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Bellis-Perennis
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Wien

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Insgesamt 1155 Bewertungen
Bewertung vom 15.10.2025
Dutzler, Herbert

Der Plattenspieler unter der Dachschräge


ausgezeichnet

Erinnerungen an die eigen Jugend

Wir begleiten Siegfrid „Sigi“ Niedermayr seit er zehn Jahre alt ist und in die erste Klasse des Gymnasium kommt. Nun, in diesem 4. Band ist er 16 Jahre alt und seine Welt ist steter Veränderung unterworfen. Das einzige, das sich nicht ändert sind seine Liebe zu Büchern und gutes Essen, das er sich nun selbst kochen kann, obwohl er deswegen von seinem Vater gehänselt wird.

Wie schon in den Vorgängern erinnert sich der erwachsene Sigi beim Digitalisieren der zahlreichen Dias aus seiner Kindheit und Jugend, die er beim Ausräumen des Hauses seiner verstorbenen Mutter, entdeckt hat.

So führt er uns an bei der Betrachtung der Fotos in seine Welt von damals zurück. Eine Welt, die sich um die Schule, Mädchen und schicke Klamotten (beides beinahe unerreichbar) sowie das Erwachsenwerden in einem oberösterreichischen Dorf dreht. Es gibt kaum Unterhaltung und für Vergnügungen außerhalb fehlt Sigi das Geld. Deshalb zieht sich Sigi mit seiner Stereoanlage, die er sich von seinem Lohn aus dem Ferialjob gekauft hat, in sein Zimmer unter der Dachschräge zurück und hört die Rockmusik der 1970er. Statt wie früher Karl May liest er nun Peter Handke und Perry Rhodan. Der erste Bartflaum sprießt wie die Pickel und Sigi beginnt abzunehmen.

Sigi entwickelt sich zu einem selbstbewussten Schüler (mit durchwachsenem Noten), der seinen Mund noch nicht halten kann, wenn es um Ungerechtigkeiten geht. Schließlich wird er zum Klassensprecher gewählt und findet sich in einer undankbaren Situation wieder.

Doch nicht alles geht glatt in seinem jungen Leben: Die Eltern trennen sich, nachdem der Vater betrunken einen Autounfall verursacht hat und nicht Sigis Mutter auf der Beifahrerseite gesessen ist. Auch seine geliebte Großmutter wird von Woche zu Woche vergesslicher. Mit der häuslichen Situation ist Sigi ziemlich überfordert. Da tritt mit Tante Irmgard endlich eine Person in seine Welt, die ihn und seine Sorgen ernst nimmt und ihm einige gute Ratschläge (bezüglich Frauen) mit auf seinen weiteren Lebensweg geben kann. Ob er sich daran hält, werden wir hoffentlich in einem nächste Band lesen können.

Meine Meinung:

Wie schon bei den Vorgängern erzählt Autor Herbert Dutzler die Episoden aus Sigis (und vermutlich seiner eigenen) Jugend mit ein wenig Augenzwinkern.

Für alle jene, die die rund um 1960 geboren sind, ist dieses Buch eine Reminiszenz an die eigene Jugend: Nachprüfung in der Schule, Liebeskummer, (Hard)Rock hören sowie erste Jeans und Glockenhosen, inklusive. Einige werden sich vermutlich mit Abscheu an das Brummen des Schädels nach übermäßigem Konsum von Bier oder Wein und dem Rauchen erinnern.

Jetzt eben, beim Rezension schreiben, habe ich Deep Purple (Made in Japan, Machine Head) sowie Black Sabbath und Uriah Heep gehört.

Fazit:
Gerne bin ich mit Sigi wieder in die 1970er-Jahre eingetaucht, auch, wenn die eine oder andere Erinnerung für mich persönlich nicht so angenehm gewesen ist (verpatzte Nachprüfung in Französisch und sitzenbleiben). Aber, das ist eine andere Geschichte. Für die von Sigi gibt es jedenfalls 5 Sterne.

