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Die erste wissenschaftlich fundierte Geschichte des Flick-Konzerns.Der Name Flick steht wie ein Menetekel über der deutschen Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Wie bei keinem anderen Unternehmen sind mit diesem Namen in der öffentlichen Wahrnehmung beispielloser Erfolg und tiefe Krisen, Skandale und Affären und die Zusammenarbeit deutscher Unternehmer mit dem NS-Regime bei »Arisierungen« und Zwangsarbeit verbunden. Noch 20 Jahre nach der Auflösung des Konzerns vermochte der Streit um die Friedrich-Christian-Flick-Collection ein breites Publikum monatelang zu polarisieren.Erstmals…mehr

Produktbeschreibung
Die erste wissenschaftlich fundierte Geschichte des Flick-Konzerns.Der Name Flick steht wie ein Menetekel über der deutschen Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Wie bei keinem anderen Unternehmen sind mit diesem Namen in der öffentlichen Wahrnehmung beispielloser Erfolg und tiefe Krisen, Skandale und Affären und die Zusammenarbeit deutscher Unternehmer mit dem NS-Regime bei »Arisierungen« und Zwangsarbeit verbunden. Noch 20 Jahre nach der Auflösung des Konzerns vermochte der Streit um die Friedrich-Christian-Flick-Collection ein breites Publikum monatelang zu polarisieren.Erstmals liegt nun eine wissenschaftlich fundierte Geschichte des Flick-Konzerns und der Karriere seines Namensgebers Friedrich Flick vor. Beginnend mit dem ausgehenden Kaiserreich wird sein Aufstieg zum Bannerträger des Wirtschaftswunders und größten deutschen Privatkonzern der Bundesrepublik nachgezeichnet. Dabei nähert sich der Verfasser der Unternehmensgeschichte nicht als Skandalon, sondern analysiert Erfolg und Scheitern vor dem Hintergrund der Binnenorganisation des schwerindustriellen Konzerns und dessen Verflechtungen mit politischen Entscheidungsträgern mit Hilfe des methodischen Instrumentariums des corporate governance-Ansatzes.Auf diese Weise entsteht neben dem Porträt eines der prägenden Konzerne des vergangenen Jahrhunderts zugleich eine exemplarische Geschichte der Beziehungen zwischen Staat und Privatwirtschaft.
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Autorenporträt
Kim Christian Priemel, geb. 1977, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Er forscht zur Unternehmensgeschichte und zur NS-Herrschaft in Osteuropa.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.12.2007

Die unternehmerische Idee hieß Macht und Einfluss
Unrühmliche deutsche Wirtschaftsgeschichte: Kim Christian Priemel hat den Aufstieg und Niedergang des Flick-Imperiums erforscht
Der Name Flick liegt wie ein dunkler Schatten über der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Flick steht für die düstere Kartelltradition Deutschlands, für das moralische Versagen der Wirtschaft nach 1933, für Arisierung und den rücksichtslosen Einsatz von Zwangsarbeitern und zu guter Letzt für die Parteispendenaffäre der achtziger Jahre, die das Ende des Konzern markierte. Noch heute kann eine Ausstellung aus den Kunstsammlungen des Gründerenkels Friedrich Christian Flick im ganzen Land für Empörung sorgen.
Nun liegt, zwanzig Jahre nach der „Flick-Affäre” um Parteispenden, die erste wissenschaftlich fundierte und nicht von Partikularinteressen motivierte Geschichte des Konzerns vor. Der Autor Kim Christian Priemel, wissenschaftlicher Mitarbeiter in Frankfurt/Oder, wurde mit dem 800-Seiten-Werk an der Universität Freiburg promoviert. Manch ein Leser dürfte von dem Werk zunächst enttäuscht sein: Es ist wirklich nur eine Konzerngeschichte, der Privatmann Flick kommt praktisch nicht vor, die Flick-Affäre allenfalls als Randnotiz; politisch-ökonomische Analysen streut der Autor nur gelegentlich ein, und dann wirken sie eher wie Fremdkörper.
Priemel hat eine betriebswirtschaft-historische Analyse geschrieben, und genau darin liegt ihr Wert und ihre politische Brisanz. Noch nie wurde so präzise dargelegt, unter welch fragwürdigen Bedingungen das Flick-Imperium entstand, wie aktiv die Rolle Friedrich Flicks bei der Verdrängung und Enteignung jüdischer Unternehmer war, wie er in der NS-Kriegswirtschaft mitwirkte und wie er seine politischen Kontakte zu nutzen wusste, in der Republik wie in der Diktatur. Priemel griff bei seinen Forschungen auf die vielen öffentlich zugänglichen Daten zurück, nutzte aber auch erstmals Handakten von Anklage und Verteidigung aus den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen.
