179,95 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Versandfertig in 6-10 Tagen
payback
0 °P sammeln
  • Gebundenes Buch

Ernst Troeltsch war für März 1923 eingeladen, als einer der ersten deutschen Gelehrten nach dem Weltkrieg in London, Oxford und Edinburgh Vorträge zu seinem Lebenswerk zu halten, starb jedoch kurz zuvor. Die postum veröffentlichten Texte der insgesamt fünf Einzelvorträge vermitteln Troeltschs Idee einer europäischen Kultursynthese im Anschluss an seine Studien zu Der Historismus und seine Probleme (KGA 16). Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe wird in diesem Band erstmals das deutsche Original der Vorträge gemeinsam mit der englischen Übersetzung präsentiert. Das Erscheinen der englischen…mehr

Produktbeschreibung
Ernst Troeltsch war für März 1923 eingeladen, als einer der ersten deutschen Gelehrten nach dem Weltkrieg in London, Oxford und Edinburgh Vorträge zu seinem Lebenswerk zu halten, starb jedoch kurz zuvor. Die postum veröffentlichten Texte der insgesamt fünf Einzelvorträge vermitteln Troeltschs Idee einer europäischen Kultursynthese im Anschluss an seine Studien zu Der Historismus und seine Probleme (KGA 16). Im Rahmen der Kritischen Gesamtausgabe wird in diesem Band erstmals das deutsche Original der Vorträge gemeinsam mit der englischen Übersetzung präsentiert. Das Erscheinen der englischen Buchfassung noch in Troeltschs Todesjahr motivierte zur deutschen Ausgabe, in der die Texte in anderer Anordnung (und an einer Stelle leicht verkürzt) wiedergegeben sind. Die Geschichte der deutschen und englischen Doppelveröffentlichung liefert zugleich einen Einblick in den schwierigen deutsch-britischen Kulturtransfer in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.
Autorenporträt
Gangolf Hübinger & Andreas Terwey, Europa-Universität Viadrina Frankfurt a.d. Oder.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.03.2007

