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Mausetod! Wenn die Maus in der Falle sitzt, wird eine SMS an den Fänger geschickt das ist der letzte Trend bei Mausefallen. Die Geschichte des Fangens dieser Nagetiere beschreibt Wolfhard Klein in seiner Kulturgeschichte verblüffend, umfassend und ungeheuer kenntnisreich. Von den ersten überlieferten Fallen der Ägypter über die Mausefalle als Motiv bei flämischen Meistern bis zur Erotik der Mausefalle die Maus hinterlässt Spuren. Und es wird deutlich: Mensch und Maus verbindet weitaus mehr, als nur der Futterneid.

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Produktbeschreibung
Mausetod!
Wenn die Maus in der Falle sitzt, wird eine SMS an den Fänger geschickt das ist der letzte Trend bei Mausefallen. Die Geschichte des Fangens dieser Nagetiere beschreibt Wolfhard Klein in seiner Kulturgeschichte verblüffend, umfassend und ungeheuer kenntnisreich. Von den ersten überlieferten Fallen der Ägypter über die Mausefalle als Motiv bei flämischen Meistern bis zur Erotik der Mausefalle die Maus hinterlässt Spuren. Und es wird deutlich: Mensch und Maus verbindet weitaus mehr, als nur der Futterneid.
Autorenporträt
Wolfhard Klein befasst sich seit 30 Jahren mit Mausefallen, beharrt aber darauf, kein Sammler zu sein. Auf seine Initative hin wurde ein Museum gegründet, in dem alte Techniken der Mausefallen-Herstellung in Deutschland gezeigt werden. Hauptberufl ich ist der Journalist als Wellenchef bei SWR4 tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.2011

Aus die Maus
Keine unschuldige Geschichte: Wolfhard Klein berichtet Grausiges vom ältesten aller Kriege

"Was den Menschen schmeckt, schmeckt auch den Mäusen", so beginnt dieses ganz erstaunliche Sachbuch des führenden deutschen Mausefallenexperten, und in diesem Satz ist eine gewaltige Tragik angelegt. Dabei mag er daran erinnern, dass Mensch und Maus auch genetisch fast identisch sind. Eine Freundschaft aber ist nie daraus geworden.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Mensch bis auf wenige Ausnahmen - die Römer wieder einmal - aus Ekelgründen auf Mäusebraten weitgehend verzichtet hat. Das kinderreiche Nagetier, ob auf Feld oder Haus spezialisiert, galt stets als perfides Schadtier.

Ein leichter Gegner ist die Maus indes nicht, sondern ein Ausbund an Fitness: Sie kann mit einem Gramm Futter pro Tag leben, aber dabei fünfzehn Kilometer zurücklegen. Sie vermag sich durch zehn Millimeter weite Löcher zu zwängen und verfügt über fünf absolut vortreffliche Sinne. Wie schlägt der Mensch ein Wesen, das ihm an Geschicklichkeit weit überlegen ist? Mit Bündnispolitik - die Katze ist die erfolgreichste aller Mausefallen - und mit dem, wofür der Mensch in der gesamten Kulturgeschichte am meisten Grips aufgewendet hat: mit intelligenten Waffen.

Wolfhard Klein, hauptberuflich Wellenchef von SWR4, hat versiert, amüsant und erschreckend die vernachlässigte Geschichte der Mausefallen aufgearbeitet. Der Weg führt von einer steinzeitlichen Schlagfalle über Schwerkraft- und Torsionsapparate, wie wir sie etwa im Jagdbuch des Petrus de Crescentis aus dem dreizehnten Jahrhundert finden. Einmal fällt, etwas plump, ein Gewicht auf die Maus, das andere Mal schnellt ein verdrehtes Material zurück und erschlägt, stranguliert oder zerquetscht auf die ein oder andere Weise den putzigen Nager. Die Plagen aber bekam man damit nicht in den Griff, also mussten ausgefeiltere Waffen her, etwa Schwippgalgen, Mäuse-Guillotinen, Wasser- oder Leimfallen. Mit der Bogenfalle kam eine Art Armbrust gegen Mäuse auf den Markt. Vor zweihundert Jahren begann zudem die Verbreitung der Selbstschussfalle. Die ebenfalls schon alte Lebendfalle in Kasten- oder Reusenform entstammt nicht ethischer Überzeugung, sondern der Einsicht, dass man mit vielen der Schlagfallen die - sich allenfalls darüber totlachenden - Mäuse lediglich fütterte: Die armen Insassen wurden anschließend ersäuft oder erschlagen.

