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Unterhaltsam Kurioses aus der Wiener Stadtgeschichte auf Spaziergängen zu prächtigen Zinshäusern
Abseits der Ringstraßenpalais durchzieht ein großer Facettenreichtum an Zinshäusern die Stadt. Noble Mietvillen und vornehme Bürgerhäuser ebenso wie ehemalige Arbeiterkasernen machen Wien zu einer der historisch interessantesten Städte Europas. Die Seele eines Hauses sind seine Bewohner. Im Fall der Wiener Zinshäuser haben stets auch die Eigentümer viel zum Schicksal der Gebäude beigetragen. Sie entscheiden über den Erhalt von Schützenswertem, kennen ihre Mieterinnen und Mieter persönlich und…mehr

Produktbeschreibung
Unterhaltsam Kurioses aus der Wiener Stadtgeschichte auf Spaziergängen zu prächtigen Zinshäusern

Abseits der Ringstraßenpalais durchzieht ein großer Facettenreichtum an Zinshäusern die Stadt. Noble Mietvillen und vornehme Bürgerhäuser ebenso wie ehemalige Arbeiterkasernen machen Wien zu einer der historisch interessantesten Städte Europas. Die Seele eines Hauses sind seine Bewohner. Im Fall der Wiener Zinshäuser haben stets auch die Eigentümer viel zum Schicksal der Gebäude beigetragen. Sie entscheiden über den Erhalt von Schützenswertem, kennen ihre Mieterinnen und Mieter persönlich und erleben mitunter Kurioses bei der Verwaltung der Häuser.

Silke Farmer-Wichmann und Clemens Riha sind mit Zinshausbesitzer_innen ins Gespräch gekommen und haben dabei Unterhaltsames, Berührendes und Wissenswertes zutage gefördert. In Spaziergängen durch unterschiedliche Stadtteile Wiens präsentieren die Autoren uns über 50 Gebäude in Anekdoten, prächtigen Fotografien und humorvollen Illustrationen, die Wiens private Historie zum Leben erwecken.
Autorenporträt
Silke Farmer-Wichmann studierte Zoologie und arbeitete einige Jahre als Ökopädagogin, bevor sie durch Zufall oder Schicksal zum Zeitungswesen fand. Nach 14 Jahren als Redakteurin bei Tages- und Wochenzeitungen beschloss sie 2020, den Journalismus an den Nagel zu hängen. Seither widmet sie sich vorwiegend Sachbuch- und Kinderbuchprojekten. Clemens Riha entdeckte recht früh seine Leidenschaft für Immobilien. Als gelernter Immobilientreuhänder gründete er mit 22 Jahren zusammen mit seinem Bruder Bernhard eine eigene Firma, die sich seither mit der Entwicklung von Zinshäusern beschäftigt. Vor allem geschichtsträchtige Objekte haben es ihm angetan, wie er mit der Idee zu diesem Buch anschaulich unter Beweis stellt. Privat brennt der mittlerweile zweifache Vater voll und ganz für seine Familie.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.07.2023