Bewertung vom 15.10.2025
Kinkel, Tanja

Sieben Jahre (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Penibel recherchiert und gekonnt erzählt

Wer kennt sie nicht, die Erzählungen über die Schlesischen Kriege, deren dritter als Siebenjähriger Krieg in die Geschichte eingegangen ist? Ursprünglich als österreichischer Erbfolgekrieg geführt, um die Pragmatische Sanktion, die der österreichischen Erzherzogin Maria Theresia ihre Recht auf den Thron sichern sollte, und sich zu einem Machtkampf in Europa entwickelt, weil jeder Herrscher glaubt, vertragsbrüchig werden zu müssen und der jungen Regentin Gebiete entreißen zu können.

Und in genau jene Epoche entführt uns Tanja Kinkel nun. Dabei geht es ihr nicht ausschließlich um militärische und politische Erfolge, sondern auch um das Selbstverständnis der Herrscherfiguren. Als Österreicherin liegen ja meine Sympathien bei Maria Theresia, die nie gekrönte Kaiserin von Österreich sondern Erzherzogin der österreichischen Erblande, Königin von Böhmen und Mähren sowie Königin von Ungarn und Herrscherin über Dutzende andere (kleine) Reiche, die hier zu erwähnen, den Rahmen sprengen würden. Kaiserin ist sie nur als Gemahlin von Franz Stephan von Lothringen, der als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zum KAISER desselben gewählt worden ist. Friedrich spricht auch in diesem Buch von Maria Theresia immer abschätzig als Königin von Ungarn. Nach ihrem Tod im Jahr 1780 wird er in einem Brief an d’Alembert 1781 schreiben.

„Sie hat ihrem Thron und ihrem Geschlecht Ehre gemacht.“

Geschickt und bildhaft versucht Tanja Kinkel die komplexe Person Friedrich, der sich 1756 am Zenit seiner Macht befindet, zu beschreiben. Wir lesen von seiner bekannten Beziehung zu seinem Vater, der ihn und seinen Freund Katte wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilt, das Urteil dann aber doch nur an Katte vollstrecken lässt, aber Friedrich zum Zuschauen zwingt. Was das mit einer ohnehin schwierigen Vater-Sohn-Beziehung macht, kann man sich ausrechnen bzw. in weiterer Folge zum Beispiel an Hand seines Verhaltens seinem Neffen Friedrich Wilhelm gegenüber, den er zum Thronfolger bestimmt, aber gleichzeitig ziemlich ruppig behandelt, nachlesen.

Wir erfahren aber auch um andere, höchst emotionale Beziehungen innerhalb der Familie der Hohenzollern. Ich habe vor einigen Jahren das Buch von Katrin Feuerstein-Praßer Friedrich der Große und seine Schwestern gelesen, in dem das innige Verhältnis zu seinen Schwestern beschrieben wird. Zu den Brüdern Heinrich und August Wilhelm ist das Verhältnis ein wenig schwieriger, besteht es doch aus einem komplexen Geflecht aus Loyalität und Rivalität.

Was ich an Tanja Kinkel schätze, ist ihr Gespür für die Sprache in jener Zeit, in der das Werk spielt sowie das geschickte Verknüpfen von historischen Fakten und Fiktion. Dazu ist genaue Recherche erforderlich, die Tanja Kinkel perfekt beherrscht.

Zudem kommen hier mehrfach Perspektivenwechsel zum Einsatz, so dass ein und dieselbe Situation von unterschiedlichen Blickwinkel betrachtet werden. Das gefällt mir, weil sich si ein mehrdimensionales Bild der entsprechenden Lage ergibt.

Am Beginn dieses rund 850 Seiten starken historischen Romans finden wir ein Personenverzeichnis, das uns hilft die zahlreiche Mitglieder der Hohenzollern, ihre Feinde und Freund (auch in wechselnden Allianzen) auseinander zu halten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Roman, der weder vom Umfang noch vom Inhalt ein Leichtgewicht ist, 5 Sterne.