Ende des neunzehnten Jahrhunderts kamen biologische Kampfstoffe auf, rückte man Mäusepopulationen etwa mit künstlichen Typhus-Epidemien zu Leibe. Die Ingenieure des zwanzigsten Jahrhunderts schließlich entwickelten monströse Vernichtungsapparaturen, meldeten Hunderte von Patenten an: Der Tod kommt nun per Stromschlag oder durch tausenderlei Arten von Gift. Es gab Versuche, Gipsgemische zu verfüttern, auf dass sich, so eine Ankündigung von 1927, "durch die Magensäfte im Magen ein unverdaulicher Gipskuchen" bilde, "durch welchen der Tod erfolgt". Den schmerzhaftesten Tod bereiten bis heute wohl Blutgerinnungshemmer, die Atemnot und unkoordinierte Muskelkontraktionen auslösen, bis die Tiere an kleinsten Wunden verbluten. Gefährlich sind diese Gifte auch für alle Tiere, welche die verendeten Mäuse fressen. Viel Erfindergeist wurde sodann für Vergasungsmaschinen aufgewendet, die ganze Wühlmausgangsysteme ausräuchern konnten. Und natürlich hat hier auch der Einsatz des Nervengifts Zyklon B gegen Lebewesen seinen Ursprung.

Es ist keine unschuldige Geschichte, die Klein erzählt, im Gegenteil. Nicht selten kommt dies auch in der Rhetorik der Fallenhersteller zum Ausdruck. Ausgerechnet im Jahre 1933 erlangt die Wülfeler Nietenfabrik in Hannover das Patent für ihre "Terrorfalle" mit doppelter Fangauslösung. "Wie ein Magnet" ziehe die "hochinteressante Konstruktion die Tiere" an, heißt es in Werbeanzeigen. Das ist nur sehr indirekt ein Reverenzerweis für die Intelligenz des Gegners, den es wohl nicht zuletzt aus diesem Grund "zu 100 Prozent" zu töten gelte.

Genau das aber steht heute in Frage. Ein Paderborner Unternehmen bietet eine Lebendfalle an, die bei Fangerfolg automatisch eine Mail oder eine SMS an den Fallensteller verschickt, damit er sich des eingesperrten Tiers annehme. Kurioserweise hat diese Technik offenbar ein Mann mit Namen Patrick Mause entwickelt.

Der oft makabren, immer aufregenden Geschichte der Fallen und ihrer Hersteller stellt der Autor etwas weichere Überlegungen hinsichtlich der tiefenpsychologischen Dimensionen der Mäusejagd an die Seite. Welchen weiblichen Körperteil sich der französische Kupferstecher Claude Mellan unter einer Mausefalle vorstellte, wird man sich denken können, wenn man erfährt, dass der Stich zur Pornosammlung August des Starken gehört. Überhaupt, so Klein, sei dieser "Zusammenhang .eindeutig": "Die Maus, der Schrei, die Sexualität". Aber auch, wenn "spitze Maus" tatsächlich "für ein liebesgieriges junges Mädchen" stehen mag, was heißt das für die Geschichte der Fallen? Ist das alles nur der alte Gender-Krieg? Wie immer dem sein mag, ein Krieg ist es allemal. Allerdings hat in diesem Fall die Maus gewonnen. Wir werden mit ihr leben müssen.

OLIVER JUNGEN

Wolfhard Klein: "Mausetod!" Die Kulturgeschichte der Mausefalle.

Verlag Philipp von Zabern, Darmstadt/Mainz 2011. 204 S., Abb., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Jungens Besprechung der aus Wolfhard Kleins Feder stammenden "Kulturgeschichte der Mausefalle" spart nicht an Beispielen für die Letztgenannten. Unglaubliche Kreativität hat der Mensch in seinem seit der Steinzeit andauernden Krieg gegen Haus- und Feldmaus demgemäß entfaltet. Eher primitive Schlagfallen wichen nach und nach elaborierteren Vernichtungsmethoden, die auf Ersäufung, Strangulierung, Guillotinierung, Erschießung, Vergiftung, Vergasung oder Elektrisierung des unbarmherzig verfolgten Nagers hinausliefen, wie der Rezensent teils belustigt, teils bestürzt konstatiert. Derlei gemischte Gefühle prägen Jungens Ausführungen zufolge auch den Tonfall des besprochenen Sachbuches ("versiert, amüsant und erschreckend"). Eine Abrundung erfahre Kleins "ganz erstaunliche" Berichterstattung über historische Mäusetode durch Erkundungen auf dem Gebiet der Tiefenpsychologie.

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