Benutzer
Benutzername: 
Bellis-Perennis
Wohnort: 
Wien

Bewertungen

Insgesamt 1137 Bewertungen
Bewertung vom 26.09.2025
Wolf, Klaus-Peter

Der Weihnachtsmannkiller Bd.3


ausgezeichnet

Unerwartetes Finale

Alle Welt wähnt den Weihnachtsmann-Killer Tobias Henner aus den beiden Vorgängern tot in der Ostsee, als sich Susi Gröpeling bei ihrer Therapeutin Dr. Boden meldet und sie zu ihrer Hochzeit bei einer Fischbude einlädt. Ihr schwant Böses, weshalb sie Ann Kathrin Klaasen verständigt.

Noch herrscht sommerliches Getriebe an der Ostsee. Doch als die Geschäfte mitten im August Lebkuchen und Spekulatius in die Regal räumen, beginnt Tobias akribisch mit den Vorbereitungen zum diesjährigen Showdown. Die Liste der Personen, die er vernichten will muss, ist länger denn je. Allen voran Ann-Kathrin Klaasen, für die in seinem Adventkalender das 24. Türchen reserviert ist. Doch auch Jörg Tapper, der Chef des Café Ten Cate, und Vincent Pötter, jener Pseudokünstler, der den Weihnachtsmann-Killer verhöhnt, stehen ganz weit oben.

Doch es kommt anders als er denkt, denn Fluchtgefährtin Susi erlebt einen dramatischen Flashback in ihre eigene Vergangenheit...

Meine Meinung:

Mit einem unerwarteten Finale endet die Reihe um den Weihnachtsmann-Killer, die fast ganz Ostfriesland in Atem gehalten hat.

Wie schon in den Vorgängern wird der Krimi aus verschiedenen Perspektiven erzählt. So dürfen wir an den Gedanken von Tobias Henner und Susi Gröpeling teilhaben, den Diskussionen der Kripo-Beamten lauschen, machen uns gemeinsam mit Frau Dr. Bogen ein bisschen Sorgen um Henner und erleben den Medienhype rund um PennywiseNullZwo, der um der Reichweite in den sozialen Medien willen, beinahe über sprichwörtliche Leichen geht.

KHK Rupert schafft es wieder einmal durch seine unbedachten und zotigen Macho-Sprüche Kriminaldirektorin Schwarz in Weißglut zu versetzen. Bin schon sehr neugierig, wann sie, entnervt von der Truppe rund um Ann Kathrin Klaasen das Handtuch wirft.

Wie wir es von Klaus-Peter Wolf gewöhnt sind, baut er durch zahlreiche unerwartete Wendungen die Spannung immer weiter auf, bis sie sich zuletzt in einem fulminanten Showdown entlädt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem packende Finale der Weihnachtmann-Killer-Trilogie 5 Sterne.

Bewertung vom 26.09.2025
Maiwald, Stefan

Alle weg


ausgezeichnet

Hat mich gut unterhalten

Wenn nach dem Ferragosto (15. August) die Anzahl der Touristen in Italiens Touristengebieten schlagartig abnehmen, kehrt auch an der Oberen Adria, in diesem Fall in Grado, wieder ein wenig Ruhe ein. Die Einheimischen können aufatmen und sich zwischen September und April wieder ihren eigenen Vorlieben widmen, bevor die neue Saison beginnt.

Der deutsche Autor Stefan Maiwald fängt genau diese Momente ein. Wir Leser können ihn und die Gradeser in den Monaten September bis April beobachten. Fixpunkt seiner Betrachtung ist Pinos Bar, in der nun wieder der Fernseher läuft und sich Grados Bewohner Schnurren und Anekdoten erzählen. Dabei nimmt Maiwald, der mit seiner italienischen Frau und den Töchtern in Grado lebt, die Rolle des (deutschen) Beobachters ein, der über manche Angewohnheit nur staunen kann.