Bewertung vom 15.10.2025
Jeglitsch, Lisa

Dunkles Wien - Die Morde von Lainz (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Fesselnder Reihenauftakt!

Der Titel dieses Krimis hat mich sofort an die Mordserie jener Krankenschwestern erinnert, die in den Jahren 1983 bis 1989 zahlreiche Menschen im Krankenhaus Lainz ermordet haben. Doch das Lesen des Klappentextes hat mich eines Besseren belehrt. Hier geht es um eine Frau und einen Mann, die im Lainzer Tiergarten jeweils mit acht Messerstichen und mit einem Abstand von mehreren Jahren ermordet worden sind.

Doch von Anfang an:

Als man die Leiches des jungen Mannes aus dem Lainzer Tiergarten als Sohn einer wohlhabenden Wiener Familie identifiziert, weiß noch niemand, welche Kreise dieses Verbrechen ziehen wird und wie Ermittlerin vom LKA Wien
betroffen sein wird.

Zunächst sind die Kriminalbeamten Laura Sturm und ihr Kollege Karl Suchanek einem mutmaßlichen Täter auf der Spur. Sie stehen unter Druck, weil ihr Chef Martin Farkas den Fall noch vor den nahenden Weihnachtsfeiertagen abschließen.

Doch dann zweifelt Laura an dem Ermittlungsansatz. Sie erinnert sich an den Mord an einer Hebamme einige Jahre zuvor. Die tote Frau ist ziemlich genau am Fundort der aktuellen Leiche abgelegt worden und der modus operandi ist nahezu ident. Doch der damalige Täter sitzt im Gefängnis. Der Besuch in der Vollzugsanstalt Krems-Stein, in der jene Täter einsitzen, die eine lebenslange Haft verbüßen müssen, bringt außer einem Wiedersehen mit dem psychopathischen Mann und der Erkenntnis, dass er für den zweiten Mord das beste Alibi hat, wenig Erkenntnisse. Dennoch lässt Laura die Akten zum alten Fall ausheben.

Haben sie es mit einem Trittbrettfahrer zu tun?

Meine Meinung:

Lisa Jeglitsch präsentiert einen fesselnden Debüt-Krimi, bei dem wenig so ist, wie es scheint. Das beginnt bei den Eltern des toten Mannes, die wenig sympathische wirken und allerhand zu verbergen haben. Geld und Macht allein machen weder glücklich noch liebenswürdig.

In diversen Rückblicken erhalten wir Einblick sowohl in die Leben und Hintergründe der beiden Toten. Doch es gibt noch andere, die durch das Fehlverhalten der Hebamme Leid erfahren haben.

Die Charaktere, sowohl die guten als auch die schlechten, sind vielschichtig angelegt. Sie haben ihre Ecken und Kanten. Laura Sturm und Karl Suchanek sind ein gutes Team.

Ich habe recht bald eine Idee gehabt, wer für die Morde verantwortlich sein könnte, bin aber dann von der Autorin gehörig in die Irre geführt worden, um dann zum Schluss doch den richtige Riecher gehabt zu haben. Die zahlreichen Wendungen machen den Krimi so richtig spannend. Die Auflösung ist sehr gut gelungen.

Dieses Krimi-Debüt überzeugt durch eine stringente Handlung, komplexe Charaktere und das Flair von Wien abseits der üblichen Schauplätze. Ich freue mich schon auf eine Fortsetzung.

Fazit:

Diesem gelungenen Reihenauftakt, der mir ein unverwechselbares Lesevergnügen bereitet hat, gebe ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Bewertung vom 15.10.2025
Follett, Ken

Stonehenge - Die Kathedrale der Zeit (eBook, ePUB)


schlecht

Für mich persönlich ein Flop

Dieses Buch ist eine herbe Enttäuschung für mich. Es wirkt auf mich, wie aus zahlreichen Versatzstücken zusammengestoppelt. Ähnlichkeiten im Ablauf und den Charakteren aus der Kingsbridge-Reihe sind zu erahnen.