Brücken nach England
Ernst Troeltsch wirbt für die europäische Kultursynthese
Im Unterschied zu Weber, Sombart und Schmoller ist Ernst Troeltsch lange von der Forschung vernachlässigt worden. Gleichwohl spielte er im Umfeld dieser Intellektuellen eine wichtige Rolle für die Einheit der historischen Kulturwissenschaften um 1900, für deren interdisziplinäre Vernetzung er sich einsetzte. Seit einiger Zeit aber erfährt Troeltsch eine Renaissance, die sich unter anderem in der im Auftrag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Kritischen Gesamtausgabe seiner Werke niederschlägt. Nun ist diese Ausgabe um den vorbildlich edierten Band 17 bereichert worden, dessen Herausgeber Gangolf Hübinger unter anderem einer der intimsten Kenner der Schriften Max Webers ist.
In seiner gelehrt und elegant geschriebenen Einleitung stellt er Troeltsch in den historischen Zusammenhang der Fragestellungen des Kulturprotestantismus und der Religionssoziologie. Sie zeigt den Sozialwissenschaftler als praktischen Philosophen.
Troeltschs Kampf gegen den Zynismus des Machtstaatsdenkens der deutschen Geschichtswissenschaft war nicht zuletzt geleitet von der Idee einer europäischen Kultursynthese, die er im Anschluss an sein berühmtes Buch „Der Historismus und seine Probleme” (1922) formulierte. Der Zeitpunkt dafür erschien dringlicher denn je. Als Ernst Troeltsch Anfang 1923 vom katholischen Religionsphilosophen Friedrich Freiherr von Hügel eingeladen wurde, in London, Oxford und Edinburgh insgesamt fünf Vorträge zu halten, war er einer der ersten deutschen Intellektuellen, die sich bemühten, nach dem Ersten Weltkrieg die ehemals guten Kulturbeziehungen zwischen Großbritannien und Deutschland zu erneuern.
Troeltsch starb jedoch kurz vor seiner geplanten Englandreise. Noch im gleichen Jahr kam die englische Fassung seiner Vorträge heraus und seine Witwe Marta Troeltsch engagierte sich für eine deutsche Ausgabe. Dass jetzt die englischen und deutschen Texte zusammen präsentiert werden, bündelt in kongenialer Weise eines der großen Anliegen von Troeltsch, das darin bestanden hatte, die nach 1918 zunächst tiefe Kluft zwischen Deutschland und Westeuropa wieder zu überbrücken.
Wie bedeutend dieser Versuch war, lässt sich erst mit dieser Edition verstehen. So wie der Weltkrieg auch als Kulturkrieg geführt wurde, so wichtig empfand Troeltsch in Friedenszeiten die Rückgewinnung der geistigen Beziehungen. Für sein kulturgeschichtliches Denken war England stets relevant gewesen. In seinen Augen besaß die englische Gesellschaft eine Schlüsselfunktion für die Entwicklung Europas in die wirtschaftlich und politisch globalisierte Moderne. Deshalb nahm Troeltsch den Auftrag mit großem Enthusiasmus an, in Großbritannien über seine geschichtsphilosophischen Ansichten zu sprechen.
Sein früher Tod vereitelte zwar persönliche Begegnungen mit britischen Theologen und Philosophen in Großbritannien, aber es war bereits ein Jahr zuvor in Berlin zu Zusammentreffen mit englischen Kirchenvertretern und Professoren gekommen.
In die pazifistische Zukunft
Troeltsch beschäftigte sich mit Themenkomplexen, von denen Hübinger schreibt, sie hätten einen intellektuellen Beitrag zur „Umschmelzung” aller kulturhistorischen Bestände leisten sollen. Im Mittelpunkt standen dabei zum Beispiel geschichtstheologische und gegenwartsphilosophische Überlegungen für eine Universalgeschichtsschreibung, die an sein Buch über den Historismus anknüpften. Die Bestseller von Oswald Spengler und Herbert George Wells, „Der Untergang des Abendlandes” von 1918 und „The Outline of History” von 1920, beeindruckten Troeltsch und dokumentierten wie wenige andere populäre Geschichtswerke die jeweiligen wissenschaftlichen und kulturellen Räume, in denen sie entstanden: hier der konservative Kulturkritiker und Nietzscheaner Spengler, dessen morphologische Betrachtungsweise den romantischen Geschichtsdiskurs aktualisierte; dort der in der Tradition des englischen Positivismus stehende liberale Wells, der in der Verflechtung von Weltpolitik und Weltwirtschaft eine pazifistische Zukunftsperspektive erblickte.
Aus dem Verhältnis von Universalgeschichte und Kultursynthese leitete Troeltsch nun jenes Denkmodell für seine eigene Fragestellung ab, das ihn zum Verfassen seiner fünf englischen Vorträge führte. Und auf den Grundlagen von Religion, Philosophie und Politik bilanzierte er geschichtsphilosophische Kriterien, die er für eine Theorie ethischen Handelns in der europäischen Nachkriegsordnung maßgeblich fand. Dass Ernst Troeltsch damit einer der bedeutendsten Gelehrten seiner Zeit war, der es sich zu eigen machte, den Bruch zwischen Westeuropa und Deutschland zu überwinden, illustriert dieser Band sehr eindringlich. Er ist ein Glanzstück der internationalen Troeltsch-Forschung. BENEDIKT STUCHTEY
ERNST TROELTSCH: Fünf Vorträge zu Religion und Geschichtsphilosophie für England und Schottland. Der Historismus und seine Überwindung (1924)/ Christian Thought. Its History and Application (1923). Herausgegeben von Gangolf Hübinger in Zusammenarbeit mit Andreas Terwey. Verlag Walter de Gruyter, Berlin und New York 2006. XVI, 266 Seiten, 128 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mustergültig findet Rezensent Benedikt Stuchtey diese Edition von Ernst Troeltschs "Vorträgen zu Religion und Geschichtsphilosophie für England und Schottland", die nun als Band 17 der Kritischen Gesamtausgabe vorliegen. Er lobt die vorzügliche Einleitung des Herausgebers Gangolf Hübinger, die Troeltsch in den historischen Kontext der Fragestellungen des Kulturprotestantismus und der Religionssoziologie stelle. Die in deutscher und englischer Fassung vorliegenden Vorträge bezeugen für Stuchtey eindrucksvoll die Bemühungen des Autors um eine Wiederaufnahme der ehemals guten Kulturbeziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien nach dem Ersten Weltkrieg. Besonders hebt er dabei Troeltschs Plädoyer für eine europäische Kultursynthese hervor. Insgesamt würdigt er den Band als "Glanzstück der internationalen Troeltsch-Forschung".

© Perlentaucher Medien GmbH
"This is a solid edition, which Troeltsch scholars, but also other theologians and historians will welcome."
Anthony J. Steinhoff in: Neue Politische Literatur 1/2008

"[Dieser Band] ist ein Glanzstück der internationalen Troeltsch-Forschung."
Benedikt Stuchtey in: Süddeutsche Zeitung 1. März 2007