Stefan Maiwalds Schreibstil ist präzise und humorvoll. Mehrmals musste ich beim Lesen hellauf lachen. Die meisten seiner Texte sind kurz, oft scharf formuliert, ohne jedoch (ab)wertend zu sein. Der Autor wirkt auf mich, obwohl er schon länger in Grado lebt, nach wie vor wie ein Staunender. Ein bisschen wie ein Kind vor dem beleuchteten Christbaum. Apropos Christbaum! Maiwalds Töchter können sich glücklich schätzen, zu Weihnachten gleich mehrfach beschenkt zu werden, denn er hat einige Traditionen aus Deutschland in der Familie eingeführt.

Und bevor man sich an die Beschaulichkeit gewöhnt hat, stehen im April die ersten Touristen wieder ad portas ...

Fazit:

Gerne gebe ich diesem vielschichtigen Einblick in das Leben von Grado nachdem alle weg (die Touristen nämlich) sind, 5 Sterne.

Bewertung vom 25.09.2025
Dische, Irene

Prinzessin Alice (eBook, ePUB)


sehr gut

Fakten und Fiktion verschwimmen

Ich hatte schon das Vergnügen, die Lebensgeschichte der Alice von Battenberg kennenzulernen, nämlich im Sachburg „Coburg Darmstadt Windsor“ von Mark Grinsted sowie in der Biografie "Alice von Battenberg, Schwiegermutter der Queen" von Katrin Feurstein-Praßer.

Daher erschien es mit außerordentlich reizvoll, eine mögliche Perspektive der Alice von Battenberg kennenzulernen. Da es kaum Korrespondenz oder gar ein Tagebuch zu geben scheint, kann sich die Autorin in ihren Dialogen austoben.

Alice von Battenberg wird 1885 geboren. Sie ist ein hübsches Kind, doch dann bemerkt man, dass sie gehörlos ist. Zu jener Zeit ist Taubstummheit ein Makel, gleichbedeutend mit einer geistigen Behinderung. Heute würde man versuchen, mittels Cochlea-Implantat Abhilfe zu schaffen. Allen Unkenrufen zum Trotz ist sie intelligent und lernt in mehreren Sprachen Lippen Iesen, weshalb sie wie andere der zahlreichen Prinzessinnen aus dem weitverzweigten Hause Coburg-Darmstadt-Windsor, aus Staatsräson verheiratet wird. Zwar scheinen Alice und Andreas von Griechenland einander zugetan, trotzdem geht er recht bald eigene Wege. Bekannte Verwandte sind Alix, die spätere Alexandra Fjodorowna, letzte Zarin von Russland sowie deren Schwester Elisabeth „Ella“, die ebenfalls einen Romanow geheiratet hat und ermordet worden ist.

Sie bringt insgesamt vier Töchter und einen Sohn, Philip, der später eine bedeutende Rolle spielen wird, zur Welt, bevor sie 1922 aus Griechenland vertrieben werden. Während sich Andreas nach Monaco abseilt, müssen Alice und ihre Kinder als arme Verwandte ihr Leben fristen. Ohne Vermögen, ohne Beschäftigung und ohne Ehemann, dafür abhängig von der Gnade ihrer Schwägerinnen Edwina und Marie Bonaparte. Ausgerechnet Marie Bonaparte, die selbst ihre psychischen Probleme hat, mischt sich nachhaltig in Alices Leben ein. Alice driftet (vermutlich) in eine Depression. Die von Bonaparte bezahlten Ärzte diagnostizieren Schizophrenie und sperren sie in eine Klinik, in der sie allerlei grausamer Therapien unterzogen wird. Sie scheint auch mit den damals üblichen Medikamenten voll gepumpt zu sein, weshalb wir Leser nie genau wissen, was real oder was vom Medikamentennebel hervorgerufen ist. Während ihres Klinikaufenthaltes werden, ohne ihr Wissen, ihre Töchter verheiratet und Philip in ein Internat gesteckt.

