Ein kleiner Ort im Süden der USA wird zum Schauplatz einer Folge nie da gewesener, schockierender Ereignisse, und mit einem Mal ist alles anders als je zuvor.
Der Learjet einer Delegation dubioser chinesischer Unternehmer gerät kurz nach dem Abflug in einen Schwarm pechschwarzer Krähen, stürzt ab und explodiert. Ein Excop wird gefasst, in seinem Hummer-SUV liegen 100.000 Dollar eines kürzlich verübten Banküberfalls. Doch ihm gelingt die Flucht, weil der Gefangenentransport in einen bestialischen Unfall verwickelt wird, bei dem ein Hirsch eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Der Excop verschanzt sich in einem Laden für Survivalausrüstung und provoziert eine üble Schießerei. Gleichzeitig betritt ein Gentleman die Bühne, bis auf die Zähne bewaffnet und skrupellos, denn drei Machos im Knast haben einen Plan. Auf dem Highway rast ein tiefergelegter Sportwagen, verfolgt von einer Streife, mit über dreihundert Sachen in eine Reihe schaulustiger Trucker. Der kleine Rainey hört eine Stimme aus der Vergangenheit und mutiert von einem normalen Jungen in ein gnadenloses Monster. Und mittendrin der Ermittler Nick Kavanaugh und seine Frau Kate, die versuchen, Ordnung in das Chaos zu bringen. Aber über Niceville liegt ein Fluch, der nicht enden will ...
Der Learjet einer Delegation dubioser chinesischer Unternehmer gerät kurz nach dem Abflug in einen Schwarm pechschwarzer Krähen, stürzt ab und explodiert. Ein Excop wird gefasst, in seinem Hummer-SUV liegen 100.000 Dollar eines kürzlich verübten Banküberfalls. Doch ihm gelingt die Flucht, weil der Gefangenentransport in einen bestialischen Unfall verwickelt wird, bei dem ein Hirsch eine nicht unerhebliche Rolle spielt. Der Excop verschanzt sich in einem Laden für Survivalausrüstung und provoziert eine üble Schießerei. Gleichzeitig betritt ein Gentleman die Bühne, bis auf die Zähne bewaffnet und skrupellos, denn drei Machos im Knast haben einen Plan. Auf dem Highway rast ein tiefergelegter Sportwagen, verfolgt von einer Streife, mit über dreihundert Sachen in eine Reihe schaulustiger Trucker. Der kleine Rainey hört eine Stimme aus der Vergangenheit und mutiert von einem normalen Jungen in ein gnadenloses Monster. Und mittendrin der Ermittler Nick Kavanaugh und seine Frau Kate, die versuchen, Ordnung in das Chaos zu bringen. Aber über Niceville liegt ein Fluch, der nicht enden will ...
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Bei Carsten Stroud muss man sich daran gewöhnen, dass das Grauen ein Dauergast ist, alltäglich passieren in Niceville die schrecklichsten Dinge, die aber alle - auch Zombies und andere Fantasiegestalten, die im Roman auftreten - der Physik der normalen Welt gehorchen, staunt Bernd Graff. Ein Anwalt wird von seinen Katzen gefressen, weil dem Mann, der ihn ans Bett gekettet hatte, inzwischen von einem vierundvierziger Revolver der Kopf weggeschossen wurde und sonst niemand weiß, wo er steckt, beschreibt der Rezensent. Die arglosen Tierchen sind sich immerhin einig: der Anwalt schmeckt wie Schinken. "Es wird sehr roh gestorben", warnt der Rezensent. "Die Rückkehr" ist der zweite Band einer Triologie, die mit "Niceville" begann und nächstes Jahr mit "Der Aufbruch" ihren Abschluss finden wird, berichtet Graff, der für eine kurze Erholungspause dankbar zu sein scheint.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.09.2013KRIMIKOLUMNE
Denk an die Katzen, Dolores
Im zweiten Band seiner „Niceville-Trilogie“ lässt Carsten Stroud die Untoten auf die Lebenden los
Wenn man einen Eindruck gewinnen möchte von der klirrenden Herzenskälte, mit welcher der amerikanische Autor Carsten Stroud seine Leser erfrischt, dann liest man am besten, wie er die letzten Lebenssekunden von Harvill Endicott schildert. Mr. Endicott ist gerade nur mit Socken bekleidet in das Schlafzimmer der schönen Witwe Delores eingedrungen, als ihm der Lauf einer 44er Dan Wesson über den Hinterkopf gezogen wird. Den Eigner des Revolvers – damit konnte Mr. Endicott nicht rechnen – hatte die schöne Delores einbestellt.
