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John Bergers Kunstbetrachtungen und politische Einreden öffnen dem Leser die Augen: Von der Höhlenmalerei und den Porträts von Faijum über Michelangelo und Rembrandt bis zu van Gogh und Frida Kahlo spannt er den Bogen. Dabei gelingt es ihm, dem Bekannten und Unbekannten stets neue Perspektiven abzugewinnen und uns an seinem poetisch präzisen Zugang zu den Werken teilhaben zu lassen.

Produktbeschreibung
John Bergers Kunstbetrachtungen und politische Einreden öffnen dem Leser die Augen: Von der Höhlenmalerei und den Porträts von Faijum über Michelangelo und Rembrandt bis zu van Gogh und Frida Kahlo spannt er den Bogen. Dabei gelingt es ihm, dem Bekannten und Unbekannten stets neue Perspektiven abzugewinnen und uns an seinem poetisch präzisen Zugang zu den Werken teilhaben zu lassen.
Autorenporträt
John Berger, 1926 in London geboren, war Schriftsteller, Maler und Kunstkritiker. Bereits 1972 wurde er mit dem Booker Preis ausgezeichnet. John Berger lebte viele Jahre in einem Bergdorf in der Haute Savoie. Er starb 2017 in Paris, nur wenige Wochen nach seinem 90. Geburtstag. Bei Hanser erschienen Essaybände, Gedichte und Romane, zuletzt Gegen die Abwertung der Welt (Essays, 2003), Hier, wo wir uns begegnen (2006), A und X (Eine Liebesgeschichte in Briefen, 2010), Bentos Skizzenbuch (2013), Der Augenblick der Fotografie (Essays, 2016), eine Neuausgabe von Von ihrer Hände Arbeit (Eine Trilogie, 2016) und zuletzt Ein Geschenk für Rosa (2018).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Auch von der jüngsten Textsammlung des Essayisten und Kunstkritikers John Berger ist die Rezensentin Verena Auffermann begeistert. Denn Berger sehe "die Bilder nicht losgelöst vom Lebenszusammenhang" und sei kein Theoretiker. "Er tut etwas sehr Einfaches, beinah Kindliches, er befragt die Bilder." Einen "schönen Ausflug" nennt sie deshalb das Eintauchen in seine "unangestrengten Überlegungen zu den Brüchen" (die man erst einmal erkennen muss)" im Werk von Edgar Degas, Brancusi, Morandi oder Frida Kahlo. Berger begehe dabei einen "neuen Weg, Zeit zu beschreiben". Ähnlichkeit ist ihm ein anderes Wort für Gegenwart. Ähnlichkeit auf Bildern, erklärt Auffermann Bergers These, "kann man sogar erkennen, wenn man das Modell oder ein Bild des Modells nie gekannt hat". Zu bemängeln hat sie lediglich eine neue "leicht depressive Haltung" gegenüber der heutigen Schnelllebigkeit und dem "Profit", in seinen Zeitdiagnosen bleibe Berger deshalb angesichts dieser "weinerlichen Haltung hinter seinen Standards zurück". Editorische Kritik übt die Rezensentin schließlich an der "grassierenden Unsitte", auf genaue Angaben über Erscheinungsort und Erscheinungsjahr der Texte zu verzichten.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.08.2004

Es ist eine Lust zu sehen
John Bergers Essayband „Gegen die Abwertung der Welt”
„Was aber sehe ich nur?” Der englische Maler, Romancier und Essayist John Berger geht dieser ebenso einfachen wie schwierigen Frage seit Jahrzehnten mit gespannter Neugierde nach, in seiner Roman-Trilogie „Von ihrer Hände Arbeit” (1982 - 1991) über das bäuerliche Leben seiner Nachbarn in Hochsavoyen ebenso wie in seinen zahlreichen Essaybänden.