Ihre tiefe Religiosität, in die sich in Ermangelung menschlicher Wärme geflüchtet hat, scheint mir nicht absonderlich oder unwahrscheinlich zu sein. Erschütternd finde ich die Rolle die Marie Bonaparte in Alices Leben gespielt hat. Eine Frau, deren Leben ebenfalls durch eine dynastische Heirat mit einem augenscheinlich homosexuellen Mann, de facto nur auf dem Papier besteht, die selbst massive psychische Probleme hat (und später Psychotherapeutin arbeitet) erdreistet sich, eine „Diagnose“ zu stellen und Alice in eine Anstalt sperren zu lassen. Über das Warum kann nur spekuliert werden. Eifersucht, weil Alice und Andreas sind trotz aller Seitensprünge seinerseits, nahe stehen? Ihre Bemühungen Sigmund Freud aus dem von den Nazis besetzten Wien herauszubekommen, sind zwar löblich, doch scheint dies mit gewissen Hintergedanken passiert zu sein.

Die Alice nachgesagte, ungezügelte Sexualität und Sinnlichkeit kann wohl nur vom Hörensagen oder eigenem Wunschdenken stammen. Wo wären hier die Beweise? Da sie gehörlos ist, kann es durchaus sein, dass ihre anderen Sinne stärker ausgebildet sind. Möglicherweise hat sie, in ihren Kreisen völlig unüblich, Menschen öfter berührt, was man als shocking und degoutant empfunden hat.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Roman, der den rüden Umgang mit einem Familienmitglied, das nicht der Norm (oder was man dafür hält) entspricht, aufzeigt, 4 Sterne.

Bewertung vom 25.09.2025
Kärger, Walter Christian

Das Raunen der Stille (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

„Das Glück hat nur eine kurze Halbwertszeit.“

Als KHK Max Madlener drei Jahre zuvor einer Frau, die sich nächtens vom Aussichtsturm augenscheinlich in die Tiefe stürzen will, durch die einfühlsamen Worte, das Universum hätte noch etwas vor mit ihr, hat er nicht geahnt, dass diese Frau ihn und seine Kollegin Harriet Holtby würde.

Doch aktuell, es sind nur noch wenige Tage bis Weihnachten, muss er sich um einen Überfall auf einen Geldtransporter kümmern, bei dem der männliche Part der verbrecherischen Duos tot auf der Strecke bleibt. Der Tote ist niemand anderer als Jens-Uwe Burkhart, einem dem letzten Mitglieder der RAF, der gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Irmgard Baselitz seit 30 Jahren vor der Polizei auf der Flucht ist und immer wieder durch brutale Raubüberfälle auffällt. Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass Jens-Uwe an einem Herzinfarkt verstorben ist und das Loch in seiner Brust sichtlich eine letzte Liebeserklärung Irmgards ist. Doch wo steckt sie und was hat sie vor?

Wie schon in einem der früheren Fälle, in dem Harriet sogar unter Mordverdacht gerät, ist auch dieser neunte Fall für sie sehr persönlich. Denn als Harriets Tante einen Schlaganfall erleidet wird sie ausgerechnet in jene Klinik eingeliefert, in der eine Krankenschwester sich vom Universum auserwählt sieht, sterbenskranke Patientinnen und Patienten zu erlösen.

Meine Meinung:

Auch dieser neunte Krimi von Walter Christian Kärger kann überzeugen. Zum einem durch die besonnene, manchmal auch unkonventionelle Arbeitsweise von Max Madlener, der viele Jahre als Mad Max tituliert worden ist, weil er sein Temperament nicht zügeln konnte, und durch seine Kollegin Harriet Holtby, die eine ebenfalls nicht alltägliche Person ist. Sie trägt ausschließlich schwarze Kleidung, Tattoos und ist als Superrecognizerin manchen unheimlich. Doch Max und Harriet sind ein eingespieltes Team, bei dem es wenige Worte braucht.

Der Autor spricht neben den fast vergessenen Mitglieder der RAF, ein schwieriges Thema an, nämlich den Umgang mit todkranken Menschen an. Er flicht Harriets Gedanken, ihre Zweifel und Ängste in einem Gespräch mit Max einfließen. Das ist sehr gut gelungen. Erst vor wenigen Tagen hat sich der österreichische Lehrer und Journalist Niki Glattauer durch, den bei uns möglichen, assistierten Suizid von seinem Krebsleiden erlöst.

Fazit:

Mir hat dieser Ausflug an den Bodensee wieder sehr gut gefallen, weshalb ich hier eine Leseempfehlung für die ganze Reihe ausspreche und diesem Buch 5 Sterne gebe.