Während der lädierte Harvill langsam begreift, was ihm da gerade widerfährt, besprechen sich die Dame und der Pistolero: „Willst Du ihn gleich hier erschießen? Ich meine ja nur, wegen dem Teppich. – Okay, wo hättest du ihn gerne? – Wie wäre es mit der Wanne im Gästebad? Wegen dem Blut und dem ganzen Ekelzeug und so? – Okay! Aufstehen Harvill!“ Während Mr. Endicott auf dem Weg ins Bad noch ein paar Gedanken durch den Kopf rasen, schießt ihm der Mann eine Kugel in den Hinterkopf. „Und wenn man aus einer kurzen Distanz eine Kugel aus einem 44er-Revolver in den Hinterkopf bekommt, wird die ganze Vorstellung, einen Kopf zu haben, irgendwie rückwirkend überflüssig.“
Schonungsvoller Umgang mit Leser und Material ist Mr. Strouds Sache nicht. Es wird sehr roh gestorben bei ihm. Doch beherzigt der Autor die alte Hollywood-Weisheit, seine Geschichte mit einem Erdbeben beginnen zu lassen, um sie danach langsam zu steigern. Das Erdbeben ist hier: ein spektakulärer Flugzeugabsturz an einem sonnigen Sonntagmorgen in Niceville, einem verwunschenen Kaff irgendwo in den Südstaaten. Kurz nach dem Start gerät ein privater Learjet in einen Vogelschwarm und stürzt auf einem Golfplatz ab. Während dieses Unglück auf Seite 13 schon Geschichte ist, fällt dem Mann im Tower auf, dass noch ein Flugzeug vom Radar verschwunden ist: Tatsächlich ist nahezu zeitgleich eine Cessna gegen einen Berg geprallt. Offenbar hat der Pilot dieses Unglück absichtlich herbeigeführt. Ab da ist für Rettungs- und Untersuchungsmannschaften kein Atemholen mehr möglich.
„Die Rückkehr“ ist der zweite, über 600 Seiten starke Teil einer Trilogie, die mit „Niceville“ begann und im nächsten Jahr mit „Der Aufbruch“ enden wird. Nur an wenigen Stellen merkt der Leser, der den ersten Teil verpasst hat, dass die Figuren mehr wissen als er, dass sie eine gemeinsame Vorgeschichte haben.
Strouds Erzähltechnik ist filmisch. Man hat den Eindruck, eine sehr gute Plot- und Dramaturgie-Software habe aus einer kaum noch überschaubaren Anzahl von Figuren eine Story mit ordentlichen Cliffhangern gewoben, mit der sich die gesamte Staffel einer TV-Serie füllen ließe. Als Zuschauer könnte man das alles zusammenbringen, wenn man alle Folgen dieser Serie direkt nacheinander schaut. Für den Leser ist es eine blutig-amüsante Achterbahnfahrt. Den Guten wie den Bösen stößt so Unfassbares zu, dass man die nächtliche Schießerei in einer Shoppingmall, bei der unter anderem der Gatte der Schwägerin des Cops ums Leben kommt, als Intermezzo verbuchen muss. Zuvor waren Cop und Schwager in einen katastrophalen Autounfall verwickelt gewesen, bei dem ein Hirsch eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Es ist wie verhext in Niceville.
Man tut sich schwer damit, Strouds Roman einen Thriller zu nennen. Denn er beinhaltet Gothic- und Fantasy-Elemente: Spiegel sind Ein- und Austrittsorte, es gibt jede Menge Untote aus längst vergangenen Zeiten, Albträume werden lebendig, und die Lebendigen müssen vor etwas fliehen, das fast heideggerisch „das Nichts“ heißt. Weil die Übergänge dazwischen aber fließend sind und selbst das Absurdeste noch der Physik der normalen Welt zu gehorchen scheint, sind die Gruseleffekte noch drastischer. Ja, es wird beherzt und flott gestorben, aber nicht im Sinne von Zombie-Vernichtung, Vampiren, Kettensägen oder abgetrennten Köpfen. Eher sachlich richtig. Irgendwas Schlimmes ist da und kommt schleichend näher.
Und Stroud ist ein Meister, dieses ungreifbare Grauen wie einen lieben Dauergast in unser aller Alltag zu inszenieren. So hinterlässt der hinterrücks erschossene Endicott einen verwundeten, an sein Bett geketteten Anwalt, den niemand vermisst. Dummerweise hatte es dem Juristen gefallen, 15 Katzen in seinem Haus zu halten, die jetzt – wie er – nach und nach verdursten und verhungern. Bis eine mal etwas probiert: „Die Maine-Coon-Katze machte als Erste Ernst. Bald schlossen sich die anderen an. Alle waren sich einig, dass er wie Schinken schmeckte.“
BERND GRAFF
Carsten Stroud: Die Rückkehr. Roman. Aus dem Englischen von Robin Detje. Dumont Buchverlag, Köln 2013. 608 Seiten, 19,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Denk an die Katzen, Dolores
Im zweiten Band seiner „Niceville-Trilogie“ lässt Carsten Stroud die Untoten auf die Lebenden los
Wenn man einen Eindruck gewinnen möchte von der klirrenden Herzenskälte, mit welcher der amerikanische Autor Carsten Stroud seine Leser erfrischt, dann liest man am besten, wie er die letzten Lebenssekunden von Harvill Endicott schildert. Mr. Endicott ist gerade nur mit Socken bekleidet in das Schlafzimmer der schönen Witwe Delores eingedrungen, als ihm der Lauf einer 44er Dan Wesson über den Hinterkopf gezogen wird. Den Eigner des Revolvers – damit konnte Mr. Endicott nicht rechnen – hatte die schöne Delores einbestellt.