Die Geschichte selbst könnte überall und zu jeder Zeit spielen. Nur hin und wieder gibt es Hinweise auf die Errichtung von Stonehenge vor 2.500 Jahren. Zu dieser Zeit leben Jäger, Bauern und Hirten in der Gegend. Man begegnet einander kaum, was gut ist, sind sich doch die Gruppen spinnefeind. Besonders ausgeprägt ist die Rivalität zwischen Hirten und Bauern. Die einen kultivieren das Land und die andern beanspruchen dasselbe als Weide für ihre Tiere. Ob sich die Gesellschaften der drei Gruppen wie beschrieben unterschieden hat? In der bäuerlichen Gruppe erhebt sich einer über alle und beansprucht alles Land, Vieh und Frauen, während bei den Hirten Mann und Frau gleichberechtigt und friedlich zusammenleben. Naja, ich weiß nicht.

Es kommt, wie es kommen muss: Nach einer Dürre eskalieren die köchelnden Konflikte und nichts ist mehr wie früher.

Obwohl lt. Verlagsinfo die bewährten Übersetzer am Werk sind, fällt der eher lieblose Umgang mit der Sprache auf. Zudem häufen sich Tippfehler, was bei einem Buch eines Bestsellerautors nicht passieren dürfte.

Die Handlung ist banal und zieht sich zusätzlich noch, es gibt kaum Spannung und die Charaktere sind nur schwarz oder weiß.

Fazit:

Dieser erschreckend banalen Handlung, die zudem lieblos niedergeschrieben (oder übersetzt) wirkt, kann ich leider nichts abgewinnen und bewerte den Roman, den man kaum als historisch bezeichnen kann, mit einem Stern.

Bewertung vom 11.10.2025
Laffite, René

Die bittersüße Rache vom Montmartre (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Gute Krimiunterhaltung!

Wie jedes Jahr kommt die Familie Morel in Cannes zusammen, um Weihnachten zu feiern. Noch bevor man sich zu Weihnachtsgans, Foie gras und Champagner zusammensetzen kann, verschwindet Frédéric Morel zunächst spurlos. Hat Commissaire Geneviève Morels Bruder und Mitglied des kriminellen Familienbusiness‘ einen seiner zahlreichen Widersacher erzürnt?

Nachdem bei der Polizei niemand über ihre Zugehörigkeit zu den Morels Bescheid weiß, ist sie auf sich alleine gestellt. Niemand weiß vom Familienbusiness. Nein, nicht ganz, Olivier Guyon, Chef der BRI, der Brigade de Recherche et Invervention, mit dem Geneviève bereits mehrmals zu tun hatte, weiß mehr, als er zugibt. Doch ist er der einzige, der ihr Vertrauen und die Möglichkeiten besitzt, Frédéric aus den Händen der Entführer zu befreien.

Zunächst begibt sich Geneviève allein auf eine Schnitzeljagd durch halb Frankreich, bis Olivier aktiv ins Geschehen eingreift. Doch ihr Gegner scheint übermächtig und ihnen immer einen Schritt voraus zu sein.

Ausgerechnet Geneviève, die auf Grund ihrer Profession als schwarzes Schaf der Familie gilt und Kunstdiebstähle à la Großmama Olivia ablehnt, muss nun für die Freilassung ihres Bruders ein besonderes Gemälde von Frida Kahlo stehlen. Dabei an ihrer Seite - Olivier Guyon, dem der Ausflug auf die andere Seite des Gesetzes sichtlich Spaß macht.

Wird es gelingen, Frédéric aus den Fängen der Entführer zu befreien? Und was ist das Motiv? Die wertvollen Ohrringe, die im vorherigen Band aus dem Museum in Grenoble verschwunden sind?

Fragen über Fragen, die nicht nur Geneviève Morel, sondern auch uns Leser beschäftigen.

Meine Meinung:

Dieser vierte Krimi mit Commissaire Geneviève Morel und ihrer Familie, deren Wahlspruch Ars est nostra ars (Kunst ist unsere Kunst) lautet, ist wieder gut gelungen. Mehrmals musste ich schmunzeln, wenn Geneviève den Verdacht äußert, ihre Großmutter Mamie ist an der Entführung ihres Enkels nicht ganz unschuldig. ICh habe ähnliches vermutet, die Auflösung überrascht dann doch ein wenig.