Bewertung vom 24.09.2025
Lagrange, Pierre

Schweigende Provence / Commissaire Leclerc Bd.13 (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Völlig unerwartet erhält Albin Leclerc, Ex-Commissaire, eine, auf Büttenpapier geschriebene, Einladung des schwerreichen Industriellen Charles Agnel zu einem Gourmet-Wochenende auf dessen Chateau.

Trotz Warnung vor Sturm Rebecca reisen Albin, Veronique und Mops Tyson an und erfahren, nachdem die illustre Runde vorgestellt worden ist, den Grund für für die Zusammenkunft: Einer der Anwesenden hat vor fünf Jahren Charles Ehefrau ermordet und dies als tödlichen Autounfall getarnt. Motive sind reichlich vorhanden.

Albin soll nun den Täter ermitteln.

Während sich reihum die Empörung breit macht, wächst sich Rebecca zu einem Orkan aus, der Bäume wie Streichhölzer knicken lässt und die Straßen unpassierbar macht. Kurz, am nächsten Morgen ist das Chateau von der Außernwelt abgeschlossen und der Schlossherr liegt tot im Teich. Hat der Täter wieder zugeschlagen?

Albin ist nun auf sich alleine gestellt. Nicht ganz, denn Tyson und Veronique werden gezielt als Nachwuchsermittler eingesetzt. Seine früheren Kollegen Theroux und Castel haben beträchtliche Mühe zum Tatort zu gelangen. Wird Albin den Täter zu finden?

Meine Meinung:

Dieser 13. Fall für Albin Leclerc ist ein klassischer closed-room-Krimi à la Agatha Christie. Niemand kann das Schloss verlassen, niemand kann es (vorerst) erreichen. Da Albin das Ladekabel seines Mobiltelefons der älteren Generation vergessen hat, muss er jenes von Veronique benutzen. Ansonsten ist er quasi analog unterwegs. Keine Zugriff auf Datenbanken, keine Ausrüstung der Spusi etc.. Doch Albin der alte Fuchs, beweist Erfindungsreichtum. So bastelt aus vorhandenen Material Requisiten zur Abnahme von Fingerabdrücken und spannt dafür gleich Veronique ein.
Und die muss zugeben, dass sie sogar ein wenig Spaß dabei hat. Obwohl, ganz ungefährlich ist das Ermitteln ohne Schutzweste und Waffe auch nicht.

Fazit:

Mit diesem 13. Fall, der ohne die üblichen technischen Helferleins auskommen muss, hat mich sehr gut unterhalten, weshalb ich ihm 5 Sterne gebe.

1 von 1 Kunden fanden diese Rezension hilfreich.

Bewertung vom 23.09.2025
Schwarzkopf, Margarete von

Das schwarze Kreuz


ausgezeichnet

Als Kunsthistorikerin Anna Bentorp ihren Schreibtisch wegen der bevorstehenden Professur in Dublin zusammenräumt, entdeckt sie unter anderem den Brief von einer Studentin namens Anja Großknecht, der schon seit 2017 unbeantwortet unter zahlreichen Papieren schlummert. Sie weist auf einen Diebstahl von sakralen Kunstgegenständen, die nicht mehr aufgetaucht sind und möglichen Mord hin, der während der Napoleonischen Kriege im Jahr 1801 in der Nähe von Bonn, inTrondorf, stattgefunden hat. Anna findet das Thema zwar interessant, kontaktiert den Diakon von Trondorf Gregor Bauers, um mehr über die Gegenstände zu erfahren und versucht Anja Großknecht zu erreichen, die seit sieben Jahren spurlos verschwunden zu sein scheint. Eine klare Sache für die Polizei, daher kontaktiert sie Hans Schumann, mit dem sie schon in der Vergangenheit mehrere Verbrechen aufgeklärt hat. Damit ist Anna Bentorp einmal aus dem Spiel und reist nach Irland.

Für Schumann und seinen Kollegen Markus Fechter aus Hannover beginnt nun die Suche nach der Vermissten Anja Großknecht, die letztlich zu einem Cold Case wird, der nun brandheiß wird. Denn Anja wird nicht die Einzige sein, die in diesem mysteriösen, mehr als 200 Jahre zurück liegenden Verbrechen, ermordet wordrn ist. Auch Diakon Bauers gerät in das Visier skrupelloser Täter.

