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Mit den jüdischen Einwanderungswellen nach Palästina und verstärkt durch die Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 ist es zwischen der jüdischen Bevölkerung und deren arabischen Nachbarn zu heftigen Auseinandersetzungen, die in Kriege mündeten, gekommen. Diese Entwicklung prägte und prägt nicht nur die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse des Landes, sondern auch das Verhalten der einzelnen Menschen. Amos Oz ist der erzählende Chronist der realen, geistigen und emotionalen Verhältnisse Israels. Sein Roman Ein anderer Ort zeichnet mit der kleinen Welt des Kibbuz einen Mikrokosmos…mehr

Produktbeschreibung
Mit den jüdischen Einwanderungswellen nach Palästina und verstärkt durch die Gründung des Staates Israel im Jahre 1948 ist es zwischen der jüdischen Bevölkerung und deren arabischen Nachbarn zu heftigen Auseinandersetzungen, die in Kriege mündeten, gekommen. Diese Entwicklung prägte und prägt nicht nur die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse des Landes, sondern auch das Verhalten der einzelnen Menschen. Amos Oz ist der erzählende Chronist der realen, geistigen und emotionalen Verhältnisse Israels. Sein Roman Ein anderer Ort zeichnet mit der kleinen Welt des Kibbuz einen Mikrokosmos dieses Landes.
Der Kibbuz liegt an der nördlichen Grenze Israels. Auf den ersten Blick erscheint er, zu Beginn der sechziger Jahre, als ein kleines Paradies auf Erden. Doch wird er zweifach bedroht: von außen, da auf den Bergen über dem Ort feindliche Stellungen lauern. Von innen: Hinter der harmonischen Außenseite tun sich Spannungen auf, verstricken sich die Menschen in verquere Liebesverhältnisse, werden ideologische Differenzen ausgetragen. Amos Oz zeigt in seinem humorvollen, vielstimmigen Roman, der moralische Wertungen vermeidet und auch dem Klatsch die ihm im Kibbuz gebührende Rolle einräumt, die eruptive Gewalt der Leidenschaften und der weltanschaulichen Gegensätze - und die Art und Weise, wie sie, vielleicht, versöhnt werden können.
Autorenporträt
Amos Oz, geb. 1939 als Amos Klausner in Jerusalem, wuchs auch dort auf. Seine Eltern waren 1917 von Odessa nach Wilna (damals Polen) geflüchtet und wanderten von dort nach Palästina aus. 1954 trat er dem Kibbuz Chulda bei und nahm den Namen Oz an, der auf hebräisch Kraft, Stärke bedeutet. Von 1960-63 studierte er Literatur und Philosophie an der hebräischen Universität in Jerusalem und kehrte nach seinem Bachelor-Abschluss in den Kibbuz zurück und lehrte bis 1986 Literatur und Philosophie an der Oberschule Hulda. Seit dem 6-Tage-Krieg war er in der israelischen Friedensbewegung aktiv und befürwortete eine Zwei-Staaten-Bildung im israelisch-palästinensichen Konflikt. Er ist Mitbegründer und herausragender Vertreter der seit 1977 bestehenden Friedensbewegung Schalom achschaw (Peace now). Seit 1987 lehrt er Hebräische Literatur an der Ben-Gurion Universität von Negev, Beesheba. Die Werke von Amos Oz wurden in 37 Sprachen übersetzt. Er hat zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten, u. a. im Jahr 2013 den Franz-Kafka-Preis und 2014 den Siegfried-Lenz-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.09.2007