Prächtig wohnen zu plausiblen Mieten
Zwei wunderschöne Bildbände erzählen die Geschichte der berühmten Zinshäuser in Wien
Die New York Times hat kürzlich einen episch langen Artikel über Wohnen in Österreich gedruckt. „Stellen Sie sich ein Utopia für Mieter vor“, lautete die Überschrift, „es könnte so aussehen wie in Wien.“ Aufmacherfoto ist eine Luftaufnahme vom Flachdach eines städtischen Wohnblocks im Stadtteil Floridsdorf, in das ein Swimmingpool eingelassen ist; darunter ein Foto von elegant geschwungenen Fassaden voller blühendem Grün.
Die US-Zeitung entdeckt in dem Bericht ein Phänomen, wofür das die österreichische Hauptstadt längst berühmt ist: den Wiener Gemeindebau, Anlagen des kommunalen sozialen Wohnungsbaus, deren Bau das „Rote Wien“ seit Beginn des 20. Jahrhunderts vorantrieb. Kaum eines der Gebäude in der Stadt verfügt zwar, wie der Heinz-Nittel-Hof, über einen Pool, aber bis heute garantiert der Wiener Gemeindebau etwa einem Drittel der Einwohner der Hauptstadt relativ preisgünstiges Wohnen in bisweilen durchaus anspruchsvoller Architektur.
Mindestens ebenso wie vom Gemeindebau des Roten Wien nach dem Ende der Monarchie ist die Stadt allerdings vom Boom des sogenannten Zinshauses im 19. Jahrhundert geprägt. Mietshäuser, in denen zahlreiche Familien teils unterschiedlicher Gesellschaftsschichten zusammenlebten und einen „Mietzins“ zahlten, boomten – wie vor der Jahrtausendwende – in vielen europäischen Städten; in Wien aber, wo 1857 Kaiser Franz Joseph per Dekret die Schleifung der Stadtbefestigung und die Anlage neuer, durch eine Ringstraße erschlossener Stadtviertel ermöglichte, explodierten Markt und Möglichkeiten. Allein rund um den Ring entstanden zwischen 1860 und 1914 knapp tausend Wohnhäuser von großer Pracht. Erst das bürgerliche Zinshaus des 19. und der Gemeindebau des 20. Jahrhunderts zusammen gaben und geben Wien sein charakteristisches Gesicht.
Zwei opulente und mit viel Liebe erstellte Bildbände mit historischen und soziologischen Einordnungen sind nun zur Geschichte des Wiener Zinshauses erschienen, und nebeneinander ergeben sie eine quasi zweidimensionale Doppelausstellung mit Geschichte und Geschichten. „Das Wiener Zinshaus; Bauen für die Metropole“, das im Residenz-Verlag erschienen ist, widmet sich der Architektur und ihren charakteristischen Details, von der Prachtstiege und den Antichambres über die Salons und die Hinterhöfe bis zu den typischen Bewohnern – Spekulanten, Witwen, Rentiers, Adelige und Arbeiter. Auf 250 Seiten berichten Marion Krammer, Andreas Nierhaus und Margarethe Szeless darin, unterstützt von der Fotografin Nora Schoeller, von Pracht und Emanzipation im Vordergrund, aber auch von Ausbeutung und Armut dahinter.
„Wenn Wände reden könnten“ aus dem Verlag Kremayr & Scheriau wiederum erzählt die Geschichten ausgewählter Zinshäuser aus der ganzen Stadt bis in die Jetztzeit – samt ihrer Erbauer und ihrer heutigen Bewohner. Silke Farmer-Wichmann sowie Clemens und Bernhard Riha haben Fakten, Annalen und Anekdoten zusammengetragen, Karoline Rais hat die Architektur und die Menschen fotografiert.
Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts drängten sich innerhalb der Stadtmauern Wiens auf 1,4 Quadratkilometern 50 000 Einwohner. Mit der Stadterweiterung, der Industrialisierung und dem Zuzug Hunderttausender Arbeiter aus dem Osten des k. u. k. Reichs wurde die Stadt binnen weniger Jahrzehnte zur einzig wahren Metropole des großen Reichs. 1910 hatte die Stadt dann schon mehr als zwei Millionen Einwohner, innerhalb von sechs Jahrzehnten hatte sich die Bevölkerung also vervierfacht. Die Wohnungsnot war in der Folge dramatisch, Menschen hausten in Erdlöchern und Verschlägen.
Der Adel und die Reichen hingegen ließ sich von den Stararchitekten der Zeit, von Ludwig Förster und Theophil Hansen, später von Josef Hoffmann, Otto Wagner und Adolf Loos regelrechte Prachthäuser hinstellen, die nur noch von der Opulenz palastartiger Repräsentationsbauten jüdischer Bauherren in den Schatten gestellt wurden. Jüdinnen und Juden nämlich durften mit kaiserlicher Verordnung von 1860 erstmals Grundbesitz erwerben – unter anderem, weil die Monarchie mit dem Verkauf des Stadterweiterungsgrunds ihre leeren Schatullen füllen musste. Das Haus von Moriz und Hermine Gallia in der Wohllebengasse, einem assimilierten jüdischen Fabrikanten und dessen Frau, das zum Statussymbol für das neue, jüdische Bürgertum wurde, ist später mit den wunderbaren Erinnerungen ihres Urenkels Tim Bonyhady („Wohllebengasse: Die Geschichte meiner Wiener Familie“, Zsolnay, 2013) in die Literatur eingegangen.