Meine Meinung:

In diesem 9. Fall spielt Margarete von Schwarzkopf ihre ganze Klasse aus! Auch wenn Anna Bentorp nicht persönlich ermittelt, so sind es ihre Neugier sowie ihr Gerechtigkeitssinn, die den Anstoß dazu geben, die alten Verbrechen und die damit verbundenen aktuellen aufzuklären. Crimen criminem invocat - ein Verbrechen zieht ein anderes nach sich - sagten schon die alten Römer.

Hauptrolle diesmal darf der Diakon Gregor Bauers spielen, der durch seine umfangreichen Kenntnisse der Kirchenbücher sowie der Geschichte des Kunstraubs von anno 1801, die Polizei unterstützt.

Mir hat dieser Krimi außerordentlich gut gefallen, der durch seine komplexen Handlungsstränge, die auf mehreren Zeitebenen spielt, besticht. Seit Jahren beschäftige ich mich mit Napoleon, der ganz Europa mit seinen Eroberungskriegen überzogen hat. Seine Raubzüge durch Residenzen besiegter Fürsten, Museen sowie Kirchen und Klöster sind legendär. Auch die Säkularisierung von Klöstern und der Missbrauch von Kirchen als Pferdeställe ist gut bekannt.

Daneben spricht Margarete von Schwarzkopf Themen wie #metoo, Kunstfälschungen und Kunstgegenstände zweifelhafter Provenienz an. Ein Thema, das sich durch die gesamt Reihe rund um Anna Bentorp zieht.

Ich hätte noch Dutzende Seiten weiterlesen mögen. Hoffentlich spinnt Frau Autorin die Reihe weiter.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Kunstkrimi, der auch ohne die tatkräftige Unterstützung von Anna Bentorp, fesselt, 5 Sterne und eine Leseempfehlung für die gesamte Reihe.

Bewertung vom 23.09.2025
Johannsen, Anna

Das erkaufte Glück


ausgezeichnet

Kriminaloberkommissarin Lea Nielsen tritt, nach einigen Jahren als höchst erfolgreiche Ermittlerin beim LKA Hannover ihre neue in Wittmund, Ostfriesland an. Dieser berufliche Abstieg hängt mit ihrer privaten Situation zusammen, denn ihr alleinstehender Vater, den sie zwar lange Jahre nicht gesehen hat, ist an Demenz erkrankt und braucht langsam Hilfe. Doch mit der geruhsamen Verfolgung von Fahrraddieben und Einfangen verlorener Schafe wird es nichts, denn kurz nach ihrer Ankunft hält die Suche nach der vermissten Maya van Berg die ganze Dienststelle in Atem.

Auch die Kollegen sind von Lea, die noch dazu gleich als Vertreterin des Dienststellenleiters Robert Petersen, fungiert, nicht sonderlich begeistert. Besonders Lars, der sich ebenfalls für diese Stelle beworben hat, macht mit seiner ruppigen Art, sowohl Lea als auch Verdächtigen und Zeugen das Leben schwer.

Dann erhält die Familie ein Video mit der gefangenen Tochter und eine Lösegeldforderung sowie die Anweisung, auf der Website ihrer Mutter eine Sachverhaltsdarstellung zu veröffentlichen. Mayas Mutter ist, ohne entsprechend fundierte Ausbildung, eine erfolgreiche Coachin, deren Methoden ein an eine Sekte erinnern. Zudem ist sie bissig und kooperiert nicht mit der Polizei, der sie unverhohlen mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde droht.

Als dann die Vermisste plötzlich wieder auftaucht und vehement abstreitet entführt worden zu sein, entwickelt dieser Krimi eine Eigendynamik, in der Konflikte in der SoKo aufbrechen und in deren Folge Lea von ihrer Funktion als stellvertretende SoKo-Leiterin enthoben wird.

Doch aufgeben ist Leas Sache nicht und so ermittelt sie gemeinsam mit Julia auf eigene Faust, denn Lea hat ihre ganz eigene Theorie zu diesem mysteriösen Kriminalfall.