Während der lädierte Harvill langsam begreift, was ihm da gerade widerfährt, besprechen sich die Dame und der Pistolero: „Willst Du ihn gleich hier erschießen? Ich meine ja nur, wegen dem Teppich. – Okay, wo hättest du ihn gerne? – Wie wäre es mit der Wanne im Gästebad? Wegen dem Blut und dem ganzen Ekelzeug und so? – Okay! Aufstehen Harvill!“ Während Mr. Endicott auf dem Weg ins Bad noch ein paar Gedanken durch den Kopf rasen, schießt ihm der Mann eine Kugel in den Hinterkopf. „Und wenn man aus einer kurzen Distanz eine Kugel aus einem 44er-Revolver in den Hinterkopf bekommt, wird die ganze Vorstellung, einen Kopf zu haben, irgendwie rückwirkend überflüssig.“
Schonungsvoller Umgang mit Leser und Material ist Mr. Strouds Sache nicht. Es wird sehr roh gestorben bei ihm. Doch beherzigt der Autor die alte Hollywood-Weisheit, seine Geschichte mit einem Erdbeben beginnen zu lassen, um sie danach langsam zu steigern. Das Erdbeben ist hier: ein spektakulärer Flugzeugabsturz an einem sonnigen Sonntagmorgen in Niceville, einem verwunschenen Kaff irgendwo in den Südstaaten. Kurz nach dem Start gerät ein privater Learjet in einen Vogelschwarm und stürzt auf einem Golfplatz ab. Während dieses Unglück auf Seite 13 schon Geschichte ist, fällt dem Mann im Tower auf, dass noch ein Flugzeug vom Radar verschwunden ist: Tatsächlich ist nahezu zeitgleich eine Cessna gegen einen Berg geprallt. Offenbar hat der Pilot dieses Unglück absichtlich herbeigeführt. Ab da ist für Rettungs- und Untersuchungsmannschaften kein Atemholen mehr möglich.
„Die Rückkehr“ ist der zweite, über 600 Seiten starke Teil einer Trilogie, die mit „Niceville“ begann und im nächsten Jahr mit „Der Aufbruch“ enden wird. Nur an wenigen Stellen merkt der Leser, der den ersten Teil verpasst hat, dass die Figuren mehr wissen als er, dass sie eine gemeinsame Vorgeschichte haben.
Strouds Erzähltechnik ist filmisch. Man hat den Eindruck, eine sehr gute Plot- und Dramaturgie-Software habe aus einer kaum noch überschaubaren Anzahl von Figuren eine Story mit ordentlichen Cliffhangern gewoben, mit der sich die gesamte Staffel einer TV-Serie füllen ließe. Als Zuschauer könnte man das alles zusammenbringen, wenn man alle Folgen dieser Serie direkt nacheinander schaut. Für den Leser ist es eine blutig-amüsante Achterbahnfahrt. Den Guten wie den Bösen stößt so Unfassbares zu, dass man die nächtliche Schießerei in einer Shoppingmall, bei der unter anderem der Gatte der Schwägerin des Cops ums Leben kommt, als Intermezzo verbuchen muss. Zuvor waren Cop und Schwager in einen katastrophalen Autounfall verwickelt gewesen, bei dem ein Hirsch eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Es ist wie verhext in Niceville.
Man tut sich schwer damit, Strouds Roman einen Thriller zu nennen. Denn er beinhaltet Gothic- und Fantasy-Elemente: Spiegel sind Ein- und Austrittsorte, es gibt jede Menge Untote aus längst vergangenen Zeiten, Albträume werden lebendig, und die Lebendigen müssen vor etwas fliehen, das fast heideggerisch „das Nichts“ heißt. Weil die Übergänge dazwischen aber fließend sind und selbst das Absurdeste noch der Physik der normalen Welt zu gehorchen scheint, sind die Gruseleffekte noch drastischer. Ja, es wird beherzt und flott gestorben, aber nicht im Sinne von Zombie-Vernichtung, Vampiren, Kettensägen oder abgetrennten Köpfen. Eher sachlich richtig. Irgendwas Schlimmes ist da und kommt schleichend näher.
Und Stroud ist ein Meister, dieses ungreifbare Grauen wie einen lieben Dauergast in unser aller Alltag zu inszenieren. So hinterlässt der hinterrücks erschossene Endicott einen verwundeten, an sein Bett geketteten Anwalt, den niemand vermisst. Dummerweise hatte es dem Juristen gefallen, 15 Katzen in seinem Haus zu halten, die jetzt – wie er – nach und nach verdursten und verhungern. Bis eine mal etwas probiert: „Die Maine-Coon-Katze machte als Erste Ernst. Bald schlossen sich die anderen an. Alle waren sich einig, dass er wie Schinken schmeckte.“
BERND GRAFF
Carsten Stroud: Die Rückkehr. Roman. Aus dem Englischen von Robin Detje. Dumont Buchverlag, Köln 2013. 608 Seiten, 19,99 Euro.
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