Friedrich Flick begann seine Karriere 1915 mit 32 Jahren als Direktor bei der Charlottenhütte, einem mittleren Montanunternehmen in Niederscheiden (Siegerland). In wenigen Jahren machte er aus der Hütte durch aggressive Zukäufe einen kleinen Konzern, der die Eisenindustrie des Siegerlandes beherrschte. Das Entscheidende: 20 bis 30 Prozent des Aktienkapitals gehörten Flick selbst.
Woher konnte der angestellte Manager Flick das Geld hernehmen, um so viele Aktien zu erwerben? Auch Priemel kann das Rätsel nicht völlig lösen, aber er gibt einige wichtige Hinweise: Weder das bescheidene Vermögen seines Vaters noch die Mitgift seine Frau dürften für den Einkauf in den Konzern ausgereicht haben. Entscheidend war vermutlich ein ganz anderer Faktor: Neben seiner Arbeit betrieb Flick noch eine kleine Schrotthandelsfirma namens Flick & Trippe. Als Direktor bei der Charlottenhütte nutzte er seine Position, um den Verkauf von Eisen- und Stahlabfällen gezielt über die eigene Firma abzuwickeln und sich so die entsprechenden Gewinne zu sichern. In der Mangelwirtschaft des Ersten Weltkrieges war dies ein narrensicheres Geschäft – nach heutigen Kriterien ein klarer Fall von Korruption.
In der Weimarer Republik baute Flick ein fast undurchschaubares Geflecht von Firmenbeteiligungen auf, das vom Ruhrgebiet über Sachsen bis nach Oberschlesien reichte. An den meisten Firmen hatte er dabei gar keine Mehrheit, sondern nur Minderheitsbeteiligungen. Er betrieb die Gründung der Vereinigten Stahlwerke, zeitweise der größte Stahlkonzern des Deutschen Reiches, und zog sich daraus zurück, als es seinen Interessen entsprach.
Dabei zeigte sich ein Charakteristikum, das sich durch die gesamte Geschichte des Flickreiches bis in die Bundesrepublik hinein ziehen sollte: Flick konnte geradezu virtuos mit Politikern und Beamten spielen. In Oberschlesien, wo die Reichsregierungen die Industrie für ihre Volkstumspolitik nutzen wollten, trotzte er den Politikern hohe Subventionen ab und erreichte, dass der Staat praktisch das gesamte Risiko für seine industriellen Abenteuer übernahm. Immer wieder erpresste er die Politiker mit der Drohung, sich aus Schlesien zurückzuziehen, sollten sie nicht gefügig sein. Flicks Meisterstück war die Gelsenberg-Affäre: Flick brachte die Regierung Brüning dazu, ihm mitten in der Weltwirtschaftskrise ein Unternehmen an der Ruhr abzukaufen.
Die Gelsenberg-Affäre ist laut Priemel eine entscheidende Wende in der Konzerngeschichte. Flick gibt die Vereinigten Stahlwerke und sein Firmengeflecht auf, um vollkommen unabhängig zu werden. Stattdessen baut er nach 1932 rund um die Mitteldeutschen Stahlwerke in Sachsen und die Maxhütte in Bayern einen Familienkonzern auf, die Friedrich Flick KG. Erst jetzt könne man von einem Flick-Konzern im eigentlichen Sinne sprechen, schreibt Priemel.
Ungesühnte „Arisierungen”
Unbeabsichtigt stellte Flick sich mit der Umgründung auch optimal auf das Dritte Reich ein. Eine Kommanditgesellschaft ist stärker auf eine Unternehmerpersönlichkeit ausgerichtet als eine Aktiengesellschaft und passte daher sehr gut zum Führerprinzip in der Wirtschaft, das die Nationalsozialisten nach 1933 verkündeten. Flick war kein Nazi, er verachtete vermutlich sogar deren Bonzen wegen ihres gockelhaften Auftritts, das ihm völlig fremd war. Aber er nutzte die Chancen, die ihm das Regime bot, rücksichtslos aus. Zwei Jahre nach Machtantritt wurde er Mitglied im elitären „Freundeskreis Reichsführer SS”, in dem Heinrich Himmler Wirtschaftsführer um sich versammelte. Flick profitierte massiv von der Kriegsvorbereitung und auch von den sogenannten „Arisierungen” jüdischer Unternehmen.