Ein bisschen meckern muss ich aber dennoch. Geneviève Morel wird als tough beschrieben, dennoch wundert sie sich, warum der oder die Entführer ihr immer einen Schritt voraus sind. Mein Argwohn ist, nachdem das zweite Mal das Wort Smartwatch gefallen ist, geweckt worden. Haben einst nicht die Taliban den geheimen Stützpunkt der US-Soldaten ausfindig gemacht, als sie gedankenlos ihre täglichen Laufrunden absolviert haben? Eben! Zu Genevièves Entschuldigung muss man natürlich die besondere Situation berücksichtigen, aber ...

Autor René Lafitte, hinter diesem Pseudonym versteckt sich Christian Schleifer, lässt es zwischen Geneviève und Olivier ordentlich knistern. Ob das etwas wird mit den beiden? Immerhin sind beide mit anderen Personen mehr oder weniger fix liiert. Nun ja, on verra, wie die Franzosen sagen.

Fazit:

Gerne bewerte ich diesen Krimi, der auch für einiges Schmunzeln sorgt, mit 5 Sternen.

Bewertung vom 11.10.2025
Pavicsits, Nina

We are Austria


ausgezeichnet

Gute Idee!

Der Bogen jener 77 österreichischen Frauen, deren Kurzbiografien hier zu lesen sind, ist breit gefächert. Natürlich sind nicht alle Frauen, die ungewöhnlich, unangepasst oder mutig für Frauen(rechte) eingetreten sind, hier aufgelistet. Dafür gibt es am Ende des Buches ein Leerformular, in das frau ihre Wunschkandidatin eintragen kann. Ein echt coole wie aufmerksame Idee!

Die Autorin hat angemerkt, dass sie das Buch für ihre Kinder geschrieben hat, weil sie nichts Adäquates gefunden hat. Daher sollte der Inhalt, der Schreibstil und die Gestaltung des Buches unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden. Der Schreibstil ist (passend für Kinder) einfach gehalten. Nicht alle graphischen Darstellungen finden meine ungeteilte Zustimmung. Aber Geschmäcker sind eben verschieden. Das pinkfarbene Cover fällt auf, der Blattschnitt mit den Vornamen einiger Frauen ebenfalls.

Ich kenne bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Frauen. Die Idee, die Frauen ihre kurz gehaltene Biografie selbst erzählen zu lassen, ist ein gelungener Einfall.

Manches wie die Geschichte von Sisis böser Schwiegermutter, die der Kaiserin die Kinder wegnimmt, ist inzwischen historisch nicht mehr zu halten. Nun ja, Romy Schneider lässt grüßen. Oder Alma Mahler-Werfel, die ihre antisemitische Haltung nie aufgegeben hat und der hier ein paar Worte der Reue in den Mund gelegt werden.

Fazit:

Das Buch, das in gediegener Aufmachung als Hardcover daherkommt, kann jedenfalls das Interesse von Kindern und Jugendlichen wecken, einige dieser Frauen näher betrachten zu wollen. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Bewertung vom 06.10.2025
Ottenschläger, Madlen

OTTO fährt los - Weihnachten in Finnland


ausgezeichnet

Diesmal macht sich Zauberbus Otto mit seiner Urlaubsfamilie auf den Weg nach Finnland, um dort Weihnachten zu erleben. Doch das ist ganz anders als in Deutschland oder Österreich. Geschickt erläutert Autorin Madlen Ottenschläger, was finnische Weihnachten ausmacht. So lernen wir das Lucia-Fest, den Weihnachtsmann (den man hier Joulupukki nennt) sowie Weihnachtswichtel kennen. Die Urlauberfamilie bestehend aus Mama Rieke, Papa Jakob und Sohn Anton schlendert über den Weihnachtsmarkt, knabbert am finnischen Lebkuchen und staunt über Polarlichter.