Berger ist Detektiv und Spurensucher auf der einen, (Psycho-)Analytiker auf der anderen Seite, wenn er sich einem Kunstgegenstand nähert. Immer geht er strikt vom Konkreten aus (Was sehe ich?) und gelangt nach sorgfältiger Befragung seines Materials zur Abstraktion (Was bedeutet das?). Jede Schematisierung versucht er zu meiden: die Lust zu schauen und der Versuch zu verstehen sind sich ergänzende, einander überlagernde Bewegungen. Berger inszeniert seine Suche lustvoll, liebt die Nebenwege und das Unterholz.
Was ihn von der Höhlenmalerei in der Grotte Chauvet bis zur Gegenwartskunst vor allem fasziniert: Das Spiel von Nähe und Distanz. Warum können die ältesten überlieferten Porträts, die bei Faijum in Ägypten zu Zeiten der Niederschrift der Evangelien entstanden „uns berühren, als seien sie gerade vor einem Monat gemalt, warum nur?” Berger umkreist das Rätsel, ohne es ganz lösen zu können und zu wollen, untersucht, wie in diesem Fall, die sozialen und psychologischen Voraussetzungen für die Entstehung der Bilder, reflektiert ihre Funktion als Grabbeigaben für die Porträtierten, als Bilder, deren Schicksal es war, in der Unsichtbarkeit zu verschwinden.
In gewagten Denkbewegungen konfrontiert Berger Vergangenes und Gegenwärtiges, sucht ihre Differenz zu bestimmen. Schließlich die Frage: Woher rührt die „ungeheure malerische Energie” der Faijum-Porträts? Zugespitzt gesagt: aus einer existentiellen Spannung des Lebens, die dem modernen Menschen nicht mehr gegeben ist. So wird die Bildbetrachtung zur Geschichte eines Verlustes, eines Mangels, der vor diesen Bildern spürbar wird.
Was haben alte, überlieferte Kunstwerke mit uns Heutigen zu tun? Immer wieder stellt Berger diese, seine Lieblingsfrage. Worin besteht zum Beispiel die Anziehungskraft des Triptychons von Hieronymus Bosch mit dem Garten der Lüste in der Mitte? Bergers aktualisierende Antwort: „Boschs Prophetie trifft das Weltbild, das uns die Medien heute unter dem Druck der Globalisierung vermitteln und das nichts anderes kennt als die selbstvergessene Pflicht, ständig zu verkaufen.” Nicht nur an dieser Stelle formuliert Berg seine vehemente Kritik der Globalisierung, die zumindest hier zu einem wenig überzeugenden Analogieschluss führt.
Anregender sind seine Auseinandersetzungen mit Frida Kahlo und van Gogh, mit dem Filmregisseur Michelangelo Antonioni, der für ihn eigentlich ein Maler ist, sowie seine spekulativen Anmerkungen zu Rembrandt. Angesichts der Vielzahl von Umarmungen in den Meisterwerken Rembrandts Meisterwerken erwägt er: „Für Rembrandt war die Umarmung vielleicht gleichbedeutend mit dem Akt des Malens, und beides war vielleicht ein diesseitiges Gebet.”
Mit einer Art zupackenden Zärtlichkeit nähert Berger sich seinen Gegenständen, scheut weder entschiedene Subjektivität noch rückhaltlose Empathie bei seinen Versuchen, „den Anblick einer anderen Ordnung des Sichtbaren (zu) erhaschen”. Es ist lehrreich, amüsant und reizt oft zum Widerspruch, Bergers „Schritten zu einer kleinen Theorie der Sichtbarkeit” zu folgen.
CLAUS-ULRICH BIELEFELD
JOHN BERGER: Gegen die Abwertung der Welt. Essays. Aus dem Englischen von Hans Jürgen Balmes. Hanser Verlag, München 2003. 210 Seiten, 17,90 Euro.
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"Man liest die Essays und der Geist fliegt mit. Ein schöner Ausflug" Verena Auffermann, DIE ZEIT