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yellowdog

Bewertungen

Insgesamt 2164 Bewertungen
Bewertung vom 08.10.2025
Baricco, Alessandro

Abel


gut

Alessandro Baricco hat immer interessante Plots, er hat aber einen hohen Stil, an den man sich jedes mal neu gewähnen muss.
Ein Westernsetting ist ungewöhnlich, bietet aber auch Atmosphäre und Möglichkeiten für den Protagonisten zu agieren.
Als Leser schwanke ich stark zwischen Irritation und Bewunderung.
Leicht enttäuschend, dass aus der Beziehung zwischen Abel und Hallelujah Wood nicht mehr gemacht wird.
Für mich sind am Ende knapp 7 von 10 Punkten vertretbar.

Bewertung vom 08.10.2025
Dabos, Christelle

Die Spur der Vertrauten


gut

Zu diesem Buch habe ich recht spontan gegriffen, um dann zu merken, dass ich schon altersbedingt nicht unbedingt die Zielgruppe bin. Doch dann komme ich doch ganz gut ins Buch, das eine einfallsrecihe Geschichte erzählt. Goliath und Claire sind beides gute Hauptfiguren.
Das Buch wurde dann doch zu lang und jedenfalls für mich belanglos, aber für Freunde des Genres ist es vermutlich mehr als ordentliches Lesefutter.

Bewertung vom 08.10.2025
Stamm, Peter

Auf ganz dünnem Eis


sehr gut

Der Schweizer Schriftsteller Peter Stramm ist einer der ganz wenigen Autoren von Bedeutung, der neben Romanen auch immer wieder Erzählungsbände schreibt. Auf ganz dünnem Eis versammelt 9 Kurzgeschichten. Es sind gediegene, kleine Erzählungen ohne allzu viel Handlung und auf der Oberfläche gesehen eher kühl.Aber man spürt schnell, dass unter dieser Oberfläche mehr liegt.
Wie bei vielen Erzählungsbänden kann man mit manchen Geschichten mehr anfange als mit anderen.Meine Favoriten sind die Titelgeschichten Auf dünnem Eis I und Auf dünnem Eis II.
Eine Geschichte zeigt Passagen aus America got talent, mit den Auftritten von Susan Boyle und Paul Potts. Sehr gut beobachtet.
Mit der dystopischen Erzählung Wintern schließt das Buch nahezu majestätisch. Absolut bemerkenswert.
Die meisten Erzählungen sind sehr ruhig, aber alle haben präzise Beschreibungen. Das Markenzeichen für Peter Stamm.

Bewertung vom 08.10.2025
Hinkson, Jake

Die Tochter des Predigers


sehr gut

Donna Quichotte und Sancho Pansa

Die Tochter des Predigers hat eine spannende und interessante Story, die den Leser zu dem Buch lockt. Doch zu Beginn ist der Roman zu schleppend. Mit Ausnahme der 18jährigen Protagonistin Lily, die ihren verschwundenen Freund Peter sucht, sind die Figuren zu flach. Lebhafter wird es erst, als mit Allan Woodson eine komplexere Figur auftaucht. Lily und Allan werden ein Team auf der Suche nach Peter. Wie im Nachwort angemerkt wirken sie tatsächlich ein wenig wie eine Donna Quichotte und Sancho Pansa.
Auch die Dialoge haben jetzt mehr Pep.

Jake Hinkson hat mit Arkansas einen Schauplatz gewählt, den er gut kennt und entsprechend vermittelt. Das Buch hat einen Hauch von Country Noir.
Insgesamt habe ich es aber in erster Linie als Familiendrama gelesen.

Ein kluges Nachwort von Peter Henning schließt das Buch.

Bewertung vom 08.10.2025
Petersen, Christoffer

Sieben Gräber für den Winter


sehr gut

Sieben Gräber für den Winter ist einerseits ein geradliniger Krimi, andererseits aber auch ein Buch, das viel über Grönland zeigt. Die Umgebung, die Kultur, die Sprache. Christoffer Petersen thematisiert viel von Grönland, auch über Probleme und die Politik.
Er zeigt auch die Unterschiede zwischen einer Gro0stadt wie Nuuk und einem Dorf wie Inussuk. Beides sind Schauplätze der Handlung.

Eine weitere große Stärke des Romans ist seine Hauptfigur, David Maratse. Er wurde in Nuuk bei einem Einsatz schwer verletzt und frühpensioniert. Aber so ganz ist er noch nicht bereit, loszulassen und da noch weitere Romane mit ihm folgen, wird sich das wohl auch nicht so schnell ändern., Trotz Schmerzen bleibt Maratse aktiv und auch widerspenstig. Er forscht inoffiziell in einem Fall über den Tod einer jungen Frau, die er durch Zufall im Meer gefunden hatte. Wir Leser wissen, dass sie ermordet wurde, denn die brutale Tat wurde in einem Kapitel gezeigt. Und auch Maratse ahnt es.
Ich denke, Christoffer Petersen hat seinen Grönlandkrimi gut gestaltet und man darf gespannt sein, ob das hohe Niveau in den folgenden Teilen gehalten wird.

