahme, da das Innovationstempo und die Zukaufpolitik von Amazon keine Ermüdung erkennen lassen. Die Getriebenheit von Jeff Bezos, der auszog, das gesamte Buchgeschäft zu unterwerfen (und nicht nur dieses), hat neben einer unheimlichen Zwanghaftigkeit auch etwas sehr Planvolles und Konsequentes - und ist deswegen der Konkurrenz oft weit voraus.

In Stichworten: Ausschaltung beziehungsweise Minimierung der Buchhandels-Konkurrenz in den Vereinigten Staaten (Borders, Barnes & Noble); ähnliche Strategie im wichtigen Auslandsmarkt Deutschland, die Verlage durch überdimensionale Rabattforderungen an die Wand drücken; das langsame Sterben der großen Filialisten (Weltbild ist abgelebt, Thalia und Hugendubel sind angeschlagen); den Autoren als Verlag gegenübertreten, das Selfpublishing als Existenzform anpreisen - und immer so weiter. Durch die Ausspähung der Kundendaten via Kindle und Kooperation mit Geheimdiensten und sozialen Netzwerken ist längst ein Datenreservoir entstanden, aus dem es keinen Entkommen mehr gibt. "Frenemy", halb Freund, halb Feind, so nennen sie Amazon im amerikanischen Verlagswesen.

Als Drohung steht an einem gar nicht fernen Horizont der Fall der Buchpreisbindung, weil eine solche Steuerbegünstigung nicht zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen passen könnte. Dann erst, daran lässt Leisegang keinen Zweifel, wird Amazon richtig zeigen, wohin die Reise geht. Um nicht eines Tages in einer Preis- und Inhaltsdiktatur zu erwachen, schlägt der Autor Auswege vor, die freilich ein wenig schmallippig bleiben. Lokales Einkaufsbewusstsein stärken, kartellrechtliche Schritte ergreifen, wo immer sie sich anbieten. Und er verweist zu Recht auf die weithin unbekannte E-Book-Plattform Libreka, die der Börsenverein des Deutschen Buchhandels seit sieben Jahren aufgebaut, aber zu keiner funktionierenden Blüte gebracht hat. Amazon selbst liefert das Buch von Daniel Leisegang umstandslos. Aber wenn der stationäre Buchhandel auf dem Quivive ist, legt er sich diese Handreichung für Buchkäufer direkt neben die Kasse. Als Geschenk für seine Kunden - und wenn es nur aus Gründen der Selbsterhaltung wäre.

HANNES HINTERMEIER

Daniel Leisegang:

"Amazon". Das Buch als Beute. Schmetterling Verlag, Stuttgart 2014. 128 S., br., 12,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nun gut, es ist nicht alles ganz neu, was Daniel Leisegang über den Onlinehändler  zusammengetragen hat, aber da Amazon gerade dabei ist, den Buchhandel und vielleicht den gesamten Handel umzukrempeln, findet Rezensent Hannes Hintermeier das Buch doch nicht unwichtig. Was Leisegang zu Amazons aggressiver Expansionsstrategie zusammenträgt - Ausschaltung der Konkurrenz, erdrückende Rabattforderungen an die Verlage, das Anpreisen von Selfpublishing, Ausspähen von Kundendaten - das kann Hintermeier jedem Online-Kunden zur Leküre empfehlen. Ihm selbst erscheint Jeff Bezos Getriebenheit nicht nur extrem zwanghaft, sondern auch genau kalkuliert und sehr konsequent. Vermisst hat er allerdings wirksame oder originelle Gegenkonzepte, auf das Kartellamt und ein gestärktes Einkaufsbewusstsein möchte sich Hintermeier lieber nicht verlassen müssen, wenn es gilt, dem großen "Frenemy" des Buchhandels etwas entgegenzusetzen. Vielleicht könnte der Buchhandel Leisegangs Buch verschenken?

© Perlentaucher Medien GmbH