Nach dem Krieg behauptete Flick, er habe bei der Verdrängung der Juden aus ihren Firmen nur unter Druck mitgemacht und um „Schlimmeres zu verhindern”. Priemel zeigt, dass das nicht sein kann. Flick versuchte bei der „Arisierung” der Hochofenwerke Lübeck, die jüdische Eigentümerfamilie Hahn daran zu hindern, einen Teil ihrer Aktien vor dem Verkauf ins Ausland zu transferieren. Das werde bei den Behörden „unangenehm auffallen”, drohte er. Auch bei der Quasi-Enteignung der Brüder Julius und Ignaz Petschek war er die treibende Kraft, sorgte aber dafür, dass die Behörden eingeschaltet waren, um die Verantwortung von sich selbst abzulenken. Während des Krieges sicherte er sich den Zugriff auf ein Stahlwerk in Lothringen und eines in der Ukraine. Die Produktion in Deutschland wurde weitgehend mit Zwangsarbeitern aufrechterhalten.
Fünf Wochen nach Kriegsende nahmen amerikanische Soldaten Friedrich Flick auf seinem Landsitz in Oberbayern fest. Am 22. Dezember 1947 wurde er im fünften Kriegsverbrecherprozess zu sieben Jahren Haft verurteilt, 1951 jedoch bereits wieder freigelassen. Bemerkenswert dabei ist, dass Flick zwar wegen der Behandlung seiner Zwangsarbeiter und wegen der Mitgliedschaft in Himmlers Freundeskreis verurteilt wurde, nicht jedoch wegen seiner Rolle bei den Arisierungen. Die blieben letztlich ungesühnt.
Nach seiner Freilassung gelang es ihm, in der Bundesrepublik erneut einen Konzern aufzubauen. Dabei kamen ihm die Alliierten unfreiwillig zu Hilfe, als sie ihn zwangen, seine Steinkohle-Beteiligungen im Ruhrgebiet zu verkaufen, rechtzeitig, ehe dort die Kohlekrise begann. Stattdessen kaufte er sich bei modernen Unternehmen wie Daimler-Benz, Dynamit-Nobel und Krauss-Maffei ein. Bei seinem Tode 1972 war er an 330 Firmen beteiligt und galt als einer der einflussreichsten Unternehmer des Landes.
Trotzdem erscheint Flick bei Priemel als tragische Gestalt, die letztlich gescheitert ist. Hinter dem ganzen Flick-Konzern stand weder vor noch nach dem Krieg eine unternehmerische Idee – außer dem Streben nach Macht und Einfluss. Friedrich Flick wollte immer ein Familienunternehmen aufbauen, das über die eigene Generation hinaus Bestand hatte. Aber seine Söhne Otto Ernst und Friedrich Karl waren nicht in der Lage, dies Erbe zu übernehmen. Als Friedrich Karl seinen Anteil an Daimler-Benz 1975 verkaufte, begann das langsame Ende des Konzerns. Bezeichnenderweise war das wichtigste Thema dabei die Frage, ob der Verkaufserlös von 1,9 Milliarden Mark steuerfrei sein würde. In den Entschädigungsfonds der deutschen Wirtschaft für die NS-Zwangsarbeiter hat Friedrich Karl Flick nie einen Euro eingezahlt. NIKOLAUS PIPER
KIM CHRISTIAN PRIEMEL: Flick. Eine Konzerngeschichte vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik. Wallstein, Göttingen 2007. 864 Seiten, 48 Euro.
Friedrich Flick 1947 bei der Urteilsverkündung in Nürnberg Foto: US-Army
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Noch nie hat der hier rezensierende Nikolaus Piper die fragwürdige Geschichte des Flick-Konzerns so fundiert und "präzise" dargestellt gesehen wie in dieser Dissertation von Kim Christian Priemel. Dabei, baut Piper eventuell irrigen Lesererwartungen vor, gehe Priemel in seiner Analyse streng betriebswirtschaftlich-historisch vor, was nicht unbedingt leichten Lektüregenuss mit sich bringt, dafür aber umso mehr Sprengstoff: Sehr genau hat Piper erfahren, mit welch krummen Geschäften Friedrich Flick seinen Konzern aufbaute, wie er sich in der Weimarer Politik Einfluss (und Subventionen) verschaffte, später an Arisierungen mitwirkte, von der NS-Kriegswirtschaft profitierte und Zwangsarbeiter ausbeutete. Dass Flick schließlich nach dem Krieg und seiner Haft als Kriegsverbrecher davon profitierte, dass die Alliierten ihn zwangen, seine Beteiligungen an der Steinkohle zu verkaufen, kann der Rezensent dann nur noch trocken verzeichnen und auch, dass Konzernenkel Friedrich Karl Flick nicht in den Entschädigungsfond für NS-Zwangsarbeiter eingezahlt hat.

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