Bewertung vom 02.10.2025
Nadolny, Sten

Herbstgeschichte


ausgezeichnet

Ein neues Buch des inzwischen 83jährigen Schriftstellers Sten Nadolny ist ein Ereignis. Die Erzählweise ist überwiegend zurückerinnernd.
Ausgangspunkt ist die Begegnung zweier Männer (ein Schauspieler und ein Schriftsteller) mit einer jungen Studentin, die in Schwierigkeiten ist.
Daraus entwickelt sich die Handlung über eine längere Zeit und mit Zeitsprüngen.
Der Erzählton ist ruhig und abgeklärt. Ehrlich gesagt, wirkt es auch ein wenig altmodisch, aber für Sten Nadolny-Leser wird das sehr in Ordnung sein.
Das Geschick und die Raffinesse des Autors sorgen für eine außergewöhnliche Handlung.
Diese junge Frau, um die es geht, Marietta, ist rätselhaft und wird es lange bleiben. Das trägt den Roman.

Bewertung vom 30.09.2025
Abdollahi, Michel

Es ist unser Land


sehr gut

Es ist unser Land ist im Prinzip der Nachfolger von Michel Abdollahis Buch Deutschland schafft mich, aber es ist ernster, fast schon düster.
Das Resümee über Deutschlands politische Entwicklung ist Ernüchternd. Man spürt den kaum verhaltenen Zorn, den Michel Abdollahi zu Recht hat.
Dennoch gibt er sich auch kämpferisch, wie schon der Untertitel „Wir dürfen Deutschland nicht den Rechten überlassen“ verrät.
Ich habe das Buch mit Interesse gelesen.

Bewertung vom 24.09.2025
Lucchetti, Emanuela

Historische Fälschungen


sehr gut

Vier spektakuläre Fakes

Historische Fälschungen ist ein dünnes Buch, aber kompakt und fordernd.
Der Untertitel „Vier spektakuläre Fakes, die die Welt verändert haben“ ist zutreffend und die Veränderungen waren nicht gerade zum positiven.

Im Vorwort werden aktuelle Fake News, die wirklich tragisch sind, aufgeführt. Das wird dann in Verbindung mit historischen Fälschungen gebracht. Diese reichen von Anfang des 10 Jahrhunderts bis Anfang des 21.Jahrhundert. Die Lüge von Massenvernichtungswaffen in Irak löste einen weitreichenden Krieg aus. Das ist nicht so historisch, man spürt die Folgen immer noch. Und KI wird weitere Gefahren dieser Art bedeuten.

Das zusammen macht eine Gefahr deutlich, der man sich bewusst sein muss.
Daher muss man das Essayband von Emanuela Lucchetti als wichtig einstufen.

Bewertung vom 18.09.2025
Louis, Édouard

Der Absturz


ausgezeichnet

DER Autor des Autofiktionalen

Edouard Louis ist der vielleicht Beste Autor des Autofiktionalen. Oft schon hat er über sich und seine Familie geschrieben. Diesmal geht es um seine Bruder, mit dem ihm ein schwieriges Verhältnis verband und der relativ jung verstarb.
Dieser Bruder hatte mehrere Seiten. Eine war sensibel, eine andere brutal.
Er war dem Alkohol verfallen und trotz großer Gefühle war er brutal gegenüber seinen Freundinnen. Und seine Ansichten waren fragwürdig. Zum Bruder war das Verhältnis auch distanziert. Und es gab eine latente Gefahr der Gewalt.
Edouard Louis Bericht ist auch in einem Konflikt. Zum einen war ihm kein nähere Verhältnis zum Bruder möglich, zum anderen gibt es Zweifel, ob er mit Schuld daran trägt.
Es gibt einen Verlust und in diesem Buch versucht er, zum Teil, Verständnis zum Bruder zu finden.
Mich hat das Buch durchgängig beschäftigt und bewegt.

Bewertung vom 17.09.2025
Minoui, Delphine

Badjens. Roman


ausgezeichnet

Badjens ist ein Buch, dass von der Kindheit und Jugend eines Mädchens im Iran erzählt und wie sie die vielen Beschränkungen im Land gegen Frauen wahrnimmt.
Badjens ist 2006 geboren. Es wird konsequent aus ihrer Perspektive erzählt.
Es zeigt sich ein Stimmung der Jugend gegen Kopftuch und Einschränkung der Rechte von Frauen, die zu Widerstand führt. Nach dem Tod von Mahsa Amini 2022 kommt es zu deutlichen Protesten und Badjens schließt sich an.
Delphine Minoui wählt eine moderne Sprache, um ihre Hauptfigur lebendig werden zu lassen und es gelingt ihr.