Wie schon in den anderen Büchern dieser Reihe, sind die Texte für Kinder ab 4 Jahren sehr gut geeignet, um Interesse an fremden Ländern zu wecken. Die Illustrationen von Stephanie Reich sind abermals entzückend und lassen die Kinder zuvor Gelesenes entdecken.

Fazit:

Das Buch eignet sich perfekt als kleines Geschenk für die Weihnachtszeit. Gerne gebe ich ihm 5 Sterne.

Bewertung vom 05.10.2025
Weigold, Christof

Der deutsche Tycoon / Hardy Engel Bd.5


ausgezeichnet

Dieser fünfte und möglicherweise, wie der Autor im Nachwort andeutet, letzte Fall für Hardy Engel gibt uns zunächst einen kurzen Rückblick in das Jahr 1920, als Hardy, damals noch als Reinhard Engel in die USA einwandert und am Pier in New York entscheidende Hilfe von Paul Levy erhält.

1932, Engel ist aktuell ein arbeitsloser Privatdetektiv, als sich die beiden wieder begegnen. Levy, nunmehr Paul Bern, hat es geschafft! Er ist nun einer der mächtigen Filmproduzenten von Metro-Goldwyn-Mayer und Ehemann von Hollywood-von Leinwandikone Jean Harlow (obwohl er eigentlich noch mit einer anderen Frau verheiratet ist).

Paul Bern beschafft Hardy einen lukrativen Job, was sowohl für den Privatdetektiv als auch für seinen besten Kumpel, den Barbesitzer Buck, der bei der Mafia hohe Schulden hat, einen Glücksfall darstellt. Wenig später wird Paul Bern ermordet und Hardy, der für seine Freunde so ziemlich alles tun würde, verbeißt sich in den Mordfall, der als Selbstmord vertuscht werden soll.

Natürlich geht das Ganze nicht ohne Blessuren für Hardy ab. Doch schlimmer ist die Erkenntnis, dass man in Hollywood niemandem trauen kann.

Meine Meinung:

Wie üblich verknüpft Autor Christof Weigold Fakten und Fiktion. Gekonnt stellt er die Schlangengrube Hollywood an den Pranger, die auch vor so manchem mächtigen Mann nicht Halt macht. Ob Bern Suizid beging oder doch einem Mord zum Opfer gefallen ist, ist nach wie vor Anlass für Spekulationen.

Wir begegnen zahlreichen etablierten Hollywood-Größen wie Clark Gable oder solchen, die es später, wie Cary Grant, noch werden sollten. Und ja, die zahlreichen echten oder erfundenen Sex-Affären von Clark Gable & Co machen auch vor Hardy Engel nicht Halt. Hollywood - DER Sündenpfuhl ist gespickt mit zahlreichen Affären zwischen Filmpartnern, ob Mann oder Frau, ungewollte Schwangerschaften, Ehebruch oder Bigamie.

Abermals hat Autor Christof Weigold viel Herzblut in die Recherche gesteckt und einen höchst komplexen Kriminalfall entwickelt. Manchmal ist nicht klar, ob Hardy aus diesem Interessenkonflikt unbeschadet herauskommen wird.
Jedenfalls steht sein Entschluss, dem Intrigantenstadel und Moloch Hollywood den Rücken zu kehren, fest. Wird es ihm gelingen?

Fazit:
Für Fans von komplexen Krimis, in denen gekonnt Fakten mit Fiktion verknüpft werden, ist die Hardy-Engel-Reihe höchst empfehlenswert. Gerne gebe ich hierfür 5 Sterne und hoffe doch auf eine Fortsetzung.

Bewertung vom 05.10.2025
Lotter, Johann Christian

Im Bann der Freibeuter (eBook, ePUB)


sehr gut

Eine Leseempfehlung!