Bedrohung und ein Hauch Ironie
Amos Oz: „Ein anderer Ort”
Kibbuz, das war ein Traum, der für Israel stand. Kibbuz Mezudat Ram steht irgendwo im Norden Israels, an einer Grenze, egal welcher, denn es sind die sechziger Jahre, und alle Grenzen sind feindlich. Der Kibbuz ist bedroht, so wie das ganze Land, auf latente Weise – eine Bedrohung, die über der Geschichte liegt wie ein leichter dunkler Schleier.
Die Geschichte wiederum, die Amos Oz erzählt, ist eigentlich keine Geschichte, sondern ein kurzer, wie zufällig gewählter Ausschnitt im Leben der Kibbuzniks, der auch anders hätte sein können. Denn Zwangsläufigkeit gibt es nicht, der Kibbuz ist noch jung, er ist wie das Land, eigentlich anderswo, eben ein Traum. Sein sozialistischer Grundgedanke, den die älteren Bewohner in sich tragen, wird gerade vom Hedonismus, vom aufkeimenden Militarismus und der schlichten Lebenslust der Jüngeren in Frage gestellt. Da sind die Alten, der Dichter, der Gärtner, die Witwe. Die Gründer, die ihre alte Heimat verlassen haben und in der neuen nicht wirklich angekommen sind – vor allem jene, die der anonyme Erzähler als Geistesmenschen bezeichnet. Sie haben Sehnsucht nach einer Welt, die nicht mehr existiert. Da ist die Jugend, barfüßig und stark, die liebt und hasst und eigene Kinder bekommt und dennoch von den Mythen der Alten nie ganz frei sein wird. Bei ihr ist es die verlorene Mutter; bei ihm der tote Vater.
Und da ist schließlich der Tatmensch, der Lastwagenfahrer, der neue Israeli, schlicht und bodenständig, der eigentlich einer von den alten ist und einer, der wohl überall auf der Welt seinen Platz finden würde, weil er nicht gegen sie kämpft, sondern sich auf ihre Fehler eingelassen hat. Denn er begeht Fehler wie alle. Aber er kommt am besten damit zurecht.
Es war im Jahr 1966, als Amos Oz mit 27 Jahren diesen, seinen ersten, Roman veröffentlichte. Der Sechs-Tage-Krieg, der Israel in die Rolle des Davids gegen Goliath rückte und das Land dabei endgültig seiner Unschuld beraubte, stand Israel noch bevor. Aber alle Zeichen der großen Veränderung in der nationalen Psyche, die diesem Krieg folgte, scheinen schon auf in „Ein anderer Ort”: Die Zerrissenheit, die Selbstzweifel, die Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung von draußen, Wut, Hass, und, ja, Normalität. Denn die Zeit der Pioniere ist vorbei, die Verlockungen der Städte und der Fremde werden stärker. Amos Oz, der selbst Jahrzehnte im Kibbuz lebte, weiß das genau, deshalb hängt über seiner Geschichte neben der Bedrohung auch ein Hauch Ironie. Als wollte er sagen, euer Leben mag, für einen kurzen Moment, außerordentlich gewesen sein, aber nun seid ihr ein Teil der Wirklichkeit geworden, mit allen menschlichen Kleinheiten und Schwächen. Denn Theodor Herzls neues altes Land, das gibt es hier schon nicht mehr. PETRA STEINBERGER
Amos Oz Foto: Friedrich B./SV-Bilderdienst
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Diesem Roman über einen Kibbuz haftet "ein nostalgischer Firnis" an, schreibt Klaus Siblewski. Den Grund dafür vermutet er in der Tatsache, dass die Kibbuzbewegung zu der Zeit, als Oz diesen leicht verklärenden Roman schrieb, Anfang der 60er Jahre, politisch bereits gescheitert war. Das Anrührende besteht für Siblewski nicht etwa in dem leicht verklärenden, märchenhaften Ton, in den netten Pioniergeschichten, die da verbraten werden, sondern in dem Anschreiben gegen diese Entwicklung: Siblewski spricht von einer "vergeblichen Beredsamkeit". Immerhin, so ganz verklärend kann der Roman auch wieder nicht sein, konstatiert der Rezensent doch auch einen spürbaren Bruch zwischen der älteren und der jüngeren Generation im Kibbuz. Ganz so stimmig kann das Gemeinschaftsleben und -gefühl eben damals schon nicht mehr gewesen sein, und Amos Oz hat ihm - "mit unangestrengtem Bekennermut", so Siblewski - hinterhergetrauert.

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