Meine Meinung:

Ich kenne schon einige von Anna Johannsens Krimis. Dieser hier hat das Potenzial Auftakt einer neuen Krimi-Reihe zu werden, denn Eintagsfliegen sind nichts für die Autorin.

Mir hat der Krimi sehr gut gefallen spricht er doch mehrere brisante Themen an. Zu einem halten sich auch nach Jahrzehnten Männerbündnisse im Polizeidienst. Selbst der dämlichste Mann wird gut ausgebildeten und toughen Frauen beim Aufstieg vorgezogen. Ein weiteres interessanter Fokus liegt zum einem auf die Machenschaften von selbst ernannten Coaches, die mitunter mit sektenartigem Mehtoden den Ratsuchenden viel Geld aus der Tasche ziehen, und das auch in Deutschland schwierige Thema der Betreuung von Demenzkranken. Hier scheint sich für Leas Vater eine Lösung abzuzeichnen. Schauen wir einmal, was die Zukunft bringt.

Die Charaktere sind gut herausgearbeitet. Sie haben alle ihre Ecken und Kanten, die unterschiedlich scharf ausgebildet sind. Auffällig ist, dass aktuell kaum eine Krimi ohne eine lesbische Ermittlerin oder einen schwulen Ermittler auskommt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem komplexen Krimi, der mich gut unterhalten hat, 5 Sterne

Bewertung vom 20.09.2025
Günther, Andrea

Die Gipfelstürmerin (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Andrea Günther hat sich in diesem historischen Roman, der der Beginn einer Reihe sein soll, einer Pionierin in Sachen Bergsteigen angenommen: Es handelt sich um Lucy Walker (1836-1916), die Tochter des britischen Alpinisten Frank Walker, der mit seinem Sohn Horace bereits zahlreiche Gipfel bestiegen hat. Lucy ist ein Bewegungstalent, obwohl sie von Rheumaschüben geplagt wird. Zudem ist es Frauen auf Grund gesellschaftlicher Konventionen nicht erlaubt bequeme Kleidung zu tragen. Schnürmieder, Krinolinen, bodenlange bauschige Röcke aus vielen Lagen Stoff sowie dünnsohlinge Schuhe machen schon den Alltag beschwerlich. Doch Lucy setzt ihren Kopf durch. Anstatt wie von Tante und Mutter gefordert, die Schweizer Alpen von der Terrasse des feudalen Hotels aus zu betrachten, schlüpft sie in zwei Paar Socken und die Bergschuhe ihres Bruders. Gemeinsam mit Vater und Bruder, die von erfahrenen Bergführern, unter anderem Melchior Anderegg geführt werden, feiert sie nicht nur einen Gipfelsieg nach dem anderen sondern den Sieg über sich selbst sowie über Konventionen. Dabei kommt ihr der Ruf, dass Engländer spleenig sind, gerade recht.

Mit dem verheirateten Bergführer Melchior Anderegg entspinnt sich eine zarte verbotene Liebe. Als Lucy erfährt, dass die Amerikanerin Meta Breevort das Matterhorn besteigen will, kommt sie ihrer Konkurrentin zuvor und steht am 22. Juli 1871 auf dem Gipfel des höchsten Berg der Schweiz.

Lucy wird nie heiraten und, weil die Britische Alpine Club keine Frauen als Mitglieder akzeptiert, tritt sie dem 19067 gegründeten Ladies‘ Alpine Club bei und ist von 1913 bis 1915 dessen zweite Vorsitzende.

Meine Meinung:

Schon das Cover lädt ein, dieses Buch zu lesen und der Inhalt fesselt bis zur letzten Seite. Man kann Lucy Walkers Mut und Entschlossenheit (oder Sturheit?) nicht hoch genug einschätzen, in einer Zeit in der Frauen künstlich dumm gehalten und wie Ware gewinnbringend an einen vom Vater ausgesuchten Ehemann verschachert worden sind, sich diesen Konventionen entgegen zu stellen.