Johann Christian Lotter entführt uns mit diesem historischen Roman in das 17. Jahrhundert. Als Rahmen dient die bevorstehende Hinrichtung des als Freibeuter verurteilten Richard Kreutzner, der eigentlich Sohn eines Silberminenbesitzers aus Freiberg in der Mark Meißen ist, und 1697 als 17-Jähriger der väterlichen Tyrannei entkommen ist. Bibliothekar in London wollte er werden. Doch in Hamburg fällt er auf einen Schwindel herein und findet sich auf einem Segler wieder, der anstatt nach London zu segeln auf die lange Reise nach China geht. wenig später wird aus dem ehemaligen Bergknappen ein unfreiwilliger Seemann und Freibeuter.

„Das Leben als Pirat ist anstrengend und der Gesundheit abträglich.”

In New York kommen Richard seine bergmännischen Kenntnisse zugute. Doch es hilft alles nichts. In London macht man ihm gemeinsam mit Captain Kidd und einigen anderen Männern den Prozess wegen Piraterie.

Während Richard Kreutzner mit fünf anderen Männern, darunter einem Mann namens Thursday, auf den Docks von London auf seine Hinrichtung durch den Strang wartet, wittert der Gerichtsreporter und Dichter Daniel Defoe eine spannende Story und lässt sich von Kreutzner die Geschichte seines Lebens erzählen.

Wird er in letzter Sekunde vom König begnadigt werden?

Meine Meinung:

Autor Johann Christian Lotter hat hier einen historischen Abenteuerroman geschrieben, der sich sehr gut lesen lässt. Wir begegnen historischen Personen wie William Kidd, der zunächst mit offiziellem Kaperbrief der englischen Krone ausgestattet, Jagd auf französische Schiffe macht, sowie unter anderem Daniel Defoe, der seinen Lebensunterhalt als Gerichtsreporter bestreitet.

Schon bei der Erwähnung der Namen Thursday und Daniel Defoe sind bei mir Erinnerungen an einen mehrfach verfilmten Lesestoff hochgekommen. Der geneigte Leser kann sich denken, dass es hier um Robinson Crusoe handelt.
Ist schon Defoes Robinson ein Tausendsassa, der angebliche 28 Jahre auf einer einsamen Insel überlebt, so steht ihm Christian Kreutzner in nichts nach. Als Bücherwurm hat er einiges theoretisches Wissen angehäuft und kann dieses nun endlich (?!) in die Praxis umsetzen. So baut er sich aus Holzstücken einen Jakobsstab mit dem er eine recht grobe Ortsbestimmung durchführen kann. Entzückend auch die Liebesgeschichte mit einer indischen Prinzessin, die ihm an Einfallsreichtum und handwerklichen Fertigkeiten ebenbürtig ist. ,

Schmunzeln musste ich, weil Kreutzner als Seemann nur bedingt geeignet ist. Er hat Höhenangst, weshalb das Klettern in den Wanten für ihn ein Albtraum ist und davon befreit wird. Nun ja, das halte ich für ein wenig geschönt und unwahrscheinlich. Genauso wird das harte Leben an Bord ein wenig weichgespült. Ja, es gibt den einen oder andern Seemann, der Richard nicht mit Wohlwollen begegnet. Als Geschützmeister macht Kreutzner seine Sache recht gut.

In den vier Jahren seit seiner Flucht vor dem Vater erlebt Richard mehr Abenteuer als ihm lieb sind. Dass sein Vater ein besonderes Exemplar an Unmenschlichkeit ist, zeigt der Brief, den er an den Sherriff von London schickt in dem erstens seinen Sohn als Piraten bezeichnet und zweitens einen Geldbetrag von neunzig Pfund Sterling und zwei Shilling einfordert.

Interessant ist die Erwähnung der Fahrkunst, einer frühen Variation eines bergmännischen Aufzuges, mit dem die Kumpel in die Stollen und Schächte befördert worden sind.

Fazit:

Diesem gelungenen Abenteuerroman, der sich flott lesen lässt, gebe ich gerne 4 Sterne.