In der Stadt brach ein regelrechter Bauwahn aus, ganze Straßenzüge wurden abgerissen, Gärten und Parks zerstört, kleine Wohnhäuser niedergerissen. Der Wettbewerb um Schönheit, Reichtum und Selbstdarstellung des Wiener Bürgertums und des Adels wurde immer heftiger, was sich vor allem in den Fassaden spiegelte: Im Katalog der Wienerberger Ziegelfabrik konnte man, wie in einem Versandhauskatalog, Fassadenschmuck shoppen: Puttos, Statuen, Kapitelle, Firste, Ornamente, Stuckatur nach Belieben.
Gebaut wurde in der Regel mit Ziegel, der von der Wienerberger Ziegelfabrik kam und die andere Seite des architektonischen Rausches versinnbildlichte. Denn die Zinshäuser der modernen Großstadt, in die, oberhalb der Beletagen und repräsentativen Salons der unteren Geschosse, zunehmend auch kleinbürgerliche Familien und Arbeiter einzogen, wurden von Zehntausenden Tagelöhnern erbaut, die unter unvorstellbaren Bedingungen hausten.
Die sogenannten Ziegelböhm aus dem Osten des Kaiserreichs, aus Böhmen und Mähren, stellten die Ziegel her, Frauen, sogenannte Maltaweiber, schleppten den Mörtel über wackelige Leitern in die Höhe, wo sie unter Lebensgefahr verarbeitet wurden. Erst die legendären Reportagen des Journalisten und Gründers der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, Viktor Adler, der die tristen Wohn- und Arbeitsverhältnisse der rechtlosen und ausgebeuteten Ziegelböhm beschrieb, schufen die Grundlage dafür, dass sich die sozialen Bedingungen, sehr langsam, besserten. Die Gemeindebauten des frühen 20. Jahrhunderts trugen dazu bei.
Aber auch hinter dem opulenten Äußeren der eleganten Wohnanlagen waren Armut und Demütigungen Alltag: Ein schikanöses Mietrecht ermöglichte es den Besitzern, Mieterinnen und Mieter schon bei kleinsten Verzögerungen ihrer Zahlungen innerhalb von 14 Tagen zu „delogieren“, ganze Familien fanden sich mitsamt Mobiliar unversehens auf der Straße. Die Stadtbevölkerung lebte zunehmend nach Einkommen und Schichten getrennt, die Mieten stiegen wegen des drastischen Wohnungsmangels schon damals exorbitant, sogenannte Aftermieter (Untermieter) und Bettgeher, die sich tage- oder stundenweise ein Bett teilten, waren die Norm. Dienstboten wurden zumeist in winzigen Kammern hinter der Küche untergebracht – oder auch in Verschlägen, die, weitgehend unsichtbar, von den Vorzimmern abgetrennt waren.
Wer heute durch die Stadt schlendert, wird vor allem die berühmtesten Exemplare des frühen Zinshauses sehen: das Jugendstil-Ensemble entlang der Linken Wienzeile, dessen berühmtestes wohl das Majolikahaus von Otto Wagner ist, die zahllosen Prachtbauten entlang des Rings, prunkvolle Gebäude in den zentrumsnahen Stadtvierteln. Oder auch architekturhistorische Aufreger wie das „Haus ohne Augenbrauen“ am Michaelerplatz von Adolf Loos, das auf Fensterumrahmungen verzichtete und in seiner Schlichtheit die Zeitgenossen verstörte.
„Wenn Wände reden könnten“ weitet den Blick bis in die hintersten Bezirke und erzählt nicht nur vom Inneren und Äußeren, von Architektur und Bauherren, sondern auch von den Wienern, die bis heute darin leben. Von genialen Renovierern und reichen Spinnern, von mutigen Sanierern und passionierten Gärtnern, von Häusern für Tiere und tierischem Hausschmuck. Wer Ideen oder Eindrücke davon sammeln will, wie Wien lebt, nehme sich beide Bücher vor. Zusammen mit einer Tour durch den Wiener Gemeindebau ist Wien dann, zumindest von außen, erobert.
CATHRIN KAHLWEIT
Wettbewerb um Schönheit, Reichtum und Selbstdarstellung: Dachlandschaft in der Wiener Lichtenfelsgasse.
Foto: Nora Scoheller
Marion Krammer,
Andreas Nierhaus,
Margarethe Szeless,
Nora Schoeller (Fotos): Das Wiener Zinshaus. Bauen für die Metropole. Residenz Verlag,
Wien 2023. 250 Seiten, 39 Euro.
Clemens Riha,
Silke Farmer-Wichmann:
Wenn Wände
reden könnten.
Verlag Kremayr &
Scheriau, Wien 2023.
279 Seiten, 36 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wien ist nicht nur für Prachtbauten, sondern auch für bezahlbare Mieten bekannt: Das liegt nicht nur am Gemeindebau des Roten Wien, sondern auch am Boom des sogenannten Zinshauses im 19. Jahrhundert, erinnert Cathrin Kahlweit. Erfreut nimmt sie mit "Das Wiener Zinshaus" und "Wenn Wände reden könnten" zwei wunderbare Prachtbände zur Hand, die ihr mit historischen und soziologischem Hintergrund die Geschichte des Zinshauses erzählen: Die Kritikerin bewundert hier nicht nur die prächtigen Bauten, sondern erfährt auch, wie sich die Wiener Bevölkerung innerhalb von sechs Jahren vervierfachte, in Folge Straßenzüge und kleinere Wohnhäuser niedergerissen wurden und ein Wettkampf um Schönheit ausbrach. Gebaut wurde allerdings von Zehntausenden Tagelöhnern unter schrecklichen Bedingungen, erfährt Kahlweit ebenfalls. Darüber hinaus herrschten hinter den Fassaden der eleganten Gebäude nicht selten Armut und Schikane gegen die Mieterinnen und Mieter, liest die Kritikerin. Im Band "Wenn Wände reden könnten" lernt sie außerdem noch Wiener kennen, die bis heute in Zinshäusern leben.

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