Wenn ich nur daran denke, mit welcher Ausrüstung die Männer damals die Alpen bezwungen haben sind, wird mir schon Angst und Bang. Und dann noch als Frau, immer daran denken müssend, keinesfalls die Knöchel zu zeigen, dafür nicht zu schwitzen, mit gerafften Röcken und tadelloser Frisur auf mehr als 4.000 Meter aufzusteigen. Wahnsinn! Schmunzeln musste ich, als Lucy von ihrer Mutter ansteckbare Löckchen erhält, um im Tal den Eindruck einer ordentlich frisierten Frau zu erwecken.

Ich habe ja schon einige Biografie und/oder Romane über Bergsteigerinnen gelesen, doch diese hat mir besonders gut gefallen. Autorin Andrea Günther hat hier Fakten und Fiktion geschickt zu einem leicht lesbaren und amüsanten historischen Roman verknüpft.

Gut gelungen ist der Autorin auch die Zweifel der Lucy Walker darzustellen, die sich den Vorurteilen der damaligen Gesellschaft entgegenstellt, aber doch beinahe den Einflüsterern, der einzige Daseinszweck einer Frau sei es, zu heiraten und Kinder zu bekommen, erliegt. Nachdem sie die Hochzeit mehrmals unter zum Teil fadenscheinigen Ausflüchten verschiebt, löst Henry Pernick zornig und enttäuscht die Verlobung.

So verschieden Lucy Walker, die Tochter aus guten Hause, und der Schweizer Bergführer Melchior Anderergg gewesen sind, so eint sie neben ihrer Liebe zu Bergen, dass weder nach ihr noch nach ihm, ein Gipfel, Grat oder eine Route benannt worden sind. Nach Meta Breevort ist in der französischen Dauphiné trägt der höchste Gipfel, der 3.675 Meter hohe Pointe Breevort ihren Namen. Pointe Walker in den Grandes Jorrasses ist nach Lucy Walkers Bruder Horace benannt.

Lucy Walkers bestieg innerhalb von 21 Jahren 59 Berge, darunter Eiger, Mönch, Jungfrau, Matterhorn und Ortler. Auf sechzehn Gipfel war sie die erste Frau. Ihre Leistungen sind fast vergessen, aber nur fast. Mit diesem historischen Roman wird ihr Beifall gezollt.

Fazit:

Gerne gebe ich dieser Hommage an die britische Alpinisten Lucy Walker eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Bewertung vom 20.09.2025
Leiss-Huber, Anton

Der große UFA-Bluff


ausgezeichnet

Dieser historische Roman von Anton Leiss-Huber beruht auf wahren Begebenheiten. Worum geht’s?

Der Zweite Weltkrieg geht nun, 1944/45, in seine finale Phase. Während die Alliierten vom Westen her Stadt für Stadt einnehmen und die Sowjet-Armee vom Osten auf Berlin vorrückt, trommeln Hitler und Konsorten die große Mär von Wunderwaffen und Endsieg. Auch die in Babelsberg ansässige Ufa muss ihren Beitrag leisten und entsprechende Filme drehen.

Doch auch hier, im Zentrum der Illusionen weiß man, wie die Wirklichkeit aussieht. Zahlreiche Schauspieler, Beleuchter und Kameramänner leben in steter Angst, eingezogen zu werden und die Mangelwirtschaft lässt die Menschen hungern. Rund um die Ufa gibt es zwar noch Lebensmittel, Zigaretten und Schnaps, woher, will niemand so recht wissen.

Also redet der (fiktive) Produktionsleiter Eberhardt Schmidt Minister Goebbels ein, einen weiteren Propagandafilm für den Endsieg zu drehen. Er erhält tatsächlich den Befehl und so begibt sich das Filmteam samt Ausrüstung auf abenteuerlichem Weg nach Mayrhofen, im österreichischen Zillertal. Mit dabei unter falschem Namen ist Erich Kästner, dessen Bücher verboten sind. Zunächst scheint alles wie ein Ferienaufenthalt zu laufen, doch auch im Zillertal gibt es stramme Nazis wie den Ortsgruppenleiter oder das Fräulein Rottecker, die fest an den Endsieg glauben, weshalb die Filmcrew in große Gefahr gerät, aufzufliegen.