Bewertung vom 05.10.2025
Töpfner, Astrid

Die verschwundenen Jahre


ausgezeichnet

Während der Aufstieg der Nationalsozialisten und der anschließende Zweite Weltkrieg längst Eingang in die Belletristik gefunden haben, so habe ich den Eindruck, der Spanische Bürgerkrieg und die Franco-Diktatur sind (noch) nicht so präsent. Astrid Töpfner schafft hier durch diesen historischen Roman ein wenig Abhilfe.

Marina, die Enkelin der 102-jährigen Clara, ist TV-Journalistin und soll eine Reportage rund um die Exhumierung und neuerliche Beisetzung von Spaniens Diktator Francisco Franco vorbereiten. Noch weiß sie nicht, wie der Bürgerkrieg ihre eigene Familie betroffen hat. Klar ist nur, dass sowohl das Verhältnis zwischen Großmutter Clara und ihrem Sohn Ivo (Marinas Vater) zerrüttet ist als auch ihre eigene Beziehung zum Vater ein gespanntes ist, denn Ivo ist voll Wut. Auf Frauen im allgemeinen, auf seine beiden Ex-Frauen, seine Tochter, auf die Politik und vermutlich auch auf sich selbst. Obwohl Marina in ihrem Job selbstbewusst ist, muss sie sich eingestehen, dass keine ihrer Beziehungen Bestand hat. Hat das alles mit den Ereignissen von 1936 zu tun? Eine Art epigenetisches Trauma?

In den langen Gesprächen mit Clara werden wir in die Zeit ab 1936 zurückkatapultiert, in eine Zeit, die nach wie vor nicht aufgearbeitet worden ist und unsägliches Leid über Spaniens Familien gebracht hat.

Astrid Töpfner pendelt geschickt zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her. Die Ereignisse von 1936 erzeugen eine Sogwirkung, der man sich kaum entziehen kann. Die Autorin hat penibel recherchiert und erzählt nicht nur über die Grausamkeiten des Regimes sondern auch eine Familiengeschichte, die von verpassten Chancen, Missverständnissen, Neid, Trauer, Liebe, Schuld und Vergebung zerrissen ist.

Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, sodass hier eine spannende wie tragische Geschichte, in der nicht klar ist, wer Freund oder Feind ist, entstehen kann.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet. Wie sehr die Ereignisse die Menschen prägen, ist an der Figur Ivo zu sehen. Mit einer Mutter, die vor Trauer um ihren Mann kaum lebensfähig ist, die weil sie als Regimegegnerin gilt, weder Lebensmittelmarken, Arbeit noch eine Witwenrente erhält, kann das Kind Ivo keine gesunde Entwicklung nehmen. In der Schule verachtet und verprügelt, wird er, um weiter nicht aufzufallen, zu einem Opfer der Indoktrination durch Lehrer sowie Mitschüler und zu einem fast fanatischen Anhänger Francos.

Wie schon erwähnt, weiß ich über den Spanischen Bürgerkrieg und seine bis heute bestehenden Nachwirkungen und die immer wieder aufpoppenden Konflikte (ETA, Autonomie- bzw. Abspaltungsbestrebeungen) zu wenig Bescheid. Meine bisherige Lektüre hat sich eher mit den Internationalen Brigaden, der Legion Condor oder der Rolle der Intellektuellen wie Picassos (Stichwort Guernica) beschäftigt. Ich weiß zwar, dass man Familien, die im Verdacht gestanden sind, Regimegegner also Kommunisten und Sozialisten zu sein, die Kinder weggenommen hat, um sie in Klöstern und/oder regimetreuen Familien zu linientreuen Untertanen zu erziehen. Wie viele Kinder betroffen waren und sind, lässt sich nicht genau eruieren, weil der Wille diese Grausamkeiten der Franco-Diktatur aufzuarbeiten, (noch?) nicht vorhanden ist. Es braucht mehr solcher Kriegsenkel wie Marina, die ihre Familientraumata begreifen und verarbeiten wollen.

Fazit:

Dieser historische Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht, steht stellvertretend für alle jene Familien, die während und nach der Franco-Diktatur unsägliches Leid erfahren haben. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.