Wie sie es schaffen, selbst den Tiroler Gauleiter Franz Hofer, von ihrer Arbeit zu überzeugen, müsst ihr schon selbst lesen.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman ist Autor Anton Leiss-Huber, der durch seine Altötting-Krimis bekannt ist, sehr gut gelungen. Wie er im Nachwort schreibt, hat er penibel in diversen Archiven und vor Ort in Mayrhofen recherchiert, dort mit Zeitzeugen gesprochen. Die beste Quelle um dieses Buch authentisch zu schreiben, ist - wie er sagt - Erich Kästners Tagebuch. Kästner hat diese Ereignisse später in seinem Werk „Notabene 45“ literarisch verarbeitet.

Erich Kästner ist nicht der einzige Prominente der uns hier über den Weg läuft. So taucht plötzlich die Sängerin und Tänzerin Marika Rökk, der Haltung zum Regime durchaus ambivalent zu sehen ist, zumal sie sich, wie hier zu lesen, aufmacht, zu den britischen oder amerikanischen Befehlshabern zu eilen, um für deren Unterhaltung zu sorgen.

Die Rökk ist nicht der einzige bekannte Namen. Zu Beginn des Romans, noch in Berlin, treffen wir mit Gustav Gründgens, Elisabeth Flickenschild, Kristina Söderbaum und Veit Harlan zahlreiche Größen der Ufa, die in zahlreichen Propagandafilmen mitgespielt haben.


Mir hat dieser historische Roman, der eine nicht ungefährliche Aktion beschreibt, sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen. Anton Leiss-Huber hat geschickt Fakten mit Fiktion verknüpft.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem, auf wahren Ereignissen beruhendem, historischen Roman 5 Sterne.

Bewertung vom 20.09.2025
Thömmes, Günther

Fanny Leicht - Eine Frau und ihr schwäbisches Bierimperium (eBook, ePUB)


ausgezeichnet

Dieser historische Roman von Günter Thömmes beschäftigt sich mit Fanny Leicht, die Ende des 19. Jahrhunderts, nach dem frühen Tod ihres Bruder, heimlich das Brauhandwerk bei ihrem Vater Carl Johann Widmaier erlernt. Allerdings muss Fanny, um die Konzession zu behalten, einen Braumeister heiraten. In Robert Leicht findet sie einen fortschrittlichen Ehemann und Geschäftspartner. Dennoch kommt Fanny nicht gegen die gesellschaftlichen Konventionen an. So werden Robert zahlreiche Ehrungen wie Kommerzienrat zuteil, während Fanny mehrmals leer ausgeht. Sie darf zwar mildtätig sein, aber gewürdigt wird sie erst nach ihrem Tod als man die von ihr gestiftet Mädchenoberschule nach ihr benennt. Das Fanny-Leicht-Gymnasium in Vaihingen besteht heute noch.

Bevor wir uns Fanny widmen können, entführt uns der Autor zwei Generationen zuvor in die Familiengeschichten der Leichts und Widmaiers. Diese durchaus spannende Reise ist notwendig, um die gesellschaftlichen und familiären Hintergrund zu verstehen, der auch die eine oder andere Widrigkeit mit Verwandten mit sich bringt.

Ich bin ja ein Fan von historischen Romanen, die sich mit beinahe fast vergessenen starken Frauen beschäftigen. Ich trinke zwar kein Bier, doch der eine oder ander Name einer Brauerei ist mir geläufig. Als Wienerin kenne ich natürlich die Schwechater Brauerei, die von Franz Anton Dreher, der 1760 ein kleines Brauhaus nahe Wien pachtet, gegründet worden ist. Seine Nachkommen werden die Brauerei weiter ausbauen, bis die 130-jährige Familientradition mit dem Tod von Anton Eugen Dreher (1871-1925) erlischt. Die Schwechater Brauerei firmiert heute gemeinsam mit anderen Brauereien als Brau-Union unter einem Dach.

Was ich nachlesen möchte, wann den Frauen das Bier brauen untersagt worden ist. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde im Mittelalter bis zur Neuzeit in bäuerlichen (?) Haushalten Bier gebraut. Vermutlich nur zum Eigengebrauch und mit geringem Alkoholgehalt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Ausflug in die Kunst des Bierbrauens 5 Sterne.